Freitag
„Bitte meine Ungehörigkeit zu entschuldigen, Madame, aber die Frisur, die sie da tragen, war bestimmt nicht billig. Und sie ist jeden Cent wert!“ Der Schweizer Gardist, der mich zu Estefanios Wohnung chauffierte, errötete bis zum Haaransatz. Mir war ganz und gar nicht wohl zumute. Kaum hatte ich am Cancello del Petriano meinen Passierschein vorgewiesen, empfing man mich nach den Sicherheitskontrollen mit der Nachricht, dass Estefanio Kardinal Farnese mich unverzüglich zu sehen wünsche. Und seither zerbrach ich mir den Kopf, aus welchem Grund. Nun, wie auch immer, überlegte ich, während ich dem netten Schweizer Gardisten nachwinkte, er würde jedenfalls unter Garantie keine Diskussion darüber beginnen, ob ich mit seinem Neffen ins Bett ging oder nicht. Seine Eminenz empfing mich in Zivil, einem tadellos sitzenden schwarzen Dreiteiler und war bester Laune. Er nötigte mir ein Gläschen Sherry auf, führte seine neueste Errungenschaft, einen iPod Nano, vor und informierte mich über die Vorzüge dieser genialen Apparatur. Ich nippte an meinem Sherry, erkundigte mich nach seinem Wohlergehen und tat den Konventionen so gut ich konnte genüge.
„Und Sie hatten einen angenehmen Vormittag mit meiner Nichte?“, wollte er schließlich wissen. Oh ja, sehr angenehm, molto divertimento, wirklich.
„Wie schön! Und Anastasio hat sich einmal mehr selbst übertroffen!“, rief Estefanio aus und wies auf mein Haar. „Ich sehe, dass sich solides Handwerk und kreatives Feuer über die Jahrhunderte in Anastasios Familie gehalten haben, sehr erfreulich. Wussten Sie, dass einer seiner Vorfahren die Favoritin eines Farnese-Kardinals zu frisieren pflegte?“
„Aber nein! Das Erste was ich höre!“, beteuerte ich, „soviele Familiengeschichten, soviel Tradition, Rom ist eine solch faszinierende Stadt. Und die Geschichte des Hauses Farnese eng mit ihr verknüpft, und natürlich mit der des Vatikans“, merkte ich im Plauderton an. Estefanio hatte die Fingerspitzen seiner Hände aneinander gelegt und taxierte mich mit seinen nebelgrauen Augen, als schätze er den Wert einer alten Münze ein. „Sie sind eine kluge Frau. Leider ist es mit den ruhmreichen Tagen der Farnese vorbei“, ergänzte er seufzend. Ich hob die Brauen.
„Lorenzo, den ich liebe wie einen Sohn, ist der letzte, der den Namen weitergeben könnte. Und wie die Dinge nun einmal liegen ...“ Er lächelte mich mit schmalen Lippen an.
„Äh, tatsächlich. Ich sehe da auch keine Möglichkeit“, erwiderte ich und lobte beiläufig den Sherry.
Estefanio beugte sich vertraulich vor. „Seine Erhebung zum Kardinal steht in Kürze bevor, bitte behandeln Sie diese Information außerordentlich diskret. Ich verlasse mich auf Sie.“
„Das ist allerdings, eh, wundervoll. Sie müssen sehr stolz auf ihn sein!“, sagte ich, um irgendwas zu sagen. Und in der Tat breitete sich auf seinen scharfen Zügen eine Empfindung aus, die ich nur als Vaterstolz bezeichnen konnte. Ich fummelte verlegen in meinen Haaren herum, um eine aufsässige Spange zu richten.
„Das bin ich auch, in einem Ausmaß, wie Sie es sich vielleicht gar nicht vorstellen können. Sie haben keine Geschwister, Geschwisterkinder – eigene Kinder?“, fragte er mit lauerndem Unterton. Ich verneinte. „Nun, was nicht ist ...“ Er machte eine vage Handbewegung. „Jedenfalls ist mir aufgefallen, dass sich mein Neffe in der letzten Zeit anders verhält, als ich das von ihm gewohnt bin. Erst neulich, beim stellvertretenden Kardinalstaatssekretär ... Unter uns gesagt, er hat noch nie viel diplomatisches Geschick an den Tag gelegt, aber das war selbst für seine Verhältnisse ...“
Estefanio blickte zur Decke als erflehe er göttlichen Beistand und langte dann nach der Sherrykaraffe, um mir nachzuschenken. „Ich bin darüber ziemlich in Sorge, und deshalb werden Sie mir sicher vergeben, wenn ich Ihnen jetzt unumwunden eine Frage stelle: Schlafen Sie mit ihm oder nicht?“
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„Und Sie hatten einen angenehmen Vormittag mit meiner Nichte?“, wollte er schließlich wissen. Oh ja, sehr angenehm, molto divertimento, wirklich.
„Wie schön! Und Anastasio hat sich einmal mehr selbst übertroffen!“, rief Estefanio aus und wies auf mein Haar. „Ich sehe, dass sich solides Handwerk und kreatives Feuer über die Jahrhunderte in Anastasios Familie gehalten haben, sehr erfreulich. Wussten Sie, dass einer seiner Vorfahren die Favoritin eines Farnese-Kardinals zu frisieren pflegte?“
„Aber nein! Das Erste was ich höre!“, beteuerte ich, „soviele Familiengeschichten, soviel Tradition, Rom ist eine solch faszinierende Stadt. Und die Geschichte des Hauses Farnese eng mit ihr verknüpft, und natürlich mit der des Vatikans“, merkte ich im Plauderton an. Estefanio hatte die Fingerspitzen seiner Hände aneinander gelegt und taxierte mich mit seinen nebelgrauen Augen, als schätze er den Wert einer alten Münze ein. „Sie sind eine kluge Frau. Leider ist es mit den ruhmreichen Tagen der Farnese vorbei“, ergänzte er seufzend. Ich hob die Brauen.
„Lorenzo, den ich liebe wie einen Sohn, ist der letzte, der den Namen weitergeben könnte. Und wie die Dinge nun einmal liegen ...“ Er lächelte mich mit schmalen Lippen an.
„Äh, tatsächlich. Ich sehe da auch keine Möglichkeit“, erwiderte ich und lobte beiläufig den Sherry.
Estefanio beugte sich vertraulich vor. „Seine Erhebung zum Kardinal steht in Kürze bevor, bitte behandeln Sie diese Information außerordentlich diskret. Ich verlasse mich auf Sie.“
„Das ist allerdings, eh, wundervoll. Sie müssen sehr stolz auf ihn sein!“, sagte ich, um irgendwas zu sagen. Und in der Tat breitete sich auf seinen scharfen Zügen eine Empfindung aus, die ich nur als Vaterstolz bezeichnen konnte. Ich fummelte verlegen in meinen Haaren herum, um eine aufsässige Spange zu richten.
„Das bin ich auch, in einem Ausmaß, wie Sie es sich vielleicht gar nicht vorstellen können. Sie haben keine Geschwister, Geschwisterkinder – eigene Kinder?“, fragte er mit lauerndem Unterton. Ich verneinte. „Nun, was nicht ist ...“ Er machte eine vage Handbewegung. „Jedenfalls ist mir aufgefallen, dass sich mein Neffe in der letzten Zeit anders verhält, als ich das von ihm gewohnt bin. Erst neulich, beim stellvertretenden Kardinalstaatssekretär ... Unter uns gesagt, er hat noch nie viel diplomatisches Geschick an den Tag gelegt, aber das war selbst für seine Verhältnisse ...“
Estefanio blickte zur Decke als erflehe er göttlichen Beistand und langte dann nach der Sherrykaraffe, um mir nachzuschenken. „Ich bin darüber ziemlich in Sorge, und deshalb werden Sie mir sicher vergeben, wenn ich Ihnen jetzt unumwunden eine Frage stelle: Schlafen Sie mit ihm oder nicht?“
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ElsaLaska - 21. Apr, 00:21
Die Blognovela - - 0 Trackbacks - 1351x gelesen
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