Eat Love Pray
>>Wenn alle Engel, alle Genies der Welt studiert hätten, was wohl in dieser oder jener Lage nütze, dieses Opfer oder jenes Leiden, diese Versuchung oder jener schmerzliche Verlust, sie hätten nicht finden können, was für dich passender gewesen wäre, als was dich getroffen hat.
So hat Gottes ewige Weisheit von Urbeginn an gesonnen, um dir dieses Kreuz aus Seinem Herzen als kostbares Geschenk zu geben.
Er hat es, ehe Er es dir schickte, mit seinem allwissenden Auge betrachtet, mit seinem göttlichen Verstande durchdacht, mit seiner weisen Gerechtigkeit geprüft und seinem liebenden Erbarmen durchwärmt. Er hat es mit seinen beiden Händen gewogen, ob es nicht um ein Millimeter zu groß, ein Milligramm zu schwer sei. Dann hat Er es gesegnet mit seinem heiligen Namen, mit seiner Gnade gesalbt und mit seinem Troste durchhaucht und noch einmal auf dich und deinen Mut geblickt.
So kommt es nun geradezu aus dem Himmel zu dir als ein Ruf Gottes und als ein Geschenk seiner erbarmenden LIEBE, damit du ganz du selber werdest und in Gott deine Erfüllung findest.<<
Hl. Franz von Sales
[via beste Firmpatin von allen]
ElsaLaska - 22. Mär, 15:49
Dienstag, 10. März 2015
kann ich drangeben.
Mamma isst kaum mehr. Künstliche Ernährung ist per Patientenverfügung ausgeschlossen.
Wozu auch. Diese Krankheit führt in ganz kurzer Zeit zum Tode. Entweder sie kann nichts mehr schlucken oder nicht mehr atmen. In der Begleitung habe ich eh nur noch die Wahl zwischen Skylla und Charybdis.
Betet für uns. Danke.
ElsaLaska - 10. Mär, 21:38
Ich fahre Mamma mit dem Rollstuhl an einem ihrer ehemaligen Gartengründstücke vorbei. Ein hagerer, fast siebzigjähriger Russe mit akzentuierten Gesichtszügen gibt uns die Hand.
"Nu, was ist mit dir passiert, Mütterchen? Was ist los? Kannst du nicht mehr laufen und sprechen? Ich sehe dich und denke, was wird mit mir in zwei Jahren sein - so schnell ging es bei dir, nicht wahr, Mütterchen? Hier, lang an mein Kreuz hin, alles hart. Und ich sage zu meiner Frau: Und wenn es mir so geht wie Dir? Vor zwei Jahren fuhrst du noch lustig Fahrrad. Jeden Tag danke ich dem Herrgott, dass er mich schon schaffen lässt, aber du, was ist das hier? Nun, Mütterchen, danke deinem Herrgott, dass du dieses Kind hast, wo um dich sorgt, wie viele alte Leute werden heutzutage weggeworfen! Dem Herrgott danke!
Ich wünsche dir das Beste, Mütterchen, hab einen schönen Tag!"
ElsaLaska - 6. Mär, 19:58
Mamma hatte sie in ihren letzten Tagen, als sie sah, dass es zu Ende ging, ohne Hilfe ins Auto geschafft, vorher hatte sie ein Bett im Wohnzimmer aufgeschlagen, auch ohne Hilfe.
Sie holte die demente Frau, die jetzt gelähmt von einem Schlaganfall war, auf eigene Verantwortung zu sich. Weg von ihrer Schwester, aus Gründen, die jetzt hier egal sind, jedenfalls dachte sich meine Mamma, wenn meine Mutter sterben muss, dann soll sie hier bei mir sterben, obwohl gar nicht wirklich Platz war, aber Papa pflichtete ihr immerhin bei.
Die letzten Tage verbrachte meine Oma also bei uns, im Wohnzimmer, das nun zum Krankenzimmer umfunktioniert war, genau wie jetzt auch.
Mamma war Tag und Nacht an ihrer Seite, sie ermahnte mich, wenn ich über ihren Zustand sprach, als sei sie nicht mehr wahrnehmungsfähig. Denn sie hatte ja nur einen Schlaganfall gehabt, hören und verstehen konnte sie sehr wohl noch.
Ich habe damals viel gelernt.
Das Sterben meiner Oma zog sich über drei Tage hin. Sie hatte sich, was man sonst nur in Büchern liest, "mit dem Gesicht zur Wand gedreht" - so war es.
Ihre eine Hand fuhr dennoch unablässig über die Bettdecke, in einer "erntenden" Bewegung, leicht gekrümmt, als wolle sie etwas mit der Hand zusammenstreichen und somit einsammeln. Auch davon hatte ich einmal gelesen, dass Sterbende dies manchmal tun. Wie man überhaupt in alten Büchern viel mehr und Bedeutsameres lesen kann, weil die Menschen damals noch beobachteten, weil ihnen nichts fremd war.
Warum schreibe ich das gerade?
Keine Ahnung. Es ist nur eine Erinnerung.
Als meine Oma dann gestorben war, sie durfte zu Hause also unter der Obhut meiner Mutter sterben, band man ihr das Kinn hoch und die Frauen übernahmen es, den Körper zu waschen, ihm somit die vorletzte Ehre zu erweisen. Dann bahrte man sie auf.
Ihre Töchter und zum Teil deren Nachkommen, also ihre Enkel, fanden sich ein und saßen nebeneinander auf der Couch. Schweigend. In den Anblick ihrer toten Mutter und Großmutter vertieft - den eigenen Erinnerungen nachhängend. Sie hatte insgesamt vier Töchter und einen Sohn. Der Sohn und eine Tochter waren vor ihr verstorben.
Mir ist wieder eingefallen, warum ich es schreibe.
Meine Mamma war bis zur letzten Minute ihrer eigenen Mutter aufmerksam, fürsorgend und wach und darüber hinaus.
Ich konnte meiner Oma anmerken, dass sie ruhig wurde und sich aufgehoben wusste.
Meine Mutter hatte in diesen Dingen das Herz einer Löwin.
Und ich habe nichtmal das einer Gazelle.
ElsaLaska - 4. Mär, 17:31
>>Franziskus erinnerte an die „prophetischen Worte“ Benedikts XVI. vom 12. November 2012 bei dessen Besuch in einem Seniorenheim der Gemeinschaft „Sant’Egidio“: „Die Qualität einer Gesellschaft, ich möchte sagen einer Zivilisation, beurteilt sich auch danach, wie die alten Menschen behandelt werden und welcher Platz ihnen im gemeinsamen Leben vorbehalten ist. Wer den alten Menschen Raum gibt, gibt dem Leben Raum! Wer die alten Menschen annimmt, nimmt das Leben an!“
Vielfach jedoch würden die alten Menschen nur als Ballast angesehen und ausgesondert, „weggeworfen, weil sie nichts produzieren“. So käme es, dass sich alte Menschen selbst als Last empfänden und in den Schwierigkeiten und Einschränkungen des Alters oft auf sich allein gestellt seien. An seine Erfahrung als Bischof von Buenos Aires erinnernd betonte Franziskus, dass es eine Todsünde sei, seine alten Eltern zu vernachlässigen, nicht zu besuchen und sich nicht um sie zu kümmern. Gemäß ihrer Tradition nämlich habe die Kirche immer eine Kultur der Nähe und die Bereitschaft gefördert, den alten Menschen voll Liebe und Solidarität beizustehen.<< brought to you by
kath.net
Danke, Heiliger Vater (Heilige Väter:-) ), für die ermutigenden Worte.
Wer sich um seine alten Eltern kümmert und das sind doch viel mehr, als man gemeinhin glaubt, der weiß diese guten Worte zu schätzen. Daneben geht es natürlich nicht nur um Einzelschicksale, sondern allgemein um die Einstellung unserer Gesellschaft, und hier besteht Verbesserungsbedarf.
ElsaLaska - 4. Mär, 15:12
Niemand sieht gerne, wenn Freunde weinen. In diesem Falle aber hat es mir gutgetan und ich konnte mitweinen.
Eine alte Schulfreundin hat mich dankenswerterweise mal wieder besucht und ihr Anliegen war, auch kurz mit Mamma beisammen zu sein, soweit es Mammas Kräfte eben zuließen. Sie kennt sie ja auch schon seit ich 18 bin.
Vor allem war sie noch auf ihren 80. Geburtstag eingeladen, wo zunächst fast nichts darauf hindeutete, dass zu ihrem 81. bereits alle ganz anders sein würde.
So saßen sie also beisammen, Mamma fasste in ihre jetzt glatten Haare, was gestisch bedeuten sollte, nanu, du hast ja gar keine Locken mehr. Kommunizieren ging nur über den Schreibblock. Meine Freundin ließ die Maske nicht fallen, sie plauderte über ihren Alltag, ihre neue Arbeit.
Dann sagte ich, ich müsse Mamma jetzt zu Bett bringen.
Darauf zog sich meine Freundin in die Küche zurück, wo ich ihr ein Getränk bereitgestellt hatte. Ziemlich fertig kam ich dann nach der Prozedur wieder zu ihr.
Sie saß da und weinte. "Wie hältst du das nur aus?"
Ich sagte, ich weiß es eigentlich gar nicht, aber irgendwie geht es doch.
Dann habe ich sie in den Arm genommen und mitgeweint.
Und es hat gutgetan. Wir hatten dann noch einen anregenden Abend mit anderen Gesprächen. Aber mir selbst hat es ungeheuer gut getan, dass jemand die Not wahrgenommen hat - für MICH geweint hat.
Und noch mehr, dass jemand herkam und sich zehn, fünfzehn Minuten Zeit nahm, um meine Mamma zu busseln und zu liebkosen, mit ihr einfach zu sprechen, obwohl sie nicht mehr sprechen kann.
Mehr braucht es doch auch gar nicht.
Auch dann stundenlang auf meine Misere einzugehen, ist ein kleines Kunststück der Nächstenliebe.
Gott vergelt's Dir, liebe Freundin. Du hast mehr Barmherzigkeit bewiesen als so mancher, der dieses Wort auf seiner Zunge stetig trägt.
Ich bin dankbar und stolz, dich zur Freundin zu haben.
Ich habe ihr einen Winterapfel mitgegeben.
ElsaLaska - 13. Feb, 20:23
Ich gebe dir Stücke von der Wachtelbrust
mein Goldkäferlein,
Birnensaft mit Wasser vermischt,
und wenn du weinst,
mein Maikäferchen,
küsse ich dein Haar,
so schütter und weiß,
immer noch bist du eine Schöne, Feine,
so herrlich anzusehen.
Wir lachen so viel miteinander,
ein ganzes Leben lang hast du nicht so viel gelacht.
(Papa, könntest du sie doch nur jetzt sehen)
Niemand besucht mehr meine Prinzessin,
doch jeden Tag richtet sie sich her.
Tapfer war sie schon immer
doch jetzt gildet es
umsomehr.
ElsaLaska - 8. Feb, 17:18
Heute mit einer Cousine telefoniert. Sie war an Weihnachten da, aber ich hatte sie verpasst, die Nachbarin hat sie reingelassen. Jetzt möchte ich gerne sie und ihren Mann einladen, ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu ihnen, vor allem, weil ich sie gerne wieder sehen möchte. Aber im Hintergrund steht auch, dass niemand mehr Mamma besuchen kommt. Sie, die immer ein Gesellschaftsmensch war. Es kommt fast niemand mehr. Vor allem wohl, weil sie nicht mehr sprechen kann. Dabei würde es schon reichen, ihr ein paar gute Worte zu geben und einfach eine Viertelstunde bei ihr zu sitzen, notfalls schweigend. Deshalb habe ich meine Cousine und ihren Mann, die ich beide sehr liebhabe, nochmals eingeladen. Am Telefon meinte sie, sie ist eine ehrliche Seele und sehr geraderaus:
"Mir sind die Tränen gekommen, als ich deine Mamma gesehen habe. Das gibt es doch nicht! Sie hatte so ein schweres Leben und jetzt das. Ich bin so wütend und traurig. Das hat sie doch nicht verdient. Das doch nicht!"
Gedanken, die ich nicht mehr zulasse. Auch wenn es mir lieber ist, jemand artikuliert sich so, als dass nur gefragt wird: "Und, wie geht es deiner Mutter?" Nur halb hingehört wird, jaja, das ist schlimm und dann weitergegangen wird.
Doch in all ihrer Empörung wurde meine Cousine plötzlich ganz weich. "Und weißt du was? Sie wird immer goldiger!"
Ja, das wird sie. Sie ist ein süßer kleiner Maikäfer, meine kleine Spitzmaus, und wenn sie nicht gerade weint, so wie heute, weil sie versucht hatte, jemanden anzurufen und nicht sprechen konnte (und ich so blöd war, ihr auch noch das Telefon in die Hand zu geben und sie damit allein zu lassen), dann lacht sie. Heute hat sie mir auf den Block geschrieben: "Darf ich wieder mit nach Italien?" Dabei ist diese Rückkehr gerade völlig mal out of sight.
Und neulich: Mamma ein Zettelchen gestern Abend auf das vorgerichtete Frühstücksbrettchen gelegt. Guten Morgen! und ein Herz darunter gemalt. Wir haben gefrühstückt, Mamma war die ganze Zeit am Giggeln. Sprechen kann sie nicht mehr wegen ihrer #ALS Dann liest sie meistens noch gemütlich irgendwelche Werbeprospekte, das geht grad noch. In der Zeit kann ich dann ans Notebook und Emails beantworten, danach rollere ich sie ins Bad und mache die übliche Routine. Dann ins Wohnzimmer, bis zum Mittagessen. Und ich räume den Tisch ab und finde, ganz genau mittig in das von mir gemalte Herzchen reingeschrieben, in winzig-akkurater Schrift den Namen "Barbara".
Ich habe so ein großartiges Glück, dass Mamma nicht bösartig geworden ist, wie es manche Demente nunmal sind. Es hätte mir das Genick gebrochen. Ich weiß nicht, wie ich das ertragen hätte. Doch so ist sie, auch wenn sie zwischendurch traurig ist, leicht ablenkbar, und sie gluckst und giggelt und ist für jedes kleine Scherzwort dankbar.
Es ist so, wie oft gesagt wird: Man bekommt so viel mehr zurück, als man denkt, geben zu können.
ElsaLaska - 3. Feb, 20:15
Russische Quarkpfannkuchen sind wunderbar zart und geschmeidig und für Mamma besser zu essen als normale Pfannkuchen.
Hier mein Rezept:
3 Eier, die Eigelbe vom Eiweiß trennen. In einer Schüssel die drei Eigelbe mit 250 g Quark (bitte nicht die Magerstufe! 40 Prozent dürfen es schon sein), einem kräftigen Schuss flüssige Sahne, etwa 80 g Puderzucker (gesiebt), 1 Päckchen Vanillezucker und einen kräftigen Spritzer Zitronensaft (Saft einer viertel Zitrone, nach Geschmack auch mehr und dann mehr Zucker) mit dem Mixer verquirlen, circa 100 g Mehl zugeben und Milch schussweise, weiterrühren zu einem zähflüssigen Teig. Ist er zu dünn, noch Mehl zugeben bzw. Zucker, zu dick dann noch etwas Sahne oder mehr Zitrone. Zwischendurch einfach abschmecken und ausbalancieren. Eine leichte Süße mit zitroniger Note ist ideal.
Die Eiweiße steif schlagen und dann mit dem Teig verrühren, bis er glatt ist.
Butterschmalz in die Pfanne und jetzt Konzentration. Wenig Teig zu einem länglichen Pfannküchlein, nicht allzu dick, hineingeben. Die Kunst ist jetzt, das Teil zu wenden, bevor es unten zu braun wird. Oben sollte es aber schon gestockt sein, sonst hat man Rührei statt Pfannkuchen, wenn man es wenden möchte. Vorsichtig weiterbacken unter Wenden, bis sie eine schöne Farbe haben.
Dazu schmecken Sauerkirschen aus dem Glas.
ElsaLaska - 31. Jan, 21:11
Vom 18. Januar 2015.
Mamma kann praktisch nur noch Vokale sprechen, es war ja vorher schon teilweise so gut wie unverständlich und sie konnte oftmals nur lallen. Aber jetzt ist das unumkehrbar und wir arbeiten seit einiger Zeit mit einem Schreibblock, damit sie sich artikulieren und ich ihr Antworten geben kann.
Das funktioniert wunderbar, sie hat immer noch die Schrift eines (akkuraten) Literaten. Wunderschön anzusehen. Nur eben nicht mehr hörbar.
Heute musste ich ein paar Stunden weg, die Nachbarin kommt dann und legt Holz nach oder Briketts, schaut, ob sie was trinken muss usw.
Und dann, nach für mich "nur" dreieinhalb Stunden, ich hatte Lesung, komme ich wieder herein und meine süße kleine Mamma nimmt meine beiden Hände, hoppelt fast auf ihrem Sessel, wenn sie es noch könnte, und freut sich wie ein Maikäfer und busselt mich links und rechts ab, weil sie so froh ist, dass ich wieder da bin. Als hätte sie mich Monate lang nicht gesehen.
Das sind die Momente.
An das will ich mich erinnern können dürfen und deshalb schreibe ich es auf. Und für die dunklen Tage, die noch kommen mögen. Damit ich mich erinnern kann.
Aber der Tag war vornherein schon gesegnet, das habe ich frühs schon gespürt.
Danke, Herr.
ElsaLaska - 18. Jan, 19:37