Das Farnese-Komplott (131)
Es ging bereits gegen Mitternacht, als Kardinal Farnese und sein Bruder Michele, Lorenzo abwechselnd stützend, die Wohnung an der Piazza San Uffizio betraten. Die drei Männer wirkten sichtlich mitgenommen und Giulia beeilte sich, caffè aufzusetzen und einen kleinen Imbiss herzurichten, bestehend aus einem kühlen Glas Rosato und ein paar bruschette mit Tomaten und Mozzarella. Ich ging ihr, möglichst geräuschlos, zur Hand.
Während Estefanio meine Anwesenheit mit weltmännischer Gelassenheit zur Kenntnis nahm und mich sogar wohlwollend betrachtete, als ich Lorenzo die bruschette vorlegte, musterte Michele mich ausgesprochen missvergnügt durch die mittlerweile fleckigen Gläser seiner goldgefassten Brille. Unsicher, ob ich nicht vielleicht besser den Raum verlassen sollte, nahm ich auf Geheiß Lorenzos mit angezogenen Beinen und meinem Glas Rosato in der Fensternische Platz und schlug die Augen nieder, wann immer Michele seinen taxierenden Blick auf mich richtete. Lorenzo saß bleich und schweigend auf seinem Stuhl und bedankte sich mit einem Kopfnicken, als ich ihm Wein nachschenkte. Estefanio biss herzhaft in seine bruschetta, er war der einzige, der offensichtlich den Appetit nicht verloren hatte.
„Damit ist also deine Erhebung zum Kardinalsstand vorläufig von der Tagesordnung gestrichen, lieber Neffe. Und das, nach dem ich mich beim Heiligen Vater, Gott sei seiner Seele gnädig, so beharrlich für dich eingesetzt hatte. Was für eine gräßliche Laune des Schicksals ! Was für ein grauenhaftes Ende für solch einen friedfertigen Mann wie unseren Heiligen Vater. Was für eine gottlose Welt, in der wir leben und bestehen müssen ...“
„Das war nun wirklich das Schlimmste, was passieren konnte“, pflichtete ihm Michele bei, während er suchend über den Tisch blickte. Giulia sprang auf und reichte ihm eine Serviette.
Er tupfte sich die Lippen und nahm einen Schluck Rosato.
„Was ich für mich nicht erreicht habe, hatte ich mir so sehr für dich gewünscht, mein Sohn.“
Estefanio lachte höhnisch. „Lieber Bruder, erlaube mir bitte, dich darauf hinzuweisen, dass es trotz deiner Passion für deine verstorbene Ehefrau, Lorenzos geliebte Mutter, die von mir verehrte Maria, Mittel und Wege gegeben hätte, die-, und wir hatten das ausführlich besprochen, aber nein! Du musstest ja HEIRATEN! Kinder bekommen! Du warst ja wie verhext!“ Estefanio nahm sich süffisant lächelnd noch eine bruschetta, während Giulia, unbeobachtet von beiden, ausdrucksvolle Grimassen zu mir hin schnitt.
„Du könntest längst Kardinal sein! Ich weiß nicht, was in deine Buchhalterseele damals gefahren ist, aber ich bin mir ganz sicher, dass
dein S o h n“ , und dieses Wort betonte er mit geradezu brutaler Genugtuung, „nicht den selben Fehler machen wird.“
Michele nahm seine Brille ab und begann, sie mithilfe der Serviette notdürftig zu reinigen.
„Lorenzo wird die Erwartungen, die ich in ihn setze, nicht enttäuschen. Das hat er noch nie getan“, setzte er zu einer Erwiderung an, während der derart indirekt Angesprochene vor unterdrücktem Zorn bebte. „Weshalb ich auch dafür sorgen werde“, fuhr Michele mit Reptiliengesicht fort, „dass du, Estefanio, aus dem Konklave als neuer Papst hervorgehen wirst.“ Er überprüfte seine Brillengläser, polierte nach und setzte sich die Brille dann wieder auf die Nase.
Estefanio war amüsiert.
„Du glaubst doch nicht, dass ich dich und deine Schmiergelder brauche, um aus dem kommenden Konklave als Sieger hervorzugehen, caro Michele?“
Ich riss die Augen auf und verwünschte meine Anwesenheit zum wiederholten Male, stand bereits auf, um mich zu entschuldigen, aber Lorenzo fasste mich am Arm und drückte mich in die Fensternische zurück. Giulia faltete unbemerkt die Hände und bewegte lautlos die Lippen, als ob sie betete.
„Das reicht jetzt!“, rief ihr Bruder mit mühsam gezügeltem Unwillen. „Es ist an der Zeit, dass ich sowohl dir, Vater, als auch dir, Onkel, endgültig reinen Wein einschenke, was meine Absichten betrifft-“
Michele warf seine angebissene bruschetta angeekelt zurück auf den Teller. „Basta! Die Farnese waren immer treue Diener der Kurie, und DU!- wirst nicht von dem eingeschlagenen Weg abweichen nur, weil du lieber wie eine Schwuchtel am Herd stehen willst, oder, noch schlimmer, wegen eines vermaledeiten Weibes denselben Fehler begehen wirst wie ich!“
Lorenzo erhob sich starr vor Wut und setzte nachdrücklich beide Hände auf die Tischplatte, Michele verächtlich fixierend.
Ich war hin- und hergerissen, ob ich ihm in die Arme fallen oder mir beiläufig eine Zigarette anzünden sollte. Giulia war aufgesprungen und warf mir einen alarmierten Blick zu. Man hätte die Luft in der Küche in Scheiben schneiden können.
Lorenzo, in zerknitterter Soutane, die schwarzen Strähnen fielen ihm in die Stirn, die dunklen Augen brannten, wollte zu einer wahrhaften Tirade ansetzen, aber da ertönte unverkennbar das Intro von Sweet Child of Mine - Lorenzos Handy. Giulia unterdrückte ein Grinsen, Michele blickte starr vor sich hin und Lorenzo meldete sich mit einem ungehaltenen „Pronto!?“
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Während Estefanio meine Anwesenheit mit weltmännischer Gelassenheit zur Kenntnis nahm und mich sogar wohlwollend betrachtete, als ich Lorenzo die bruschette vorlegte, musterte Michele mich ausgesprochen missvergnügt durch die mittlerweile fleckigen Gläser seiner goldgefassten Brille. Unsicher, ob ich nicht vielleicht besser den Raum verlassen sollte, nahm ich auf Geheiß Lorenzos mit angezogenen Beinen und meinem Glas Rosato in der Fensternische Platz und schlug die Augen nieder, wann immer Michele seinen taxierenden Blick auf mich richtete. Lorenzo saß bleich und schweigend auf seinem Stuhl und bedankte sich mit einem Kopfnicken, als ich ihm Wein nachschenkte. Estefanio biss herzhaft in seine bruschetta, er war der einzige, der offensichtlich den Appetit nicht verloren hatte.
„Damit ist also deine Erhebung zum Kardinalsstand vorläufig von der Tagesordnung gestrichen, lieber Neffe. Und das, nach dem ich mich beim Heiligen Vater, Gott sei seiner Seele gnädig, so beharrlich für dich eingesetzt hatte. Was für eine gräßliche Laune des Schicksals ! Was für ein grauenhaftes Ende für solch einen friedfertigen Mann wie unseren Heiligen Vater. Was für eine gottlose Welt, in der wir leben und bestehen müssen ...“
„Das war nun wirklich das Schlimmste, was passieren konnte“, pflichtete ihm Michele bei, während er suchend über den Tisch blickte. Giulia sprang auf und reichte ihm eine Serviette.
Er tupfte sich die Lippen und nahm einen Schluck Rosato.
„Was ich für mich nicht erreicht habe, hatte ich mir so sehr für dich gewünscht, mein Sohn.“
Estefanio lachte höhnisch. „Lieber Bruder, erlaube mir bitte, dich darauf hinzuweisen, dass es trotz deiner Passion für deine verstorbene Ehefrau, Lorenzos geliebte Mutter, die von mir verehrte Maria, Mittel und Wege gegeben hätte, die-, und wir hatten das ausführlich besprochen, aber nein! Du musstest ja HEIRATEN! Kinder bekommen! Du warst ja wie verhext!“ Estefanio nahm sich süffisant lächelnd noch eine bruschetta, während Giulia, unbeobachtet von beiden, ausdrucksvolle Grimassen zu mir hin schnitt.
„Du könntest längst Kardinal sein! Ich weiß nicht, was in deine Buchhalterseele damals gefahren ist, aber ich bin mir ganz sicher, dass
dein S o h n“ , und dieses Wort betonte er mit geradezu brutaler Genugtuung, „nicht den selben Fehler machen wird.“
Michele nahm seine Brille ab und begann, sie mithilfe der Serviette notdürftig zu reinigen.
„Lorenzo wird die Erwartungen, die ich in ihn setze, nicht enttäuschen. Das hat er noch nie getan“, setzte er zu einer Erwiderung an, während der derart indirekt Angesprochene vor unterdrücktem Zorn bebte. „Weshalb ich auch dafür sorgen werde“, fuhr Michele mit Reptiliengesicht fort, „dass du, Estefanio, aus dem Konklave als neuer Papst hervorgehen wirst.“ Er überprüfte seine Brillengläser, polierte nach und setzte sich die Brille dann wieder auf die Nase.
Estefanio war amüsiert.
„Du glaubst doch nicht, dass ich dich und deine Schmiergelder brauche, um aus dem kommenden Konklave als Sieger hervorzugehen, caro Michele?“
Ich riss die Augen auf und verwünschte meine Anwesenheit zum wiederholten Male, stand bereits auf, um mich zu entschuldigen, aber Lorenzo fasste mich am Arm und drückte mich in die Fensternische zurück. Giulia faltete unbemerkt die Hände und bewegte lautlos die Lippen, als ob sie betete.
„Das reicht jetzt!“, rief ihr Bruder mit mühsam gezügeltem Unwillen. „Es ist an der Zeit, dass ich sowohl dir, Vater, als auch dir, Onkel, endgültig reinen Wein einschenke, was meine Absichten betrifft-“
Michele warf seine angebissene bruschetta angeekelt zurück auf den Teller. „Basta! Die Farnese waren immer treue Diener der Kurie, und DU!- wirst nicht von dem eingeschlagenen Weg abweichen nur, weil du lieber wie eine Schwuchtel am Herd stehen willst, oder, noch schlimmer, wegen eines vermaledeiten Weibes denselben Fehler begehen wirst wie ich!“
Lorenzo erhob sich starr vor Wut und setzte nachdrücklich beide Hände auf die Tischplatte, Michele verächtlich fixierend.
Ich war hin- und hergerissen, ob ich ihm in die Arme fallen oder mir beiläufig eine Zigarette anzünden sollte. Giulia war aufgesprungen und warf mir einen alarmierten Blick zu. Man hätte die Luft in der Küche in Scheiben schneiden können.
Lorenzo, in zerknitterter Soutane, die schwarzen Strähnen fielen ihm in die Stirn, die dunklen Augen brannten, wollte zu einer wahrhaften Tirade ansetzen, aber da ertönte unverkennbar das Intro von Sweet Child of Mine - Lorenzos Handy. Giulia unterdrückte ein Grinsen, Michele blickte starr vor sich hin und Lorenzo meldete sich mit einem ungehaltenen „Pronto!?“
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ElsaLaska - 18. Jun, 22:37
Elsa, Elsa