Sonntag (II)
Zwischen den Geschwistern entspann sich ein leidenschaftlich ausgetragener Disput über die Wahl welcher Nudelsorte zu welcher sugo. Giulia und ich hatten unsere Stühle auf die andere Seite des Kamins gestellt, der an drei Seiten offen war und das Wohnzimmer, das sich direkt an die Küche anschloss, mitheizte. Lorenzo benötigte den Tisch für seine Pastaproduktion. Im Wohn- oder besser Arbeitszimmer, stand ein düsterer alter Schreibtisch, der übersät war mit Büchern, Papieren und Zeitungen. An der Wand gegenüber befand sich ein abgewetztes braunes Ledersofa mit einer niedrigen Truhe als Couchtisch davor. In einer Ecke daneben entdeckte ich eine teuer aussehende Hi-Fi-Anlage und ein Kiste mit Lorenzos CD Sammlung.
Giulia hatte sich mit ihrem Wunsch nach Pappardelle all’arrabiata bei ihrem Bruder durchgesetzt, der ihre Wahl als unorthodox empfand und widerwillig Tomaten überbrühte, während der Teig ruhte. Mich beschäftigte die ganze Zeit die Tatsache, dass die älteste Schwester des gestrengen Kurienkardinals eine Hexe sein sollte - nichts anderes bedeutete das Wort strega, das Giulia benutzt hatte. Und weshalb hatte ihr Bruder so viel Wert darauf gelegt, dass er eine Visite bei der strega „wegen des Bildes“ gemacht hatte, bevor er zum Priester geweiht worden war? Ich kaute auf meiner Unterlippe herum.
Giulia, die ihren Willen bekommen hatte, lehnte sich mit zufriedenem Lächeln in ihrem Stuhl zurück.
„Und Ihre Tante Bianca soll wirklich eine strega sein?“, wagte ich einen neuen Vorstoß.
„Die Gabe ist tatsächlich in der Familie“, erklärte sie. Ich schaute sie verwirrt an. Giulia fuhr nachdenklich mit dem Zeigefinger am Rand ihres Glases entlang. „In unserer Familiengeschichte wimmelt es nur so vor Zensoren, Großinquisitoren, Exorzisten. Die Farnese waren schon immer eng mit dem Klerus verbunden. Aber, als ob es einen Ausgleich dafür bräuchte, ist die Gabe bei manchen von uns sehr stark. Meistens bei den Frauen, aber nicht immer.“
„Was meinen Sie mit Gabe?“
„Hellsichtigkeit. Mediale Fähigkeiten. Das Zweite Gesicht. Bitte schauen Sie mich nicht so an, ich verfüge nicht darüber, Sie brauchen keine Angst vor mir zu haben!“ Sie lachte leise. Dann wurde sie ernst und fixierte Lorenzo, der, ein großes Küchenhandtuch um die Hüften gebunden, in einer Kupferpfanne herumrührte. „Bei ihm bin ich mir manchmal nicht so sicher“, fügte sie schließlich hinzu. Ich war ihrem Blick gefolgt.
Der Mann, zu dessen Vorfahren mächtige Großinquisitoren, fanatische Exorzisten und hellsichtige Hexen zählten, schmeckte gerade seine sugo ab und verzog unzufrieden das Gesicht.
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Giulia hatte sich mit ihrem Wunsch nach Pappardelle all’arrabiata bei ihrem Bruder durchgesetzt, der ihre Wahl als unorthodox empfand und widerwillig Tomaten überbrühte, während der Teig ruhte. Mich beschäftigte die ganze Zeit die Tatsache, dass die älteste Schwester des gestrengen Kurienkardinals eine Hexe sein sollte - nichts anderes bedeutete das Wort strega, das Giulia benutzt hatte. Und weshalb hatte ihr Bruder so viel Wert darauf gelegt, dass er eine Visite bei der strega „wegen des Bildes“ gemacht hatte, bevor er zum Priester geweiht worden war? Ich kaute auf meiner Unterlippe herum.
Giulia, die ihren Willen bekommen hatte, lehnte sich mit zufriedenem Lächeln in ihrem Stuhl zurück.
„Und Ihre Tante Bianca soll wirklich eine strega sein?“, wagte ich einen neuen Vorstoß.
„Die Gabe ist tatsächlich in der Familie“, erklärte sie. Ich schaute sie verwirrt an. Giulia fuhr nachdenklich mit dem Zeigefinger am Rand ihres Glases entlang. „In unserer Familiengeschichte wimmelt es nur so vor Zensoren, Großinquisitoren, Exorzisten. Die Farnese waren schon immer eng mit dem Klerus verbunden. Aber, als ob es einen Ausgleich dafür bräuchte, ist die Gabe bei manchen von uns sehr stark. Meistens bei den Frauen, aber nicht immer.“
„Was meinen Sie mit Gabe?“
„Hellsichtigkeit. Mediale Fähigkeiten. Das Zweite Gesicht. Bitte schauen Sie mich nicht so an, ich verfüge nicht darüber, Sie brauchen keine Angst vor mir zu haben!“ Sie lachte leise. Dann wurde sie ernst und fixierte Lorenzo, der, ein großes Küchenhandtuch um die Hüften gebunden, in einer Kupferpfanne herumrührte. „Bei ihm bin ich mir manchmal nicht so sicher“, fügte sie schließlich hinzu. Ich war ihrem Blick gefolgt.
Der Mann, zu dessen Vorfahren mächtige Großinquisitoren, fanatische Exorzisten und hellsichtige Hexen zählten, schmeckte gerade seine sugo ab und verzog unzufrieden das Gesicht.
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ElsaLaska - 19. Feb, 18:24
hach....
Ho!
Gruss,
Elisabeth