Mittwoch
„Und dann sollte ich eine Weinbergschnecke essen, damit mich Rudis Jungenbande als einziges Mädchen aufnahm. Also nicht mit Kräuterbutter, sondern roh – und mitsamt der Schale. Nur gut, dass ich mir damals nichts aus Jungs machte, sonst hätte ich die arme Schnecke noch gegessen. Nicht, dass ich keine Schnecken mag – aber mehr mache ich mir aus Jungs, die sie zuzubereiten wissen, also das muss man jetzt nicht wörtlich nehmen alles, was ich so daherrede, ist auch egal, ich glaube ich geh jetzt zu den Menüfolgen über. Die bruschette, die du an dem Abend gemacht hast, als wir uns kennen lernten, waren die besten meines Lebens, sicher, die Austern neulich waren natürlich auch ... aber die bruschette! Wenn du mir noch einmal solche bruschette machst, werde ich dich fragen, ob du mich .... Nein. Das vergisst du jetzt gleich wieder, ich habe das nie gesagt, verdammt, wo bleibt Bianca mit dem caffè ... Gebratene Artischocken, melanzane grigliate, penne alle sarde, agnello allo zafferano – was ich eben über die bruschette sagte, gilt natürlich auch für das agnello allo zafferano, wie deine Hände dufteten und wie ich hinaus rannte zu Zeno und Kartoffeln zu schälen begann, über uns der Frühlingshimmel, die Schwalben von Urbino und unter uns Madonnina mit seinem mittelalterlichen borgo. Wir haben Prosecco getrunken und-“
Bianca trat leise neben mich, legte mir die Hand auf die Schulter und hielt Lorenzo einen Becher mit caffè unter die Nase, dann warf sie einen Blick auf das EEG.
„Moment, da tut sich was!“ Sie hatte die Stimme gedämpft, aber ihre Aufregung war deutlich heraus zu hören. „Was hast du ihm gerade erzählt?“
Ich trank durstig meinen winzigen caffè und sah mich nach einem Papierkorb für den Plastikbecher um.
„Von Madonnina, was wir gegessen und getrunken haben.“
Sie massierte sanft meine Schultern, den Blick immer auf die Linien gerichtet, die das EEG ausdruckte.
„Gut gemacht! Etwas hat sich verändert, siehst du?“
„Kannst du bitte das Fenster öffnen, mir ist irgendwie – schwindlig“, bat ich sie.
„Es beginnt“, beschied sie und eilte zum Fenster, aber nicht, um es aufzumachen, sondern um die schweren Vorhänge vorzuziehen. Sie setzte sich in ihren Steinkreis und stimmte das Gayatri-Mantra an.
„Bianca! Mir ist schlecht, ich brauche frische Luft, verstehst du mich?“
„om bhur bhurva svaha, tat savitur varenyam ... Er träumt den Traum, folge ihm!“
Kaum hatte sie das gesagt, spürte ich, wie sich Lorenzos Finger wie in einem elektrischen Impuls um meine schlossen. In meinem Kopf summte es, laut und lauter. Mein Herz raste, mein Schädel schien fast zu platzen unter dem Anstrom von Blut, das aus mir unerklärlichen Gründen von meinem Herzen hinaufgepumpt wurde, bis mir der Schweiß ausbrach.
Wieder ein Zucken von Lorenzos Fingern, Biancas Mantrengesang wurde durchdringender. Seine Augäpfel rollten unter den geschlossenen Lidern – kein Zweifel, er träumte, lautlos dieses Mal, aber dennoch wusste ich nur zu gut, wohin ich ihm zu folgen hatte: In den Dom zu Florenz, den 26. April 1478.
Ich stützte meine Ellbogen auf, faltete die Hände, seine jetzt wieder schlaffe Linke vorsichtig zwischen meine Handflächen geborgen, und legte meine Stirn dagegen.
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Bianca trat leise neben mich, legte mir die Hand auf die Schulter und hielt Lorenzo einen Becher mit caffè unter die Nase, dann warf sie einen Blick auf das EEG.
„Moment, da tut sich was!“ Sie hatte die Stimme gedämpft, aber ihre Aufregung war deutlich heraus zu hören. „Was hast du ihm gerade erzählt?“
Ich trank durstig meinen winzigen caffè und sah mich nach einem Papierkorb für den Plastikbecher um.
„Von Madonnina, was wir gegessen und getrunken haben.“
Sie massierte sanft meine Schultern, den Blick immer auf die Linien gerichtet, die das EEG ausdruckte.
„Gut gemacht! Etwas hat sich verändert, siehst du?“
„Kannst du bitte das Fenster öffnen, mir ist irgendwie – schwindlig“, bat ich sie.
„Es beginnt“, beschied sie und eilte zum Fenster, aber nicht, um es aufzumachen, sondern um die schweren Vorhänge vorzuziehen. Sie setzte sich in ihren Steinkreis und stimmte das Gayatri-Mantra an.
„Bianca! Mir ist schlecht, ich brauche frische Luft, verstehst du mich?“
„om bhur bhurva svaha, tat savitur varenyam ... Er träumt den Traum, folge ihm!“
Kaum hatte sie das gesagt, spürte ich, wie sich Lorenzos Finger wie in einem elektrischen Impuls um meine schlossen. In meinem Kopf summte es, laut und lauter. Mein Herz raste, mein Schädel schien fast zu platzen unter dem Anstrom von Blut, das aus mir unerklärlichen Gründen von meinem Herzen hinaufgepumpt wurde, bis mir der Schweiß ausbrach.
Wieder ein Zucken von Lorenzos Fingern, Biancas Mantrengesang wurde durchdringender. Seine Augäpfel rollten unter den geschlossenen Lidern – kein Zweifel, er träumte, lautlos dieses Mal, aber dennoch wusste ich nur zu gut, wohin ich ihm zu folgen hatte: In den Dom zu Florenz, den 26. April 1478.
Ich stützte meine Ellbogen auf, faltete die Hände, seine jetzt wieder schlaffe Linke vorsichtig zwischen meine Handflächen geborgen, und legte meine Stirn dagegen.
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ElsaLaska - 10. Mai, 01:13
Die Blognovela - - 0 Trackbacks - 1322x gelesen
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