...

.. stieg ich aus dem Seerosenteich und perlte und glänzte und nahm den größten Stein von allen. Nahm den Stein, und glättete Binsen und suchte eine Pfauenfeder, braute Tinte aus Galläpfeln und schrieb.
Ich schrieb volle neun Monate ohne innezuhalten. Und siehe, was ich geschrieben hatte war wie die Seerose, es wurzelte im Schlamm und Dunkel, doch erhob es sein Haupt über die Wasser und blühte und schimmerte.
Unten aber, bei den Wurzeln gärte der Schlamm und ich versuchte, den Blick oben zu behalten und mich an dem Schein des Blütenkelches zu erfreuen, aber er welkte und fiel. Nun schaute ich zu lange nach unten, und vom Blicken in die Finsternis wurden meine Augen stumpf und rot.
Ein Hirte kam und flocht mir Kornblumen ins Haar und schenkte mir Häute von Tieren, dass ich darauf schriebe. Auch Blut von jungen Widdern, damit ich Tinte hätte, und Milch und Fleisch, damit er mir gefiele.
Und also blieb ich bei ihm und wir erfreuten einander. Wenn ich schrieb mit Blut auf Haut, dann sah ich seine Schatten. Ich schrieb seine Schatten zu Lotosblüten und unser Dunkel zur hellsten Nacht. Doch die Häute verfaulten und Maden wimmelten auf der fetten Tinte.
Und immer versuchte ich, nicht nach unten zu schauen, damit ich nicht erblinden würde. Und so konnte ich auch nicht sehen, dass die Wurzeln meiner Seele anfingen brüchig zu werden und gelb.
Nur einmal bin ich hinabgetaucht, bin durch das Gewirr geschwommen, habe den alten Wels verjagt, der dort stand und versucht, sie mit einem Messerchen zu schneiden.
Aber die Luft ging mir aus, wie am Ende das Schreiben.
Ich zahlte, gab ein Trinkgeld, nahm meinen Mantel und ging.

ElsaLaska - 15. Feb, 22:40
Frau o Frau,
Stimmt mich sehr wehmütig, dein Text. Aber was stimmt um diese Zeit nicht wehmütig?