Mittelalter.
Unter der Rubrik Mittelalter findet sich ein weiteres klägliches Machwerk aus der Spiegel-Produktion über "Der logisch perfekte Gottesbeweis".
Würde ich das Mittelalter nicht zu sehr schätzen, dann würde ich dem Spiegel vorschlagen, das Wort Mittelalter einfach als globale Leitlinie immer direkt unter das Titel - Logo zu setzen.
"Die Suche nach einem Beleg für die Existenz Gottes begleitet die Menschheit seit Jahrtausenden. Am weitesten geht im 11. Jahrhundert Anselm von Canterbury. Sein Ziel: den Glauben auf die Basis der Vernunft zu stellen. Erst Jahrhunderte später wird er widerlegt - von Immanuel Kant."
Das ist der Teaser. Er bedeutet übersetzt: Seit Jahrtausenden versucht die Spiegel-Redaktion zu widerlegen, dass es Gott gibt. Erst unserem Topjournalisten Immanuel Kant gelang dies erschöpfend und seither genügt nur die Nennung seines Namens, um finsteren Aberglauben zu bannen und in dunkle Höhlen zurückzuscheuchen.
[Haben wir ein Glück, dass Kant Kant hieß, und nicht Fickeisen oder Hasenfratz, oder?]
Dass das so kein Schwein mehr hinter dem Ofen vorlockt, dachte sich auch Malte Henk und deshalb kommt darin eine spannend aufgemachte Szene vor, in der wir "in bed with anselm" miterleben dürfen, wie er ähnlich Archimedes in seiner Badewanne, den zündenden Einfall hatte.
Ein bisschen Klein-Malte, der zum ersten Mal was für SpOn schreiben darf, ist vielleicht auch drin.
Mit stockendem Atem lesen wir weiter:
"Es ist ein Konflikt, typisch für diese Epoche der Widersprüche. In Europa steht der Absolutheitsanspruch des christlichen Glaubenssystems infrage. Die Wirtschaft blüht, Städte werden gegründet, entwickeln sich zu Warenmärkten; diese erfordern kühle Berechnung. Und immer mehr Denker sind fasziniert vom rationalen Denken der antiken Philosophen."
Doch schon? Echt jetzt? Also im Jahre 1000? Europa droht im Jahre 1000 im finstersten Mittelalter zu versinken, doch da kommen die rationalen Denker der Antike? Als da wäre Platon, weil Aristoteles kannst du nicht gemeint haben, der wurde erst zum 12. Jh. hin aus dem Griechischen übersetzt.
"Andere antike Denker sehen die Schöpfung eher als eine Art Modellwunderland. Alles sei so zweckmäßig und zielgerichtet geordnet, dass es einen obersten "Baumeister" geben müsse. (Dies ist der "teleologische Gottesbeweis", von griech. télos = Ziel.)"
Warum habe ich an dieser Stelle das Gefühl, dass du das mit der Teleologie nicht hundertprozentig kapiert hast?
Achtung, jetzt kommt in bed with anselm:
"Anselm grübelt. Und grübelt. Will schon aufgeben, fürchtet, der Teufel habe ihn verführt. Doch dann, eines Nachts beim Gebet, kommt ihm ein Gedanke. Schnell kritzelt er ihn auf eine Wachstafel. Später wird er ihn auf Pergament übertragen und veröffentlichen – den "ontologischen Gottesbeweis". (Die Ontologie ist die Lehre vom Sein.)"
Und die Jahrhunderte ziehen ins Land. Und die Menschen sind erleichtert. Weil ihnen dank Anselm jetzt die Vernunft nicht mehr den Glauben verbieten darf. Doch halt! Da kommt KANT daher!
Ihm, diesem Oliver Kahn aller Rationalisten, gelingt endlich, woran Generationen von Philosophen sich die Zähne ausbissen! Ein NEUES Zeitalter beginnt! AUFKLÄRUNG! YES.
Dass der anselmianische Gottesbeweis bereits zu seinen Lebzeiten vom Mönch Gaunilo heftig kritisiert und jedenfalls im Kantschen Sinne widerlegt worden ist - who cares? Das klingt nämlich nicht so schön nach Aufklärung, nach ratio, nach Überwindung des Mittelalters, nach ERLEUCHTUNG!
"Heute ist die große Zeit der Gottesbeweise vorüber. Die meisten Philosophen sind sich darin einig, dass sich ein Schöpfer aller Dinge, der in seiner Schöpfung weiterwirkt, einer rationalen Argumentation entziehe. Dass religiöses Wissen mit Vertrauen zu tun habe, mit Gefühlen und Geheimnissen."
Das klingt eher nach einer bestimmten Sorte Theologie. Aber na wenn schon, der Vollständigkeit halber hätte man Robert Spaemann und seinen "letzten Gottesbeweis" erwähnen können.
Wenn man in alle Richtungen recherchiert hätte und hin und wieder auchmal die ZEIT in die Hand genommen hätte, anstatt den SPIEGEL.
Achtung jetzt, versöhnlicher Schluss ("wir vom Spiegel sind ja gar nicht so, wie diese Elsa uns seit neuestem hinstellen will, gell!"):
"Das Verdienst des Anselm von Canterbury aber bleibt bestehen. Als einer der ersten Denker hat er die Christenheit gelehrt, dass Glaube und Vernunft einander nicht ausschließen müssen."
Das Verdienst des SPIEGELS aber bleibt bestehen. Als das ehemals beste deutsche Nachrichtenmagazin hat es uns in der letzten Zeit gelehrt, dass guter Journalismus, Unvoreingenommenheit, sorgfältige Recherche und eine Mitarbeit beim SPIEGEL einander ausschließen müssen.
Würde ich das Mittelalter nicht zu sehr schätzen, dann würde ich dem Spiegel vorschlagen, das Wort Mittelalter einfach als globale Leitlinie immer direkt unter das Titel - Logo zu setzen.
"Die Suche nach einem Beleg für die Existenz Gottes begleitet die Menschheit seit Jahrtausenden. Am weitesten geht im 11. Jahrhundert Anselm von Canterbury. Sein Ziel: den Glauben auf die Basis der Vernunft zu stellen. Erst Jahrhunderte später wird er widerlegt - von Immanuel Kant."
Das ist der Teaser. Er bedeutet übersetzt: Seit Jahrtausenden versucht die Spiegel-Redaktion zu widerlegen, dass es Gott gibt. Erst unserem Topjournalisten Immanuel Kant gelang dies erschöpfend und seither genügt nur die Nennung seines Namens, um finsteren Aberglauben zu bannen und in dunkle Höhlen zurückzuscheuchen.
[Haben wir ein Glück, dass Kant Kant hieß, und nicht Fickeisen oder Hasenfratz, oder?]
Dass das so kein Schwein mehr hinter dem Ofen vorlockt, dachte sich auch Malte Henk und deshalb kommt darin eine spannend aufgemachte Szene vor, in der wir "in bed with anselm" miterleben dürfen, wie er ähnlich Archimedes in seiner Badewanne, den zündenden Einfall hatte.
Ein bisschen Klein-Malte, der zum ersten Mal was für SpOn schreiben darf, ist vielleicht auch drin.
Mit stockendem Atem lesen wir weiter:
"Es ist ein Konflikt, typisch für diese Epoche der Widersprüche. In Europa steht der Absolutheitsanspruch des christlichen Glaubenssystems infrage. Die Wirtschaft blüht, Städte werden gegründet, entwickeln sich zu Warenmärkten; diese erfordern kühle Berechnung. Und immer mehr Denker sind fasziniert vom rationalen Denken der antiken Philosophen."
Doch schon? Echt jetzt? Also im Jahre 1000? Europa droht im Jahre 1000 im finstersten Mittelalter zu versinken, doch da kommen die rationalen Denker der Antike? Als da wäre Platon, weil Aristoteles kannst du nicht gemeint haben, der wurde erst zum 12. Jh. hin aus dem Griechischen übersetzt.
"Andere antike Denker sehen die Schöpfung eher als eine Art Modellwunderland. Alles sei so zweckmäßig und zielgerichtet geordnet, dass es einen obersten "Baumeister" geben müsse. (Dies ist der "teleologische Gottesbeweis", von griech. télos = Ziel.)"
Warum habe ich an dieser Stelle das Gefühl, dass du das mit der Teleologie nicht hundertprozentig kapiert hast?
Achtung, jetzt kommt in bed with anselm:
"Anselm grübelt. Und grübelt. Will schon aufgeben, fürchtet, der Teufel habe ihn verführt. Doch dann, eines Nachts beim Gebet, kommt ihm ein Gedanke. Schnell kritzelt er ihn auf eine Wachstafel. Später wird er ihn auf Pergament übertragen und veröffentlichen – den "ontologischen Gottesbeweis". (Die Ontologie ist die Lehre vom Sein.)"
Und die Jahrhunderte ziehen ins Land. Und die Menschen sind erleichtert. Weil ihnen dank Anselm jetzt die Vernunft nicht mehr den Glauben verbieten darf. Doch halt! Da kommt KANT daher!
Ihm, diesem Oliver Kahn aller Rationalisten, gelingt endlich, woran Generationen von Philosophen sich die Zähne ausbissen! Ein NEUES Zeitalter beginnt! AUFKLÄRUNG! YES.
Dass der anselmianische Gottesbeweis bereits zu seinen Lebzeiten vom Mönch Gaunilo heftig kritisiert und jedenfalls im Kantschen Sinne widerlegt worden ist - who cares? Das klingt nämlich nicht so schön nach Aufklärung, nach ratio, nach Überwindung des Mittelalters, nach ERLEUCHTUNG!
"Heute ist die große Zeit der Gottesbeweise vorüber. Die meisten Philosophen sind sich darin einig, dass sich ein Schöpfer aller Dinge, der in seiner Schöpfung weiterwirkt, einer rationalen Argumentation entziehe. Dass religiöses Wissen mit Vertrauen zu tun habe, mit Gefühlen und Geheimnissen."
Das klingt eher nach einer bestimmten Sorte Theologie. Aber na wenn schon, der Vollständigkeit halber hätte man Robert Spaemann und seinen "letzten Gottesbeweis" erwähnen können.
Wenn man in alle Richtungen recherchiert hätte und hin und wieder auchmal die ZEIT in die Hand genommen hätte, anstatt den SPIEGEL.
Achtung jetzt, versöhnlicher Schluss ("wir vom Spiegel sind ja gar nicht so, wie diese Elsa uns seit neuestem hinstellen will, gell!"):
"Das Verdienst des Anselm von Canterbury aber bleibt bestehen. Als einer der ersten Denker hat er die Christenheit gelehrt, dass Glaube und Vernunft einander nicht ausschließen müssen."
Das Verdienst des SPIEGELS aber bleibt bestehen. Als das ehemals beste deutsche Nachrichtenmagazin hat es uns in der letzten Zeit gelehrt, dass guter Journalismus, Unvoreingenommenheit, sorgfältige Recherche und eine Mitarbeit beim SPIEGEL einander ausschließen müssen.
ElsaLaska - 30. Sep, 11:23
SpOn und Co