Freitag (II)
Nachdem er ums ganze Haus herum gelaufen war, erschien er wieder auf der Schwelle und gab mir Anweisung, die Fensterläden im oberen Stock zu schließen. Er verriegelte sorgfältig die Haustüre und zog sämtliche Läden in Küche und Wohnzimmer zu.
Im Gästezimmer herrschte absolutes Durcheinander. Das Bett war aufgedeckt, die Daunendecken und die Matratze aufgeschlitzt worden. Lorenzos komplette biblioteca haeresia lag verstreut auf dem Boden, das Regal war umgekippt. Und das Bild an der Wand fehlte. Ich ging zuerst ins Bad, in dem es nicht ganz so wild aussah. Die Fensterläden aus massivem Holz waren schwer zu schließen, dennoch schaffte ich es und fühlte mich sofort sicherer.
Es gab noch zwei weitere Zimmer auf diesem Stockwerk: eines, das Lorenzo gerade renovierte, und sein Schlafzimmer, das ebenfalls über ein eigenes Bad verfügte. Neben einem schlichten antiken Holzbett, über das eine dunkelrote Tagesdecke gebreitet war, stapelten sich die Bücher. Auf dem passenden Nachtschränkchen stand eine Kerze mit Leuchter, eine Karaffe mit Wasser und ein Aschenbecher: Der Monsignore pflegte also im Bett zu rauchen. Ich musste grinsen. Ein riesiger Kamin beherrschte den Raum, auf dessen Umrandung edel gerahmte Familienfotos angeordnet waren. Und unterm Fenster fand sich die schwarze E-Gitarre und ein leistungsfähig aussehender Verstärker, außerdem Berge von Noten. Ich schloss alle Läden und ging dann ins Bad. Lorenzo hatte seine Sachen noch nicht wieder ausgepackt, aber ich stellte neuerlich grinsend fest, dass er einen Jack-Wolfskin-Outdoor-Waschbeutel benutzte, den man in ausgerolltem Zustand an Äste oder Motorradlenker hängen konnte. Als ich wieder in die Küche hinunter kam, kochte er gerade Kaffee. Die Beretta lag gesichert auf dem Tisch, die Bibel daneben.
„Kaffee! Eine gute Idee. Haben Sie schon beim Vice Ispettore angerufen?“, fragte ich, während ich den Vitrinenschrank öffnete und die Espressotassen heraus nahm. „Nein, ich habe heute weiß Gott keine Nerven mehr dafür“, brach es aus ihm heraus. Er hieb mit der flachen Hand gegen die Wand und pfefferte die Kaffeedose in ihre Schublade zurück. Ich konnte ihn wirklich gut verstehen.
„Fehlt noch etwas, außer dem Bild?“
„Ich glaube nicht. Um das Bild tut es mir Leid“, meinte er, während er uns Kaffee eingoss, „es war nur eine Kopie, aber ich hänge sehr daran. Es ist das Porträt der Frau von Lorenzo de Medici.“ Er löffelte sich viermal Zucker in die Tasse – offenbar stieg sein Zuckerverbrauch in Stresssituationen um ein Drittel.
„Mit diesen Perlenschnüren im Haar? Wissen Sie ihren Namen?“, horchte ich auf. Er trank seine Tasse mit Genuss leer und schenkte gleich nochmal nach. „Eine Orsini. Sie hieß Clarice Orsini. Sie sind ihr übrigens sehr ähnlich, vor allem wenn Sie die Haare zurücknehmen, sehen Sie, so ...“, er beugte sich vor, um mir eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen. Ich zuckte unwillkürlich zurück. Erstaunt bemerkte ich, dass er vor Verlegenheit rot wurde.
„Ich wollte nicht ...“ Er brach ab und schwieg verletzt. Natürlich, dachte ich, er hat allen Grund verletzt zu sein, ich habe reagiert, als wäre er irgendein zudringlicher Betrunkener in einer Kneipe und nicht Priester. Ich biss mir auf die Lippe.
„Es ist - schon gut. Meine Nerven sind auch völlig am Boden, das können Sie mir glauben. Denken Sie, der Einbrecher kommt wieder?“
Er schüttelte den Kopf. „Falls doch, ich schlafe mit der Beretta auf der Wohnzimmercouch. Sie können mein Bett benutzen, das Himmelbett ist ja leider nicht mehr zu gebrauchen.“ Ich stand auf und legte ihm die Hand auf den Unterarm. „Es tut mir Leid, Sie haben nur Umstände wegen mir. Wenn ich jetzt nicht nach oben gehe, schlafe ich im Stehen ein. Gute Nacht.“
Sein Bett war weich, warm und roch nach Lavendel und Verbene. Obwohl ich hundemüde war, konnte ich lange nicht einschlafen.
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Im Gästezimmer herrschte absolutes Durcheinander. Das Bett war aufgedeckt, die Daunendecken und die Matratze aufgeschlitzt worden. Lorenzos komplette biblioteca haeresia lag verstreut auf dem Boden, das Regal war umgekippt. Und das Bild an der Wand fehlte. Ich ging zuerst ins Bad, in dem es nicht ganz so wild aussah. Die Fensterläden aus massivem Holz waren schwer zu schließen, dennoch schaffte ich es und fühlte mich sofort sicherer.
Es gab noch zwei weitere Zimmer auf diesem Stockwerk: eines, das Lorenzo gerade renovierte, und sein Schlafzimmer, das ebenfalls über ein eigenes Bad verfügte. Neben einem schlichten antiken Holzbett, über das eine dunkelrote Tagesdecke gebreitet war, stapelten sich die Bücher. Auf dem passenden Nachtschränkchen stand eine Kerze mit Leuchter, eine Karaffe mit Wasser und ein Aschenbecher: Der Monsignore pflegte also im Bett zu rauchen. Ich musste grinsen. Ein riesiger Kamin beherrschte den Raum, auf dessen Umrandung edel gerahmte Familienfotos angeordnet waren. Und unterm Fenster fand sich die schwarze E-Gitarre und ein leistungsfähig aussehender Verstärker, außerdem Berge von Noten. Ich schloss alle Läden und ging dann ins Bad. Lorenzo hatte seine Sachen noch nicht wieder ausgepackt, aber ich stellte neuerlich grinsend fest, dass er einen Jack-Wolfskin-Outdoor-Waschbeutel benutzte, den man in ausgerolltem Zustand an Äste oder Motorradlenker hängen konnte. Als ich wieder in die Küche hinunter kam, kochte er gerade Kaffee. Die Beretta lag gesichert auf dem Tisch, die Bibel daneben.
„Kaffee! Eine gute Idee. Haben Sie schon beim Vice Ispettore angerufen?“, fragte ich, während ich den Vitrinenschrank öffnete und die Espressotassen heraus nahm. „Nein, ich habe heute weiß Gott keine Nerven mehr dafür“, brach es aus ihm heraus. Er hieb mit der flachen Hand gegen die Wand und pfefferte die Kaffeedose in ihre Schublade zurück. Ich konnte ihn wirklich gut verstehen.
„Fehlt noch etwas, außer dem Bild?“
„Ich glaube nicht. Um das Bild tut es mir Leid“, meinte er, während er uns Kaffee eingoss, „es war nur eine Kopie, aber ich hänge sehr daran. Es ist das Porträt der Frau von Lorenzo de Medici.“ Er löffelte sich viermal Zucker in die Tasse – offenbar stieg sein Zuckerverbrauch in Stresssituationen um ein Drittel.
„Mit diesen Perlenschnüren im Haar? Wissen Sie ihren Namen?“, horchte ich auf. Er trank seine Tasse mit Genuss leer und schenkte gleich nochmal nach. „Eine Orsini. Sie hieß Clarice Orsini. Sie sind ihr übrigens sehr ähnlich, vor allem wenn Sie die Haare zurücknehmen, sehen Sie, so ...“, er beugte sich vor, um mir eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen. Ich zuckte unwillkürlich zurück. Erstaunt bemerkte ich, dass er vor Verlegenheit rot wurde.
„Ich wollte nicht ...“ Er brach ab und schwieg verletzt. Natürlich, dachte ich, er hat allen Grund verletzt zu sein, ich habe reagiert, als wäre er irgendein zudringlicher Betrunkener in einer Kneipe und nicht Priester. Ich biss mir auf die Lippe.
„Es ist - schon gut. Meine Nerven sind auch völlig am Boden, das können Sie mir glauben. Denken Sie, der Einbrecher kommt wieder?“
Er schüttelte den Kopf. „Falls doch, ich schlafe mit der Beretta auf der Wohnzimmercouch. Sie können mein Bett benutzen, das Himmelbett ist ja leider nicht mehr zu gebrauchen.“ Ich stand auf und legte ihm die Hand auf den Unterarm. „Es tut mir Leid, Sie haben nur Umstände wegen mir. Wenn ich jetzt nicht nach oben gehe, schlafe ich im Stehen ein. Gute Nacht.“
Sein Bett war weich, warm und roch nach Lavendel und Verbene. Obwohl ich hundemüde war, konnte ich lange nicht einschlafen.
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ElsaLaska - 17. Feb, 22:34
Lavendel...
*hust*
Und er ist schon ein Rocker, aber kein SIFFER :)
Deshalb mieft die Wäsche nicht. Punktum.
Und nach nur zwei Tagen der Bekanntschaft hüpft man nicht eben mal gleich mit einem hohen Kleriker ins Bett, nee neee...
Schon gut
war nur eben ganz allein zu hause *verlegenhust*
Lavendel ist ganz ok...
hm,
Erst wollte ich nur Verbene schreiben, das ist aromatisch und männlich-würzig und alles, aber das versteht niemand, wenn es da alleine steht, im Zusammenhang mit Lavendel wird es klar, dass Verbene eine Pflanze ist. Denk ich mir halt so.
Geruch
erotischenmännlichen Duftwasser, ein gutes After-Shave oder so? (hier gibt es "Axe", mein Sohn benutzt das, riecht gut!)Vielleicht benutzt er ja ein After-Shave,
25. Folge wann?
Hab heut Nachmittag alle 24 Folgen des Farnese- Komplotts gelesen! Is grad so spannend, und gefällt mir wesentlich besser als seinerzeit der Krimi oder Thriller mit dem dt. Geheimdienst!
Haste den eigentlich zu ende geschrieben, oder ist das nur ein Fragment auf 20six.de!
Harre der nächsten Folgen, wie das denn nun weitergeht mit dem Typ aus dem Vatican. Is jedenfalls ne recht interessante Beschreibung.
Herzlichen Gruss und lass me BITTE net so lang auf die Fortsetzungen warten! DANKE!
Elisabeth