Donnerstag (II)
An das Zimmer, das mit zwei Stichbogenfenstern auf den Vorplatz hinausging, schloss sich ein komfortabel ausgestattetes Gästebad an. Ich hatte eine Dusche nötig und fand eine verpackte Zahnbürste, die ich benutzen konnte. Es gab eine angebrochene Zahnpastatube und sogar ein Tiegelchen mit Augenkonturencreme, die ich nach einem eingehenden Kontrollblick in den Spiegel auch sofort auftrug. Der Monsignore schien öfter Damenbesuch zu haben und weder das exklusive Deodorant noch die teure Augencreme deuteten auf eine Haushälterin im klassischen Sinne hin.
Ich machte das Bett, strich die Tagesdecke glatt und inspizierte das große Bücherregal. Ich griff wahllos nach einem dünnen Bändchen mit Gedichten über Rom, an einer Stelle war ein Lesezeichen eingefügt, es war ausgerechnet Pier Paolo Pasolinis Klage der Baggermaschine. Für einen Mann in seiner Stellung hatte mein Gastgeber in der Tat einige exzentrisch zu nennende Vorlieben. Dann fiel mein Blick auf Nikos Kazantzakis’ „Die letzte Versuchung“, und Dan Browns „Sakrileg“. Beide Bücher waren mit Unterstreichungen und Anmerkungen versehen. Und als ob das noch nicht genug sei, fanden sich das „Evangelium der Maria Magdalena“ und „Miriam“, der Maria-Magdalena-Roman von Luise Rinser in den oberen Reihen.
haereticus est, qui se ab unitate ecclesiae separat - ich hatte das für einen scherzhaften Trinkspruch gehalten, aber so wie die Sachlage sich darstellte, stand Monsignore offensichtlich kurz vor der Exkommunikation. Das war völliger Nonsense, es gab dafür ganz sicher eine einfache Erklärung und exkommuniziert wurde doch wohl nicht mehr, oder doch? Ich brauchte einfach nur einen starken Kaffee, dann würde ich wieder zu mir kommen.
In der aufgeräumten Küche flackerte bereits ein gemütliches Feuer, obwohl der Tag wolkenlos und sonnig begonnen hatte, war es nicht besonders warm geworden. Lorenzo saß am Küchentisch, vor sich einen Stapel Zeitungen und war in die Lektüre von „Il Manifesto“ vertieft. Was hatte ich erwartet? Die Vatikanischen Neuesten Nachrichten? Ich wünschte einen guten Morgen und schenkte mir Kaffee ein. „Sie lesen eine kommunistische Tageszeitung?“ Er schob mir die Zuckerdose zu und deutete einladend auf einen Korb mit gefüllten Hörnchen. „Man muss sich informieren“, entgegnete er vage. „Haben Sie gut geschlafen?“
„Sehr gut. Ich bin schon seit zwei Stunden wach. Ihr Gästebad hat wirklich allen erdenklichen Komfort. Nach dem Duschen habe ich noch in Ihrem Bücherregal gestöbert und geschmökert.“
Er schaute nicht einmal auf.
Ich ließ nicht locker. „Wann sagten Sie, wollten Sie heute Abend zurück fahren?“
„Von Wollen ist gar keine Rede“, murrte er und legte die Zeitung zur Seite. „Ich muss auf jeden Fall vor Mitternacht noch im Vatikan sein.“
„Im Vatikan. Sie meinen d e n Vatikan, Heiliger Stuhl, Sitz der römischen Kurie, mit Papst und allem drum und dran, oder?“
Er setzte klirrend seine Tasse ab. „Fühlen Sie sich nicht wohl?“
„Nein! Ja. Doch, ich fühle mich sehr wohl, ich frage mich nur gerade, ob es vielleicht n o c h einen Vatikan gibt, von dem ich bisher nichts wusste.“ Mit einem beherzten Biss nahm ich das Hörnchen in Angriff und krümelte die Tischplatte voll.
Lorenzo starrte mich mit schmalen Augen an. „Ich hole Ihnen eine Aspirin.“
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Ich machte das Bett, strich die Tagesdecke glatt und inspizierte das große Bücherregal. Ich griff wahllos nach einem dünnen Bändchen mit Gedichten über Rom, an einer Stelle war ein Lesezeichen eingefügt, es war ausgerechnet Pier Paolo Pasolinis Klage der Baggermaschine. Für einen Mann in seiner Stellung hatte mein Gastgeber in der Tat einige exzentrisch zu nennende Vorlieben. Dann fiel mein Blick auf Nikos Kazantzakis’ „Die letzte Versuchung“, und Dan Browns „Sakrileg“. Beide Bücher waren mit Unterstreichungen und Anmerkungen versehen. Und als ob das noch nicht genug sei, fanden sich das „Evangelium der Maria Magdalena“ und „Miriam“, der Maria-Magdalena-Roman von Luise Rinser in den oberen Reihen.
haereticus est, qui se ab unitate ecclesiae separat - ich hatte das für einen scherzhaften Trinkspruch gehalten, aber so wie die Sachlage sich darstellte, stand Monsignore offensichtlich kurz vor der Exkommunikation. Das war völliger Nonsense, es gab dafür ganz sicher eine einfache Erklärung und exkommuniziert wurde doch wohl nicht mehr, oder doch? Ich brauchte einfach nur einen starken Kaffee, dann würde ich wieder zu mir kommen.
In der aufgeräumten Küche flackerte bereits ein gemütliches Feuer, obwohl der Tag wolkenlos und sonnig begonnen hatte, war es nicht besonders warm geworden. Lorenzo saß am Küchentisch, vor sich einen Stapel Zeitungen und war in die Lektüre von „Il Manifesto“ vertieft. Was hatte ich erwartet? Die Vatikanischen Neuesten Nachrichten? Ich wünschte einen guten Morgen und schenkte mir Kaffee ein. „Sie lesen eine kommunistische Tageszeitung?“ Er schob mir die Zuckerdose zu und deutete einladend auf einen Korb mit gefüllten Hörnchen. „Man muss sich informieren“, entgegnete er vage. „Haben Sie gut geschlafen?“
„Sehr gut. Ich bin schon seit zwei Stunden wach. Ihr Gästebad hat wirklich allen erdenklichen Komfort. Nach dem Duschen habe ich noch in Ihrem Bücherregal gestöbert und geschmökert.“
Er schaute nicht einmal auf.
Ich ließ nicht locker. „Wann sagten Sie, wollten Sie heute Abend zurück fahren?“
„Von Wollen ist gar keine Rede“, murrte er und legte die Zeitung zur Seite. „Ich muss auf jeden Fall vor Mitternacht noch im Vatikan sein.“
„Im Vatikan. Sie meinen d e n Vatikan, Heiliger Stuhl, Sitz der römischen Kurie, mit Papst und allem drum und dran, oder?“
Er setzte klirrend seine Tasse ab. „Fühlen Sie sich nicht wohl?“
„Nein! Ja. Doch, ich fühle mich sehr wohl, ich frage mich nur gerade, ob es vielleicht n o c h einen Vatikan gibt, von dem ich bisher nichts wusste.“ Mit einem beherzten Biss nahm ich das Hörnchen in Angriff und krümelte die Tischplatte voll.
Lorenzo starrte mich mit schmalen Augen an. „Ich hole Ihnen eine Aspirin.“
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ElsaLaska - 9. Feb, 21:39
addicted greetings oder so....