Montag
Das Nächste, was ich wahrnahm, war ein einzelner Lichtpunkt in der Dunkelheit, der größer und größer wurde und sich als Kaminfeuer heraus stellte, um das drei Gestalten saßen. Frauen. Eine davon war Tante Bianca im Blaumann und mit Kapotthütchen auf dem Kopf.
„Da sind Sie ja endlich, verehrte Elsa, ich dachte schon, Sie finden den Weg gar nicht mehr hierher“, begrüßte sie mich und drückte mir eine Teetasse aus feinem chinesischem Porzellan in die Hand. „Möchten Sie einen Schluck ayurvedischen Tee? Vata, Kapha oder Pita? Das wissen Sie nicht? Dann nehmen wir einfach Tridosha!“ Sie schnickte mit dem Finger und die Tasse füllte sich auf mir unerklärliche Weise mit einem dunkelbraunen, stark duftenden Gebräu.
„Gurkensandwich? Greifen Sie zu!“ Bianca hielt mir ein Tellerchen mit zierlichen Happen hin, von denen ich mir eins auswählte. In der Tat: Englische Teatime-Gurkensandwichs.
„Wie bin ich ... Was machen Sie hier?“
„Wir feiern einen Hexensabbat“, erklärte Bianca und stand auf, um das erlöschende Kaminfeuer mit einem kräftigen Stoß aus ihrem Lötbrenner wieder anzufachen. „Heute ist doch Walpurgisnacht, das wissen Sie doch?“
Ich nickte beeindruckt.
„Und kommen noch mehr, eh, Hexen?“ fragte ich.
Bianca winkte müde ab. „Ich bin zu alt für diese Massenveranstaltungen. Schlückchen Eierlikör?“ Sie schenkte vier Likorgläser ein. Die beiden anderen Frauen, es waren Clarice Orsini, die eine Satinbordüre bestickte und Sophia Anfisba Onofri – mit angesengten Haaren- , die an einem Porträt von Lorenzo arbeitete, reagierten nicht. Ich beugte mich zu Bianca.
„Warum malt Sophia ausgerechnet Lorenzo?“, wisperte ich beunruhigt.
„Kümmer dich um deinen eigenen Kram!“, zischelte Sophia giftig, langte in einen Behälter mit Eiswürfeln und fuhr sich mit einer Handvoll über das lädierte Gesicht. Ich stellte die Tasse ab, trat hinter sie und betrachtete lange das Portrait.
„Der Schwung der Augenbrauen stimmt nicht, die Nase ist zu breit und die Augen sind schwarz, nicht braun“, kritisierte ich schließlich. Sophia drehte sich um, warf mir ein paar Eiswürfel ins Gesicht, riss den Entwurf von der Staffelei herunter und schleuderte ihn ins Feuer. Ich grinste und wanderte weiter zu Clarice, die anmutig den Kopf über ihrer Handarbeit gesenkt hielt und mit flinken Fingern Perlen aufstickte. Eine sehr feine Arbeit, die ich mit hämischen Seitenblicken zu Sophia ausgiebig lobte. Clarice hielt inne, hob das Band bereitwillig ins Licht, damit ich den Schimmer der Perlen bewundern konnte und nahm dankend ein Glas mit Eierlikör entgegen. Wir stießen an und prosteten höflich zu Sophia hinüber, die einen neuen Entwurf begann und uns ignorierte. Clarice lockte mich mit gekrümmtem Zeigefinger zu sich hinunter und flüsterte mir ins Ohr: „Wenn du ihn nicht aufhalten kannst, musst du ihm folgen.“
„Folgen, folgen. Folge ihm nur“, meckerte Sophia. „Aber schau dir genau an, was es mir eingebracht hat, einem Farnese zu folgen!“ Sie hob kreischend vor Lachen die verstümmelten Füße und zeigte ihre verkohlten Knöchel.
Clarice schaute mich durchdringend an und nahm ihre Stickerei wieder auf.
Als ich die Augen wieder aufschlug, war es mir, als könnte ich den Nachhall von Sophias schrillem Geheule hören, aber es waren nur die Stimmen von Zeno und Lorenzo, die sich leise in der Küche unterhielten. Verwirrt versuchte ich mich aufzurichten, es gelang mir, mich auf die Ellenbogen zu stützen, da ging auch schon das Licht im Zimmer an und Zeno stand vor mir. „Sie sind ja wieder wach, gottseidank! Uns einen solchen Schrecken einzujagen! Trinken Sie, das wird helfen!“ Er drückte mir ein großes Glas mit Grappa in die Hand und erst, als ich die Schärfe des Schnapses im Mund spürte, wurde mir bewusst, das ich beim Aufwachen den Geschmack von Eierlikör auf der Zunge gehabt hatte.
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„Da sind Sie ja endlich, verehrte Elsa, ich dachte schon, Sie finden den Weg gar nicht mehr hierher“, begrüßte sie mich und drückte mir eine Teetasse aus feinem chinesischem Porzellan in die Hand. „Möchten Sie einen Schluck ayurvedischen Tee? Vata, Kapha oder Pita? Das wissen Sie nicht? Dann nehmen wir einfach Tridosha!“ Sie schnickte mit dem Finger und die Tasse füllte sich auf mir unerklärliche Weise mit einem dunkelbraunen, stark duftenden Gebräu.
„Gurkensandwich? Greifen Sie zu!“ Bianca hielt mir ein Tellerchen mit zierlichen Happen hin, von denen ich mir eins auswählte. In der Tat: Englische Teatime-Gurkensandwichs.
„Wie bin ich ... Was machen Sie hier?“
„Wir feiern einen Hexensabbat“, erklärte Bianca und stand auf, um das erlöschende Kaminfeuer mit einem kräftigen Stoß aus ihrem Lötbrenner wieder anzufachen. „Heute ist doch Walpurgisnacht, das wissen Sie doch?“
Ich nickte beeindruckt.
„Und kommen noch mehr, eh, Hexen?“ fragte ich.
Bianca winkte müde ab. „Ich bin zu alt für diese Massenveranstaltungen. Schlückchen Eierlikör?“ Sie schenkte vier Likorgläser ein. Die beiden anderen Frauen, es waren Clarice Orsini, die eine Satinbordüre bestickte und Sophia Anfisba Onofri – mit angesengten Haaren- , die an einem Porträt von Lorenzo arbeitete, reagierten nicht. Ich beugte mich zu Bianca.
„Warum malt Sophia ausgerechnet Lorenzo?“, wisperte ich beunruhigt.
„Kümmer dich um deinen eigenen Kram!“, zischelte Sophia giftig, langte in einen Behälter mit Eiswürfeln und fuhr sich mit einer Handvoll über das lädierte Gesicht. Ich stellte die Tasse ab, trat hinter sie und betrachtete lange das Portrait.
„Der Schwung der Augenbrauen stimmt nicht, die Nase ist zu breit und die Augen sind schwarz, nicht braun“, kritisierte ich schließlich. Sophia drehte sich um, warf mir ein paar Eiswürfel ins Gesicht, riss den Entwurf von der Staffelei herunter und schleuderte ihn ins Feuer. Ich grinste und wanderte weiter zu Clarice, die anmutig den Kopf über ihrer Handarbeit gesenkt hielt und mit flinken Fingern Perlen aufstickte. Eine sehr feine Arbeit, die ich mit hämischen Seitenblicken zu Sophia ausgiebig lobte. Clarice hielt inne, hob das Band bereitwillig ins Licht, damit ich den Schimmer der Perlen bewundern konnte und nahm dankend ein Glas mit Eierlikör entgegen. Wir stießen an und prosteten höflich zu Sophia hinüber, die einen neuen Entwurf begann und uns ignorierte. Clarice lockte mich mit gekrümmtem Zeigefinger zu sich hinunter und flüsterte mir ins Ohr: „Wenn du ihn nicht aufhalten kannst, musst du ihm folgen.“
„Folgen, folgen. Folge ihm nur“, meckerte Sophia. „Aber schau dir genau an, was es mir eingebracht hat, einem Farnese zu folgen!“ Sie hob kreischend vor Lachen die verstümmelten Füße und zeigte ihre verkohlten Knöchel.
Clarice schaute mich durchdringend an und nahm ihre Stickerei wieder auf.
Als ich die Augen wieder aufschlug, war es mir, als könnte ich den Nachhall von Sophias schrillem Geheule hören, aber es waren nur die Stimmen von Zeno und Lorenzo, die sich leise in der Küche unterhielten. Verwirrt versuchte ich mich aufzurichten, es gelang mir, mich auf die Ellenbogen zu stützen, da ging auch schon das Licht im Zimmer an und Zeno stand vor mir. „Sie sind ja wieder wach, gottseidank! Uns einen solchen Schrecken einzujagen! Trinken Sie, das wird helfen!“ Er drückte mir ein großes Glas mit Grappa in die Hand und erst, als ich die Schärfe des Schnapses im Mund spürte, wurde mir bewusst, das ich beim Aufwachen den Geschmack von Eierlikör auf der Zunge gehabt hatte.
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ElsaLaska - 1. Mai, 00:58
Die Blognovela - - 0 Trackbacks - 1391x gelesen
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