Noch eine Nachlese zur Lewitscharoff-Debatte
Und nochmals Mosebach. Ich stimme ihm im übrigen zu. Ein Schriftsteller darf sich eines anderen Duktus befleißigen als ein Politiker. Wenn es - übrigens - um das Brechen von angeblichen Tabus wie Blasphemie, die Beschreibung von pervertiertem Sex oder ähnliches geht, ist das völliger Konsens, das ein Schriftsteller das können müssen darf.
Wo es dann aber richtig schmerzhaft wird für eine sich behaglich eingerichtet habende Gesellschaft, da darf das dann plötzlich nicht mehr der Fall sein.
Sicher gibt es Grenzen, die sind bei mir auch erreicht, ich stimme Mosebach da absolut zu: Es spielt keine Rolle, ob ein Mensch in vitro oder in utero gezeugt worden ist. Noch sind wir nicht so weit, dass wir wie im Film "Blade Runner" letztlich überlegen müssen, wann ein Mensch eigentlich noch ein Mensch ist bzw. ein Android schon eine menschliche Seele hat.
Und noch was gehört sich für einen Schriftsteller meiner Meinung nach überhaupt nicht: Sich an das Grab eines Schlächters zu stellen und eine Trauerrede zu halten, wie weiland Peter Handke. Das kann man anders sehen, wenn man will - und weiß, dass Schriftsteller eben zu den Menschen gehören, die innerlich erstmal alles durchdeklinieren müssen - die eine Sorte, die andere Sorte ist die, die sich in einem wahren Ausbruch erstmal Luft schaffen muss, und zwar ziemlich expressionistisch und nicht etwa introvertiert. Dann gibt es noch die stillen Wortsetzer, die recht leise auftreten, aber so viel Hintersinn besitzen, dass es ein reines Vergnügen ist.
>>domradio.de: Wie erklären sie sich die ungeheure, leidenschaftliche Aufregung?
Mosebach: Ich stelle hier Vernichtungsfreude fest. Das ist auch eines der grausigen Erscheinungen des Internets. Das Internet offenbart das hässliche Gesicht der Freiheit – wir erleben Meinungsfreiheit als Vernichtungswillen des Mobs, die einzelnen Gestalten, die sich da regelrecht auskotzen. Die eigentliche Freiheit, die Meinungsfreiheit wird dadurch bedroht, speziell die Freiheit des Schriftstellers, der ja noch einmal anders argumentiert und argumentieren soll und muss als ein Parteipolitiker, ein Kirchenmann, ein Regierungssprecher. Man erwartet ja von Schriftstellern die nicht abgewogene Stellungnahme, man erwartet das Provozierende, das Exzentrische, das gehört ja zu einem Schriftsteller unbedingt dazu, aber wehe, es wird ein allgemeiner Meinungskonsensus angekratzt, dann kann so eine Schriftstellerexistenz zerstört werden.
domradio.de: Aber sie hat "Retortenkinder" als "Halbwesen" bezeichnet.
Mosebach: Sie hat diese Äußerung "Halbwesen“ eingekreist, sie könne nicht anders, sie hat gesagt, "das sind keine Halbwesen, aber mir ist das gruselig." Das war natürlich missverständlich formuliert, denn tatsächlich ist der in vitro gezeugte Mensch nun wahrlich kein Halbwesen, sondern das Problem besteht ja darin, dass er ein vollgültiger, vollständiger Mensch ist, dem unter Umständen eine große Lebenslast aufgebürdet wird, nämlich ein gewillkürtes Wesen zu sein und nicht ein Mensch, der sein Leben als Geschenk betrachten kann.<<
Ganzes Interview hier.
[Und weil es neulich wieder eine Beschwerde gab, wie ich als Katholikin dazu käme, Worte wie "vögeln" zu benutzen - nun, ich bin nicht nur Katholikin, sondern auch der deutschen Sprache mächtig. Ich benutze genau dann bestimmte Wörter, wenn ich ihre Verwendung für angebracht halte - und schöpfe dazu aus der vollen Schönheit dieser Sprache, und lasse mir ganz bestimmt nicht von irgendwelchen anonymen Kommentatoren irgendeinen Maulkorb anlegen. Wem's nicht FROMMT, der soll hat bitte woanders lesen. Danke.]
Wo es dann aber richtig schmerzhaft wird für eine sich behaglich eingerichtet habende Gesellschaft, da darf das dann plötzlich nicht mehr der Fall sein.
Sicher gibt es Grenzen, die sind bei mir auch erreicht, ich stimme Mosebach da absolut zu: Es spielt keine Rolle, ob ein Mensch in vitro oder in utero gezeugt worden ist. Noch sind wir nicht so weit, dass wir wie im Film "Blade Runner" letztlich überlegen müssen, wann ein Mensch eigentlich noch ein Mensch ist bzw. ein Android schon eine menschliche Seele hat.
Und noch was gehört sich für einen Schriftsteller meiner Meinung nach überhaupt nicht: Sich an das Grab eines Schlächters zu stellen und eine Trauerrede zu halten, wie weiland Peter Handke. Das kann man anders sehen, wenn man will - und weiß, dass Schriftsteller eben zu den Menschen gehören, die innerlich erstmal alles durchdeklinieren müssen - die eine Sorte, die andere Sorte ist die, die sich in einem wahren Ausbruch erstmal Luft schaffen muss, und zwar ziemlich expressionistisch und nicht etwa introvertiert. Dann gibt es noch die stillen Wortsetzer, die recht leise auftreten, aber so viel Hintersinn besitzen, dass es ein reines Vergnügen ist.
>>domradio.de: Wie erklären sie sich die ungeheure, leidenschaftliche Aufregung?
Mosebach: Ich stelle hier Vernichtungsfreude fest. Das ist auch eines der grausigen Erscheinungen des Internets. Das Internet offenbart das hässliche Gesicht der Freiheit – wir erleben Meinungsfreiheit als Vernichtungswillen des Mobs, die einzelnen Gestalten, die sich da regelrecht auskotzen. Die eigentliche Freiheit, die Meinungsfreiheit wird dadurch bedroht, speziell die Freiheit des Schriftstellers, der ja noch einmal anders argumentiert und argumentieren soll und muss als ein Parteipolitiker, ein Kirchenmann, ein Regierungssprecher. Man erwartet ja von Schriftstellern die nicht abgewogene Stellungnahme, man erwartet das Provozierende, das Exzentrische, das gehört ja zu einem Schriftsteller unbedingt dazu, aber wehe, es wird ein allgemeiner Meinungskonsensus angekratzt, dann kann so eine Schriftstellerexistenz zerstört werden.
domradio.de: Aber sie hat "Retortenkinder" als "Halbwesen" bezeichnet.
Mosebach: Sie hat diese Äußerung "Halbwesen“ eingekreist, sie könne nicht anders, sie hat gesagt, "das sind keine Halbwesen, aber mir ist das gruselig." Das war natürlich missverständlich formuliert, denn tatsächlich ist der in vitro gezeugte Mensch nun wahrlich kein Halbwesen, sondern das Problem besteht ja darin, dass er ein vollgültiger, vollständiger Mensch ist, dem unter Umständen eine große Lebenslast aufgebürdet wird, nämlich ein gewillkürtes Wesen zu sein und nicht ein Mensch, der sein Leben als Geschenk betrachten kann.<<
Ganzes Interview hier.
[Und weil es neulich wieder eine Beschwerde gab, wie ich als Katholikin dazu käme, Worte wie "vögeln" zu benutzen - nun, ich bin nicht nur Katholikin, sondern auch der deutschen Sprache mächtig. Ich benutze genau dann bestimmte Wörter, wenn ich ihre Verwendung für angebracht halte - und schöpfe dazu aus der vollen Schönheit dieser Sprache, und lasse mir ganz bestimmt nicht von irgendwelchen anonymen Kommentatoren irgendeinen Maulkorb anlegen. Wem's nicht FROMMT, der soll hat bitte woanders lesen. Danke.]
ElsaLaska - 19. Mär, 19:55