Montag
„Normalerweise ist Ratzingers Sekretär nicht gerade ein anregender Gesprächspartner! Was war denn Gegenstand Ihres kleinen Geplauders?“ Lorenzo überprüfte den Sitz seiner Manschetten und steckte sich eine Zigarette an.
„Och, ich habe versucht ihn davon zu überzeugen, was für eine feine Sache es doch wäre, wenn er ein Weblog führen und Nacktfotos von sich einstellen würde ... Wieso?“
„Genau das hatte ich insgeheim befürchtet“, erwiderte er trocken. „Sollen wir noch ein bisschen draußen bleiben oder wieder hinein gehen?“ Ich blickte unschlüssig zum Himmel hinauf, über den dunkle Wolken jagten und wollte schon antworten, da bemerkte ich, wie sich seine Haltung veränderte. Giulia erschien winkend im Innenhof, neben sich einen Mann, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Lorenzo trat einen Schritt vor mich.
„Schau mal, wer hier ist, Brüderchen! Ist das nicht eine tolle Überraschung?“, rief sie, aber ich vermisste den Jubel in ihrer Stimme. Der Mann an ihrer Seite war unverkennbar ein Farnese. Er war ein paar Jahre jünger als Estefanio, genauso hager und hochgewachsen, trug graue, kurzgeschnittene Locken und eine Brille mit Goldrand. Sein schwarzer Dreiteiler sah teuer aus, war aber schon länger aus der Mode, ebenso wie das goldene Uhrkettchen, das auf seiner Weste blitzte. Es war merkwürdig, wie ähnlich er Lorenzo und Estefanio sah – und doch wieder nicht: Als hätte ein schlechter Maler das Porträt eines typischen Farnese gemalt und dabei das Feuer der Augen und das ausdrucksvolle Spiel der Mundwinkel vergessen. Sogar die Nase schien weniger edel, sondern einfach nur ein Stückchen zu groß geraten zu sein. Michele Farneses Züge belebten sich selbst dann nicht, als er seinem Sohn zur Begrüßung die Hand schüttelte und gleichzeitig mit der Linken Lorenzos Unterarm umfasste– einziges Zeichen seiner inneren Bewegung. Er war - genau wie Lorenzo gesagt hatte – ein Wirtschaftsprüfer eben.
Meine Anwesenheit nahm er lediglich mit einem knappen Kopfnicken zur Kenntnis, dann ergriff er Lorenzos Arm und führte ihn, leise auf ihn einredend, zurück in die Wohnung. Giulia blickte mit skeptischem Gesicht hinterher und strich sich unwillig eine Strähne aus der Stirn, mit der der Wind spielte. „Ich bin gespannt, ob mein Bruder jetzt noch seine Ankündigung wahr macht“, sagte sie mehr zu sich selbst.
„Also wenn du mich fragst, ist das sowieso keine besonders glänzende Idee, ausgerechnet heute Abend ...“, antwortete ich zögernd.
„Das ist der erste öffentliche Auftritt unseres Vater seit Mamas Tod. Nichts und niemand konnte ihn aus seiner Lethargie reißen. Dass Lorenzo kurz vor der Erhebung steht, muss ihn sehr stolz machen. Mamma mia! Ich weiß nicht, was da noch auf uns zukommt, aber ich weiß genau, wenn ich nicht noch ein Glas Champagner vorher kriege, überlebe ich es nicht!“
Das traf ziemlich genau das Gefühl, das sich in mir breitzumachen begann. Sie packte mich an der Hand und zog mich hinter sich her, während erste, schwere Tropfen schwarze Konfetti aufs Pflaster malten.
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„Och, ich habe versucht ihn davon zu überzeugen, was für eine feine Sache es doch wäre, wenn er ein Weblog führen und Nacktfotos von sich einstellen würde ... Wieso?“
„Genau das hatte ich insgeheim befürchtet“, erwiderte er trocken. „Sollen wir noch ein bisschen draußen bleiben oder wieder hinein gehen?“ Ich blickte unschlüssig zum Himmel hinauf, über den dunkle Wolken jagten und wollte schon antworten, da bemerkte ich, wie sich seine Haltung veränderte. Giulia erschien winkend im Innenhof, neben sich einen Mann, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Lorenzo trat einen Schritt vor mich.
„Schau mal, wer hier ist, Brüderchen! Ist das nicht eine tolle Überraschung?“, rief sie, aber ich vermisste den Jubel in ihrer Stimme. Der Mann an ihrer Seite war unverkennbar ein Farnese. Er war ein paar Jahre jünger als Estefanio, genauso hager und hochgewachsen, trug graue, kurzgeschnittene Locken und eine Brille mit Goldrand. Sein schwarzer Dreiteiler sah teuer aus, war aber schon länger aus der Mode, ebenso wie das goldene Uhrkettchen, das auf seiner Weste blitzte. Es war merkwürdig, wie ähnlich er Lorenzo und Estefanio sah – und doch wieder nicht: Als hätte ein schlechter Maler das Porträt eines typischen Farnese gemalt und dabei das Feuer der Augen und das ausdrucksvolle Spiel der Mundwinkel vergessen. Sogar die Nase schien weniger edel, sondern einfach nur ein Stückchen zu groß geraten zu sein. Michele Farneses Züge belebten sich selbst dann nicht, als er seinem Sohn zur Begrüßung die Hand schüttelte und gleichzeitig mit der Linken Lorenzos Unterarm umfasste– einziges Zeichen seiner inneren Bewegung. Er war - genau wie Lorenzo gesagt hatte – ein Wirtschaftsprüfer eben.
Meine Anwesenheit nahm er lediglich mit einem knappen Kopfnicken zur Kenntnis, dann ergriff er Lorenzos Arm und führte ihn, leise auf ihn einredend, zurück in die Wohnung. Giulia blickte mit skeptischem Gesicht hinterher und strich sich unwillig eine Strähne aus der Stirn, mit der der Wind spielte. „Ich bin gespannt, ob mein Bruder jetzt noch seine Ankündigung wahr macht“, sagte sie mehr zu sich selbst.
„Also wenn du mich fragst, ist das sowieso keine besonders glänzende Idee, ausgerechnet heute Abend ...“, antwortete ich zögernd.
„Das ist der erste öffentliche Auftritt unseres Vater seit Mamas Tod. Nichts und niemand konnte ihn aus seiner Lethargie reißen. Dass Lorenzo kurz vor der Erhebung steht, muss ihn sehr stolz machen. Mamma mia! Ich weiß nicht, was da noch auf uns zukommt, aber ich weiß genau, wenn ich nicht noch ein Glas Champagner vorher kriege, überlebe ich es nicht!“
Das traf ziemlich genau das Gefühl, das sich in mir breitzumachen begann. Sie packte mich an der Hand und zog mich hinter sich her, während erste, schwere Tropfen schwarze Konfetti aufs Pflaster malten.
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ElsaLaska - 5. Jun, 22:07
Übrigens: Blonde Haare sind dank Don Giorgio wieder sehr im Kommen ;)!