Dietrich von Hildebrand: Die Ehe [1]
"Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Kirche geliebt hat."
Diese Aufforderung des hl. Paulus, in der die eheliche Liebe mit der Liebe verglichen wird, die Christus, das fleischgewordene Wort, zu der hl. Kirche hegt, öffnet unserem Blick mit einem Schlag die ganze Größe und Erhabenheit der Ehe, jener tiefsten und engsten aller menschlichen Gemeinschaften, der Gemeinschaft, die Jesus zum Sakrament erhoben. Kein Gut innerhalb der natürlichen Ordnung hat eine so erhabene Stelle im neuen Bunde erhalten - kein anderes ist gewürdigt worden, in die Zahl der Sakramente aufgenommen zu werden, kein anderes hat die Aufgabe erhalten, direkt an der Errichtung des Gottesreiches mitzuwirken. Darin aber liegt ein Hinweis, welche Möglichkeiten die Ehe schon von Natur aus in sich birgt - welche erhabenes Gut sie schon in der natürlichen Ordnung darstellt. Bevor wir das Wesen, den Sinn und die besondere Schönheit der sakramentalen christlichen Ehe, die der hl. Paulus ein "großes Sakrament" nennt "in Christus und in der Kirche", betrachten, müssen wir daher Wesen und Sinn der Ehe in der natürlichen Ordnung zu erkennen suchen, müssen die Eigenart dieser Gemeinschaft vor allen anderen begreifen; denn nur dann verstehen wir, was hier in so wunderbarer Weise von Jesus erhoben wurde; und hier liegt ja auch der Kern des Missverständnisses des Wesens der Ehe überhaupt, dem wir so oft begegnen.
An vielen Stellen in der hl. Schrift wird die Ehe gewürdigt, ein Vorbild für die Beziehung zwischen Gott und der Seele zu sein, Virbild im Sinne des unvollkommenen Gleichnisses für das Vollkommene, wie das alte Testament Vorbild des neuen ist. Ja, Jesus heißt der Bräutigam der Seele und das ganze hohe Lied fasst das Verhältnis der Seele zu Jesus als ein bräutliches.
Warum wählt die Heilige Schrift gerade diese Beziehung als Vergleich? Weil die Ehe die engste aller irdischen menschlichen Gemeinschaften ist und die Beziehung, in der man sich am restlosesten hingibt, in der wie sonst nirgends die andere Person als Ganzes Gegenstand der Liebe ist, in der vor allem die gegenseitige Liebe selbst in einzigartiger Weise das Thema der Beziehung darstellt.
Auch in der Beziehung der Seele zu Jesus ist die Liebe der tiefste Kern. Gewiss, wir schulden dem König der ewigen Glorie, dem Abglanz des ewigen Lichtes, Anbetung und Gehorsam. Er ist unser Herr, ihm restlos in allem zu dienen ist unsere eigentliche Aufgabe auf Erden.Und doch lautet die dreimal von Jesus wiederholte, eindringliche Frage: "Simon Petrus, l i e b s t du mich?" und das erste Gebot, an dem das ganze Gesetz und die Propheten hängen, lautet: Du sollst Gott deinen Herrn, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit allen deinen Kräften und deinem ganzen Gemüte.
Und eben darum wird die Ehe als Vorbild für die höchste Form der Beziehung zu Gott gewählt, weil die Liebe den tiefsten und eigentlichen Kern der Ehe ausmacht.
Bei allen anderen irdischen Gemeinschaften bildet die gegenseitige Liebe nicht so ausschließlich die Substanz der Beziehung. Bei der Freundschaft spielt die Gesinnungsgemeinschaft oder die Gemeinschaft geistiger Interessen oder gemeinsam erlebte Schicksale eine wesentliche Rolle; in der Beziehung der Eltern zu den Kindern die Sorge für diese ihnen anvertrauten Wesen, die Pflicht der Erziehung, in der Beziehung der Kinder zu den Eltern das Geborgensein und Geführtwerden der Gehorsam, die Dankbarkeit. Gewiss, auch diese Beziehungen werden verklärt nur durch die Liebe und sollen mit Liebe durchsetzt sein, gewiss, auch sie können ihren Sinn nur entfalten auf dem Boden der Liebe - aber Sinn und Thema derselben ist nicht die gegenseitige Liebe selbst - sie bestehen erstens nicht subjektiv so essentiell aus Liebe, die Liebe drückt nicht so ausschließlich das aus, was die gegenseitige Einstellung ausmacht; und zweitens: ihr objektiver Sinn ist nicht in derselben Weise in der Liebe fundiert, sie sind nicht in der selben Weise um der Liebe willen da.
Bei der Ehe hingegen ist sowohl subjektiv die gegenseitige Liebe der eigentliche Inhalt - als auch objektiv diese Gemeinschaft, in geheimnisvoller Verknüpfung mit dem Entstehen neuer Menschen, um der wunderbaren Vereinigung zweier Personen in der Liebe und durch die Liebe willen da. Gewiss in der sakramentalen Ehe erhebt sich diese, wie wir später sehen werden, zur wunderbaren Liebes- und Lebensgemeinschaft in Jesus. Aber dafür ist die einzigartige Liebe zueinander schon Voraussetzung, denn gerade auch in der gegenseitigen Liebe wird hier Jesus verherrlicht. Die Liebe ist der primäre Schöpfungssinn der Ehe, wie die Entstehung neuer Menschen ihr primärer Schöpfungszweck. Ihre Funktion für die menschliche Gesellschaft, gar nicht zu reden von ihrer Bedeutung für den Staat, sind demgegenüber ganz untergeordnet. Dies wird uns insbesondere deutlich werden, wenn wir uns die Eigenart der ehelichen Liebe ins Bewusstsein rufen - wobei wir zunächst die Ehe noch nicht in ihrer sakramentalen Würde, sondern als rein natürliche Gemeinschaft betrachten.
Es ist völlig irrig zu meinen, die eheliche Liebe unterscheide sich von der Liebe zwischen Freunden oder von der Eltern- und Kindesliebe nur durch die Verbindung mit der sinnlichen Sphäre - eine Auffssung, der wir manchmal auch in katholischen Kreisen begegnen können. Sie stellt vielmehr einen ganz eigenen Typus von Liebe dar noch unabhängig von der Sinnlichkeit. Die eheliche Liebe schließt ersten ein einzigartiges gegenseitiges Sich-Schenken ein. Wohl schenke ich in jeder Liebe mein Herz bis zu einem gewissen Grade dem anderen; aber hier geschieht es im buchstäblichen Sinn; und nicht nur mein Herz, sondern meine ganze Person gehört dem anderen. Wenn ein Mann eine Frau oder eine Frau einen Mann in diesem Sinne liebt, so schenkt sich die eine Person der anderen in dem Moment, in dem sie zu lieben beginnt. Sie will ihr gehören und will, dass sie ihm gehöre. Gewiss, jede Liebe gebiert in uns die Sehnsucht nach Gegenliebe - worin an sich keine Spur von Egoismus liegt -, aber hier ersehnt man vom anderen nicht nur Gegenliebe überhaupt, sondern jene einzigartige Liebe, durch die er mir und nur mir in dieser Weise gehört, in der auch ich ihm gehören will. Diese Liebe zielt eben auf eine einzigartige Gemeinschaft ab, ja sie konstituiert sie zum Teil schon, - eine Gemeinschaft, in der zwei Menschen ein Paar sind - sich zu einer in sich geschlossenen Einheit verbinden, die in dieser Weise nur zwischen ihnen besteht.
Die eheliche Liebe konstituiert eine Gemeinschaft, in der sich beide Teile ganz einander zugewandt gegenüberstehen.
Diese Aufforderung des hl. Paulus, in der die eheliche Liebe mit der Liebe verglichen wird, die Christus, das fleischgewordene Wort, zu der hl. Kirche hegt, öffnet unserem Blick mit einem Schlag die ganze Größe und Erhabenheit der Ehe, jener tiefsten und engsten aller menschlichen Gemeinschaften, der Gemeinschaft, die Jesus zum Sakrament erhoben. Kein Gut innerhalb der natürlichen Ordnung hat eine so erhabene Stelle im neuen Bunde erhalten - kein anderes ist gewürdigt worden, in die Zahl der Sakramente aufgenommen zu werden, kein anderes hat die Aufgabe erhalten, direkt an der Errichtung des Gottesreiches mitzuwirken. Darin aber liegt ein Hinweis, welche Möglichkeiten die Ehe schon von Natur aus in sich birgt - welche erhabenes Gut sie schon in der natürlichen Ordnung darstellt. Bevor wir das Wesen, den Sinn und die besondere Schönheit der sakramentalen christlichen Ehe, die der hl. Paulus ein "großes Sakrament" nennt "in Christus und in der Kirche", betrachten, müssen wir daher Wesen und Sinn der Ehe in der natürlichen Ordnung zu erkennen suchen, müssen die Eigenart dieser Gemeinschaft vor allen anderen begreifen; denn nur dann verstehen wir, was hier in so wunderbarer Weise von Jesus erhoben wurde; und hier liegt ja auch der Kern des Missverständnisses des Wesens der Ehe überhaupt, dem wir so oft begegnen.
An vielen Stellen in der hl. Schrift wird die Ehe gewürdigt, ein Vorbild für die Beziehung zwischen Gott und der Seele zu sein, Virbild im Sinne des unvollkommenen Gleichnisses für das Vollkommene, wie das alte Testament Vorbild des neuen ist. Ja, Jesus heißt der Bräutigam der Seele und das ganze hohe Lied fasst das Verhältnis der Seele zu Jesus als ein bräutliches.
Warum wählt die Heilige Schrift gerade diese Beziehung als Vergleich? Weil die Ehe die engste aller irdischen menschlichen Gemeinschaften ist und die Beziehung, in der man sich am restlosesten hingibt, in der wie sonst nirgends die andere Person als Ganzes Gegenstand der Liebe ist, in der vor allem die gegenseitige Liebe selbst in einzigartiger Weise das Thema der Beziehung darstellt.
Auch in der Beziehung der Seele zu Jesus ist die Liebe der tiefste Kern. Gewiss, wir schulden dem König der ewigen Glorie, dem Abglanz des ewigen Lichtes, Anbetung und Gehorsam. Er ist unser Herr, ihm restlos in allem zu dienen ist unsere eigentliche Aufgabe auf Erden.Und doch lautet die dreimal von Jesus wiederholte, eindringliche Frage: "Simon Petrus, l i e b s t du mich?" und das erste Gebot, an dem das ganze Gesetz und die Propheten hängen, lautet: Du sollst Gott deinen Herrn, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit allen deinen Kräften und deinem ganzen Gemüte.
Und eben darum wird die Ehe als Vorbild für die höchste Form der Beziehung zu Gott gewählt, weil die Liebe den tiefsten und eigentlichen Kern der Ehe ausmacht.
Bei allen anderen irdischen Gemeinschaften bildet die gegenseitige Liebe nicht so ausschließlich die Substanz der Beziehung. Bei der Freundschaft spielt die Gesinnungsgemeinschaft oder die Gemeinschaft geistiger Interessen oder gemeinsam erlebte Schicksale eine wesentliche Rolle; in der Beziehung der Eltern zu den Kindern die Sorge für diese ihnen anvertrauten Wesen, die Pflicht der Erziehung, in der Beziehung der Kinder zu den Eltern das Geborgensein und Geführtwerden der Gehorsam, die Dankbarkeit. Gewiss, auch diese Beziehungen werden verklärt nur durch die Liebe und sollen mit Liebe durchsetzt sein, gewiss, auch sie können ihren Sinn nur entfalten auf dem Boden der Liebe - aber Sinn und Thema derselben ist nicht die gegenseitige Liebe selbst - sie bestehen erstens nicht subjektiv so essentiell aus Liebe, die Liebe drückt nicht so ausschließlich das aus, was die gegenseitige Einstellung ausmacht; und zweitens: ihr objektiver Sinn ist nicht in derselben Weise in der Liebe fundiert, sie sind nicht in der selben Weise um der Liebe willen da.
Bei der Ehe hingegen ist sowohl subjektiv die gegenseitige Liebe der eigentliche Inhalt - als auch objektiv diese Gemeinschaft, in geheimnisvoller Verknüpfung mit dem Entstehen neuer Menschen, um der wunderbaren Vereinigung zweier Personen in der Liebe und durch die Liebe willen da. Gewiss in der sakramentalen Ehe erhebt sich diese, wie wir später sehen werden, zur wunderbaren Liebes- und Lebensgemeinschaft in Jesus. Aber dafür ist die einzigartige Liebe zueinander schon Voraussetzung, denn gerade auch in der gegenseitigen Liebe wird hier Jesus verherrlicht. Die Liebe ist der primäre Schöpfungssinn der Ehe, wie die Entstehung neuer Menschen ihr primärer Schöpfungszweck. Ihre Funktion für die menschliche Gesellschaft, gar nicht zu reden von ihrer Bedeutung für den Staat, sind demgegenüber ganz untergeordnet. Dies wird uns insbesondere deutlich werden, wenn wir uns die Eigenart der ehelichen Liebe ins Bewusstsein rufen - wobei wir zunächst die Ehe noch nicht in ihrer sakramentalen Würde, sondern als rein natürliche Gemeinschaft betrachten.
Es ist völlig irrig zu meinen, die eheliche Liebe unterscheide sich von der Liebe zwischen Freunden oder von der Eltern- und Kindesliebe nur durch die Verbindung mit der sinnlichen Sphäre - eine Auffssung, der wir manchmal auch in katholischen Kreisen begegnen können. Sie stellt vielmehr einen ganz eigenen Typus von Liebe dar noch unabhängig von der Sinnlichkeit. Die eheliche Liebe schließt ersten ein einzigartiges gegenseitiges Sich-Schenken ein. Wohl schenke ich in jeder Liebe mein Herz bis zu einem gewissen Grade dem anderen; aber hier geschieht es im buchstäblichen Sinn; und nicht nur mein Herz, sondern meine ganze Person gehört dem anderen. Wenn ein Mann eine Frau oder eine Frau einen Mann in diesem Sinne liebt, so schenkt sich die eine Person der anderen in dem Moment, in dem sie zu lieben beginnt. Sie will ihr gehören und will, dass sie ihm gehöre. Gewiss, jede Liebe gebiert in uns die Sehnsucht nach Gegenliebe - worin an sich keine Spur von Egoismus liegt -, aber hier ersehnt man vom anderen nicht nur Gegenliebe überhaupt, sondern jene einzigartige Liebe, durch die er mir und nur mir in dieser Weise gehört, in der auch ich ihm gehören will. Diese Liebe zielt eben auf eine einzigartige Gemeinschaft ab, ja sie konstituiert sie zum Teil schon, - eine Gemeinschaft, in der zwei Menschen ein Paar sind - sich zu einer in sich geschlossenen Einheit verbinden, die in dieser Weise nur zwischen ihnen besteht.
Die eheliche Liebe konstituiert eine Gemeinschaft, in der sich beide Teile ganz einander zugewandt gegenüberstehen.
ElsaLaska - 3. Mär, 13:22
Sehr schön, vielen Dank.