Ich bin depressiv. Folge V.

Vorhin wollte ich im Blumenladen einen schönen Strauß für einen Freund von mir kaufen, der heute Geburtstag hat. Ich sagte noch: Es soll ein Strauß für einen MANN sein.
Ist es da zuviel verlangt, dass einem die Floristin einfach einen vernünftigen Strauß bindet, mit dem man sich nicht blamiert? Offenbar ja. Nach zehnminütiger Werkelei präsentierte sie mir ein wagenradähnliches Gebilde, kurz gebunden, in der Mitte HÖHER als außen und mit grellorangefarbenem BAST umwickelt. Für so einen Schiet zahle ich an jeder TANKE jedenfalls die Hälfte. Würde mir nichtmal einfallen, so was einer FRAU zu schenken.
Ja, ich hätte reklamieren sollen. Aber ich hatte heute einen schlechten Tag. Ich war derartig schockiert von diesem blöden BLUMEN-SOMBRERO, dass ich verstummte und nun, endgültig deprimiert, den Laden verließ.

Ich werde depressiv. Folge IV.

In Indien verpfänden arme Leute ihre Kinder an reiche Leute, bei denen sie verschuldet sind. Die Kinder arbeiten bis sie erwachsen sind die Schulden ihrer Eltern ab.

Aushangsangebot im Schaufenster der deutschen Metzgerei: Probiotische Fitness-Teewurst.

Ich werde mir, sobald ich wieder Geld habe, eine kaufen. Eine probiotische FITNESS-TEEWURST ...

Ich werde depressiv. Folge III.

Seit Ende März versuche ich einer Sparkasse, bei der ich noch ein Darlehen für eine Wohnung habe, zu vermitteln, dass ich bis Ende des Jahres gerne nur die Zinsen bezahlen möchte, da ich erst renovieren muss, bevor ich neu vermieten kann.
Ich habe in der Sache Ende März ein erläuterndes Fax geschickt und danach noch mehrere Telefonate geführt.
Die nicht umgestellte Rate, die einfach weiter abgebucht wurde, habe ich wieder zurückgeholt und einfach manuell die Zinsrate ohne die Tilgung angewiesen.
Es kamen zwei Zahlungserinnerungen.
Ende Juli wurde jetzt mit einem Schlag Zins und die Tilgungen der letzten drei Monate plus natürlich jeder Menge Rücklastgebühren, die MIR in Rechnung gestellt wurden, abgebucht. Ich habe den Vorgang natürlich wieder widerrufen, aber dieses Mal kommt das Geld nicht zurück und mein Konto ist im Minus.
Die Sparkasse selbst rührt sich mal wieder nicht, trotz der Aufforderung, mich zurückzurufen. Wahrscheinlich wieder alle im Urlaub oder in einem Wellnesstempel auf "Weiterbildung".
Wieso bin ich nicht Bankkauffrau geworden, frage ich mich circa ein Mal pro Woche.
Jedenfalls ist noch nicht mal der Erste und ich habe schon kein Geld mehr.

Ich werde depressiv. Folge II.
In diesem Jahr, erstmalig nach dem Tod meines Vaters, bekam ich eine Benachrichtigung über eine Lebensversicherung, für die nirgends eine Police aufzutreiben war. Ich rief dort an, um mich zu erkundigen - musste ja davon ausgehen, dass mein Papa eventuell also insgeheim eine LV für mich angelegt hatte, von der ich nichts gewusst hatte. Ja, Frau Soundso, sie haben zwei Lebensversicherungen bei uns, eine über soundsoviel, für die zahlen sie ja regelmäßig Beiträge, und eine über soundsoviel, die ist beitragsfrei gestellt. Rückkaufswert so um die 15 TSD Euro. Supi, dachte ich, wenn ich die auflöse, dann kann ich nach Äthiopien fahren. Und zwei Wochen Wellnesstempel sind auch noch drin. Mama lade ich gleich mit ein, damit sie sich ein bisschen erholt, also nicht in Äthiopien, sondern im Wellnesstempel. Und überhaupt.
Also stellte ich ein schriftliches Gesuch auf Anfertigung einer neuen Police, dann wollte ich auflösen.
Es kam ein viele tausend Entschuldigungen enthaltendes Schreiben zurück, dass es sich nicht um meine Versicherung handle, sondern um die Versicherung einer Namensdoppelgängerin von mir.
Man hätte mich versehentlich angeschrieben. (Ich frag mich ja immer noch, wie die an meine Adresse kamen, denn die Adresse der Doppelgängerin war ja bestens bekannt).

Ich werde depressiv. Folge I.

Meine Mutter hat eine Rentennachzahlung in vierstelliger Höhe bekommen, die wurde ausgezahlt und sie kaufte sich einen Tank Heizöl davon. Kurz danach kam ein Schreiben, man hätte sich verrechnet und wolle das Geld wieder zurück.
Es ist kein gesetzlicher Rententräger, sondern eine Zusatzversorgungskasse. In diesem Gebäude sitzen Menschen und meiden die Arbeit. Selbst der Gang zum Kaffeeautomaten ist beschwerlich.
Mein Mutter ist nicht der einzige Fall, es gibt einen Stapel Briefe dazu. (Den sie vermutlich vergangenen Dezember angefangen haben auszudrucken, sonst wär er nicht jetzt schon fertig).
Ihre Nachberechnungen verstehen sie selbst nicht. Niemand versteht sie.