Freitag
Mein zweiter Auftritt in Lorenzos Küche war immer noch nicht glamourös zu nennen, verlief aber eine Spur besser als der erste – Leitmayr rückte mir zuvorkommend meinen Stuhl zurecht und erkundigte sich dann besorgt nach meinem Wohlergehen. Lorenzo stand mit verschränkten Armen an die Spüle gelehnt und betrachtete uns missbilligend. Mit ein zwei kurzen Seitenblicken auf ihn erkannte Zeno, dass er sich um die Zubereitung eines caffès selbst würde kümmern müssen; er stand auf und schraubte seufzend die Bialetti auseinander, um sie mit Wasser und Kaffeepulver zu befüllen.
„Und Sie haben sicher Laurinius in Ostia Antica gesehen, bevor die Schüsse fielen?“, vergewisserte sich Leitmayr bei mir und zeigte mir noch einmal das Foto. Ich nickte.
„Das ist merkwürdig. Normalerweise macht er sich mit so etwas nicht selbst die Finger schmutzig“, überlegte der deutsche Kommissar und schaute Lorenzo an, als traue er dem düster drein blickenden schlanken Monsignore durchaus zu, sich auf der Stelle in den korpulenten grauhaarigen Laurinius zu verwandeln.
Der Monsignore starrte giftig zurück, was bei Leitmayr einen Anflug von Amüsement auslöste. „Dann hat sich also der heldenhafte Monsignore Farnese todesmutig über Sie geworfen und nicht einmal einen Streifschuss davon getragen. Und Laurinius verschwand genauso schnell von Zauberhand, wie er aufgetaucht war.“ Ich bestätigte ihm das und überlegte, was die weltliche und kirchliche Gerichtbarkeit wohl für einen italienischen Kleriker vorsah, der einen deutschen Kriminalbeamten auf vatikanischem Boden erwürgte. Dankbar ergriff ich die Cappuccino-Tasse, die Zeno mir reichte und erwiderte sein Blinzeln. „Die Fahndung läuft bereits auf Hochtouren, Kollege Leitmayr. Wenn Laurinius in Ostia Antica war, dann kriegen wir ihn auch!“, proklamierte der Vice-Questore, die rechte Hand aufs Herz gelegt wie ein Heldentenor. Leitmayr hob Einhalt gebietend die Hand und wandte sich dann wieder zu mir: „Und Sie haben sich nicht gefragt, wieso Monsignore Farnese wie selbstverständlich davon ausging, Laurinius wolle Sie erschießen – und nicht etwa ihn?“
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Lorenzo hektisch an seiner Soutane nestelte: Es würde sich ganz sicher nicht strafmildernd auswirken, wenn der italienische Kleriker den Deutschen mithilfe einer violetten Bischofsschärpe erdrosselte. Aber Lorenzo war gottseidank nicht im Begriff, sich die Schärpe vom Leib zu reißen, sondern zückte sein Handy, das auf Vibrationsalarm gestellt war, bellte ein übellauniges „Pronto!“ hinein und verließ telefonierend die Küche.
„Ich glaube, Sie interpretieren das falsch, Kommissar. Jemand, der sich mit Leib und Seele so sehr Gott verschrieben hat, wie Monsignore Farnese-“, an dieser Stelle unterbrach mich ein lautes Klirren, weil Zeno seine Tasse umgeworfen hatte, „wird gerade in Gefahrensituationen ohne zu zögern zuerst an Andere denken, und nicht an sich selbst.“
„Gewiss“, bestätigte Leitmayr zögernd, „ein Mann Gottes, gewiss.“
Ich lächelte verbindlich.
Zeno tappste auf der Suche nach einem Putzlappen quer durch die Küche, während der Mann Gottes auf der Schwelle erschien und mit einer ausholenden Armbewegung andeutete, dass er sein Handy am liebsten durchs geschlossene Fenster würfe. „Dringend, wichtig, unaufschiebbar! Ich soll heute Abend beim stellvertretenden Kardinalstaatssekretär essen, zusammen mit Estefanio, in Angelegenheit der verschwundenen Handschrift. Er ist Mexikaner, das heißt, es wird Bohnen mit Reis geben oder etwas ähnlich Grauenvolles! Das ist furcht-bar!“ Zeno ließ den Putzlappen, den er endlich gefunden hatte, wieder fallen. „Das ist eine Katastrophe! Ich hab gestern Abend schon deine Einladung verpasst und heute Abend wird es auch nichts?“
„Hervorragend!“, freute sich Leitmayr, „dann können Signora Elsa und ich ja richtig schön Pizza essen gehen. Ich kenne da eine nette kleine Pizzeria ...“
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„Und Sie haben sicher Laurinius in Ostia Antica gesehen, bevor die Schüsse fielen?“, vergewisserte sich Leitmayr bei mir und zeigte mir noch einmal das Foto. Ich nickte.
„Das ist merkwürdig. Normalerweise macht er sich mit so etwas nicht selbst die Finger schmutzig“, überlegte der deutsche Kommissar und schaute Lorenzo an, als traue er dem düster drein blickenden schlanken Monsignore durchaus zu, sich auf der Stelle in den korpulenten grauhaarigen Laurinius zu verwandeln.
Der Monsignore starrte giftig zurück, was bei Leitmayr einen Anflug von Amüsement auslöste. „Dann hat sich also der heldenhafte Monsignore Farnese todesmutig über Sie geworfen und nicht einmal einen Streifschuss davon getragen. Und Laurinius verschwand genauso schnell von Zauberhand, wie er aufgetaucht war.“ Ich bestätigte ihm das und überlegte, was die weltliche und kirchliche Gerichtbarkeit wohl für einen italienischen Kleriker vorsah, der einen deutschen Kriminalbeamten auf vatikanischem Boden erwürgte. Dankbar ergriff ich die Cappuccino-Tasse, die Zeno mir reichte und erwiderte sein Blinzeln. „Die Fahndung läuft bereits auf Hochtouren, Kollege Leitmayr. Wenn Laurinius in Ostia Antica war, dann kriegen wir ihn auch!“, proklamierte der Vice-Questore, die rechte Hand aufs Herz gelegt wie ein Heldentenor. Leitmayr hob Einhalt gebietend die Hand und wandte sich dann wieder zu mir: „Und Sie haben sich nicht gefragt, wieso Monsignore Farnese wie selbstverständlich davon ausging, Laurinius wolle Sie erschießen – und nicht etwa ihn?“
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Lorenzo hektisch an seiner Soutane nestelte: Es würde sich ganz sicher nicht strafmildernd auswirken, wenn der italienische Kleriker den Deutschen mithilfe einer violetten Bischofsschärpe erdrosselte. Aber Lorenzo war gottseidank nicht im Begriff, sich die Schärpe vom Leib zu reißen, sondern zückte sein Handy, das auf Vibrationsalarm gestellt war, bellte ein übellauniges „Pronto!“ hinein und verließ telefonierend die Küche.
„Ich glaube, Sie interpretieren das falsch, Kommissar. Jemand, der sich mit Leib und Seele so sehr Gott verschrieben hat, wie Monsignore Farnese-“, an dieser Stelle unterbrach mich ein lautes Klirren, weil Zeno seine Tasse umgeworfen hatte, „wird gerade in Gefahrensituationen ohne zu zögern zuerst an Andere denken, und nicht an sich selbst.“
„Gewiss“, bestätigte Leitmayr zögernd, „ein Mann Gottes, gewiss.“
Ich lächelte verbindlich.
Zeno tappste auf der Suche nach einem Putzlappen quer durch die Küche, während der Mann Gottes auf der Schwelle erschien und mit einer ausholenden Armbewegung andeutete, dass er sein Handy am liebsten durchs geschlossene Fenster würfe. „Dringend, wichtig, unaufschiebbar! Ich soll heute Abend beim stellvertretenden Kardinalstaatssekretär essen, zusammen mit Estefanio, in Angelegenheit der verschwundenen Handschrift. Er ist Mexikaner, das heißt, es wird Bohnen mit Reis geben oder etwas ähnlich Grauenvolles! Das ist furcht-bar!“ Zeno ließ den Putzlappen, den er endlich gefunden hatte, wieder fallen. „Das ist eine Katastrophe! Ich hab gestern Abend schon deine Einladung verpasst und heute Abend wird es auch nichts?“
„Hervorragend!“, freute sich Leitmayr, „dann können Signora Elsa und ich ja richtig schön Pizza essen gehen. Ich kenne da eine nette kleine Pizzeria ...“
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ElsaLaska - 14. Apr, 22:33
Die Blognovela - - 0 Trackbacks - 1599x gelesen
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