Das Farnese-Komplott [148]
Wieviele Tage vergingen, weiß ich nicht, denn die Läden in meiner Kammer blieben geschlossen und ich konnte sie nicht öffnen, weil die Fenster vergittert waren. Die Wunden an meinem Kopf vernarbten erstaunlich schnell – an der linken Schläfe blieb ein dicker Wulst zurück, weil sich niemand die Mühe machte, mich mit Salbe oder Jod zu versorgen. Das wäre nicht das Schlimmste gewesen, wenn man mir meine Haare gelassen hätte, um die Narben zu verdecken. Doch kaum, dass ich wieder aufrecht sitzen konnte, kam eine Nonne in grauem Habit und scherte mir den Kopf.
Das, und die ganze Atmosphäre, das Morgen- und Abendgeläut einer kleinen Kirchenglocke schienen mir ein Indiz dafür, dass ich mich irgendwo auf dem Land in einem Kloster befand. In welchem und wie weit es bis nach Rom war, wollte mir niemand sagen.
Ich bekam drei Mal am Tag eine Scheibe Brot und einen Krug Wasser, so dass ich mir ausrechnen konnte, vielleicht schon seit drei Tagen in Gefangenschaft zu sein, als mir meine griesgrämige Wärterin Besuch ankündigte. Sie steckte mich in einen ebenfalls grauen Habit aus furchtbar kratzendem Wollstoff und öffnete feierlich Fenster und Fensterläden. Draußen schien die Sonne und mir schossen die Tränen in die Augen, so geblendet war ich und so sehr gehungert hatte ich nach diesem Anblick, der mich wie ein Blitz traf, nach dem stumpfen Dahinvegetieren der letzten Tage im düsteren Schein der Kerzen. Besuch, das bedeutete, irgendjemand würde mit mir sprechen, mich wie ein Mensch behandeln. Wenn ich so etwas wie Hoffnung verspürte in diesem Augenblick, obwohl mir die Bedeutung dieses Wortes nicht mehr geläufig schien, dann hoffte ich, dass Lorenzo käme. Damit ich ihn davon überzeugen konnte, dass ich seinen Namen nicht einmal mehr dachte, wenn das wirklich sein Wunsch war.
Erst viel später wurde mir klar, wie nahe ich in diesem Moment daran gewesen bin, den Verstand zu verlieren. Dass ich ihn nicht verlor, verdanke ich einzig und allein die Tatsache, dass die Türe sich schließlich öffnete und ein Mann auf der Schwelle stand, mit dem ich beim besten Willen nicht gerechnet hatte und dessen Erscheinen mir einen regelrechten Schock versetzte.
„Buon giorno! Wie ich sehe, bekommt Ihnen der Aufenthalt in unserem Kloster außerordentlich gut“, begrüßte mich Michele Farnese mit leicht näselnder Stimme und ohne mir in die Augen zu sehen. „Besonders erfreut bin ich darüber, dass Sie sich endlich entschlossen haben, Ihr Haar zu tragen, wie es sich für eine Frau ziemt. Es würde mich zwar interessieren, ob Anastasio noch etwas retten könnte“, er lachte meckernd, „aber ich nehme an, selbst der große Maestro persönlich würde bei diesem Anblick kapitulieren. Sie haben sich eingelebt?“
Er zog seine goldene Taschenuhr aus der Anzugweste, klappte sie auf und betrachtete das Zifferblatt, als erwarte er von ihm eine Antwort auf seine Frage.
„Warum haben Sie mich nicht einfach umgebracht?“ , entgegnete ich und versuchte, den Würgereiz in meiner Kehle zu unterdrücken. Die Stelle, an der Lorenzos Finger zugedrückt hatten, war immer noch wund. Ich massierte mir mechanisch den Kehlkopf.
„Ich muss mich für Salvatore entschuldigen, er war wohl etwas übereifrig bei ihrer ersten Begegnung.“
Salvatore? Ich schaute Michele aus trüben Augen an. Der machte prompt das Zeichen gegen den bösen Blick.
Dann trat er auf mich zu und schlug mir ins Gesicht.
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Das, und die ganze Atmosphäre, das Morgen- und Abendgeläut einer kleinen Kirchenglocke schienen mir ein Indiz dafür, dass ich mich irgendwo auf dem Land in einem Kloster befand. In welchem und wie weit es bis nach Rom war, wollte mir niemand sagen.
Ich bekam drei Mal am Tag eine Scheibe Brot und einen Krug Wasser, so dass ich mir ausrechnen konnte, vielleicht schon seit drei Tagen in Gefangenschaft zu sein, als mir meine griesgrämige Wärterin Besuch ankündigte. Sie steckte mich in einen ebenfalls grauen Habit aus furchtbar kratzendem Wollstoff und öffnete feierlich Fenster und Fensterläden. Draußen schien die Sonne und mir schossen die Tränen in die Augen, so geblendet war ich und so sehr gehungert hatte ich nach diesem Anblick, der mich wie ein Blitz traf, nach dem stumpfen Dahinvegetieren der letzten Tage im düsteren Schein der Kerzen. Besuch, das bedeutete, irgendjemand würde mit mir sprechen, mich wie ein Mensch behandeln. Wenn ich so etwas wie Hoffnung verspürte in diesem Augenblick, obwohl mir die Bedeutung dieses Wortes nicht mehr geläufig schien, dann hoffte ich, dass Lorenzo käme. Damit ich ihn davon überzeugen konnte, dass ich seinen Namen nicht einmal mehr dachte, wenn das wirklich sein Wunsch war.
Erst viel später wurde mir klar, wie nahe ich in diesem Moment daran gewesen bin, den Verstand zu verlieren. Dass ich ihn nicht verlor, verdanke ich einzig und allein die Tatsache, dass die Türe sich schließlich öffnete und ein Mann auf der Schwelle stand, mit dem ich beim besten Willen nicht gerechnet hatte und dessen Erscheinen mir einen regelrechten Schock versetzte.
„Buon giorno! Wie ich sehe, bekommt Ihnen der Aufenthalt in unserem Kloster außerordentlich gut“, begrüßte mich Michele Farnese mit leicht näselnder Stimme und ohne mir in die Augen zu sehen. „Besonders erfreut bin ich darüber, dass Sie sich endlich entschlossen haben, Ihr Haar zu tragen, wie es sich für eine Frau ziemt. Es würde mich zwar interessieren, ob Anastasio noch etwas retten könnte“, er lachte meckernd, „aber ich nehme an, selbst der große Maestro persönlich würde bei diesem Anblick kapitulieren. Sie haben sich eingelebt?“
Er zog seine goldene Taschenuhr aus der Anzugweste, klappte sie auf und betrachtete das Zifferblatt, als erwarte er von ihm eine Antwort auf seine Frage.
„Warum haben Sie mich nicht einfach umgebracht?“ , entgegnete ich und versuchte, den Würgereiz in meiner Kehle zu unterdrücken. Die Stelle, an der Lorenzos Finger zugedrückt hatten, war immer noch wund. Ich massierte mir mechanisch den Kehlkopf.
„Ich muss mich für Salvatore entschuldigen, er war wohl etwas übereifrig bei ihrer ersten Begegnung.“
Salvatore? Ich schaute Michele aus trüben Augen an. Der machte prompt das Zeichen gegen den bösen Blick.
Dann trat er auf mich zu und schlug mir ins Gesicht.
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ElsaLaska - 19. Jan, 00:17