Alexander Kissler:Papst im Widerspruch

>>Dass die Liebe eine grundstürzende Gewalt ist, wird niemand bezweifeln. Auch nicht, dass sie ebenso aufbauen wie einreißen kann, in die Weite führen und in eine falsche Enge verbannen kann. Darum konnte es keinen würdigeren Auftakt geben zu einem Pontifikat von damals sehr unbestimmter Dauer – der Autor war schließlich 78 Jahre alt – als diese Rückbesinnung auf die Kraft, die leben lässt. Benedikts Kirche sollte eine Liebeskirche sein.
Diese Botschaft wurde weltweit verstanden und weltweit begrüßt. Der Dogmatiker hatte sein Publikum verblüfft, die Erwartungen gebrochen. Da sprach und schrieb kein Kirchenfunktionär, kein Inquisitor. »Deus Caritas est« war das Werk eines Liebenden. Adressiert war die erste Enzyklika konventionell »an die Bischöfe, an die Priester und Diakone, an die gottgeweihten Personen und an alle Christgläubigen«. Jeden Menschen ging sie an, ohne dass es ausdrücklich formuliert war. Die dritte Enzyklika hingegen – zur zweiten, der wichtigsten, kommen wir noch – zog explizit den Empfängerkreis weiter.
»Caritas in Veritate« von 2009 sollten auch »alle Menschen guten Willens« lesen. Schließlich ist die »ganzheitliche Entwicklung des Menschen in der Liebe und in der Wahrheit« kein christliches Spezialproblem.<<
Alexander Kissler: Papst im Widerspruch. Kapitel Drei: "In der Schule der Hoffnung" - Die drei Enzykliken. Erscheint im Pattloch-Verlag in Kürze.
ElsaLaska - 10. Mär, 14:56
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