Mittwoch (II)
Lorenzo, kreidebleich und mit Bartschatten auf den Wangen, fuhrwerkte bereits wieder am Herd herum: er briet Polentastreifen mit Salbei in Butter an. Sein Anruf bei der Polizei war unaufgeregt verlaufen, ein paar Neuigkeiten waren ausgetauscht worden, der Beamte solle ruhig noch hereinschauen - Lorenzo hatte ein spätes Abendessen in Aussicht gestellt. Hin und wieder genehmigte er sich einen großen Schluck aus seinem Grappaglas. Es war ein Grappa di Rosso Conero, rar, mild und sehr belebend. „Reine Arznei“, wie er gesagt hatte. Zumindest half mir der Schnaps, aufrecht sitzen zu bleiben und meine angespannten Nerven zu beruhigen. Als der Polizist gegen die Fensterscheibe klopfte, fuhr ich trotzdem zusammen. Lorenzo öffnete die Haustüre; die Begrüßung verlief überschwänglich – offenbar war man mit dem Anblick eines Monsignore in Piratenkopftuch und Küchenschürze wohlvertraut.
Vice-Questore Zeno Aurel wünschte mir, den Hut in der Hand, einen guten Abend. Von der Statur her war er eher mollig, aber der Nase nach hätte er ein Farnese sein können. Sein begehrlicher Blick – er hatte ein Paar ungewöhnlich leuchtendblaue Augen - war auf mein Grappaglas gerichtet. Lorenzo wies ihn mit einer lässigen Handbewegung an, sich selbst einzuschenken. Aurel holte sich ein Glas aus dem Vitrinenschrank und riskierte bei der Gelegenheit einen Blick in die Pfanne, in der es verlockend brutzelte.
„Du machst Polenta? Bravo!“, rief er aus, goss sich schwungvoll ein und mir gleich noch nach. „Trinken Sie, Signora, es gibt nichts Bessres, wenn die Nerven blank liegen. Ich habe Ihr Auto an die Spurensicherung übergeben, die nehmen es in diesem Moment auseinander, tüchtige Leute.“ Weil er meinen starren Blick nicht zu deuten wusste, fühlte er sich genötigt, hinzuzufügen, dass seine Leute mein Auto auch ganz bestimmt wieder zusammensetzen würden. Er nickte, um sich selbst von der Richtigkeit dieser Aussage zu überzeugen.
„Sicher nur so ein besoffener Jäger, wir haben jedes Jahr die tollsten Jagdunfälle während der Saison. Letzten September hat der alte Ugo Micheles Frau fast ein Auge rausgeschossen, Mamma mia! Wenn ich was zu sagen hätte, wäre der Quatsch schon längst verboten. “ Lorenzo stellte schwungvoll drei Teller mit knusprig angebratener Polenta auf den Tisch. „Die meisten jagen aber mit Schrot“, gab er zu bedenken.
„Die meisten, na sicher, manche eben auch nicht“, entgegnete Aurel, dessen Nasenflügel sich voller Vorfreude blähten. Als ihm noch ein Glas Wein neben den Teller gestellt wurde, kannte sein Glück keine Grenzen mehr. Er langte tüchtig zu. Eine Weile aßen wir schweigend. Dann schob Aurel seinen Teller von sich, wischte sich die fettigen Lippen und schaute seinen Bischof erwartungsvoll an. Lorenzo nahm gleichmütig eine Orange aus der Obstschale und warf sie ihm zu. Zeno Aurel schälte sie, legte mir säuberlich ein paar Schnitze auf den Tellerrand und räusperte sich.
„Da wären noch ein paar Fragen, die ich der Signora zu stellen hätte. Ausweis, Aufenthaltsgenehmigung, residenza. Ihre Aussage als Zeugin, eh bèh ...“ Er schaute mich unglücklich an. Lorenzo goss dem Vice-Questore noch fast eine Handbreit Grappa ein.
„Die Signora ist erschöpft, Zeno. Du kannst sie ebensogut morgen früh befragen. “ Er war hinter mich getreten und hatte mir beide Hände auf die Schultern gelegt.
„Du hast ganz Recht, sie sieht sehr angegriffen aus. Ich werde morgen Mittag noch mal hereinschauen“, sagte er erleichtert. „Wie wäre es, ich bringe ein paar gegrillte Artischocken und ein bisschen Wildschweinwurst mit, come antipasto, eh?“
Wir tranken schweigend unseren Kaffee, Zeno immer noch in Erwartung einer Antwort.
„Abgemacht. Wir sehen uns dann morgen zum Mittagessen“, löste Lorenzo schließlich die Spannung, die sich breit gemacht hatte. Zeno Aurel griff nach seinem Hut, machte einen Diener und verabschiedete sich in bester Stimmung.
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Vice-Questore Zeno Aurel wünschte mir, den Hut in der Hand, einen guten Abend. Von der Statur her war er eher mollig, aber der Nase nach hätte er ein Farnese sein können. Sein begehrlicher Blick – er hatte ein Paar ungewöhnlich leuchtendblaue Augen - war auf mein Grappaglas gerichtet. Lorenzo wies ihn mit einer lässigen Handbewegung an, sich selbst einzuschenken. Aurel holte sich ein Glas aus dem Vitrinenschrank und riskierte bei der Gelegenheit einen Blick in die Pfanne, in der es verlockend brutzelte.
„Du machst Polenta? Bravo!“, rief er aus, goss sich schwungvoll ein und mir gleich noch nach. „Trinken Sie, Signora, es gibt nichts Bessres, wenn die Nerven blank liegen. Ich habe Ihr Auto an die Spurensicherung übergeben, die nehmen es in diesem Moment auseinander, tüchtige Leute.“ Weil er meinen starren Blick nicht zu deuten wusste, fühlte er sich genötigt, hinzuzufügen, dass seine Leute mein Auto auch ganz bestimmt wieder zusammensetzen würden. Er nickte, um sich selbst von der Richtigkeit dieser Aussage zu überzeugen.
„Sicher nur so ein besoffener Jäger, wir haben jedes Jahr die tollsten Jagdunfälle während der Saison. Letzten September hat der alte Ugo Micheles Frau fast ein Auge rausgeschossen, Mamma mia! Wenn ich was zu sagen hätte, wäre der Quatsch schon längst verboten. “ Lorenzo stellte schwungvoll drei Teller mit knusprig angebratener Polenta auf den Tisch. „Die meisten jagen aber mit Schrot“, gab er zu bedenken.
„Die meisten, na sicher, manche eben auch nicht“, entgegnete Aurel, dessen Nasenflügel sich voller Vorfreude blähten. Als ihm noch ein Glas Wein neben den Teller gestellt wurde, kannte sein Glück keine Grenzen mehr. Er langte tüchtig zu. Eine Weile aßen wir schweigend. Dann schob Aurel seinen Teller von sich, wischte sich die fettigen Lippen und schaute seinen Bischof erwartungsvoll an. Lorenzo nahm gleichmütig eine Orange aus der Obstschale und warf sie ihm zu. Zeno Aurel schälte sie, legte mir säuberlich ein paar Schnitze auf den Tellerrand und räusperte sich.
„Da wären noch ein paar Fragen, die ich der Signora zu stellen hätte. Ausweis, Aufenthaltsgenehmigung, residenza. Ihre Aussage als Zeugin, eh bèh ...“ Er schaute mich unglücklich an. Lorenzo goss dem Vice-Questore noch fast eine Handbreit Grappa ein.
„Die Signora ist erschöpft, Zeno. Du kannst sie ebensogut morgen früh befragen. “ Er war hinter mich getreten und hatte mir beide Hände auf die Schultern gelegt.
„Du hast ganz Recht, sie sieht sehr angegriffen aus. Ich werde morgen Mittag noch mal hereinschauen“, sagte er erleichtert. „Wie wäre es, ich bringe ein paar gegrillte Artischocken und ein bisschen Wildschweinwurst mit, come antipasto, eh?“
Wir tranken schweigend unseren Kaffee, Zeno immer noch in Erwartung einer Antwort.
„Abgemacht. Wir sehen uns dann morgen zum Mittagessen“, löste Lorenzo schließlich die Spannung, die sich breit gemacht hatte. Zeno Aurel griff nach seinem Hut, machte einen Diener und verabschiedete sich in bester Stimmung.
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ElsaLaska - 8. Feb, 22:05
Eh,
Kommt das eigentlich rüber, dass Axl Rose ein ROCKER ist (Guns 'n' Roses), oder klingt Axl-Rose-Kopftuch einfach nur lila und schwul? Dann ersetze ich es mit Rockerkopftuch oder sowas ...
frag ich mich gerade.
Es bleibt
Ich denke, ich sollte ihn jetzt einfach mal langsam die Soutane überziehen lassen, morgen Abend muss er nach Rom, dann hat es sich eh ausgerockt!
Axl
Aber deine kulinarischen Beschreibungen sind unübertrefflich!
Genau das hatte ich befürchtet,
Würde Piratenkopftuch den Sachverhalt für dich abbilden, franziska?
(Gegessen und getrunken wird bei mir auch in Zukunft exzessiv, egal was noch passieren wird, das ist mal gewiss:) )
feix....
Piratenkopftuch
Ehem,
An und für sich wäre es ein dunkles, warmes Rot. Er ist eher der Wintertyp, wenn ich der Farbenlehre folgen würde.
Danke :)