Montag (III)
Die Gitarre war wunderschön, man dachte gleich an Jimi Hendrix. Auf dem glänzend schwarz gearbeiteten Hintergrund blühten riesige rosa, rote und weiße Blumen, liefen ineinander, es war ein richtiges Feuerwerk. Sie musste elend teuer gewesen sein und ich wollte gar nicht wissen, auf welch verschlungenen Pfaden sie zu Zeno, dem Mann mit dem hervorragenden Draht zum italienischen Innenministerium, gekommen war.
Jedenfalls war Lorenzo selig. Spielen durfte er zwar noch nicht, aber er behielt sie flach auf seinem Schoß und zupfte hin und wieder an den Saiten, während Zeno den Inhalt seiner Taschen und Tüten auf dem Küchentisch ausbreitete: Schwarze Oliven, gefüllte Paprika, Artischocken in Olivenöl, drei Sorten Salami, hauchdünne Parmaschinkenscheiben, zwei Netzmelonen.
Ich schnitt Brot und Tomaten für einen Salat auf und lachte über einen Klerikerwitz, den Zeno mit hochroten Wangen zum Besten gab. Nicht einmal ein eingehender Anruf von Estefanio konnte die gute Stimmung stören, mit dem er seinem Neffen offenbarte, dass er am Wochenende einen großen Empfang gebe, bei dem er ihn dem Kardinalskollegium präsentieren wolle. Natürlich seien auch Zeno und ich herzlich eingeladen, es handle sich um eine zwanglose private Abendgesellschaft, zu der auch zahlreiche andere Laien kommen würden. Bene, dachte ich, und überlegte, ob ich auf die Schnelle noch einen Termin bei Anastasio bekäme.
Als Zeno und ich den Tisch eindeckten, bettete Lorenzo widerwillig die Frusciante-Gitarre zurück in den Koffer und ließ sich von mir vorlegen. Wir schmausten einträchtig, ich schenkte jedem großzügig Wein nach und flirtete scherzhaft mit Zeno. Der legte schließlich das Besteck zur Seite, nahm einen kräftigen Schluck Wein und fixierte seinen Freund mit klaren blauen Augen.
„Perfetto. Noch ein caffechen, und ich bin im Paradies.“ Ich beeilte mich, die Bialetti aufzusetzen. Zeno wandte den Blick nicht von Lorenzo ab und warf seine Serviette auf den Teller. „Jetzt, mein Guter, wirst du mir erzählen, in was für eine verdammte Scheiße du da hinein geraten bist. Wer hat diesen Casale auf dich angesetzt: Die Mafia, die Kommunisten, die Faschisten, Propaganda Due, Opus Dei oder der italienische Geheimdienst?“
Lorenzo strich sich das Haar aus der Stirn. „Das ist – eine innerkirchliche Angelegenheit, Zeno, und geht dich eigentlich nichts an ...“
Der Vice-Questore sprang auf, stützte die Hände auf die Tischplatte und beugte sich schwer atmend nach vorne. „Leck mich am Arsch mit deinen innerkirchlichen Angelegenheiten! Welchem stronzo bist du in die Quere gekommen, und warum, will ich wissen!“
Lorenzo schluckte und richtete seinen Blick auf mich. „Wenn Sie bitte, in meinem Arbeitszimmer, es ist in der obersten Schublade meines Schreibtischs. Der Schlüssel hängt hinter dem Kruzifix ...“
Ich strich ihm zärtlich eine widerspenstige Strähne aus der Stirn und machte mich auf den Weg ins Arbeitszimmer. Ich wusste sofort, was er meinte: In der obersten Schublade lag, in Form eines Vorab-Exemplars, das Enthüllungsbuch von „Anonymus“. Es umfasste mehr als dreihundert Seiten und handelte, wie ich einem kurzen Blick auf das Inhaltsverzeichnis entnahm, sämtliche vatikanischen Logen und Geheimbünde ab, analysierte ihre Strukturen, die Mittel ihrer Einflussnahme auf die vatikanische Politik und präsentierte ganz nebenbei die Existenz einer Gralsloge, die wahre Bruderschaft von Sion, die sich, die römisch-katholische Kirche und den Vatikan unterwandernd, der Wahrung des Geheimnisses der Vaterschaft Jesu verschrieben hatte.
Ich balancierte das Buch auf beiden Händen in die Küche und legte es vorsichtig vor Zeno ab, der wieder Platz genommen hatte und mich anschaute, als präsentiere ich ihm einen abgeschnittenen Widderkopf. Er schlug die ersten Seiten auf und begann, den Text zu überfliegen, während ich versuchte, möglichst lautlos den caffè zu servieren. Lorenzo sah mich dankbar an, als ich ihm vier Löffel Zucker in das Tässchen häufte und vor ihn hinstellte. Ich nahm ihn in die Arme und spürte, wie er sein Gesicht an meiner Halsbeuge vergrub.
Ich ließ es zu.
Das Attentat hatte nicht nur ihm eine Wunde geschlagen.
<[111]
>[113]
<<[1]
Jedenfalls war Lorenzo selig. Spielen durfte er zwar noch nicht, aber er behielt sie flach auf seinem Schoß und zupfte hin und wieder an den Saiten, während Zeno den Inhalt seiner Taschen und Tüten auf dem Küchentisch ausbreitete: Schwarze Oliven, gefüllte Paprika, Artischocken in Olivenöl, drei Sorten Salami, hauchdünne Parmaschinkenscheiben, zwei Netzmelonen.
Ich schnitt Brot und Tomaten für einen Salat auf und lachte über einen Klerikerwitz, den Zeno mit hochroten Wangen zum Besten gab. Nicht einmal ein eingehender Anruf von Estefanio konnte die gute Stimmung stören, mit dem er seinem Neffen offenbarte, dass er am Wochenende einen großen Empfang gebe, bei dem er ihn dem Kardinalskollegium präsentieren wolle. Natürlich seien auch Zeno und ich herzlich eingeladen, es handle sich um eine zwanglose private Abendgesellschaft, zu der auch zahlreiche andere Laien kommen würden. Bene, dachte ich, und überlegte, ob ich auf die Schnelle noch einen Termin bei Anastasio bekäme.
Als Zeno und ich den Tisch eindeckten, bettete Lorenzo widerwillig die Frusciante-Gitarre zurück in den Koffer und ließ sich von mir vorlegen. Wir schmausten einträchtig, ich schenkte jedem großzügig Wein nach und flirtete scherzhaft mit Zeno. Der legte schließlich das Besteck zur Seite, nahm einen kräftigen Schluck Wein und fixierte seinen Freund mit klaren blauen Augen.
„Perfetto. Noch ein caffechen, und ich bin im Paradies.“ Ich beeilte mich, die Bialetti aufzusetzen. Zeno wandte den Blick nicht von Lorenzo ab und warf seine Serviette auf den Teller. „Jetzt, mein Guter, wirst du mir erzählen, in was für eine verdammte Scheiße du da hinein geraten bist. Wer hat diesen Casale auf dich angesetzt: Die Mafia, die Kommunisten, die Faschisten, Propaganda Due, Opus Dei oder der italienische Geheimdienst?“
Lorenzo strich sich das Haar aus der Stirn. „Das ist – eine innerkirchliche Angelegenheit, Zeno, und geht dich eigentlich nichts an ...“
Der Vice-Questore sprang auf, stützte die Hände auf die Tischplatte und beugte sich schwer atmend nach vorne. „Leck mich am Arsch mit deinen innerkirchlichen Angelegenheiten! Welchem stronzo bist du in die Quere gekommen, und warum, will ich wissen!“
Lorenzo schluckte und richtete seinen Blick auf mich. „Wenn Sie bitte, in meinem Arbeitszimmer, es ist in der obersten Schublade meines Schreibtischs. Der Schlüssel hängt hinter dem Kruzifix ...“
Ich strich ihm zärtlich eine widerspenstige Strähne aus der Stirn und machte mich auf den Weg ins Arbeitszimmer. Ich wusste sofort, was er meinte: In der obersten Schublade lag, in Form eines Vorab-Exemplars, das Enthüllungsbuch von „Anonymus“. Es umfasste mehr als dreihundert Seiten und handelte, wie ich einem kurzen Blick auf das Inhaltsverzeichnis entnahm, sämtliche vatikanischen Logen und Geheimbünde ab, analysierte ihre Strukturen, die Mittel ihrer Einflussnahme auf die vatikanische Politik und präsentierte ganz nebenbei die Existenz einer Gralsloge, die wahre Bruderschaft von Sion, die sich, die römisch-katholische Kirche und den Vatikan unterwandernd, der Wahrung des Geheimnisses der Vaterschaft Jesu verschrieben hatte.
Ich balancierte das Buch auf beiden Händen in die Küche und legte es vorsichtig vor Zeno ab, der wieder Platz genommen hatte und mich anschaute, als präsentiere ich ihm einen abgeschnittenen Widderkopf. Er schlug die ersten Seiten auf und begann, den Text zu überfliegen, während ich versuchte, möglichst lautlos den caffè zu servieren. Lorenzo sah mich dankbar an, als ich ihm vier Löffel Zucker in das Tässchen häufte und vor ihn hinstellte. Ich nahm ihn in die Arme und spürte, wie er sein Gesicht an meiner Halsbeuge vergrub.
Ich ließ es zu.
Das Attentat hatte nicht nur ihm eine Wunde geschlagen.
<[111]
>[113]
<<[1]
ElsaLaska - 22. Mai, 20:46
*hach*
dankeschön!
ne, sakrileg ist schon gut, bis auf das letzte drittel, das hält er einfach nicht durch. aber naja, jeder hat durchhänger, ich lese manchmal auch von anfang an nach und kriege dann die volle krise, weil es so SCHURBELT :)