Sonntag
Kardinal Farnese musste sich ziemlich ins Zeug gelegt haben, denn keine Dreiviertelstunde später saß ich in einem Jeep neben Hellebardier Rogler, der – auf direkte Anweisung des Santo Padre - mit Blaulicht den Hügel zur Gemelli-Klinik hinaufjagte und mit seinem sportlichen Fahrstil bewies, dass die fünfhundert Jahre alte Institution der Schweizer Garde sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu stellen wusste. Auf meinem Schoß lag Lorenzos braune Ledertasche, die ich in aller Eile noch mit frischer Wäsche, Zahnbürste und Rasierzeug vollgestopft hatte, obenauf Giulias Aufnahme von ihm. Rogler nahm seine Aufgabe sehr ernst, er stellte den Jeep quer ins Parkverbot hinein, riss mir die Tasche aus der Hand und bedeutete, ihm im Laufschritt zu folgen. Gemeinsam erstürmten wir die Klinik, fragten uns zur Intensivstation durch, passierten die Schleuse und standen schließlich vor der Türe des Einzelzimmers, in dem Lorenzo versorgt wurde.
„Sie haben soviel Zeit, wie Sie brauchen. Ich warte hier.“ Er nickte ernst. „Viel Glück, Madame“, fügt er hinzu und legte mir freundlich die Hand auf die Schulter. Ich versuchte, irgendwie zu Atem zu kommen und mich auf das vorzubereiten, was mich hinter der Tür erwartete.
Ich hatte allerdings mit allem Möglichen gerechnet, nur nicht damit, dass Tante Bianca in einem selbst ausgelegten Steinkreis mitten im Zimmer saß und eine tibetische Klangschale schlug. In allen vier Ecken hingen dicke Büschel Salbei – wenigstens brannte er nicht - und auf Lorenzos Nachttisch standen, in stiller Eintracht, eine Skulptur von Durga, die auf dem Löwen reitet und eine Statue der Mutter Gottes – vermutlich aus Estefanios Beständen. Hinter Lorenzos Kopf entdeckte ich, unter dem Kabelwirrwarr für das EEG, einen faustgroßen Bergkristall. Lorenzos Hals war bandagiert, unter seinen geschlossenen Augen lagen tiefe Schatten. Ich sog unwillkürlich scharf die Luft ein, als ich die Kanülen bemerkte, die an beiden Händen angebracht waren, obwohl das nur zwei kleine Stiche waren im Vergleich zu seiner Halswunde – trotzdem, der Anblick tat mir weh. Bianca und ich umarmten uns stumm, wir hielten uns lange aneinander fest.
„Es ist gut, dass du gekommen bist“, sagte sie. Wir packten die Tasche aus und stellten das Foto zwischen Durga und die Mutter Gottes. Bianca drückte mich auf den Stuhl neben seinem Bett. „Ich weiß nicht, was ich tun soll ... tun kann!“, erklärte ich mit hilfloser Geste. Um ihren Mund hatten sich tiefe Falten eingegraben, aber ihre Augen leuchteten vor Zuversicht.
„Du bist ihm schon einmal gefolgt“, entgegnete sie rätselhaft, „ich kann es nicht, obwohl ich es versucht habe. Rede mit ihm, über dein Leben, wie ihr euch kennen gelernt habt, über ein gemeinsames Erlebnis - zähl von mir aus Menüfolgen auf, ich hole uns zwei Kaffee.“
Also legte ich behutsam meine Hand unter seine und begann, zu ihm zu sprechen.
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„Sie haben soviel Zeit, wie Sie brauchen. Ich warte hier.“ Er nickte ernst. „Viel Glück, Madame“, fügt er hinzu und legte mir freundlich die Hand auf die Schulter. Ich versuchte, irgendwie zu Atem zu kommen und mich auf das vorzubereiten, was mich hinter der Tür erwartete.
Ich hatte allerdings mit allem Möglichen gerechnet, nur nicht damit, dass Tante Bianca in einem selbst ausgelegten Steinkreis mitten im Zimmer saß und eine tibetische Klangschale schlug. In allen vier Ecken hingen dicke Büschel Salbei – wenigstens brannte er nicht - und auf Lorenzos Nachttisch standen, in stiller Eintracht, eine Skulptur von Durga, die auf dem Löwen reitet und eine Statue der Mutter Gottes – vermutlich aus Estefanios Beständen. Hinter Lorenzos Kopf entdeckte ich, unter dem Kabelwirrwarr für das EEG, einen faustgroßen Bergkristall. Lorenzos Hals war bandagiert, unter seinen geschlossenen Augen lagen tiefe Schatten. Ich sog unwillkürlich scharf die Luft ein, als ich die Kanülen bemerkte, die an beiden Händen angebracht waren, obwohl das nur zwei kleine Stiche waren im Vergleich zu seiner Halswunde – trotzdem, der Anblick tat mir weh. Bianca und ich umarmten uns stumm, wir hielten uns lange aneinander fest.
„Es ist gut, dass du gekommen bist“, sagte sie. Wir packten die Tasche aus und stellten das Foto zwischen Durga und die Mutter Gottes. Bianca drückte mich auf den Stuhl neben seinem Bett. „Ich weiß nicht, was ich tun soll ... tun kann!“, erklärte ich mit hilfloser Geste. Um ihren Mund hatten sich tiefe Falten eingegraben, aber ihre Augen leuchteten vor Zuversicht.
„Du bist ihm schon einmal gefolgt“, entgegnete sie rätselhaft, „ich kann es nicht, obwohl ich es versucht habe. Rede mit ihm, über dein Leben, wie ihr euch kennen gelernt habt, über ein gemeinsames Erlebnis - zähl von mir aus Menüfolgen auf, ich hole uns zwei Kaffee.“
Also legte ich behutsam meine Hand unter seine und begann, zu ihm zu sprechen.
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ElsaLaska - 7. Mai, 23:45
Die Blognovela - - 0 Trackbacks - 2727x gelesen
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