Das Farnese-Komplott (130)
Das Handynetz war komplett zusammengebrochen. Giulia, die von Lorenzos Wohnung aus verzweifelt versuchte, Leitmayr, Bianca oder Zeno zu erreichen, probierte es schließlich über die vatikanische Festnetzleitung, aber auch die war derart überlastet, das wir nicht einmal mehr ein Freizeichen bekamen.
Während sich auf dem Petersplatz mehr und immer mehr Menschen einfanden, Kerzen in den Händen entzündeten, weinten und beteten oder sich einfach stumm in den Armen hielten, durchforsteten wir, ketterauchend, das Internet nach neuen Informationen.
Überall die selben schrecklichen Bilder: Der Heilige Vater, eben noch die Menge vor seinem Hotel in Lourdes segnend, wie ihm die erste Kugel die zum Kreuzzeichen erhobene Hand zerfetzte. Eine Sekunde darauf der tödliche Schuß mitten in die Stirn. Die daraufhin ausbrechende Panik, verwackelte Bilder, Entsetzensschreie, Massenhysterie. Anscheinend hatte die französische Polizei den Heckenschützen in Gewahrsam nehmen können, hielt sich aber mit Äußerungen weitgehend bedeckt. Das französische Polizeipräsidium ließ lediglich, als erstes Statement, verlautbaren, dass ein islamistischer Hintergrund auszuschließen sei.
Derweil mühten sich italienische Polizei und Schweizer Garde auf dem Petersplatz ab, wo eintreffende Ü-Wagen italienischer, europäischer und überseeischer Fernsehstationen das Chaos noch verstärkten.
Ich wusste, das im Falle des Todes eines Papstes uralte, streng ritualisierte Maßnahmen ergriffen wurden, aber was hatte das Protokoll für diese Extremsituation vorgesehen? Die Kurie stand unter schwerem Schock, das hatte ich hautnah miterleben können. Estefanio hatte sich mit allen anwesenden Kardinälen und geistlichen Würdenträgern ins Hauptquartier der Schweizer Garde begeben, um sich mit Oberst Seltzmann abzustimmen.
Giulia und ich standen auf Lorenzos Loggia und verfolgten atemlos das zweite Drama, das sich weiter unten abspielte.
Wir trugen immer noch unsere Saris, die mittlerweile zerknittert und fleckig vom Regen waren. Giulia liefen schwarze Spuren von Wimperntusche über die Wange, ob vom Regenwasser oder von Tränen, war mir nicht ganz klar. Sie hielt ein Opernglas in der Hand und beobachtete die Fenster des Apostolischen Palastes. Gerade als die Wolkendecke aufriss und einen hässlichen, angenagten Sichelmond preisgab, ging ein Ruck durch die wogende Menschenmenge. Die Flügeltüren zur päpstlichen Loggia hatten sich geöffnet.
Sämtliche Scheinwerfer richteten sich auf die hochgewachsene Gestalt von Estefanio, der ins gleißende Licht hinaustrat. Giulia reichte mir das Opernglas. An seiner Seite waren Kardinal Ratzinger und weitere Würdenträger, hinter ihm Lorenzo in vollem bischöflichen Ornat – offensichtlich hatte er sich irgendwo in aller Eile umkleiden können.
Allen stand das namenlose Grauen ins Gesicht geschrieben. Ein Blitzlichtgewitter brach über die kleine Gruppe herein, als Estefanio mit glasklarer, sehr fester Stimme begann, zu den verzweifelten Gläubigen zu sprechen und sie aufforderte, mit ihm gemeinsam den Rosenkranz zu beten.
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Während sich auf dem Petersplatz mehr und immer mehr Menschen einfanden, Kerzen in den Händen entzündeten, weinten und beteten oder sich einfach stumm in den Armen hielten, durchforsteten wir, ketterauchend, das Internet nach neuen Informationen.
Überall die selben schrecklichen Bilder: Der Heilige Vater, eben noch die Menge vor seinem Hotel in Lourdes segnend, wie ihm die erste Kugel die zum Kreuzzeichen erhobene Hand zerfetzte. Eine Sekunde darauf der tödliche Schuß mitten in die Stirn. Die daraufhin ausbrechende Panik, verwackelte Bilder, Entsetzensschreie, Massenhysterie. Anscheinend hatte die französische Polizei den Heckenschützen in Gewahrsam nehmen können, hielt sich aber mit Äußerungen weitgehend bedeckt. Das französische Polizeipräsidium ließ lediglich, als erstes Statement, verlautbaren, dass ein islamistischer Hintergrund auszuschließen sei.
Derweil mühten sich italienische Polizei und Schweizer Garde auf dem Petersplatz ab, wo eintreffende Ü-Wagen italienischer, europäischer und überseeischer Fernsehstationen das Chaos noch verstärkten.
Ich wusste, das im Falle des Todes eines Papstes uralte, streng ritualisierte Maßnahmen ergriffen wurden, aber was hatte das Protokoll für diese Extremsituation vorgesehen? Die Kurie stand unter schwerem Schock, das hatte ich hautnah miterleben können. Estefanio hatte sich mit allen anwesenden Kardinälen und geistlichen Würdenträgern ins Hauptquartier der Schweizer Garde begeben, um sich mit Oberst Seltzmann abzustimmen.
Giulia und ich standen auf Lorenzos Loggia und verfolgten atemlos das zweite Drama, das sich weiter unten abspielte.
Wir trugen immer noch unsere Saris, die mittlerweile zerknittert und fleckig vom Regen waren. Giulia liefen schwarze Spuren von Wimperntusche über die Wange, ob vom Regenwasser oder von Tränen, war mir nicht ganz klar. Sie hielt ein Opernglas in der Hand und beobachtete die Fenster des Apostolischen Palastes. Gerade als die Wolkendecke aufriss und einen hässlichen, angenagten Sichelmond preisgab, ging ein Ruck durch die wogende Menschenmenge. Die Flügeltüren zur päpstlichen Loggia hatten sich geöffnet.
Sämtliche Scheinwerfer richteten sich auf die hochgewachsene Gestalt von Estefanio, der ins gleißende Licht hinaustrat. Giulia reichte mir das Opernglas. An seiner Seite waren Kardinal Ratzinger und weitere Würdenträger, hinter ihm Lorenzo in vollem bischöflichen Ornat – offensichtlich hatte er sich irgendwo in aller Eile umkleiden können.
Allen stand das namenlose Grauen ins Gesicht geschrieben. Ein Blitzlichtgewitter brach über die kleine Gruppe herein, als Estefanio mit glasklarer, sehr fester Stimme begann, zu den verzweifelten Gläubigen zu sprechen und sie aufforderte, mit ihm gemeinsam den Rosenkranz zu beten.
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ElsaLaska - 11. Jun, 01:13
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