Botschaft zum Welttag der Kranken am 11. Februar (Teil II)
>>4. Weisheit des Herzens bedeutet, aus sich selbst heraus- und auf den Mitmenschen zuzugehen. Unsere Welt vergisst manchmal den besonderen Wert der am Krankenbett verbrachten Zeit, weil man von der Eile, von der Hektik des Tuns, des Produzierens bedrängt ist und die Dimension der Unentgeltlichkeit vergisst, den Aspekt, den anderen zu umsorgen und sich seiner anzunehmen. Letztlich liegt hinter dieser Haltung oft ein halbherziger Glaube, der jenes Wort des Herrn vergessen hat, der sagt: » Das habt ihr mir getan « (Mt 25,40).
Deshalb möchte ich noch einmal erinnern an » die absolute Vorrangigkeit des „Aus-sich-Herausgehens auf den Mitmenschen zu" als eines der beiden Hauptgebote, die jede sittliche Norm begründen, und als deutlichstes Zeichen, anhand dessen man den Weg geistlichen Wachstums als Antwort auf das völlig ungeschuldete Geschenk Gottes überprüfen kann « (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 179). Aus der missionarischen Natur der Kirche selbst entspringt » die wirkliche Nächstenliebe, das Mitgefühl, das versteht, beisteht und fördert « (ebd.).
5. Weisheit des Herzens bedeutet, solidarisch mit dem Mitmenschen zu sein, ohne ihn zu beurteilen. Die Nächstenliebe braucht Zeit. Zeit, um die Kranken zu pflegen, und Zeit, um sie zu besuchen. Zeit, um bei ihnen zu verweilen, wie es die Freunde Ijobs taten: » Sie saßen bei ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte; keiner sprach ein Wort zu ihm. Denn sie sahen, dass sein Schmerz sehr groß war« (Ijob 2,13). Doch die Freunde Ijobs verbargen in ihrem Innern ein negatives Urteil über ihn: Sie meinten, sein Unglück sei die Strafe Gottes für eine Schuld. Die wahre Nächstenliebe ist hingegen eine Teilnahme, die nicht urteilt, die sich nicht anmaßt, den anderen zu bekehren; sie ist frei von jener falschen Demut, die unterschwellig Anerkennung sucht, und freut sich über das vollbrachte Gute.
Die Erfahrung Ijobs findet ihre authentische Antwort allein im Kreuz Jesu, dem äußersten, völlig ungeschuldeten, ganz und gar barmherzigen Akt der Solidarität Gottes mit uns. Und diese Antwort der Liebe auf die Tragödie des menschlichen Leidens – speziell des unschuldigen Leidens – bleibt dem Leib des auferstandenen Christus für immer eingeprägt, in jenen glorreichen Wunden, die ein Ärgernis für den Glauben, aber auch ein Nachweis für den Glauben sind (vgl. Homilie zur Heiligsprechung von Johannes XXIII. und Johannes Paul II., 27. April 2014).
Auch wenn die Krankheit, die Einsamkeit und die Unfähigkeit die Oberhand über unser Leben der Hingabe gewinnen, kann die Erfahrung des Leidens ein bevorzugter Ort der Vermittlung der Gnade sein und eine Quelle, um die sapientia cordis zu erwerben und zu stärken. Darum versteht man, wieso Ijob sich am Ende seiner Erfahrung mit den Worten an Gott wenden kann: » Vom Hörensagen nur hatte ich von dir vernommen; jetzt aber hat mein Auge dich geschaut « (42,5). Auch die im Geheimnis von Leid und Schmerz versunkenen Menschen können, wenn dieses im Glauben angenommen wird, lebendige Zeugen eines Glaubens werden, der es erlaubt, sich im Leiden selbst niederzulassen, obwohl der Mensch mit seiner Intelligenz nicht fähig ist, es bis zum Grunde zu begreifen.
6. Ich vertraue diesen Welttag der Kranken dem mütterlichen Schutz Marias an, die die menschgewordene Weisheit, Jesus Christus, unseren Herrn, in ihrem Schoß empfangen und geboren hat.
O Maria, Sitz der Weisheit, tritt du als unsere Mutter für alle Kranken ein und für die, welche sie pflegen. Gib, dass wir im Dienst am leidenden Nächsten und durch die eigene Erfahrung des Schmerzes die wahre Weisheit des Herzens aufnehmen und in uns wachsen lassen können.
Diese inständige Bitte für euch alle begleite ich mit meinem Apostolischen Segen.
Aus dem Vatikan, am 3. Dezember 2014,
dem Gedenktag des heiligen Franz Xaver
FRANCISCUS
[von hier.]
Deshalb möchte ich noch einmal erinnern an » die absolute Vorrangigkeit des „Aus-sich-Herausgehens auf den Mitmenschen zu" als eines der beiden Hauptgebote, die jede sittliche Norm begründen, und als deutlichstes Zeichen, anhand dessen man den Weg geistlichen Wachstums als Antwort auf das völlig ungeschuldete Geschenk Gottes überprüfen kann « (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 179). Aus der missionarischen Natur der Kirche selbst entspringt » die wirkliche Nächstenliebe, das Mitgefühl, das versteht, beisteht und fördert « (ebd.).
5. Weisheit des Herzens bedeutet, solidarisch mit dem Mitmenschen zu sein, ohne ihn zu beurteilen. Die Nächstenliebe braucht Zeit. Zeit, um die Kranken zu pflegen, und Zeit, um sie zu besuchen. Zeit, um bei ihnen zu verweilen, wie es die Freunde Ijobs taten: » Sie saßen bei ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte; keiner sprach ein Wort zu ihm. Denn sie sahen, dass sein Schmerz sehr groß war« (Ijob 2,13). Doch die Freunde Ijobs verbargen in ihrem Innern ein negatives Urteil über ihn: Sie meinten, sein Unglück sei die Strafe Gottes für eine Schuld. Die wahre Nächstenliebe ist hingegen eine Teilnahme, die nicht urteilt, die sich nicht anmaßt, den anderen zu bekehren; sie ist frei von jener falschen Demut, die unterschwellig Anerkennung sucht, und freut sich über das vollbrachte Gute.
Die Erfahrung Ijobs findet ihre authentische Antwort allein im Kreuz Jesu, dem äußersten, völlig ungeschuldeten, ganz und gar barmherzigen Akt der Solidarität Gottes mit uns. Und diese Antwort der Liebe auf die Tragödie des menschlichen Leidens – speziell des unschuldigen Leidens – bleibt dem Leib des auferstandenen Christus für immer eingeprägt, in jenen glorreichen Wunden, die ein Ärgernis für den Glauben, aber auch ein Nachweis für den Glauben sind (vgl. Homilie zur Heiligsprechung von Johannes XXIII. und Johannes Paul II., 27. April 2014).
Auch wenn die Krankheit, die Einsamkeit und die Unfähigkeit die Oberhand über unser Leben der Hingabe gewinnen, kann die Erfahrung des Leidens ein bevorzugter Ort der Vermittlung der Gnade sein und eine Quelle, um die sapientia cordis zu erwerben und zu stärken. Darum versteht man, wieso Ijob sich am Ende seiner Erfahrung mit den Worten an Gott wenden kann: » Vom Hörensagen nur hatte ich von dir vernommen; jetzt aber hat mein Auge dich geschaut « (42,5). Auch die im Geheimnis von Leid und Schmerz versunkenen Menschen können, wenn dieses im Glauben angenommen wird, lebendige Zeugen eines Glaubens werden, der es erlaubt, sich im Leiden selbst niederzulassen, obwohl der Mensch mit seiner Intelligenz nicht fähig ist, es bis zum Grunde zu begreifen.
6. Ich vertraue diesen Welttag der Kranken dem mütterlichen Schutz Marias an, die die menschgewordene Weisheit, Jesus Christus, unseren Herrn, in ihrem Schoß empfangen und geboren hat.
O Maria, Sitz der Weisheit, tritt du als unsere Mutter für alle Kranken ein und für die, welche sie pflegen. Gib, dass wir im Dienst am leidenden Nächsten und durch die eigene Erfahrung des Schmerzes die wahre Weisheit des Herzens aufnehmen und in uns wachsen lassen können.
Diese inständige Bitte für euch alle begleite ich mit meinem Apostolischen Segen.
Aus dem Vatikan, am 3. Dezember 2014,
dem Gedenktag des heiligen Franz Xaver
FRANCISCUS
[von hier.]
ElsaLaska - 2. Jan, 10:11
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