Kollege Martin D. Wind schreibt an Katharina Reiche (CDU)
in betreffs der Debatte um "aktive Sterbehilfe" bzw. den so genannten "ärztlich assistierten Suizid" und einer möglichen Gesetzgebungsinitiative dazu.
>>Ich nehme an, liebe Frau Reiche, Sie sind davon überzeugt, etwas "Gutes" zu tun. Ich nehme auch an, dass Sie zumindest erstaunt, wenn nicht gar verärgert darüber sind, dass es Menschen gibt, die sich Ihnen und Ihren Mitstreitern in den Weg stellen und Ihr vermeintlich "gutes Anliegen" stoppen wollen.
Wissen Sie, es gab in der Geschichte der Menschheit schon immer solche Menschen, die etwas "gut gemeint" haben. Und hier sehen Sie schon, wohin meine Argumente führen werden. Das Gegenteil von "gut gemacht" ist "gut gemeint". Und mehr kann ich Ihrer Idee auch nicht abgewinnen.
Aus gutem Grund hat die Natur beinahe allen Lebewesen eine natürliche Scheu vor dem Töten anderer Lebewesen mitgegeben. Selbst Tiere, die sich von anderen Tieren ernähren, müssen erst lernen, für ihr Futter zu töten. Bei uns Menschen ist sogar festzustellen, dass wir - wenn wir nicht irgendwelche krankhaften Störungen haben - unsere Tötungshemmung in der Regel nur dann überwinden können, wenn wir uns in extremsten physischen und psychischen Ausnahmezuständen befinden oder aber zumindest ein kulturelles Ritual um die Notwendigkeit des Tötens benötigen (Armee, Blutrache, Ehre). Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so sind sich eigentlich beinahe alle Menschen kulturübergreifend einig, dass die Tötung eines Mitmenschen nicht geduldet wird oder gar zu sanktionieren ist, sei es strafrechtlich oder mit moralisch-gesellschaftlicher Ächtung.
Und ehrlich gesagt: Das ist auch gut so.
In der Szene der Tötungsbefürworter zum Lebensende wir viel von Menschenwürde, Humanität und Menschenrecht geredet. Und da wird dann oft - durchaus belegbar - behauptet, dass man den "Willen eines leidenden Menschen respektieren" müsse. Es muss allerdings auch die Frage gestellt und ERHLICH beantwortet werden, wie dieser Wunsch und Wille zustande kommt.
Aus der Szene der Menschen, die Sterbenden auf ihrem letzten Weg beistehen, wird dazu oft Erstaunliches erzählt. Z. B., dass Menschen, die sterbenskrank in ein Hospiz kommen, mehrfach den Wunsch äußern, jetzt "endlich sterben zu dürfen, weil sie das so wollen". Interessanterweise haben diese "hoffnungslosen Menschen" es in der Regel nicht mehr gar so eilig mit der finalen Umsetzung ihres Wunsches wenn sie eine gut geführte Palliativbetreuung erhalten, bei guter und liebevoller Zuwendung und nachdem man ihnen sehr deutlich gezeigt hat, dass sie keineswegs eine "Belastung für ihre Umgebung" darstellen. Diese Erfahrungen sind für die Niederlande und Belgien dokumentiert und auch in Deutschland (wenn mich nicht alles täuscht sogar statistisch untersucht) abrufbar.
Solche Erfahrungen und Berichte sollten Ihnen deutliche Hinweis auf Hintergründe des Sterbewunsches geben und Sie darüber nachdenken lassen, ob Sie sich nicht besser dafür einsetzen sollten, im Umfeld von Schmerz- und Sterbepatienten etwas zu ändern anstatt dem Objekt der Pflege mehr oder weniger nett verpackt mitzuteilen, dass es sich selbst und seine Umgebung doch bitte von seinem siechen Dasein befreien möge.
Ich habe in der eigenen Familie erlebt, wie meine hochbetagte Großmutter nach jahrelangem "abwesendem" Siechtum und aufwändiger Pflege an ihrem letzten Weihnachten aus ihrer tiefen geistigen Nacht aufgestiegen ist und zu ihrer eigenen und unser aller Freude ihre alten Weihnachtslieder mit strahlenden Augen und brüchiger Stimme gesungen hat. Sie ist dann am folgenden Ostern verstorben. Dieser eine kleine Moment des Glücks in einer geborgenen Atmosphäre wäre uns und ihr nicht vergönnt gewesen, hätten wir als pflegende Angehörige entschieden, sie Jahre früher von ihrem "Leiden zu erlösen". Sie können jetzt behaupten, das sei eine egoistische Sichtweise. Möglich. Aber ich habe meiner Großmutter in die strahlenden Augen gesehen und ich habe Abschied genommen von einer hinfälligen und "abwesenden" Frau, die aber in diesem Moment wusste, dass sie, geborgen im Kreise wirklich wohlmeinender Menschen, in Ruhe eines natürlichen Todes sterben darf. [Hervorhebung von mir-E.]
Das ist nur ein erster Denkanstoß. Es ist ein relativ oberflächlicher Einstieg mit nur einem Argument und einer Linienführung. Ich hoffe, er setzt bei Ihnen einen Denkprozess in Gang, der Sie zu einer wirklich am Menschen und an der Menschenwürde orientierten Einstellung zu einer wahrhaftig "humanen" Sterbebegleitung führen wird.
Das wünsche ich Ihnen von Herzen.<<
Danke an den Kollegen für die Überlassung des Schreibens.
>>Ich nehme an, liebe Frau Reiche, Sie sind davon überzeugt, etwas "Gutes" zu tun. Ich nehme auch an, dass Sie zumindest erstaunt, wenn nicht gar verärgert darüber sind, dass es Menschen gibt, die sich Ihnen und Ihren Mitstreitern in den Weg stellen und Ihr vermeintlich "gutes Anliegen" stoppen wollen.
Wissen Sie, es gab in der Geschichte der Menschheit schon immer solche Menschen, die etwas "gut gemeint" haben. Und hier sehen Sie schon, wohin meine Argumente führen werden. Das Gegenteil von "gut gemacht" ist "gut gemeint". Und mehr kann ich Ihrer Idee auch nicht abgewinnen.
Aus gutem Grund hat die Natur beinahe allen Lebewesen eine natürliche Scheu vor dem Töten anderer Lebewesen mitgegeben. Selbst Tiere, die sich von anderen Tieren ernähren, müssen erst lernen, für ihr Futter zu töten. Bei uns Menschen ist sogar festzustellen, dass wir - wenn wir nicht irgendwelche krankhaften Störungen haben - unsere Tötungshemmung in der Regel nur dann überwinden können, wenn wir uns in extremsten physischen und psychischen Ausnahmezuständen befinden oder aber zumindest ein kulturelles Ritual um die Notwendigkeit des Tötens benötigen (Armee, Blutrache, Ehre). Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so sind sich eigentlich beinahe alle Menschen kulturübergreifend einig, dass die Tötung eines Mitmenschen nicht geduldet wird oder gar zu sanktionieren ist, sei es strafrechtlich oder mit moralisch-gesellschaftlicher Ächtung.
Und ehrlich gesagt: Das ist auch gut so.
In der Szene der Tötungsbefürworter zum Lebensende wir viel von Menschenwürde, Humanität und Menschenrecht geredet. Und da wird dann oft - durchaus belegbar - behauptet, dass man den "Willen eines leidenden Menschen respektieren" müsse. Es muss allerdings auch die Frage gestellt und ERHLICH beantwortet werden, wie dieser Wunsch und Wille zustande kommt.
Aus der Szene der Menschen, die Sterbenden auf ihrem letzten Weg beistehen, wird dazu oft Erstaunliches erzählt. Z. B., dass Menschen, die sterbenskrank in ein Hospiz kommen, mehrfach den Wunsch äußern, jetzt "endlich sterben zu dürfen, weil sie das so wollen". Interessanterweise haben diese "hoffnungslosen Menschen" es in der Regel nicht mehr gar so eilig mit der finalen Umsetzung ihres Wunsches wenn sie eine gut geführte Palliativbetreuung erhalten, bei guter und liebevoller Zuwendung und nachdem man ihnen sehr deutlich gezeigt hat, dass sie keineswegs eine "Belastung für ihre Umgebung" darstellen. Diese Erfahrungen sind für die Niederlande und Belgien dokumentiert und auch in Deutschland (wenn mich nicht alles täuscht sogar statistisch untersucht) abrufbar.
Solche Erfahrungen und Berichte sollten Ihnen deutliche Hinweis auf Hintergründe des Sterbewunsches geben und Sie darüber nachdenken lassen, ob Sie sich nicht besser dafür einsetzen sollten, im Umfeld von Schmerz- und Sterbepatienten etwas zu ändern anstatt dem Objekt der Pflege mehr oder weniger nett verpackt mitzuteilen, dass es sich selbst und seine Umgebung doch bitte von seinem siechen Dasein befreien möge.
Ich habe in der eigenen Familie erlebt, wie meine hochbetagte Großmutter nach jahrelangem "abwesendem" Siechtum und aufwändiger Pflege an ihrem letzten Weihnachten aus ihrer tiefen geistigen Nacht aufgestiegen ist und zu ihrer eigenen und unser aller Freude ihre alten Weihnachtslieder mit strahlenden Augen und brüchiger Stimme gesungen hat. Sie ist dann am folgenden Ostern verstorben. Dieser eine kleine Moment des Glücks in einer geborgenen Atmosphäre wäre uns und ihr nicht vergönnt gewesen, hätten wir als pflegende Angehörige entschieden, sie Jahre früher von ihrem "Leiden zu erlösen". Sie können jetzt behaupten, das sei eine egoistische Sichtweise. Möglich. Aber ich habe meiner Großmutter in die strahlenden Augen gesehen und ich habe Abschied genommen von einer hinfälligen und "abwesenden" Frau, die aber in diesem Moment wusste, dass sie, geborgen im Kreise wirklich wohlmeinender Menschen, in Ruhe eines natürlichen Todes sterben darf. [Hervorhebung von mir-E.]
Das ist nur ein erster Denkanstoß. Es ist ein relativ oberflächlicher Einstieg mit nur einem Argument und einer Linienführung. Ich hoffe, er setzt bei Ihnen einen Denkprozess in Gang, der Sie zu einer wirklich am Menschen und an der Menschenwürde orientierten Einstellung zu einer wahrhaftig "humanen" Sterbebegleitung führen wird.
Das wünsche ich Ihnen von Herzen.<<
Danke an den Kollegen für die Überlassung des Schreibens.
ElsaLaska - 31. Okt, 10:17
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