Dienstag (II)
Die Karotten waren geschnitten und die Zwiebeln feingehackt, mir liefen die Tränen über die Wangen und aus Lorenzos Zimmer drangen die atemberaubenden ersten Akkorde von Spanish Caravan, die sich in einer Flamencoimprovisation verloren. Weinend klopfte ich an seine Zimmertür, um ihm einen Espresso zu bringen. Er saß, die Gitarre im Arm, auf der Bettkante und hob die Augenbrauen.
„Das war sehr schön, was Sie eben gespielt haben!“, schluchzte ich und reichte ihm den Kaffee.
„Deswegen müssen Sie sich doch nicht die Augen ausweinen“, erwiderte er bestürzt und legte die Gibson Western beiseite, um mit dankbarem Blick die Tasse entgegenzunehmen. Er trug eine schwarze Jogginghose und ein weißes T-Shirt, seine Haare waren noch feucht vom Duschen. Ich wischte mir lachend die Tränen aus dem Gesicht.
„Ich habe Zwiebeln geschnitten. Wie geht es Estefanio?“
„Estefanio ist schon wieder ganz der Alte, hat von seinem Krankenbett aus die Ärztin und die Schwestern um den Finger gewickelt und mich zwei Mal nach Kaffee geschickt.“
„Das freut mich zu hören! Und Elisabetha?“
„Sieht leider nicht so gut aus, die Schusswunde im Unterleib ist zwar sofort operiert worden, aber die Ärzte konnten noch keine Prognose abgeben, man hat mich nicht zu ihr gelassen.“ Er schwieg bedrückt, nahm die Gibson wieder auf und zupfte gedankenverloren eine Melodie.
„Und weiß man schon, wer es war? Gibt es Hinweise?“
„Überhaupt keine, sieht man einmal davon ab, dass der Attentäter genau gewusst hat, dass mein Onkel die einzige Abschrift des Medici-Breviers bei sich hatte.“
„Merkwürdig, nicht wahr?“ Ich fuhr mir über die Stirn.
„Überhaupt nicht, von den meisten Büchern, die derart wertvoll und selten sind, existiert eine Abschrift“, entgegnete er.
„Das meine ich nicht. Ich meine, dass Estefanio sich ausgerechnet die Kopie des Buches aus den Archiven holt, das wir uns gemeinsam angesehen haben. Und die wird dann auch noch gestohlen.“
„Das ist allerdings sehr ärgerlich. Wenn irgendwie an die Öffentlichkeit dringt, was in diesem Buch aus dem 15. Jahrhundert für Texte versammelt sind, wird der ganze Globus wieder Prieuré de Sion schreien.“ Er massierte sich den Nacken.
„Der Zusammenhang ist auch nicht von der Hand zu weisen, Il Magnifico hat Da Vinci sehr gefördert!"
„An den Haaren herbeigezogener esoterischer Unfug!“, knurrte er und stand auf. Ich folgte ihm in die Küche.
„Es gibt nun einmal mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere Schulweisheit sich träumen lässt. Sie haben übrigens vorhin im Schlaf Giuliano gerufen, können Sie sich an Einzelheiten erinnern?“
„Sie waren doch nicht in meinem Schlafzimmer?“ Er inspizierte kritisch die zerteilten Perlhühner und das geschnittene Gemüse.
„Was für ein abwegiger Gedanke!“ Ich breitete theatralisch die Arme aus. „Natürlich war ich bei Ihnen, Sie haben furchtbar schwer geträumt, ich habe Sie beruhigt, so gut ich konnte“, ergänzte ich in möglichst sachlichem Tonfall.
„Was haben Sie gemacht?“, fragte er argwöhnisch.
„Ich hab Ihnen Zöpfchen geflochten und Ihre Lippen rot angemalt! Herrgottnochmal! Das ist doch nicht zu glauben“, schimpfte ich und hielt ihm das Buch von Martines unter die Nase. „Da drin steht, dass Il Magnifico eine Depesche geschrieben hat, sobald er heil aus dem Dom raus war, das habe ich Ihnen ins Ohr geflüstert, und dass Soldaten unterwegs seien, dass Sie Ihre Rache bekommen würden, was weiß ich! Jedenfalls waren Sie danach ruhiger.“
Er ließ den Kopf hängen.
„Ich bin ein Idiot. Anstatt mich zu bedanken ... Dieser Traum ist grauenhaft. Das Schlimmste ist die Todesangst, die ich jedesmal erlebe. Bitte verzeihen Sie mir.“ Und mit diesen Worten trat er auf mich zu und schloss mich in seine Arme. Ich wagte nicht, mich zu rühren. Gerade als ich seine Umarmung zögernd erwidern wollte, spürte ich, wie er erstarrte und mich sofort losließ. Anklagend zeigte er auf die Küchenuhr.
„Madonna mia! Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass es schon so spät ist? Die Perlhühner! Ich hab sie noch nicht einmal angebraten! Das darf doch alles gar nicht wahr sein!“
<[62]
>[64]
„Das war sehr schön, was Sie eben gespielt haben!“, schluchzte ich und reichte ihm den Kaffee.
„Deswegen müssen Sie sich doch nicht die Augen ausweinen“, erwiderte er bestürzt und legte die Gibson Western beiseite, um mit dankbarem Blick die Tasse entgegenzunehmen. Er trug eine schwarze Jogginghose und ein weißes T-Shirt, seine Haare waren noch feucht vom Duschen. Ich wischte mir lachend die Tränen aus dem Gesicht.
„Ich habe Zwiebeln geschnitten. Wie geht es Estefanio?“
„Estefanio ist schon wieder ganz der Alte, hat von seinem Krankenbett aus die Ärztin und die Schwestern um den Finger gewickelt und mich zwei Mal nach Kaffee geschickt.“
„Das freut mich zu hören! Und Elisabetha?“
„Sieht leider nicht so gut aus, die Schusswunde im Unterleib ist zwar sofort operiert worden, aber die Ärzte konnten noch keine Prognose abgeben, man hat mich nicht zu ihr gelassen.“ Er schwieg bedrückt, nahm die Gibson wieder auf und zupfte gedankenverloren eine Melodie.
„Und weiß man schon, wer es war? Gibt es Hinweise?“
„Überhaupt keine, sieht man einmal davon ab, dass der Attentäter genau gewusst hat, dass mein Onkel die einzige Abschrift des Medici-Breviers bei sich hatte.“
„Merkwürdig, nicht wahr?“ Ich fuhr mir über die Stirn.
„Überhaupt nicht, von den meisten Büchern, die derart wertvoll und selten sind, existiert eine Abschrift“, entgegnete er.
„Das meine ich nicht. Ich meine, dass Estefanio sich ausgerechnet die Kopie des Buches aus den Archiven holt, das wir uns gemeinsam angesehen haben. Und die wird dann auch noch gestohlen.“
„Das ist allerdings sehr ärgerlich. Wenn irgendwie an die Öffentlichkeit dringt, was in diesem Buch aus dem 15. Jahrhundert für Texte versammelt sind, wird der ganze Globus wieder Prieuré de Sion schreien.“ Er massierte sich den Nacken.
„Der Zusammenhang ist auch nicht von der Hand zu weisen, Il Magnifico hat Da Vinci sehr gefördert!"
„An den Haaren herbeigezogener esoterischer Unfug!“, knurrte er und stand auf. Ich folgte ihm in die Küche.
„Es gibt nun einmal mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere Schulweisheit sich träumen lässt. Sie haben übrigens vorhin im Schlaf Giuliano gerufen, können Sie sich an Einzelheiten erinnern?“
„Sie waren doch nicht in meinem Schlafzimmer?“ Er inspizierte kritisch die zerteilten Perlhühner und das geschnittene Gemüse.
„Was für ein abwegiger Gedanke!“ Ich breitete theatralisch die Arme aus. „Natürlich war ich bei Ihnen, Sie haben furchtbar schwer geträumt, ich habe Sie beruhigt, so gut ich konnte“, ergänzte ich in möglichst sachlichem Tonfall.
„Was haben Sie gemacht?“, fragte er argwöhnisch.
„Ich hab Ihnen Zöpfchen geflochten und Ihre Lippen rot angemalt! Herrgottnochmal! Das ist doch nicht zu glauben“, schimpfte ich und hielt ihm das Buch von Martines unter die Nase. „Da drin steht, dass Il Magnifico eine Depesche geschrieben hat, sobald er heil aus dem Dom raus war, das habe ich Ihnen ins Ohr geflüstert, und dass Soldaten unterwegs seien, dass Sie Ihre Rache bekommen würden, was weiß ich! Jedenfalls waren Sie danach ruhiger.“
Er ließ den Kopf hängen.
„Ich bin ein Idiot. Anstatt mich zu bedanken ... Dieser Traum ist grauenhaft. Das Schlimmste ist die Todesangst, die ich jedesmal erlebe. Bitte verzeihen Sie mir.“ Und mit diesen Worten trat er auf mich zu und schloss mich in seine Arme. Ich wagte nicht, mich zu rühren. Gerade als ich seine Umarmung zögernd erwidern wollte, spürte ich, wie er erstarrte und mich sofort losließ. Anklagend zeigte er auf die Küchenuhr.
„Madonna mia! Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass es schon so spät ist? Die Perlhühner! Ich hab sie noch nicht einmal angebraten! Das darf doch alles gar nicht wahr sein!“
<[62]
>[64]
ElsaLaska - 14. Mär, 21:58
Oh! Er erstarrte gerade als Elsa die Umarmung erwidern wollte!
Was geschieht denn nun mit den Perlhühnern?
Wann gibts denn das Manjare?
Gruss,
Elisabeth
Nein, er erstarrt doch
mangiare kommt als nächstes, mit Zeno und Franz Leitmayr. Das ganze reiche ich dann beim ARD Tatort ein.