Studium
>>Lasst uns die verschiedenen Kreuze, die es gibt, nacheinander nun ein wenig beschauen und uns darüber klar werden, wie es ein jedes von ihnen zu tragen gilt, auf dass es nicht als Last zum Verderben, sondern als Kraft zu Erlösung und zum Heil gereicht.
Der Kreuze sind viele, und zwar von dreierlei Art: Zur ersten Art gehören die äußerlichen Kreuze, die aus Nöten und Kümmernissen bestehen und überhaupt aus allerlei bitterem Schicksal unseres Erdenwandels zusammengesetzt sind. Zur zweiten art gehören die innerlichen Kreuze, die ihren Ursprung in dem Tugendkampf besitzen, den wir wider die Lüste des Fleisches und Leidenschaften der Seele führen. Zur dritten Art schließlich gehören die geistlich-gnadenhaften Kreuze, die uns auferlegt werden von Gott, wenn wir uns vollkommen Seinem Willen ausgeliefert haben<<
Aus: Klaus Kenneth (Hrsg.): Lebensbuch des Bischofs Theophan der Einsiedler. Vom Gebet und vom Tragen des Kreuzes. Paulus Verlag
ElsaLaska - 3. Apr, 13:15
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>>Mir sei es ferne, mich einer Sache zu rühmen, außer allein des Kreuzes unseren Herren Jesus Christus, "durch welchen mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt", sagt der heilige Apostel Paulus (Gal 6,14). Wie mag das sein, dass der heilige Apostel zu einer solchen Einstellung gelangt ist, in der er sich nichts anderem mehr rühmen will als nur des Kreuzes Christi? Das Kreuz ist allerlei Kummer und Angst und Erniedrigung,wie kann man sich dessen rühmen? Und doch rühmt er sich seiner und mit ihm die anderen Apostel und überhaupt alle Kreuzesträger! Wieso kommen sie dazu? Wie lässt sich die Tatsache erklären, dass die gottweisen Männer fähig waren, die tiefe Bedeutung des Kreuzes zu erfassen, dass sie fähig waren, es zu achten und sich sogar zu rühmen, dass sie gewürdigt worden waren, es zu tragen?
Der Grund dazu ist folgender: Statt Enge sahen sie in ihm Weite, statt Bitternis sahen sie Lieblichkeit und Süße, statt Entehrung und Erniedrigung sahen sie Ruhm und Glorie. Darum vermochten sie sich seiner zu rühmen wie jemand anderes, der stolz ist auf irgendeine prachtvolle Auszeichnung. O, wenn doch der Herr auch uns eine solche Einsicht und Gesinnung gäbe, damit wir die Kraft des Kreuzes recht verstehen und empfinden und anfangen mögen, uns seiner zu rühmen! Über die Bedeutung des Kreuzes lässt sich in aller Kürze Folgendes sagen: Der Herr hat das Heilswerk unserer Erlösung durch seinen Kreuzestod vollzogen. Am Kreuz hat er den Schuldschein unserer Sünden zerrissen. Durch das Kreuz hat er uns mit Gott, demVater versöhnt undhat auf uns alle Gnadengaben und himmlische Segnungen herabgeführt. Doch das bezieht sich auf das Kreuz des Herrn an sich. Denn jeder von uns wird nicht anders seiner heilbringenden Kraft teilhaftig, als dass er sein eigenes Kreuz erkennt und es geduldig auf sich nimmt. Das eigene Kreuz eines jeden überträgt, wenn es sich mit dem Christuskreuz vereinigt, die Kraft des Letzeren auf uns und wird für uns eine Art Kanal, durch den sich vom Kreuz Christi her, wie aus einer Quelle, alle guten und vollkommenen Gaben über uns ergießen. Daraus wird ersichtlich, dass unsere eigenen Kreuze im Heilswerk der Erlösung ebenso unerlässlich sind wie das Christuskreuz. So gesehen ist ein jeder Christ von allen Seiten von Kreuzen umgeben, damit er es nicht nötig hat, sich auf der Suche nach einem anzustrengen und nicht fern bleibt von der heilbringenden Kraft des Kreuzes Christi. Man kann es so ausdrücken: Suchst du nach dem Weg, so schweife nicht umher in der Ferne, richte deinen Blick in die Nähe, nach innen, betrachte dein Kreuz, richte dich nach ihm aus und trage es, wie es sich gebührt, in Übereinstimmung mit dem Christuskreuz - und du wirst zum Heil gelangen. <<
Aus: Klaus Kenneth (Hrsg.): Lebensbuch des Bischofs Theophan der Einsiedler. Vom Gebet und vom Tragen des Kreuzes. Paulus Verlag
ElsaLaska - 31. Mär, 14:17
>>Im Namen des gekreuzigten Herrn Jesus Christus und der lieben Maria. Liebster Bruder in Jesus Christus! Ich, Katharina, unnütze Dienerin, bestärke und segne dich und lade dich ein zu einer sanften und heiligsten Geduld; denn ohne Geduld können wir Gott nicht angenehm sein. Daher bitte ich dich, die Waffe der Geduld aufzunehmen, damit du die Frucht deiner Bedrängnisse erhalten kannst. Und wenn es dir sehr hart erscheint, so viele Schwierigkeiten zu ertragen, erinnere ich dich an ein dreifaches, damit du alles geduldiger ertragen kannst. Vor allem möchte ich, dass du nachdenkst über die Kürze der Zeit, die zur Verfügung steht, wirklich, sei nicht sicher, ob du den morgigen Tag erleben wirst. Wir können in Wahrheit sagen: Wir haben nicht die vergangene Not und auch nicht die, welche kommen wird, sondern nur diesen Augenblick in der Zeit, groß wie ein Punkt, in dem wir leben. Deshalb sollten wir wahrhaft geduldig aushalten, denn die Zeit ist so kurz. Das zweite, an das ich erinnern muss, ist die Frucht zu bedenken, die aus dem Leiden kommt. Der heilige Paulus sagt ja, dass die Leiden dieser Zeit nicht zu vergleichen sind mit dem Lohn der höchsten Herrlichkeit (Röm 8,18). Das dritte ist, den Schaden zu erwägen, den diejenigen erleiden, die die Schwierigkeiten mit Zorn und Ungeduld ertragen, dieser Schaden führt bei ihnen dann zu ihrer ewigen Strafe.<<
Katharina von Siena an Benincasa di Giacomo
ElsaLaska - 11. Mär, 18:56
>>Paulus sagt:"Die Leiden dieser Zeit sind nicht zu vergleichen mit der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns offenbar werden wird (Röm 8,18). Wer sollte sich also nicht nach Kräften bemühen, um zu einer so großen Herrlichkeit zu gelangen, dass er ein Freund Gottes wird, dass er sich stets mit Christus freut, und dass er nach den irdischen Zwängen und Qualen göttliche Belohnungen empfängt? Wenn es für weltliche Soldaten ehrenvoll ist, nach dem Sieg über den Feind triumphierend in die Heimat zurückzukehren, wie viel würdiger und größer ist die Ehre, wenn man nach dem Sieg über den Teufel triumphierend in das Paradies zurückkommt, und dorthin den Siegespreis zu bringen, wo Adam als Sünder vertrieben worden ist, und Gott eine angemessene Gabe darzubringen, einen unversehrten Glauben und eine unerschütterliche Kraft des Geistes, ein strahlendes Lob der Hingabe, ihn zu begleiten, der gekommen ist, den Sieg über die Feinde zu erringen, an seiner Seite zu sein, wenn er kommen wird um zu richten, um Miterbe Christi zu sein, den Engeln gleichgestellt, um mit den Patriarchen, den Aposteln, den Propheten sich am Besitz des himmlischen Reiches zu erfreuen? Welche Verfolgung könnte solche Überlegungen auslöschen? Welche Quälereien könnten sie überwinden? Ein starker und in religiösen Betrachtungen gefestigter Geist hat Bestand, und der Mut bleibt unerschüttert gegenüber allen Schrecken des Teufels und Drohungen der Welt, wenn ihn der sichere und feste Glaube an das Zukünftige festigt. Bei den Verfolgungen wird die Erde verschlossen, doch der Himmel steht offen; der Antichrist droht, Christus aber beschützt; der Tod wird verhängt, doch die Unsterblichkeit folgt; dem Getöteten wird die Welt genommen, dem Auferweckten das Paradies verliehen; das zeitliche Leben wird ausgelöscht, jedoch das ewige wiederhergestellt. Welch eine Würde und Gewissheit bedeutet es, freudig von hier zu scheiden, ehrenvoll wegzugehen bei Unterdrückungen und Ängsten? In einem Augenblick die Augen zu schließen, mit denen man die Menschen und die Welt sah, und sie gleich wieder zu öffnen, um Gott und Christus zu schauen? Welche Schnelligkeit, so glücklich wegzugehen? Du wirst schnell von der Erde genommen, um in das Himmelreich versetzt zu werden. <<
Cyprianus + 258
ElsaLaska - 5. Mär, 13:20
>>Dass es in Lateinamerika in erschreckendem Maß Unterdrückung, ungerechte Herrschaft, Konzentration von Besitz und Macht in wenigen Händen und Ausbeutung der Armen gab, war unbestritten und unbestritten damit, dass Handlungsbedarf bestand. Und da es sich um mehrheitlich katholische Länder handelte, konnte kein Zweifel sein, dass hier die Kirche Verantwortung trug und der Glaube sich als Kraft der Gerechtigkeit bewähren musste. Aber wie eigentlich? Da schien nun Marx der große Wegweiser zu sein. Er habe nun die Rolle übernommen, die im 13. Jahrhundert Aristoteles zugekommen war, dessen vorchristliche (also "heidnische") Philosophie zu taufen war, um Glaube und Vernunft in die rechte Beziehung zueinander zu bringen. Wer aber Marx ( in welchen neomarxistischen Variationen auch immer) als den Vertreter der Weltvernunft aufnimmt, der nimmt nicht einfach eine Philosophie, eine Vision über Herkunft und Sinn des Daseins an, sondern der übernimmt vor allem eine Praxis. Denn diese "Philosophie" ist wesentlich eine "Praxis", die erst "Wahrheit" schafft, nicht eine solche voraussetzt. Wer Marx zum Philosophen der Theologie macht, der übernimmt den Primat des Politischen und der Wirtschaft, die nun die eigentlichen Heilsmächte (und, wenn falsch angewendet, Unheilsmächte) sind: Die Erlösung des Menschen geschieht in solcher Sicht durch die Politik und die Wirtschaft, in der die Gestalt der Zukunft bestimmt wird. Dieser Primat der Praxis und der Politik bedeutete vor allem, dass Gott nicht als "praktisch" einzustufen ist. Die "Realität", auf die man nun einzugehen hatte, war allein die materielle Realität der geschichtlichen Gegebenheiten, die zu durchschauen und auf die richtigen Ziele hin mit den dafür angemessenen Mitteln umzugestalten war, wozu unerlässlich auch die Gewalt zählte. Die Rede von Gott gehört in dieser Sicht weder zum Bereich des Praktischen noch zu dem der Realität. Man musste sie - wenn schon - verschieben, bis das Wichtigste getan sein würde. Es bliebt die Gestalt Jesu, die nun freilich nicht mehr als der Christus erschien, sondern als die Verkörperung aller Leidenden und Unterdrückten und als deren Stimme, die zum Umbruch, zur großen Veränderung ruft. Das Neue an dem Ganzen war, dass das Programm der Weltveränderung, das bei Marx nicht nur atheistisch, sondern auch antireligiös gedacht ist, nun mit religiöser Leidenschaft gefüllt wurde, sich auf religiöse Grundlagen stützte: eine neu gelesene Bibel und eine Liturgie, die als symbolischer Vorvollzug der Revolution und als Bereitung für sie gefeiert wurde.
Man muss es zugeben: Das Christentum war mit dieser merkwürdigen Synthese wieder in die Öffentlichkeit der Welt getreten und eine "epochale" Botschaft geworden. Es verwundert nicht, dass die sozialistischen Staaten dieser Bewegung freundlich gegenüber standen. Bemerkenswerter ist, dass auch in den "kapitalistischen" Ländern die Befreiungstheologie das Hätschelkind der öffentlichen Meinung war, dem zu widersprechen geradezu als Versündigung gegen die Menschlichkeit und Menschheit angesehen wurde, auch wenn man die praktischen Anweisungen im eigenen Bereich natürlich nicht angewendet sehen wollte, weil man ja bereits bei einer gerechten Sozialordnung angekommen sei.
....
Das eigentliche und tiefste Problem der Befreiungstheologien sehe ich in dem faktischen Ausfall des Gottesgedankens, der natürlich auch (wie angedeutet) die Gestalt Christi grundlegend verändert hat. Nicht als ob man Gott geleugnet hätte - beileibe nicht. Er wurde nur für die "Realität", der man sich zuwenden musste, nicht gebraucht.<<
Joseph Kardinal Ratzinger: Einführung in das Christentum. Aus dem Vorwort zur Neuausgabe 2000.
ElsaLaska - 30. Mär, 13:08
Der letzte Teil meiner kleinen Arbeit.
Hier geht es zu Teil I mit der Einleitung.
2.3 Die dritte Stufe: Ekstase
Durch das ständige Fortschreiten in der Nachfolge Christi, durch anhaltende Lektüre der Hl. Schrift, Gebet und Askese wird die Fähigkeit des Christen wachsen, sich selbst zu überwinden, bei Leclerq heißt es zur „Öffnung auf den ganzen Kosmos“ hin (11).
Kommt zu dieser Selbstüberschreitung noch die göttliche Gnade hinzu, so befindet sich der Glaubende auf der dritten und höchsten Stufe der Gotteserfahrung, die man, wegen des Erlebnisses des Aus-sich-Hinaustretens auch Ekstase nennt .(12)
Der Hl. Bernhard beschreibt die „Ekstase“ als Eingehen des menschlichen Liebens und Wollens in das Lieben und Wollen Gottes „wie ein kleiner Wassertropfen, der in eine Menge Wein fällt“, „wie die Luft, durch die ein Sonnenstrahl fährt“ oder „wie ein glühendes ... Eisen, ganz wie Feuer wird“.(13)
3. Zusammenfassung unter dem Blickwinkel zisterziensischer Spiritualität
Die Hl. Schrift, das Wort Gottes, welches für den Hl. Bernhard eine solch große Rolle spielt, ist für die Zisterzienser auch heute noch das „täglich Brot“ (14), wobei der Umgang mit dem Wort eher mystisch-spirituell als intellektuell sein soll. Durch die geistliche Lesung und in der contemplatio wird Gottes Liebe erfahren, in der inneren Begegnung mit dem Menschen Jesus Christus (Jesusmystik) und die äußere Ausrichtung an seinem Lebensweg in Armut als pauperes Christi antworten die Zisterzienser auf die Liebe Gottes, im Blick auf sein Kreuz, auf Folter und Wunden sollten sie nach Bernhard die Tugend des Gehorsams verinnerlichen (15) , da Jesus Christus sich in den Willen des Vaters ergab. Durch Arbeit, Gebet und Lektüre der Hl. Schrift, Pflege der inneren Gottesbegegnung – und besonders auch der Hingabe an das Kreuz sollte die Überwindung des alten Selbst ermöglicht werden und die Auferstehung eines neuen Menschen, der mit Jesus Christus zum Vater heimgekehrt ist.
(11) Leclerq, S. 175
(12) Diese Bezeichnung halte ich wegen ihrer mittlerweile im alltäglichen Sprachgebrauch fast völlig sexualisierten Bedeutung für mindestens unglücklich; weshalb ich die Bezeichnung unio mystica oder Schauung Gottes vorziehen würde. Auch die semantische Nähe zu Drogenkonsum und –missbrauch (Ecstasy!) schwingt bei diesem Wort mittlerweile mit – und damit kann Ekstase eben auch ohne göttliche Gnade zustande kommen, diese ist doch aber im Bernhardschen Kontext grundlegend.
(13) „O heilige und lautere Liebe! O köstliches und süßes Liebesverlangen! O reine und geläuterte Strebung des Willens! Sie ist gewiss umso lauterer und reiner, je weniger in sie noch etwas Eigenes gemischt ist; sie ist umso süßer und köstlicher, je eindeutiger das, was da erfahren wird, ganz göttlich ist. Derart gepackt zu werden, heißt, vergöttlicht zu werden. Wie ein kleiner Wassertropfen, der in eine Menge Wein fällt, sich scheinbar ganz auflöst, indem er den Geschmack und die Farbe des Weines annimmt; und wie ein glühendes und leuchtendes Eisen ganz wie Feuer wird und seine frühere eigene Form ablegt; und wie die Luft, durch die ein Sonnenstrahl fährt, in die gleiche lichtvolle Klarheit verwandelt wird, so dass sie nicht nur erleuchtet, sondern selbst Licht zu werden scheint: so muss in den Heiligen alle menschliche Liebeskraft auf eine unaussprechliche Weise sich selbst ganz verflüssigen und sich ganz und gar in das Wollen Gottes ergießen. Denn wie anders würde Gott alles in allem sein, wenn im Menschen noch etwas vom Menschen übrigbliebe?“ aus Über die Gottesliebe in: Bernhard von Clairvaux: Rückkehr zu Gott, S. 202+203
14 http://www.kloster-thyrnau.de/Zisterzienserspiritualitaet.shtml
15 ebda.
4. Literatur
Zander, Hans Conrad: Von der frommen Kunst beleidigt zu sein. Eine christliche Handreichung an den Islam. Zürich: Lit-Verlag, 2006.
Hirschberger, Johannes: Geschichte der Philosophie Band II. Mittelalter. 12. Auflage. Köln: Komet Verlag, o. J.
Leclerq, Jean: Bernhard von Clairvaux. Ein Mönch prägt seine Zeit. München: Verlag Neue Stadt, 2005.
Schellenberger, Bernardin (Hg.): Bernhard von Clairvaux: Rückkehr zu Gott. Die mystischen Schriften. Düsseldorf: Patmos-Verlag, 2006.
Internetseiten des Zisterzienserklosters Thyrnau: www.kloster-thyrnau.de, speziell Unterseite:
http://www.kloster-thyrnau.de/Zisterzienserspiritualitaet.shtml, abgerufen am 15.10.2008.
Leclerq, Jean, Art. Bernhard von Clairvaux, in: LThK3 (1994), 268-270.
Köpf, Ulrich, Art. Bernhard von Clairvaux, in: RGG4 (1989), 1328-1331.
ElsaLaska - 19. Aug, 21:43
Meine kleine Arbeit über den hl. Bernhard und die zisterziensische Spiritualität.
Zur Einleitung zurück geht es
hier.
2. Die drei Stufen der Gotteserfahrung bei Bernhard
2.1 Die erste Stufe: consideratio
Für Bernhard geht der Weg zur Gotteserfahrung über drei Stufen: am Beginn steht die consideratio, darauf folgt contemplatio und als dritte und höchste Stufe die Ekstase: „Auf diesem Weg unterscheidet Bernhard drei Stufen, die consideratio, wo der Mensch sammelt und sucht; die contemplatio, in der man in vertrauender Hingabe und Schauung das Wahre ergreift; und die Ekstase, in der wir aus unserem Ich heraustreten und in mystischer Vereinigung uns in Gott verlieren wie ein Tropfen Wasser im Wein.“ (5)
Wir müssen diese drei Stufen näher betrachten, um zu erkennen, dass es Bernhard bei dem, was er unter Gotteserfahrung versteht, nicht um außerordentliche religiöse Verzückung bis hin zu körperlichen Ekstasen geht – etwas, das für die wenigsten Christen erfahr- und erlebbar sein dürfte; und woran sie vielleicht zunächst denken, wenn von „Mystik“ die Rede ist – sondern vielmehr um ein spirituellen Weg, der für jeden gangbar ist, der sich über die conditio humana bewusst geworden, innerlich gekämpft, an der menschlichen Endlichkeit gelitten und angesichts dieser Erfahrung demütig geworden ist (6) .
Dies ist die erste Stufe, consideratio genannt.
„Man muss jedoch diese Deutung weiter fassen: Die religiöse Erfahrung erstreckt sich auch auf das Bewusstsein, das der Mensch von sich selbst und seiner Armseligkeit hat, von seiner ‚Distanz in der Beziehung zu Gott’. Es ist nämlich dieser grundlegende Bewusstwerdungsprozess, der den Ruf nach Gott weckt und der uns für seine Antwort, seinen ‚Besuch’ empfänglich macht. [...] Seine [Bernhard v. Clairvaux’] ganze Theologie ist eine Reflexion [...] über die Grundsituation, über die Erfahrung, die er in sich macht und die sich in jedem Menschen vollzieht.“ (7)
Am Ende dieser ersten Stufe steht aber nicht Verzweiflung über die eigene Unfähigkeit und Armseligkeit, sondern Bußfertigkeit, Demut und Hoffnung – wobei die Demut für Bernhard an erster Stelle steht – auf die Barmherzigkeit und Gnade Gottes. Ist dieser innere Kampf ausgetragen worden, so ist das menschliche Herz bereit, auf der zweiten Stufe, der contemplatio zu verweilen.
(5) Hirschberger, Bd. II, S. 422
(6)„Es gibt kaum etwas Wirksameres und Entsprechenderes, um der Seele diese rechte Demut beizubringen, als dass sie sich einfach im Licht der Wahrheit sieht. Die Voraussetzung dafür ist, dass sie sich nichts vormacht und keinen Betrug im Sinne hat, sondern sich ganz nüchtern selbst in den Blick nimmt und sich nicht von sich ablenken lässt. [...] Denn wie sollte sie nicht in dieser wahren Selbsterkenntnis demütig werden, wenn ihr aufgeht, wie sie von Sünden belastet, von der Schwere ihres sterblichen Leibes niedergedrückt, in irdische Sorgen verstrickt, vom Schmutz fleischlicher Sünde befleckt, blind, gebeugt, schwach, in viele Irrtümer verfangen, tausend Gefahren ausgesetzt, tausend Ängsten ausgeliefert, von tausend Schwierigkeiten beengt, von tausenderlei Argwohn umgeben, von tausend Nöten gepeinigt, zu Fehltritten geneigt und zu Tugenden unfähig ist? [...] Sie wird sich bekehren, sage ich, zu den Tränen, sie wird sich bekehren zum Weinen und Stöhnen, sie wird sich bekehren zum Herrn und sie wird voll Demut rufen: „Heile mich, denn ich habe vor dir gesündigt!“ (Ps 41,5). Und wenn sie sich hinkehrt zum Herrn, wird sie Trost empfangen, weil er der Vater der Erbarmungen und der Gott allen Trostes ist.“ Aus der 36. Predigt über das Hohelied (Cant.) in Bernhard von Clairvaux: Rückkehr zu Gott, S 80+81
(7) Leclerq, Bernhard von Clairvaux, S. 172
ElsaLaska - 19. Aug, 20:14
Eine kleine Arbeit von mir über den heiligen Bernhard und die zisterziensische Spiritualität. Wird in Häppchen hier gepostet.
1. Einleitung
"So groß ist die Glorie des heiligen Bernhard, dass die meisten Christen ihn auch als Gründer des Zisterzienserordens verehren. Aber das ist ein frommer Irrtum. Gegründet hat den Zisterzienserorden nicht der heilige Bernhard, sondern der heilige Robert. Das war ein ganz bescheidener und somit ganz unbekannter Heiliger", schreibt der Journalist Hans Conrad Zander launig und nicht zu Unrecht (1) . Gegründet wurde der Zisterzienserorden von Robert von Molesmes (um 1029-um 1111) als Reformorden, der sich ganz der Hingabe an die Hl. Gottesmutter Maria verschrieben hatte und zurückkehren wollte zur unverfälschten Regel des Benedikt von Nursia und einer strengeren, asketischeren Lebensform. Weg von allem Überfrachteten und Überladenen wollte man, zurück zur ursprünglichen benediktinischen Regel; Arbeit und Gebet und vor allem die evangelischen Räte - Armut, Keuschheit und Gehorsam - sollten wieder im Vordergrund stehen. Dass der Hl. Bernhard die Reformbestrebungen erst richtig in Gang setzte und die zisterziensische Spiritualität durch seine Predigten und Schriften entscheidend geprägt hat, ist jedoch unbestritten. Zu den beiden Säulen der benediktinischen Regel, ora et labora – Gebet und Arbeit - , tritt noch eine dritte hinzu, die Lesung der Hl. Schrift.
"Eigentlich lässt sich die Art und Weise, Zisterzienserspiritualität zu leben, kurz in drei Worten zusammenfassen, die auch heute noch ihre Gültigkeit haben: Gebet […], Lectio divina […] und Arbeit. Oratio, lectio und labor." (2)
Dass die Lesung der Hl. Schrift eine große Rolle in der Lebensordnung der Zisterzienser spielt, lässt sich ebenfalls auf Bernhard zurückführen: Seine theologische Arbeit bestand größtenteils aus der Auslegung der Hl. Schrift, insbesondere in seiner Interpretation des Hohenliedes, bei der er sich an Origenes und seiner allegorischen Methode orientierte (3) . Für Bernhard war die Hl. Schrift nicht alleine das Wort Gottes, sondern vielmehr auch ein „Schatz gesammelter Erfahrungen“ (4) mit Gott und Glaube. Hierauf konnte er den zentralen Begriff seiner Theologie, die religiöse bzw. Gottes-Erfahrung entwickeln.
[Weiter mit
Stufe Eins der drei Stufen der Gotteserfahrung: consideratio]
1 Zander, S. 3
2 http://www.kloster-thyrnau.de/Zisterzienserspiritualitaet.shtml
3 Köpf in RGG4, 1330
4 ebda.
ElsaLaska - 19. Aug, 19:51
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Erzbischof Hillin von Trier an Hildegard von Bingen:
Hillin, durch die Gnade Gottes demütiger Diener, Knecht und - obwohl unwürdig - Erzbischof von Trier, wünscht der geliebten Schwester Hildegard, sie möge dem Lamm, ihrem Bräutigam, folgen wohin immer es geht.
Weil es der Weisheit Gottes, die "das Schwache in der Welt erwählt, um das Starke zu beschämen" (1 Kor 1,27), gefallen hat, sich in deiner Jungfräulichkeit eine angenehme Wohnung zu erwählen, hat sie das Licht ihrer Gnade im Geist des Rates und eines umfassenden Wissens freigiebig auf dich ausgegossen. Durch diesen Erguss des Lichtes wollte sie - wie ich glaube - durch deine Vermittlung , ehrwürdige und in aufrichtiger Liebe zu umfangende Mutter, auch den Geist anderer zu besserem und dem Heil nahe kommenderem Streben anregen und erleuchten.
Es bleibt dir also, geliebte Jungfrau Christi, die Ranken des wahren Weinstocks, unter dessen Schatten du ruhst und dessen Frucht deinem Gaumen süß und willkommen ist ... weit hinein in dieses stürmische Meer auszubreiten und den süßen Geschmack des himmlischen Trankes, der dich berauscht, um Gewinn der Seelen bereitwillig überallhin zu leiten. Was du umsonst empfangen hast, gib umsonst weiter, damit du nicht etwa beschuldigt wirst, du wolltest die zum Nutzen der Nächsten entzündete Leuchte unter dem Scheffel verbergen.
So bitte ich dich, heilige Mutter, mit allen, die zum Hafen deiner Tröstung ihre Zuflucht nehmen, auf die Hoffnung gestützt, mein Verlangen überreich erfüllt zu sehen; ja ich bitte und beschwöre dein mütterliches Herz in reiner Liebe: Lass ein paar Tropfen aus jenem Weinkeller des Königs, dessen Überfülle dich schon in diesem Leben wundersam trunken macht, durch den Überbringer dieses Schreibens brieflich auf mich Sünder träufeln, sowohl um dessentwillen, der dir diese Fähigkeit verliehen hat, als auch zur Bestätigung der erfahrenen Wahrheit, die ein ungewisses Gerücht über die dir vom Himmel eingegossene Gnade gewissen Ohren zuträgt. Jener aber, der das gute Werk in dir begonnen hat, möge es im Leben der Lebenden vollenden.
Ein Auszug aus der Antwort Hildegards an Hillin:
Die Weisheit lässt sich hören und spricht: Jetzt ist eine elende Zeit weibischen Charakters. Oh, oh, Adam war ein ungewöhnliches Zeugnis für alle Gerechtigkeit und die Wurzel jeglichen Menschensamens. Danach erhob sich in seinem Geschlecht ein männlicher Geist, der sich zu drei Gruppen entwickelte, wie ein Baum, der sich in drei Äste verzweigt. Die erste Gruppe verhielt sich folgendermaßen: Die Söhne Adams wählten unter ihren Möglichkeiten. In der zweiten aber erhoben sich die Menschen zu verwegenem Menschenmord. In der dritten jedoch taten sie hinsichtlich der Götzenbilder und anderer Irrtümer, was sie wollten.
Jetzt ist dieser Baum verdorrt, sodass die Welt von vielen Gefahren heimgesucht ist. Diese Zeit betrifft nämlich den Moment, wo die erste Frau dem ersten Mann Anlass zur Verführung war. Dennoch besitzt der Mann größere Kräfte, als die Frau sie aufbringen kann. Die Frau aber ist eine Quelle der Weisheit und Ursache vollkommener Freude. Diese Anlagen bringt der Mann zur Vollendung.
Aus: Hildegard von Bingen. Werke Band VIII: Briefe. Epistolae. Herausgegeben von der Abtei St. Hildegard, Eibingen. Beuroner Kunstverlag.
ElsaLaska - 3. Jul, 14:06
>>Ich muss wieder einmal den alten Möhler zitieren, er drückt es unübertreffbar aus: "Nur vom Ganzen her kann der, der das Ganze schuf, erkannt werden, weil Er sich nur dem Ganzen offenbarte. Wie soll Ihn der Einzelne erkennen? Dadurch, daß er, obschon er das Ganze nicht sein, es doch in großem Gemüte, mit Liebe umfassen kann. Obschon er das Ganze nicht ist, ist doch das Ganze in ihm; und er erkennt, was das Ganze erkennt."
Dieses Ganze ist die Kirche, und nur sie.
Du weißt ja, wenn ich "Kirche" sage, meine ich niemals bloß die Katholiken, was so heute unter diesem Namen herumquirlt.
Nein danke, dem Verein allein anzugehören - ich weiß nicht, ob mir das der Mühe wert wäre. "Kirche" ist für mich immer und unbedingt das Großgebilde, das geheimnisvolle Lebewesen, das in den Tagen der Apostel wurzelt und den Jüngsten Tag erleben wird; die einzige, die uralte Zeitgenossin des HERRN und Seiner ersten Jünger, die seither ununterbrochen mit dem Lebendigen und Erhöhten lebt, wie in einer Ehe, laut Korintherbrief. Sie weiß wirklich, von wem sie redet und darum darf man ihr zuhören. Darum kann kein Mensch ihr einreden, daß ihr Lebens-Gefährte, Christus gestern, heute und ewig! - ein unbestimmter Schatten aus verstorbenen Gehirnen sei. In ihrem Gedächtnis und Bewußtsein schmelzen die tausend Teil-Ansichten, Erinnerungen, Erfahrungen, Deutungen zusammen zu einer ungeheuren Geheimnisgestalt, einem Antlitz, das wir meinen, wenn wir "Christus" sagen.<<
ElsaLaska - 2. Mär, 21:00