Freitag
Abgesehen von den gekochten Zucchini und der irre dreinschauenden Schwester, die uns bediente, war es ein durchweg angenehmes Mittagessen. Onkel Estefanio glänzte als geistreicher und gebildeter Unterhalter - der einzige Misston war aufgekommen, als es um die Frage nach einem nächsten Konklave ging und seine merkwürdige barsche Reaktion darauf. Tante Bianca hatte ähnlich reagiert, als Giulia die Möglichkeit eines in Kürze bevorstehenden Konklaves abtun wollte.
„Der Heilige Vater ist doch noch recht jung und erfreut sich bester Gesundheit“, merkte ich an, um vom Reizthema „Kardinalswürde für Lorenzo“ abzulenken.
„Wofür wir Gott danken!“, entgegnete Estefanio geschmeidig. „Aber in diesen Zeiten ist alles möglich. Ein Blutgerinnsel, ein Herzinfarkt, einen plötzlichen Tod kann man nie ausschließen. Es ist auch schon auf einen Papst geschossen worden, und ich will gar nicht wissen, wieviele Pontifices an Gift starben. Nehmen wir Alexander VI., den Borgia-Papst zum Beispiel.“ Estefanio schenkte mir höflich Wasser und Wein nach.
„Soweit ich informiert bin, griff er selbst gerne zum Giftfläschchen, wenn er sich eines Widersachers entledigen wollte.“ Ich nickte ihm dankend zu. Der Kardinal lehnte sich behaglich in seinem Stuhl zurück.
„Alexander VI. war ziemlich verschrien, Sie haben Recht. Aber dass er seine Gegner vergiftet haben soll, glaube ich nicht. Seinen Gelüsten auf eine unserer Vorfahrinnen verdanken wir übrigens auch den ersten Kardinal und späteren Papst der Familie, Alessandro Farnese.“
„Der dem Borgia-Papst und dessen vollkommener Ignoranz der zölibatären Verpflichtung in nichts nachstand“, mischte sich Lorenzo ein, der sich seit geraumer Weile damit befasste, seine Serviette zu einem möglichst kleinen Stoffpäckchen zusammenzufalten.
Überrascht hörte ich Estefanio herzhaft lachen. Er schlug sogar mit der Hand auf den Tisch vor Vergnügen.
„Worüber amüsierst du dich eigentlich?“, fragte ihn sein Neffe verwundert.
„Über deine treffliche Formulierung. Sie klingt nachgerade protestantisch“, kicherte Estefanio in sich hinein.
„Du hast einen merkwürdigen Humor“, schüttelte Lorenzo den Kopf und gab seine Bemühungen um die Serviette endgültig auf.
Estefanio stand auf, um uns Dessertwein einzuschenken. „Das Zölibat ist eine Lebensform, die in der Kirche gewachsen ist und die natürlich immer die Gefahr des Absturzes mit sich bringt“, sagte er und stellte eine Schale mit Cantucci auf den Tisch. Lorenzo rollte mit den Augen. „Was ist das nun? Ein Zitat von Martin Luther?“
„Ich glaube, das hat Joseph Kardinal Ratzinger einmal gesagt“, meldete ich mich schüchtern zu Wort und tunkte mein Cantucci in den Wein. Lorenzos Blick sprach Bände. Hoffentlich setzte er mich nicht auf Wasser und Brot für das Abendessen. Der Kardinal legte mir glucksend die Hand auf den Arm.
„Sie müssen meinem unwissenden Neffen verzeihen, er sitzt tagein tagaus über seinen staubigen alten Schriften, da kann es schon einmal vorkommen, dass ihm eine Äußerung seines direkten Vorgesetzten entgeht.“
Was mich anging, so fand ich Estefanio rundweg unterhaltsam und sehr aufgeschlossen. Allerdings, das musste ich mir eingestehen, hätte ich ihn nicht um alles in der Welt als Feind haben wollen.
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„Der Heilige Vater ist doch noch recht jung und erfreut sich bester Gesundheit“, merkte ich an, um vom Reizthema „Kardinalswürde für Lorenzo“ abzulenken.
„Wofür wir Gott danken!“, entgegnete Estefanio geschmeidig. „Aber in diesen Zeiten ist alles möglich. Ein Blutgerinnsel, ein Herzinfarkt, einen plötzlichen Tod kann man nie ausschließen. Es ist auch schon auf einen Papst geschossen worden, und ich will gar nicht wissen, wieviele Pontifices an Gift starben. Nehmen wir Alexander VI., den Borgia-Papst zum Beispiel.“ Estefanio schenkte mir höflich Wasser und Wein nach.
„Soweit ich informiert bin, griff er selbst gerne zum Giftfläschchen, wenn er sich eines Widersachers entledigen wollte.“ Ich nickte ihm dankend zu. Der Kardinal lehnte sich behaglich in seinem Stuhl zurück.
„Alexander VI. war ziemlich verschrien, Sie haben Recht. Aber dass er seine Gegner vergiftet haben soll, glaube ich nicht. Seinen Gelüsten auf eine unserer Vorfahrinnen verdanken wir übrigens auch den ersten Kardinal und späteren Papst der Familie, Alessandro Farnese.“
„Der dem Borgia-Papst und dessen vollkommener Ignoranz der zölibatären Verpflichtung in nichts nachstand“, mischte sich Lorenzo ein, der sich seit geraumer Weile damit befasste, seine Serviette zu einem möglichst kleinen Stoffpäckchen zusammenzufalten.
Überrascht hörte ich Estefanio herzhaft lachen. Er schlug sogar mit der Hand auf den Tisch vor Vergnügen.
„Worüber amüsierst du dich eigentlich?“, fragte ihn sein Neffe verwundert.
„Über deine treffliche Formulierung. Sie klingt nachgerade protestantisch“, kicherte Estefanio in sich hinein.
„Du hast einen merkwürdigen Humor“, schüttelte Lorenzo den Kopf und gab seine Bemühungen um die Serviette endgültig auf.
Estefanio stand auf, um uns Dessertwein einzuschenken. „Das Zölibat ist eine Lebensform, die in der Kirche gewachsen ist und die natürlich immer die Gefahr des Absturzes mit sich bringt“, sagte er und stellte eine Schale mit Cantucci auf den Tisch. Lorenzo rollte mit den Augen. „Was ist das nun? Ein Zitat von Martin Luther?“
„Ich glaube, das hat Joseph Kardinal Ratzinger einmal gesagt“, meldete ich mich schüchtern zu Wort und tunkte mein Cantucci in den Wein. Lorenzos Blick sprach Bände. Hoffentlich setzte er mich nicht auf Wasser und Brot für das Abendessen. Der Kardinal legte mir glucksend die Hand auf den Arm.
„Sie müssen meinem unwissenden Neffen verzeihen, er sitzt tagein tagaus über seinen staubigen alten Schriften, da kann es schon einmal vorkommen, dass ihm eine Äußerung seines direkten Vorgesetzten entgeht.“
Was mich anging, so fand ich Estefanio rundweg unterhaltsam und sehr aufgeschlossen. Allerdings, das musste ich mir eingestehen, hätte ich ihn nicht um alles in der Welt als Feind haben wollen.
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ElsaLaska - 10. Mär, 18:48
huch....