Das Farnese-Komplott (136)
Der bitterherbe Geschmack von Salbei wird für mich immer den Geschmack des Abschieds bedeuten. Seit jenem Abend habe ich nie wieder Saltimbocca gegessen.
Ich hatte ein paar Kalbsschnitzel mit Parmaschinken belegt und große Salbeiblätter daran festgesteckt. Dazu etwas Weißbrot und Salat, eine schnell zubereitete Mahlzeit. Darum ging es vor allem, denn ich wusste nicht, wann Lorenzo heimkommen würde. Es war kurz vor Elf, als er, reichlich erschöpft, aber guter Laune in seine Wohnung zurückkehrte, sich mit wahrem Heißhunger über die Kalbsschnitzel hermachte und fast eine ganze Flasche Falerio alleine austrank.
Der Vatikan - wie verwandelt! Kein höfliches Lavieren mehr, keine Artigkeiten, man frage ihn geradeheraus um seinen Rat und schätze sein Urteilsvermögen und seine Entscheidungsfreudigkeit im Angesicht dieser Krisensituation. Nur schade, dass es dazu diese Katastrophe gebraucht habe, befand Lorenzo, und wenn nicht gerade der gewaltsame Tod des Heiligen Vaters der Anlass gewesen wäre für den Stimmungsumschwung bei seinen Vorgesetzten, so hätte er sich eigentlich recht gut mit seiner neuen Position arrangieren können. Wie auch immer, ein guter Teil der Organisation des Konklaves liege nun in seinen Händen und er gedenke, sich dieser Aufgabe mit Leib und Seele zu stellen. Ich nickte ihm, vielleicht nicht gerade aufmunternd, aber immerhin beifällig zu.
Wie denn mein Tag gewesen sei?
Alles in allem sehr gut, beschied ich. Die Mailkorrespondenz hatte ich zum großen Teil erledigt, Ausdrucke davon befänden sich in der Ablage auf dem Fensterbrett. Bianca lasse schön grüßen, Zeno auch und – bei diesen Worten legte ich sorgfältig meine Serviette auf dem Teller ab und stand auf - , meine Sachen seien bereits gepackt und in Roglers Jeep verstaut, Bianca erwarte mich noch vor Mitternacht, weshalb ich mich jetzt leider verabschieden müsse. Vielen Dank für die Gastfreundschaft und – für alles überhaupt. Ich wich seinem Blick aus, den er unverwandt auf mich gerichtet hielt, die Hände im Schoß gefaltet, und bemühte mich um einen sachlichen Tonfall. „Sie können mich ja jederzeit über mein Handy erreichen, wenn es – etwas unklar ist wegen der Emails, die ich für Sie geschrieben habe.“
Lorenzo schwieg angespannt, als suche er nach den passenden Worten. Noch während ich durch die Küchentür schritt, hatte ich den Eindruck, als wolle er aufspringen und mich zurückhalten. Aber nichts geschah. Er saß wie in einen Bann geschlagen auf seinem Küchenstuhl und folgte mir mit den Augen.
„Ich hätte Sie- “, setzte er zögernd an.
„Was?“
„Ich hätte Sie noch gebraucht, es wird sehr schwer werden die nächsten-“
Vielleicht hatte er gemerkt, dass meine Gesichtszüge abweisend wurden, er verstummte.
„Ich wünsche Ihnen alles Gute, Lorenzo, für die Aufgaben, die vor Ihnen liegen. Ich werde an Sie denken. Leben Sie wohl!“
Mit diesen Worten trat ich entschlossen über die Schwelle, ging durchs Arbeitszimmer, nahm insgeheim Abschied von dem wohlvertrauten Anblick und stieg dann die unzähligen Stufen hinab zur Piazza San Ufficio, wo Rogler mich bereits erwartete.
Als wir über die Tiberbrücke fuhren, hieß ich ihn kurz anhalten. Die città del vaticano lag hinter mir, eingehüllt in den samtigen Purpur der Nacht.
Ich zog mein Handy aus der Jackentasche, sandte einen stummen Gruß in Richtung Piazza San Ufficio und schleuderte es dann in hohem Bogen in den träge dahingleitenden Fluß.
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Ich hatte ein paar Kalbsschnitzel mit Parmaschinken belegt und große Salbeiblätter daran festgesteckt. Dazu etwas Weißbrot und Salat, eine schnell zubereitete Mahlzeit. Darum ging es vor allem, denn ich wusste nicht, wann Lorenzo heimkommen würde. Es war kurz vor Elf, als er, reichlich erschöpft, aber guter Laune in seine Wohnung zurückkehrte, sich mit wahrem Heißhunger über die Kalbsschnitzel hermachte und fast eine ganze Flasche Falerio alleine austrank.
Der Vatikan - wie verwandelt! Kein höfliches Lavieren mehr, keine Artigkeiten, man frage ihn geradeheraus um seinen Rat und schätze sein Urteilsvermögen und seine Entscheidungsfreudigkeit im Angesicht dieser Krisensituation. Nur schade, dass es dazu diese Katastrophe gebraucht habe, befand Lorenzo, und wenn nicht gerade der gewaltsame Tod des Heiligen Vaters der Anlass gewesen wäre für den Stimmungsumschwung bei seinen Vorgesetzten, so hätte er sich eigentlich recht gut mit seiner neuen Position arrangieren können. Wie auch immer, ein guter Teil der Organisation des Konklaves liege nun in seinen Händen und er gedenke, sich dieser Aufgabe mit Leib und Seele zu stellen. Ich nickte ihm, vielleicht nicht gerade aufmunternd, aber immerhin beifällig zu.
Wie denn mein Tag gewesen sei?
Alles in allem sehr gut, beschied ich. Die Mailkorrespondenz hatte ich zum großen Teil erledigt, Ausdrucke davon befänden sich in der Ablage auf dem Fensterbrett. Bianca lasse schön grüßen, Zeno auch und – bei diesen Worten legte ich sorgfältig meine Serviette auf dem Teller ab und stand auf - , meine Sachen seien bereits gepackt und in Roglers Jeep verstaut, Bianca erwarte mich noch vor Mitternacht, weshalb ich mich jetzt leider verabschieden müsse. Vielen Dank für die Gastfreundschaft und – für alles überhaupt. Ich wich seinem Blick aus, den er unverwandt auf mich gerichtet hielt, die Hände im Schoß gefaltet, und bemühte mich um einen sachlichen Tonfall. „Sie können mich ja jederzeit über mein Handy erreichen, wenn es – etwas unklar ist wegen der Emails, die ich für Sie geschrieben habe.“
Lorenzo schwieg angespannt, als suche er nach den passenden Worten. Noch während ich durch die Küchentür schritt, hatte ich den Eindruck, als wolle er aufspringen und mich zurückhalten. Aber nichts geschah. Er saß wie in einen Bann geschlagen auf seinem Küchenstuhl und folgte mir mit den Augen.
„Ich hätte Sie- “, setzte er zögernd an.
„Was?“
„Ich hätte Sie noch gebraucht, es wird sehr schwer werden die nächsten-“
Vielleicht hatte er gemerkt, dass meine Gesichtszüge abweisend wurden, er verstummte.
„Ich wünsche Ihnen alles Gute, Lorenzo, für die Aufgaben, die vor Ihnen liegen. Ich werde an Sie denken. Leben Sie wohl!“
Mit diesen Worten trat ich entschlossen über die Schwelle, ging durchs Arbeitszimmer, nahm insgeheim Abschied von dem wohlvertrauten Anblick und stieg dann die unzähligen Stufen hinab zur Piazza San Ufficio, wo Rogler mich bereits erwartete.
Als wir über die Tiberbrücke fuhren, hieß ich ihn kurz anhalten. Die città del vaticano lag hinter mir, eingehüllt in den samtigen Purpur der Nacht.
Ich zog mein Handy aus der Jackentasche, sandte einen stummen Gruß in Richtung Piazza San Ufficio und schleuderte es dann in hohem Bogen in den träge dahingleitenden Fluß.
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ElsaLaska - 8. Jul, 01:58