Donnerstag
Seltzmann ließ Lorenzos Krankenzimmer rund um die Uhr von Hellebardier Rogler und zwei weiteren Sicherheitsbeamten bewachen. Nachdem ich mich wieder bei ihm zurückgemeldet hatte, verstärkte er auch die Posten vor der Wohnung an der Piazza San Ufficio.
Bei einem frugalen Abendessen bestehend aus einem halben Dutzend Spiegeleiern, die ich für Zeno und mich zubereitet hatte, unterrichtete mich der Vice-Questore über die ersten Ermittlungsergebnisse hinsichtlich der Identität des Attentäters; Vincenzo Casale hatte einen eindrucksvollen Lebenslauf vorzuweisen. Nach seiner Entlassung aus der italienischen Armee hatte er sich der Fremdenlegion beworben, an ein paar Aktionen im Tschad und in Beirut teilgenommen. Als Teile der Fremdenlegion zu Beginn der 90er der UNO unterstellt wurden, um friedenssichernde Maßnahmen für die Völkergemeinschaft durchzuführen, verabschiedete er sich aus der Legion und heuerte bei der Cosa Nostra als Ausbilder für Profikiller an. Um nicht ganz aus der Übung zu bleiben, übernahm er hin und wieder auch besonders lukrative Auftragsmorde. Für einen Profikiller hatte er sich allerdings bemerkenswert dämlich angestellt, fand ich, und äußerte meine Ansicht auch gegenüber Zeno.
„Das ist genau der Brocken, auf dem Seltzmann und ich auch herumkauen“, meinte er, während er sich suchend nach einer Serviette umschaute. Ich reichte ihm eine Rolle Küchenpapier.
„Anstatt das Foto von der Kuppel aus zu machen, hätte er Lorenzo gleich sauber in die Stirn schießen können, der ganze Aufwand mit diesem Erpresserfax und einem Messerattentat mitten im Petersdom passt überhaupt nicht in das Profil von Casale. Die Echse nannten sie ihn, wegen seiner leisen und blitzschnellen Aktionen. Somit ist klar, dass hinter ihm ein anderer stehen muss ...“ Zeno wischte sich Mund und Hände ab und griff nach der Obstschale.
„Der ihm diese hirnverbrannten Anweisungen gegeben hat: Foto, Fax, Mord im Petersdom, Casale hätte, auf sich gestellt, eine ganz andere Vorgehensweise bevorzugt, nicht wahr?“
„In der Tat. Und wie Seltzmann meinte, hätte Casale sich auch nie auf so einen dilettantischen Mist eingelassen, es sei denn, die Summe, die ihm dafür geboten wurde, hat astronomische Ausmaße. Leider können wir ihn ja nicht mehr fragen.“ Er schaute missgelaunt auf seine geschälte Banane, als sei sie schuld daran, dass Casale Gift geschluckt hatte.
„Ich dachte, es gilt sowieso das Gebot der omertà für solche Leute?“
Zeno grinste zweideutig. „Klar gilt das Gebot der omertà, aber der gute, alte Zeno kennt ein paar effektive, wenn auch unschöne Maßnahmen, die, im Verlauf eines Verhörs angewendet, nötigenfalls auch außerhalb eines offiziellen Verhörs, hm ... Schon ein handelsüblicher elektrischer Toaster-“
„Ein T o a s t e r?“, rief ich aus. „Um Himmels Willen! Sie wollen doch damit nicht andeuten, dass-“
„Dass ich dem Verdächtigen eigenhändig einen Nutellatoast zubereite, was glauben Sie, wie die härtesten Jungs da weich werden!“, erwiderte er mit völlig ausdrucksloser Miene. „Wie blauäugig Sie manchmal sein können, erstaunlich“. Er schüttelte den Kopf und fingerte eine Nazionale aus seiner Packung.
„Aber das ist doch nicht – legal!“, insistierte ich. Zeno zündete sich eine Zigarette an und blies mir den Rauch ins Gesicht.
„Es ist auch nicht besonders legal meinen besten Freund mitten im Petersdom mit einem Keramikmesser abschlachten zu wollen“, erklärte er ungerührt. „Außerdem ist unsere Diskussion rein theoretisch, Casale ist mausetot, da hilft auch ein Toaster nichts mehr.“ Er schien diesen Umstand zutiefst zu bedauern. „Wir müssen also mit den Informationen arbeiten, die wir haben. Ich habe Seltzmann gegenüber angedeutet, dass es sich, eh, um einen vatikanischen Auftraggeber handeln könnte, aber das kam natürlich nicht besonders gut an. Um genau zu sein, hätte er mich fast aus seinem Büro geworfen, wenn ich nicht geistesgegenwärtig wieder Pasolini ins Spiel gebracht hätte. Das Dumme ist nur, bei den Schüssen in den Ruinen von Ostia Antica handelte es sich, das wissen wir jetzt, ebenfalls um Casale.“ Zeno drückte nachlässig seine Zigarette aus und bat mich um einen caffè.
„Casale, Pasolini, der Vatikan. Vielleicht ist das ja die Reihenfolge. Casale war der Handlanger, Pasolini hatte eigenes Interesse daran, Lorenzo zu töten und handelte gleichzeitig als Bevollmächtigter für den großen Unbekannten, den wir im Vatikan zu suchen haben. Klingt ziemlich obskur!“, räumte ich ein, während ich uns einen caffè aufsetzte. Zeno ließ mich nicht aus den Augen. „Lorenzo wollte mir noch einige Dinge erklären, hat er gesagt, bevor er zur Messe ging. Sie wissen nicht zufällig, was das sein könnte?“, fragte er lauernd.
Ich zuckte die Achseln. „Das muss er Ihnen selbst sagen, Zeno, wirklich“, lächelte ich unverbindlich und im Bewusstsein der Tatsache, dass Lorenzos Küchenausstattung nicht über einen Toaster verfügte.
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Bei einem frugalen Abendessen bestehend aus einem halben Dutzend Spiegeleiern, die ich für Zeno und mich zubereitet hatte, unterrichtete mich der Vice-Questore über die ersten Ermittlungsergebnisse hinsichtlich der Identität des Attentäters; Vincenzo Casale hatte einen eindrucksvollen Lebenslauf vorzuweisen. Nach seiner Entlassung aus der italienischen Armee hatte er sich der Fremdenlegion beworben, an ein paar Aktionen im Tschad und in Beirut teilgenommen. Als Teile der Fremdenlegion zu Beginn der 90er der UNO unterstellt wurden, um friedenssichernde Maßnahmen für die Völkergemeinschaft durchzuführen, verabschiedete er sich aus der Legion und heuerte bei der Cosa Nostra als Ausbilder für Profikiller an. Um nicht ganz aus der Übung zu bleiben, übernahm er hin und wieder auch besonders lukrative Auftragsmorde. Für einen Profikiller hatte er sich allerdings bemerkenswert dämlich angestellt, fand ich, und äußerte meine Ansicht auch gegenüber Zeno.
„Das ist genau der Brocken, auf dem Seltzmann und ich auch herumkauen“, meinte er, während er sich suchend nach einer Serviette umschaute. Ich reichte ihm eine Rolle Küchenpapier.
„Anstatt das Foto von der Kuppel aus zu machen, hätte er Lorenzo gleich sauber in die Stirn schießen können, der ganze Aufwand mit diesem Erpresserfax und einem Messerattentat mitten im Petersdom passt überhaupt nicht in das Profil von Casale. Die Echse nannten sie ihn, wegen seiner leisen und blitzschnellen Aktionen. Somit ist klar, dass hinter ihm ein anderer stehen muss ...“ Zeno wischte sich Mund und Hände ab und griff nach der Obstschale.
„Der ihm diese hirnverbrannten Anweisungen gegeben hat: Foto, Fax, Mord im Petersdom, Casale hätte, auf sich gestellt, eine ganz andere Vorgehensweise bevorzugt, nicht wahr?“
„In der Tat. Und wie Seltzmann meinte, hätte Casale sich auch nie auf so einen dilettantischen Mist eingelassen, es sei denn, die Summe, die ihm dafür geboten wurde, hat astronomische Ausmaße. Leider können wir ihn ja nicht mehr fragen.“ Er schaute missgelaunt auf seine geschälte Banane, als sei sie schuld daran, dass Casale Gift geschluckt hatte.
„Ich dachte, es gilt sowieso das Gebot der omertà für solche Leute?“
Zeno grinste zweideutig. „Klar gilt das Gebot der omertà, aber der gute, alte Zeno kennt ein paar effektive, wenn auch unschöne Maßnahmen, die, im Verlauf eines Verhörs angewendet, nötigenfalls auch außerhalb eines offiziellen Verhörs, hm ... Schon ein handelsüblicher elektrischer Toaster-“
„Ein T o a s t e r?“, rief ich aus. „Um Himmels Willen! Sie wollen doch damit nicht andeuten, dass-“
„Dass ich dem Verdächtigen eigenhändig einen Nutellatoast zubereite, was glauben Sie, wie die härtesten Jungs da weich werden!“, erwiderte er mit völlig ausdrucksloser Miene. „Wie blauäugig Sie manchmal sein können, erstaunlich“. Er schüttelte den Kopf und fingerte eine Nazionale aus seiner Packung.
„Aber das ist doch nicht – legal!“, insistierte ich. Zeno zündete sich eine Zigarette an und blies mir den Rauch ins Gesicht.
„Es ist auch nicht besonders legal meinen besten Freund mitten im Petersdom mit einem Keramikmesser abschlachten zu wollen“, erklärte er ungerührt. „Außerdem ist unsere Diskussion rein theoretisch, Casale ist mausetot, da hilft auch ein Toaster nichts mehr.“ Er schien diesen Umstand zutiefst zu bedauern. „Wir müssen also mit den Informationen arbeiten, die wir haben. Ich habe Seltzmann gegenüber angedeutet, dass es sich, eh, um einen vatikanischen Auftraggeber handeln könnte, aber das kam natürlich nicht besonders gut an. Um genau zu sein, hätte er mich fast aus seinem Büro geworfen, wenn ich nicht geistesgegenwärtig wieder Pasolini ins Spiel gebracht hätte. Das Dumme ist nur, bei den Schüssen in den Ruinen von Ostia Antica handelte es sich, das wissen wir jetzt, ebenfalls um Casale.“ Zeno drückte nachlässig seine Zigarette aus und bat mich um einen caffè.
„Casale, Pasolini, der Vatikan. Vielleicht ist das ja die Reihenfolge. Casale war der Handlanger, Pasolini hatte eigenes Interesse daran, Lorenzo zu töten und handelte gleichzeitig als Bevollmächtigter für den großen Unbekannten, den wir im Vatikan zu suchen haben. Klingt ziemlich obskur!“, räumte ich ein, während ich uns einen caffè aufsetzte. Zeno ließ mich nicht aus den Augen. „Lorenzo wollte mir noch einige Dinge erklären, hat er gesagt, bevor er zur Messe ging. Sie wissen nicht zufällig, was das sein könnte?“, fragte er lauernd.
Ich zuckte die Achseln. „Das muss er Ihnen selbst sagen, Zeno, wirklich“, lächelte ich unverbindlich und im Bewusstsein der Tatsache, dass Lorenzos Küchenausstattung nicht über einen Toaster verfügte.
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ElsaLaska - 18. Mai, 20:28
Hä? Wat is?