Sonntag (I)
„Sie müssen Elsa sein – ich darf Sie doch Elsa nennen, ich bin Giulia, Zeno hat mir schon von Ihnen vorgeschwärmt!“ Giulia Farnese besaß feingemeißelte Züge und die schrägstehenden Augen, wie man sie etruskischem Blut zuschrieb. Sie waren von klarer grüner Farbe und funkelten in diesem Moment vergnügt über der perfekten Wölbung ihrer hohen Wangenknochen.
„Du warst bei Zeno, wie geht es ihm?“
„Schon fast wieder der Alte, er hat Hunger und deshalb schlechte Laune, aber ansonsten hat er es gut überstanden. Und ihr habt es euch nach der ganzen Aufregung so richtig gemütlich gemacht, was?“, neckte sie ihn mit Blick auf die Bibel und die Beretta, die immer noch auf dem Tisch lagen.
„Als wir gestern Abend aus dem Krankenhaus kamen, war das Gästezimmer verwüstet“, klärte er sie auf.
„Einbrecher? Fehlt etwas?“
„Das ist das merkwürdige, es fehlt rein gar nichts, bis auf das Gemälde von Clarice Orsini.“
„Porca miseria!“, fluchte sie herzhaft und nahm eine Flasche Prosecco aus dem Kühlschrank. „Sie müssen wissen, er hat so lange nach genau diesem Bild gesucht. Schon als kleiner Junge war er ganz vernarrt in dieses Porträt. Hast du nicht ein Foto davon aus einem Magazin ausgeschnitten und an die Wand gehängt, als du noch in die Schule gingst?“ Er stellte drei Gläser auf den Tisch und entkorkte die Flasche, gab aber keine Antwort. Giulia fasste mich schärfer ins Auge.
„Drehen Sie bitte einmal den Kopf zur Seite, so, ja!“ Ich tat ihr den Gefallen. „Madonna mia! Sie haben eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Clarice. Sie haben größere Augen, aber der Ausdruck ist genau derselbe“ Kopfschüttelnd schenkte sie drei Gläser ein.
„Warum hast du nicht angerufen?“, wechselte Lorenzo das Thema.
„Aber das hab ich doch, stupido! Du bist nie ran gegangen, was hast du jetzt wieder mit deinem armen Handy gemacht? Nein, sag es mir nicht, ich will es gar nicht wissen. Cin-Cin!“
Er stellte sein Glas zurück, brachte Giulias Regenmantel hinaus und kam, sich ein Piratenkopftuch knotend, wieder herein.
„Estefanio ist übrigens außer sich, weil er dich nicht erreicht hat. Hast du ihm nicht Bescheid gegeben?“
„Ich habe ihn gestern Abend von Elsas Handy aus angerufen“, erwiderte er und wischte die Tischplatte ab. Giulia sah ihn beunruhigt an.
„Das war aber nicht sehr klug“, murmelte sie.
Ich musste an den anonymen Anrufer mit der unterdrückten Nummer denken und bekämpfte mein Unbehagen mit einem großen Schluck Prosecco. Lorenzo wusch sich die Hände, schüttete ein Kilo Hartweizengrieß auf die Tischplatte, grub in die Mitte eine Kuhle und schlug acht Eier hinein.
„Was machst du denn jetzt, Pasta?“ Sie reichte ihm das Olivenöl.
„Ich denke nach!“ Er begann, die Eier mit dem Grieß zu vermischen, wies Giulia an, einen Schuss Olivenöl oder eine Prise Salz zu zugeben und verknetete die Masse zu einem perfekten, geschmeidigen Stück Teig.
Wir schauten ihm fasziniert zu.
„Er ist sogar einmal zu Tante Bianca gegangen wegen dieses Bildes“, nahm Giulia den Faden wieder auf. Sie war zum Kamin geschlendert und streckte die Hände gegen das wärmende Feuer.
„Das war aber vor meiner Weihe!“, protestierte er. „Könnte ich bitte einen Schluck Prosecco haben?“. Er hielt die teigverklebten Finger in die Höhe. Ich setzte ihm sein Glas an die Lippen, damit er trinken konnte. Wir lächelten uns an.
„Wer ist Tante Bianca?“, fragte ich bei Giulia nach.
„Eine Schwester zu unserem Vater und zu Estefanio. Die ältere Schwester, um genau zu sein. Und eine richtige, echte strega.“
„Keine Hexe, eine weise Frau“, korrigierte Lorenzo. „Soll ich jetzt Pappardelle oder lieber Tagliatelle machen?"
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„Du warst bei Zeno, wie geht es ihm?“
„Schon fast wieder der Alte, er hat Hunger und deshalb schlechte Laune, aber ansonsten hat er es gut überstanden. Und ihr habt es euch nach der ganzen Aufregung so richtig gemütlich gemacht, was?“, neckte sie ihn mit Blick auf die Bibel und die Beretta, die immer noch auf dem Tisch lagen.
„Als wir gestern Abend aus dem Krankenhaus kamen, war das Gästezimmer verwüstet“, klärte er sie auf.
„Einbrecher? Fehlt etwas?“
„Das ist das merkwürdige, es fehlt rein gar nichts, bis auf das Gemälde von Clarice Orsini.“
„Porca miseria!“, fluchte sie herzhaft und nahm eine Flasche Prosecco aus dem Kühlschrank. „Sie müssen wissen, er hat so lange nach genau diesem Bild gesucht. Schon als kleiner Junge war er ganz vernarrt in dieses Porträt. Hast du nicht ein Foto davon aus einem Magazin ausgeschnitten und an die Wand gehängt, als du noch in die Schule gingst?“ Er stellte drei Gläser auf den Tisch und entkorkte die Flasche, gab aber keine Antwort. Giulia fasste mich schärfer ins Auge.
„Drehen Sie bitte einmal den Kopf zur Seite, so, ja!“ Ich tat ihr den Gefallen. „Madonna mia! Sie haben eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Clarice. Sie haben größere Augen, aber der Ausdruck ist genau derselbe“ Kopfschüttelnd schenkte sie drei Gläser ein.
„Warum hast du nicht angerufen?“, wechselte Lorenzo das Thema.
„Aber das hab ich doch, stupido! Du bist nie ran gegangen, was hast du jetzt wieder mit deinem armen Handy gemacht? Nein, sag es mir nicht, ich will es gar nicht wissen. Cin-Cin!“
Er stellte sein Glas zurück, brachte Giulias Regenmantel hinaus und kam, sich ein Piratenkopftuch knotend, wieder herein.
„Estefanio ist übrigens außer sich, weil er dich nicht erreicht hat. Hast du ihm nicht Bescheid gegeben?“
„Ich habe ihn gestern Abend von Elsas Handy aus angerufen“, erwiderte er und wischte die Tischplatte ab. Giulia sah ihn beunruhigt an.
„Das war aber nicht sehr klug“, murmelte sie.
Ich musste an den anonymen Anrufer mit der unterdrückten Nummer denken und bekämpfte mein Unbehagen mit einem großen Schluck Prosecco. Lorenzo wusch sich die Hände, schüttete ein Kilo Hartweizengrieß auf die Tischplatte, grub in die Mitte eine Kuhle und schlug acht Eier hinein.
„Was machst du denn jetzt, Pasta?“ Sie reichte ihm das Olivenöl.
„Ich denke nach!“ Er begann, die Eier mit dem Grieß zu vermischen, wies Giulia an, einen Schuss Olivenöl oder eine Prise Salz zu zugeben und verknetete die Masse zu einem perfekten, geschmeidigen Stück Teig.
Wir schauten ihm fasziniert zu.
„Er ist sogar einmal zu Tante Bianca gegangen wegen dieses Bildes“, nahm Giulia den Faden wieder auf. Sie war zum Kamin geschlendert und streckte die Hände gegen das wärmende Feuer.
„Das war aber vor meiner Weihe!“, protestierte er. „Könnte ich bitte einen Schluck Prosecco haben?“. Er hielt die teigverklebten Finger in die Höhe. Ich setzte ihm sein Glas an die Lippen, damit er trinken konnte. Wir lächelten uns an.
„Wer ist Tante Bianca?“, fragte ich bei Giulia nach.
„Eine Schwester zu unserem Vater und zu Estefanio. Die ältere Schwester, um genau zu sein. Und eine richtige, echte strega.“
„Keine Hexe, eine weise Frau“, korrigierte Lorenzo. „Soll ich jetzt Pappardelle oder lieber Tagliatelle machen?"
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ElsaLaska - 19. Feb, 00:25
Lach,