Über die phänomenologische Methode
"Wenn wir einen Vogel im Flug wahrzunehmen meinen und bei näherem Zusehen bemerken, daß es sich faktisch um ein herabfallendes Blatt handelt, so ist unsere Wahrnehmung als Täuschung entlarvt, und wir müssen alle unsere Aussagen über den fliegenden Vogel zurücknehmen, die den Anspruch erhoben, Erfahrungstatsachen Ausdruck zu geben. Daß wir aber die Wahrnehmung eines fliegenden Vogels hatten, dieser Tatbestand ist unaufhebbar und kann durch keine neue Erfahrung angetastet werden. Und alles, was zu diesem Phänomen: Wahrnehmung des fliegenden Vogels gehört, kann beschrieben werden, und diese Beschreibung bleibt wahr, auch wenn die Wahrnehmung sich als trügerisch herausgestellt hat.
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Der Charakter der (Wahrnehmungs)Intention als solcher und jedes einzelne ihrer besonderen Merkmale weist darauf hin, daß das Erlebnis nicht vollständig beschrieben ist, wenn man nur die Subjektseite beschreibnt, ja daß man die Subjektseite gar nicht bechreiben kann, ohne ständig zugleich ihren Gegenpol ins Auge zu fassen: das Gegenständliche, dem das Erlebnis gilt. (D.h. das Wahrgenommen muss mitbeschrieben werden).
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Aber wohlgemerkt: wenn ich in der ... phänomenologischen Einstellung ... den fliegenden Vogel beschreibe, so beschreibe ich kein Naturding, gebe keiner natürlichen Erfahrung Ausdruck, sondern gebe nur getreu wieder, was im Wahrnehmungserlebnis beschlossen liegt. Die Wahrnehmung ist Wahrnehmung eines so und so erscheinenden Gegenstandes, und das bleibt wahr, auch wenn die Wahrnehmung sich als Täuschung herausstellt und der wahrgenommene Gegenstand nicht existiert oder doch etwas anderes ist, als man meinte, solange das Wahrnehmungserlebnis dauerte."
Stein, Edith: Einführung in die Philosophie.
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Der Charakter der (Wahrnehmungs)Intention als solcher und jedes einzelne ihrer besonderen Merkmale weist darauf hin, daß das Erlebnis nicht vollständig beschrieben ist, wenn man nur die Subjektseite beschreibnt, ja daß man die Subjektseite gar nicht bechreiben kann, ohne ständig zugleich ihren Gegenpol ins Auge zu fassen: das Gegenständliche, dem das Erlebnis gilt. (D.h. das Wahrgenommen muss mitbeschrieben werden).
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Aber wohlgemerkt: wenn ich in der ... phänomenologischen Einstellung ... den fliegenden Vogel beschreibe, so beschreibe ich kein Naturding, gebe keiner natürlichen Erfahrung Ausdruck, sondern gebe nur getreu wieder, was im Wahrnehmungserlebnis beschlossen liegt. Die Wahrnehmung ist Wahrnehmung eines so und so erscheinenden Gegenstandes, und das bleibt wahr, auch wenn die Wahrnehmung sich als Täuschung herausstellt und der wahrgenommene Gegenstand nicht existiert oder doch etwas anderes ist, als man meinte, solange das Wahrnehmungserlebnis dauerte."
Stein, Edith: Einführung in die Philosophie.
ElsaLaska - 1. Feb, 13:34
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