Freitag II
Abgesehen von der Tatsache, dass ich Monsignore etwa drei Mal täglich unter den fadenscheinigsten Vorwänden ein frisches Hemd überstreifen musste, war er ein bemerkenswert geduldiger Patient. Man drückte ihm eine Zeitung in die Hand, holte hin und wieder ein Buch aus dem Arbeitszimmer oder kochte einen caffè, dann war er schon zufrieden.
Das Online-Spiel von Opus Dei hatte er stundenlang gespielt und sich dabei Notizen gemacht, die er zu einer sarkastischen Email verarbeitete, in der er Änderungsvorschläge machte und Korrekturen anmerkte. Zu seiner größten Befriedigung stiegen die Opus Dei Leute auf den theologischen Disput ein, den er vom Zaun brach. Weil ihn das Tippen zu sehr anstrengte, bat er mich, die Emails für ihn zu verfassen. So lag er also in seinem Kabinett im Ledersessel, die Füße gemütlich auf dem Schreibtisch und diktierte mir genüsslich seitenweise Belehrungen, Polemik, lateinische Zitate und Verweise auf griechische Quellen in die Tastatur. Der junge Mann von der Opus Dei-Uni führte den Diskurs erbittert weiter, was Lorenzos ohnehin vorzügliche Laune weiter steigerte.
Er konnte ganze Kapitel von Augustinus oder Plotin auf Latein zitieren, es hätte nur noch gefehlt, dass er sich beiläufig die Fingernägel dabei manikürte. Ich war mittlerweile überzeugt davon, dass er tagein tagaus hinter dem Herd in einer Trattoria vor Langeweile sterben würde.
Eine Einsicht, die mir wesentlich mehr zusetzte, als ich wahrhaben wollte. Irgendwie hatte ich immer geglaubt, er würde sich für seine Trattoria und gegen das Amt entscheiden, und dann könnten die Dinge sich einfach entfalten, in die eine oder andere Richtung. Wir wären frei, freier als jetzt jedenfalls. Ich wäre freier, korrigierte ich mich gedanklich. Während ich im Moment die Wahl zwischen Skylla und Charybdis hatte: Entweder ich ging mit ihm ins Bett und wurde das, was Estefanio aus mir machen wollte, oder ich wies ihn immer wieder aufs Neue ab und verliebte mich nach jeder Zurückweisung nur noch mehr. Es gab natürlich noch eine dritte Möglichkeit, ich konnte der Welt entsagen und den Schleier nehmen. Dann hätten wir zwei Gelübde zwischen uns stehen, eine Vorstellung, die mir wenig hilfreich erschien angesichts meines Dilemmas.
Ein Klopfen im Türrahmen unterbrach meine trüben Gedanken. Es war Hellebardier Rogler, in Jeans und Leinenhemd gekleidet und mit leicht geröteten Wangen, mit einem riesigen Strauß orangefarbener Lilien und einer großen Tafel Schweizer Schokolade bewaffnet.
„Buon giorno, Monsignore Farnese! Wie geht es Ihnen? Buon giorno Signora, ich habe mir erlaubt, also, das ist eine Kleinigkeit für Sie und ich dachte, ich habe heute frei und vielleicht haben Sie Lust auf einen Spaziergang in den Vatikanischen Gärten?“
Lorenzo starrte den jungen Mann an, als wolle er ihn zum Mittagessen verspeisen. Er setzte behutsam die Füße auf den Boden und erhob sich, vielleicht nicht gerade mit der Geschmeidigkeit, aber doch mit der Angriffslust eines Panthers.
„Die Signora ist gerade unabkömmlich und ich frage mich, was Sie sich eigentlich herausnehmen, indem Sie hier-“, knurrte er, während ich mich beeilte, mich zwischen die beiden Männer zu werfen.
„Das ist eine zauberhafte Überraschung, Herr Rogler, ich liebe Lilien, besonders die orangenen! Und Schokolade, wie fein!“, trällerte ich angestrengt, weil ich zugleich versuchte, Lorenzo in seinen Sessel zurück zu drängen. „Der Monsignore wollte sich sowieso gerade ausruhen nach den ganzen Anstrengungen der ... der ... hm, des Morgens, ich stelle schnell die Blumen ins Wasser und komme gerne mit!“
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Das Online-Spiel von Opus Dei hatte er stundenlang gespielt und sich dabei Notizen gemacht, die er zu einer sarkastischen Email verarbeitete, in der er Änderungsvorschläge machte und Korrekturen anmerkte. Zu seiner größten Befriedigung stiegen die Opus Dei Leute auf den theologischen Disput ein, den er vom Zaun brach. Weil ihn das Tippen zu sehr anstrengte, bat er mich, die Emails für ihn zu verfassen. So lag er also in seinem Kabinett im Ledersessel, die Füße gemütlich auf dem Schreibtisch und diktierte mir genüsslich seitenweise Belehrungen, Polemik, lateinische Zitate und Verweise auf griechische Quellen in die Tastatur. Der junge Mann von der Opus Dei-Uni führte den Diskurs erbittert weiter, was Lorenzos ohnehin vorzügliche Laune weiter steigerte.
Er konnte ganze Kapitel von Augustinus oder Plotin auf Latein zitieren, es hätte nur noch gefehlt, dass er sich beiläufig die Fingernägel dabei manikürte. Ich war mittlerweile überzeugt davon, dass er tagein tagaus hinter dem Herd in einer Trattoria vor Langeweile sterben würde.
Eine Einsicht, die mir wesentlich mehr zusetzte, als ich wahrhaben wollte. Irgendwie hatte ich immer geglaubt, er würde sich für seine Trattoria und gegen das Amt entscheiden, und dann könnten die Dinge sich einfach entfalten, in die eine oder andere Richtung. Wir wären frei, freier als jetzt jedenfalls. Ich wäre freier, korrigierte ich mich gedanklich. Während ich im Moment die Wahl zwischen Skylla und Charybdis hatte: Entweder ich ging mit ihm ins Bett und wurde das, was Estefanio aus mir machen wollte, oder ich wies ihn immer wieder aufs Neue ab und verliebte mich nach jeder Zurückweisung nur noch mehr. Es gab natürlich noch eine dritte Möglichkeit, ich konnte der Welt entsagen und den Schleier nehmen. Dann hätten wir zwei Gelübde zwischen uns stehen, eine Vorstellung, die mir wenig hilfreich erschien angesichts meines Dilemmas.
Ein Klopfen im Türrahmen unterbrach meine trüben Gedanken. Es war Hellebardier Rogler, in Jeans und Leinenhemd gekleidet und mit leicht geröteten Wangen, mit einem riesigen Strauß orangefarbener Lilien und einer großen Tafel Schweizer Schokolade bewaffnet.
„Buon giorno, Monsignore Farnese! Wie geht es Ihnen? Buon giorno Signora, ich habe mir erlaubt, also, das ist eine Kleinigkeit für Sie und ich dachte, ich habe heute frei und vielleicht haben Sie Lust auf einen Spaziergang in den Vatikanischen Gärten?“
Lorenzo starrte den jungen Mann an, als wolle er ihn zum Mittagessen verspeisen. Er setzte behutsam die Füße auf den Boden und erhob sich, vielleicht nicht gerade mit der Geschmeidigkeit, aber doch mit der Angriffslust eines Panthers.
„Die Signora ist gerade unabkömmlich und ich frage mich, was Sie sich eigentlich herausnehmen, indem Sie hier-“, knurrte er, während ich mich beeilte, mich zwischen die beiden Männer zu werfen.
„Das ist eine zauberhafte Überraschung, Herr Rogler, ich liebe Lilien, besonders die orangenen! Und Schokolade, wie fein!“, trällerte ich angestrengt, weil ich zugleich versuchte, Lorenzo in seinen Sessel zurück zu drängen. „Der Monsignore wollte sich sowieso gerade ausruhen nach den ganzen Anstrengungen der ... der ... hm, des Morgens, ich stelle schnell die Blumen ins Wasser und komme gerne mit!“
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ElsaLaska - 26. Mai, 20:28
meeehr bittä