Das Farnese-Komplott (133)
Der erste Tag der Sedisvakanz brach an und er war angefüllt mit allen möglichen Verpflichtungen und Terminen für Lorenzo. Ich machte ihm caffè, half ihm beim Rasieren und Ankleiden und tippte seine Emails. Ich war dankbar, dass mich die Sorge um ihn so beschäftigt hielt; es entband mich davon, darüber nachzudenken, auf welch brüchigem Eis ich mich tatsächlich bewegte.
Für die Ohrfeige hatte ich mich bereits am Morgen zerknirscht entschuldigt. Lorenzo hatte das mit einer lässigen Handbewegung abgetan und auf die freundschaftliche Natur verwiesen, die seine Gefühle mir gegenüber aufwiesen und die er nicht noch einmal mutwillig aufs Spiel zu setzen gedächte. Eine Information, die in keinster Weise dazu betrug, meine aufgewühlten Emotionen zu besänftigen, ganz im Gegenteil.
Es war gegen 10 Uhr vormittags, als ich, den Tränen nahe, alleine vor seinem PC saß und zwei Mails in seinem Namen beantwortete, dass mein Handy klingelte und Zeno sich meldete.
„Zeno, um Gottes Willen, Sie retten meinen Tag! Wo sind Sie?“
Er erklärte, ganz in der Nähe zu sein, kurz vor den Toren Roms und hoffe, rechtzeitig zum Mittagessen an der Piazza San Uffizio einzutreffen. Ob ich weinen würde? Ich verneinte. Ob ich sicher sei? Ich bejahte. Ob ich mich mit Lorenzo gestritten hätte? Ich verneinte. Ob es ihm gut ginge? Ich bejahte. Ob es mir gut ginge? Ich verneinte. Schweigen in der Leitung. Dann: Ich habe ein paar Flaschen Rosso Conero und einen Limoncello im Kofferraum, Grüße aus der Heimat. Ich bin gegen Eins bei Ihnen. Viel zu berichten! Sie werden staunen. Auf andere Gedanken kommen!
Ich weiß nicht, sagte ich und während der Lüfter des PCs auf Hochtouren lief, wurde mir mit einem Mal klar, dass es nicht alleine Lorenzos Freundschaft war, die ich wollte. Genau in dieser Sekunde gestand ich mir wahrhaft ein, dass ich mir nichts sehnlichster wünschte, als dass er seine Ämter niederlegen würde. Egal, völlig gleichgültig, was die Zukunft für uns bereithielt, im Guten wie im Schlechten, aber wenigstens wollte ich es gewagt haben – und zum ersten Mal, seit wir uns kannten war ich bereit, für dieses Wagnis auch ein Scheitern in Kauf zu nehmen.
Ich hatte mich für ihn entschieden, und das bedeutete paradoxerweise auch - ich sah es glasklar - damit wir überhaupt scheitern konnten, oder vielleicht auch glücklich miteinander werden, dazu brauchte es nur noch eine Voraussetzung: Ich musste aus seinem Leben verschwinden. Und wenn ich dreißig Jahre oder länger warten müsste, vielleicht sogar in alle Ewigkeit. Und dieser Gedanke machte mich merkwürdig gelassen.
„Gut, Zeno, es ist so verdammt heiß, ich mache uns pasta fredda mit salsa tonnata, rucola und pomodori, d’accordo? Und wir werden unser Wiedersehen ausgiebig feiern. Sie haben mir so gefehlt!“
„Es wird alles gut. Und während des Konklaves können Sie bei Bianca wohnen - wenn Sie nicht nach Hause fahren wollen. Der Ginster blüht wie verrückt auf dem Conero!“
„Ich denke, ich telefoniere mit Bianca. Und nach dem Konklave fahre ich auf jeden Fall nach Hause. Ich habe genug von Rom, ich habe genug von dieser ‚Fünfhundert Jahre Farnese-Männer für die Kurie'-Geschichte und-“
„Signora. Nehmen Sie es mir nicht übel ... Aber ich glaube, Lorenzo braucht Sie gerade jetzt. Bitte um Verzeihung!“
„Es wird unserer FREUNDSCHAFT keinen Abbruch tun, wenn ich nach dem Konklave verschwinde. Wir können mailen, ich bin ja nicht aus der Welt. Sie haben doch Laurinius dingfest gemacht?“
Zeno schwieg eine Zeitlang.
„Das Problem ist nicht Laurinius“, sagte er schließlich, mit schwerem Schnaufen, „aber keine Sorge, ich habe mir Urlaub genommen und ich werde Sie die nächsten drei Wochen behüten wie meinen Augapfel! Ci vediamo!“
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Für die Ohrfeige hatte ich mich bereits am Morgen zerknirscht entschuldigt. Lorenzo hatte das mit einer lässigen Handbewegung abgetan und auf die freundschaftliche Natur verwiesen, die seine Gefühle mir gegenüber aufwiesen und die er nicht noch einmal mutwillig aufs Spiel zu setzen gedächte. Eine Information, die in keinster Weise dazu betrug, meine aufgewühlten Emotionen zu besänftigen, ganz im Gegenteil.
Es war gegen 10 Uhr vormittags, als ich, den Tränen nahe, alleine vor seinem PC saß und zwei Mails in seinem Namen beantwortete, dass mein Handy klingelte und Zeno sich meldete.
„Zeno, um Gottes Willen, Sie retten meinen Tag! Wo sind Sie?“
Er erklärte, ganz in der Nähe zu sein, kurz vor den Toren Roms und hoffe, rechtzeitig zum Mittagessen an der Piazza San Uffizio einzutreffen. Ob ich weinen würde? Ich verneinte. Ob ich sicher sei? Ich bejahte. Ob ich mich mit Lorenzo gestritten hätte? Ich verneinte. Ob es ihm gut ginge? Ich bejahte. Ob es mir gut ginge? Ich verneinte. Schweigen in der Leitung. Dann: Ich habe ein paar Flaschen Rosso Conero und einen Limoncello im Kofferraum, Grüße aus der Heimat. Ich bin gegen Eins bei Ihnen. Viel zu berichten! Sie werden staunen. Auf andere Gedanken kommen!
Ich weiß nicht, sagte ich und während der Lüfter des PCs auf Hochtouren lief, wurde mir mit einem Mal klar, dass es nicht alleine Lorenzos Freundschaft war, die ich wollte. Genau in dieser Sekunde gestand ich mir wahrhaft ein, dass ich mir nichts sehnlichster wünschte, als dass er seine Ämter niederlegen würde. Egal, völlig gleichgültig, was die Zukunft für uns bereithielt, im Guten wie im Schlechten, aber wenigstens wollte ich es gewagt haben – und zum ersten Mal, seit wir uns kannten war ich bereit, für dieses Wagnis auch ein Scheitern in Kauf zu nehmen.
Ich hatte mich für ihn entschieden, und das bedeutete paradoxerweise auch - ich sah es glasklar - damit wir überhaupt scheitern konnten, oder vielleicht auch glücklich miteinander werden, dazu brauchte es nur noch eine Voraussetzung: Ich musste aus seinem Leben verschwinden. Und wenn ich dreißig Jahre oder länger warten müsste, vielleicht sogar in alle Ewigkeit. Und dieser Gedanke machte mich merkwürdig gelassen.
„Gut, Zeno, es ist so verdammt heiß, ich mache uns pasta fredda mit salsa tonnata, rucola und pomodori, d’accordo? Und wir werden unser Wiedersehen ausgiebig feiern. Sie haben mir so gefehlt!“
„Es wird alles gut. Und während des Konklaves können Sie bei Bianca wohnen - wenn Sie nicht nach Hause fahren wollen. Der Ginster blüht wie verrückt auf dem Conero!“
„Ich denke, ich telefoniere mit Bianca. Und nach dem Konklave fahre ich auf jeden Fall nach Hause. Ich habe genug von Rom, ich habe genug von dieser ‚Fünfhundert Jahre Farnese-Männer für die Kurie'-Geschichte und-“
„Signora. Nehmen Sie es mir nicht übel ... Aber ich glaube, Lorenzo braucht Sie gerade jetzt. Bitte um Verzeihung!“
„Es wird unserer FREUNDSCHAFT keinen Abbruch tun, wenn ich nach dem Konklave verschwinde. Wir können mailen, ich bin ja nicht aus der Welt. Sie haben doch Laurinius dingfest gemacht?“
Zeno schwieg eine Zeitlang.
„Das Problem ist nicht Laurinius“, sagte er schließlich, mit schwerem Schnaufen, „aber keine Sorge, ich habe mir Urlaub genommen und ich werde Sie die nächsten drei Wochen behüten wie meinen Augapfel! Ci vediamo!“
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ElsaLaska - 22. Jun, 00:05
by the way: zeno der tagretter ist einfach himmlisch.... ebenso wie elsas schwächeanfall, der im geständnis endet.... wunderbar..... ich bin süchtig nach dem stoff