Sanguis martyrum - Christen im Irak: Der Mord an Erzbischof Paulos Faraj Rahho
[Update: Konklave hin-Konklave her, der Gedenktag ist heute und da wir beim Konklave sowieso gerade Mittagspause haben, pushe ich den Beitrag vom 4. März als update nochmal nach oben]
Ein Gastbeitrag von Olaf Tannenberg
Am 13. März 2008, fanden Jugendliche auf einer Müllhalde nahe der Metropole Mosul einen eher notdürftig verscharrten als begrabenen Leichnam. Bei dem Toten handelte es sich um Monsignore Paulos Faraj Rahho, den Erzbischof der chaldäisch-katholischen Kirche in Mosul. Er war am 29. Februar 2008 von islamischen Terroristen entführt worden, als er gerade aus einer Kirche kam. Seine drei Begleiter, einen Fahrer und zwei Personenschützer, erschossen die Entführer noch am Tatort. Ob der Erzbischof an den Folgen der Geiselhaft und des schlechten Gesundheitszustandes starb, oder ob er durch seine Entführer ermordet wurde, ist bis heute ungeklärt.
Diese schreckliche Bluttat, begangen von der Al-Qaida nahestehenden, islamistischen Terroristen, ist eine von vielen. Längst gehört der Irak zu den Ländern, in denen die Christenverfolgung zum Alltag der Menschen gehört. Auf dem Weltverfolgungsindex der christlichen Hilfsorganisation ›Open Doors‹ findet man den Irak nach Nordkorea, Saudi-Arabien und Afghanistan auf Platz Vier.
So wurden im Jahr vor dem Überfall auf den Erzbischof, der sich unmittelbar nach einer Kreuzwegandacht ereignete, der Priester Ragid Ganni und drei seiner Diakone gewaltsam zu Tode gebracht. Über das Massaker in der Sayidat-al-Nejat-Kathedrale in Bagdad am 31. Oktober 2010 wurde auf diesem Blog berichtet.
Erzbischof Rahho hinterließ uns mit seinem Testament ein ausdrucksstarkes Zeugnis seiner Liebe zu Gott, der Kirche und zu seiner irakischen Heimat. »Ich bitte euch alle, immer offen für eure muslimischen und jesidischen Brüder und alle Kinder eures geliebten Vaterlandes zu sein und miteinander zu arbeiten, um feste Bande der Liebe und Brüderlichkeit unter den Kindern unseres geliebten Landes Irak zu schaffen«, hieß es in dem Dokument vom 15. August 2003. Und weiter hieß es, gerichtet an seine Familie: »Ich besitze nichts, und was, was ich besitze, gehört nicht mir. Ich selbst war im Besitz der Kirche, und von der Kirche könnt ihr nichts fordern.«
Monsignore Rahho war mit Leib und Seele ein irakischer Christ. Geboren wurde er am 20. November 1942 in Mosul. Ab 1954 studierte er am Priesterseminar ›Sankt Peter‹ in Bagdad und wurde am 10. Juni 1965 zum Priester geweiht. Anschließend wirkte er als Seelsorger der ›Isaias-Kirche‹ in Mosul. Nach seinem Lizentiat in Pastoraltheologie an der Päpstlichen Universität Hl. Thomas von Aquin in Rom arbeitete er als Seelsorger in den Pfarreien ›Mutter der Immerwährenden Hilfe‹ und ›Sankt Paulus‹ in Mosul. Im neu errichteten Stadtteil Telkif ließ er die Kirche ›Herz Jesu‹ errichten, auch gründete er ein Heim für behinderte Kinder. Sein Leben war geprägt von der Liebe zu Gott und zur Kirche, von Barmherzigkeit und Nächstenliebe und seine Vision von einem friedlichen Irak als Heimat für Menschen aller Religionen. Er nahm das Kreuz auf sich, trug es in Demut - und bezahlte seine Liebe und Güte mit seinem Leben.
Bestattet wurde er unter Leitung des Patriarchen der chaldäisch-katholischen Kirche, Kardinal Emmanuel III. Delly, im Dorf Karamles bei Mosul. Auf dem dortigen Friedhof fanden auch die ermordeten Begleiter des Erzbischofs ihre letzte Ruhestätte auf Erden.
Die Entführung des Erzbischofs löste weltweite, entsetzte Reaktionen aus und an dieser Stelle muss ausdrücklich das achtjährige Pontifikat Seiner Heiligkeit Benedikts XVI. gewürdigt werden, dieses einzigartigen Pontifex Maximus, des Großen Brückenbauers, der sich stets für den Weltfrieden, für Versöhnung und Brüderlichkeit sowie den Dialog der Religionen eingesetzt hat - was ihm selbst seine linksliberalen Kritiker zuerkennen mussten. Nicht müde werdend hatte der Papst sich immer wieder gerade auch zum Irak geäußert.
»Man darf diesem Land nicht die Zukunft vorenthalten, auf die es ein Recht hat«, forderte er im Angelus am Sonntag nach dem Auffinden des toten Erzbischofs. In einer Pressemitteilung beklagte Papst Benedikt die Untat als einen »Akt unmenschlicher Gewalt, der die Würde des Menschen beleidige«; der Mord schade dem Anliegen, brüderlich im Irak zusammenzuleben. Zugleich verband er mit diesem »tragischen Ereignis« die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft des gemarterten Landes und er versicherte dem Patriarchen der chaldäisch-katholischen Kirche und der christlichen Bevölkerung im Irak seine geistliche Nähe.
Die Vision von einem friedlichen und brüderlichen Irak verband Papst und Erzbischof. Monsignore Rahho sprach sich immer wieder für ein Miteinander aller Iraker aus und kritisierte mit deutlichen Worten die Invasion der USA 2003, die zum Sturz des laizistischen Diktators Saddam Hussein führte, das Land ins Chaos stürzte und eine blutige Welle der Christenverfolgung nach sich zog. Seither hat sich die Situation der irakischen Christen dramatisch verschlechtert, ihre Zahl sank um die Hälfte, von etwa 1,2 Millionen auf rund 600.000.
Heute sehen sich die Jahrtausende alten christlichen Gemeinden im Zweistromland in ihrer Existenz bedroht. Diese Sorge wird bestätigt durch die Gesellschaft für bedrohte Völker. »Gezielte Massaker und Terroranschläge gehören zu dem, was irakische Christen zu erleiden haben«, so Tilman Zülch, Präsident der GfbV, »neben Einschüchterungen, Übergriffen und Entführungen.« In Bagdad werden Christen von islamistischen Milizen bedroht, wenn sie nicht zum Islam übertreten, besondere Steuern verweigern und ihre Töchter nicht Muslimen zur Frau geben wollen. Weitere Informationen bieten die Links unter dem Beitrag.
Lassen wir zwei Zeugen des Leides unserer irakischen Geschwister das Schlusswort sprechen. Da ist Schwester Iva von den Töchtern der Unbefleckten Empfängnis: » Der Erzbischof hat den Irak geliebt. Er sagte stets: ›Der Irak gehört allen. Wir wollen dieses Land aufbauen.‹ Er war ein Freund aller, nicht nur der Christen, hatte gute Beziehungen auch zu den Muslimen und tat allen Gutes. Er war ein Mensch, den alle mochten, auch die Muslime. Er selbst machte keinen Unterschied.« Und da ist Erzbischof Paulos Faraj Rahho selbst: »Das Leben besteht aus einer vollständigen Hingabe in die Hände Gottes, mit dem Tod wird diese Hingabe unendlich im ewigen Leben.«
Bitte für uns, Monsignore Rahho, der du mit deinem Martyrium einen besonderen Platz im Himmelreich erworben hast. Und beten wir gemeinsam für unsere Schwestern und Brüder im Irak, die um Christi Willen unter Mord, Terror und Verfolgung zu leiden haben und dennoch standhaft und treu ihren Glauben leben.
Gott segne und behüte sie!
Mehr zum Thema Irak:
Geiseldrama in Bagdad: http://elsalaska.twoday.net/stories/193153662/
Christen im Irak: http://elsalaska.twoday.net/stories/197336471/
[Foto via netzeitung.de]
ElsaLaska - 13. Mär, 10:02
Vielleicht liest man sich mal irgendwann wieder. Addio und buona notte.