Montag
Lorenzo war weder in der Küche noch in seinem Schlafzimmer, das ich auf Strümpfen durchquerte. Als ich in mein Zimmer kam, bemerkte ich, dass die Tür zur Loggia offen stand. Er saß draußen, im Dunklen, und rührte sich nicht, als ich ihn ansprach.
„Sie sind zurückgekommen“, stellte er fest.
Ich stieg über seine ausgestreckten Beine hinweg und setzte mich in meinen Sessel.
„Sie haben doch nicht auf mich gewartet?“, fragte ich.
„Ich konnte nicht schlafen“, gab er ausweichend zur Antwort. „Hatten Sie einen schönen Abend?“
Wir hatten die ganze Zeit über Lorenzo geredet und ich hatte die ganze Zeit an ihn gedacht.
„Genau die Abwechslung, die ich dringend brauchte“, erwiderte ich lächelnd.
Es war eine typisch milde, römische Nacht. Der Dunst, der über der Stadt lag und das Streulicht der unzähligen Scheinwerfer bildeten eine undurchdringliche Barriere für das Gefunkel der Sterne, aber über dem Petersdom stand eine abgekämpft wirkende Mondsichel, als hätte es ihr große Mühe gemacht, die mächtige Kuppel zu bezwingen. Irgendwo auf der Loggia hatte sich eine Grille versteckt, die mit unentschlossenem Zirpen einsetzte.
„Wir müssen reden“, begann ich, während ich fieberhaft überlegte, wie ich ihm die Tatsache plausibel machen konnte, dass ich in seinen Weblog herumgestöbert hatte.
„Ich fürchte, ich bin heute Abend nicht sehr gesprächig.“
„Es muss sein“, beharrte ich. „Es geht um mich, nein, eigentlich geht es um Sie. Das Ganze ist mir furchtbar unangenehm.“
„Ich wusste nicht, dass es das für Sie ist – eine Unannehmlichkeit“, kam es aus der Dunkelheit. Ich fragte mich, was für eine Laus ihm nun schon wieder über die Leber gelaufen war und beschloss, ihn zu ignorieren.
„Es tut mir Leid, Lorenzo, wirklich Leid. Aber ich möchte Ihnen ein eh – böses Erwachen ersparen, das Sie sich womöglich einhandeln, nur weil mir der Mut gefehlt hat, Ihnen geradeheraus zu sagen-“
„Hören Sie auf! Ich habe Sie sehr gut verstanden. Wir brauchen es nicht ausdiskutieren! Ich habe den ganzen Abend lang Konversation mit dem stellvertretenden Kardinalstaatssekretär getrieben, ich bin müde, erschöpft und deprimiert. Aber ich habe verstanden, lassen wir es dabei.“
„Das ist kein erfreuliches Gespräch, das ist mir auch klar, vielleicht stellt sich ja am Ende alles als Bagatelle heraus, deshalb-“
„Bagatelle? Ich habe mich wohl in Ihnen getäuscht. Dennoch werde ich nicht zulassen, dass Sie-“
Es hielt mich nicht mehr im Sessel, ich sprang auf und beugte mich über ihn. „Ich war auf Ihrem Weblog, Lorenzo, eingeloggt, ich habe einen offline-Beitrag gefunden, der dort nicht stehen dürfte. Verstehen Sie, was ich sage? Nicken Sie einfach oder schütteln Sie den Kopf, aber halten Sie um Gottes Willen jetzt den Mund!“, zischte ich, während ich dem Impuls widerstand, ihn durchzuschütteln. Er nickte schweigend. Ich lockerte meinen Griff und flüsterte, die Lippen an seinem Ohr: „Vielleicht ist es nur ein vergessener Entwurf, aber Sie müssen ihn unverzüglich löschen. Wenn jemand das Blog hackt oder Ihren PC benutzt, so wie ich, dann führen alle Spuren von Anonymus zu Ihnen, wollen Sie das riskieren?“ Kopfschütteln.
Er erhob sich unsicher.
„Was ist? Was machen Sie?“
„Den Eintrag löschen. Danach müssen wir reden.“
„Großartig. Aber diesmal sind Sie dran, M o n s i g n o r e.“
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„Sie sind zurückgekommen“, stellte er fest.
Ich stieg über seine ausgestreckten Beine hinweg und setzte mich in meinen Sessel.
„Sie haben doch nicht auf mich gewartet?“, fragte ich.
„Ich konnte nicht schlafen“, gab er ausweichend zur Antwort. „Hatten Sie einen schönen Abend?“
Wir hatten die ganze Zeit über Lorenzo geredet und ich hatte die ganze Zeit an ihn gedacht.
„Genau die Abwechslung, die ich dringend brauchte“, erwiderte ich lächelnd.
Es war eine typisch milde, römische Nacht. Der Dunst, der über der Stadt lag und das Streulicht der unzähligen Scheinwerfer bildeten eine undurchdringliche Barriere für das Gefunkel der Sterne, aber über dem Petersdom stand eine abgekämpft wirkende Mondsichel, als hätte es ihr große Mühe gemacht, die mächtige Kuppel zu bezwingen. Irgendwo auf der Loggia hatte sich eine Grille versteckt, die mit unentschlossenem Zirpen einsetzte.
„Wir müssen reden“, begann ich, während ich fieberhaft überlegte, wie ich ihm die Tatsache plausibel machen konnte, dass ich in seinen Weblog herumgestöbert hatte.
„Ich fürchte, ich bin heute Abend nicht sehr gesprächig.“
„Es muss sein“, beharrte ich. „Es geht um mich, nein, eigentlich geht es um Sie. Das Ganze ist mir furchtbar unangenehm.“
„Ich wusste nicht, dass es das für Sie ist – eine Unannehmlichkeit“, kam es aus der Dunkelheit. Ich fragte mich, was für eine Laus ihm nun schon wieder über die Leber gelaufen war und beschloss, ihn zu ignorieren.
„Es tut mir Leid, Lorenzo, wirklich Leid. Aber ich möchte Ihnen ein eh – böses Erwachen ersparen, das Sie sich womöglich einhandeln, nur weil mir der Mut gefehlt hat, Ihnen geradeheraus zu sagen-“
„Hören Sie auf! Ich habe Sie sehr gut verstanden. Wir brauchen es nicht ausdiskutieren! Ich habe den ganzen Abend lang Konversation mit dem stellvertretenden Kardinalstaatssekretär getrieben, ich bin müde, erschöpft und deprimiert. Aber ich habe verstanden, lassen wir es dabei.“
„Das ist kein erfreuliches Gespräch, das ist mir auch klar, vielleicht stellt sich ja am Ende alles als Bagatelle heraus, deshalb-“
„Bagatelle? Ich habe mich wohl in Ihnen getäuscht. Dennoch werde ich nicht zulassen, dass Sie-“
Es hielt mich nicht mehr im Sessel, ich sprang auf und beugte mich über ihn. „Ich war auf Ihrem Weblog, Lorenzo, eingeloggt, ich habe einen offline-Beitrag gefunden, der dort nicht stehen dürfte. Verstehen Sie, was ich sage? Nicken Sie einfach oder schütteln Sie den Kopf, aber halten Sie um Gottes Willen jetzt den Mund!“, zischte ich, während ich dem Impuls widerstand, ihn durchzuschütteln. Er nickte schweigend. Ich lockerte meinen Griff und flüsterte, die Lippen an seinem Ohr: „Vielleicht ist es nur ein vergessener Entwurf, aber Sie müssen ihn unverzüglich löschen. Wenn jemand das Blog hackt oder Ihren PC benutzt, so wie ich, dann führen alle Spuren von Anonymus zu Ihnen, wollen Sie das riskieren?“ Kopfschütteln.
Er erhob sich unsicher.
„Was ist? Was machen Sie?“
„Den Eintrag löschen. Danach müssen wir reden.“
„Großartig. Aber diesmal sind Sie dran, M o n s i g n o r e.“
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ElsaLaska - 17. Apr, 23:55
Die Blognovela - - 0 Trackbacks - 1168x gelesen
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