Beate Beckmann-Zöller: Frauen bewegen die Päpste.

Sechs mutige und heilige Frauen stellt die Autorin vor, die den Päpsten ihrer Zeit die Leviten gelesen haben. Bekanntester Name dabei dürfte derjenige Hildegards von Bingen sein. Die heilige Hildegard hat einen gewissen Ruf in der Wellness- und Esoterikszene erlangt, als Dinkelapostelin, Naturheilkundige und Edelstein-Mystikerin. Dieses Bild wird der großen prophetissa teutonica längst nicht gerecht. Denn die Äbtissin vom Rupertsberg hat den mächtigstens Männern ihrer Zeit widersprochen, dem Kaiser wie dem Papst, und dem korrupten Klerus ausgiebig den Kopf gewaschen. Auch Birgitta von Schweden und besonders Caterina von Siena taten sich selbst keinen Tort an, wenn sie sich über den Zustand der heiligen Mutter Kirche ereiferten und Päpsten wie Klerikern ins Gewissen redeten.
Mary Ward dürfte ebenfalls nicht unbekannt sein, sie ist die Gründerin der Englischen Fräuleins - eine Art weiblicher Zweig der Jesuiten - , zahlreiche Schulen tragen heute ihren Namen. Dafür hatte Mary Ward einen langen, zähen und geduldigen Kampf gegen die Widerstände von Männern in der katholischen Kirche geführt, bei dem es zahlreiche persönliche Rückschläge für sie gab. Allerdings wurde sie auch von vielen begeistert unterstützt.
Die selige Elena Guerra wiederum war eine italienische Ordensgründerin, die sich sehr für die Verehrung der dritten Person der Trinität, des Heiligen Geistes, einsetzte. Sie schrieb darüber an Papst Leo XIII., den sie versprach sich davon eine Erneuerung der katholischen Kirche. Der Papst reagierte darauf tatsächlich mit seiner Enzyklika Divinum illud munus - "Über die Wertschätzung des Heiligen Geistes."
Die später heilig gesprochene, zum Christentum konvertierte Jüdin Edith Stein schrieb einen eindringlichen Brief an Pius XI., in dem sie bereits 1933 die schreckliche Situation der Juden in Deutschland beschrieb und eine Verfolgung der katholischen Kirche ankündigte. Dieser Brief hat höchstwahrscheinlich mit einen Anstoß zur Enzyklika „Mit brennender Sorge“ gegeben.
All diese Frauen waren nicht etwa Einzelkämpferinnen gegen eine übermächtige Männerkirche, sondern sie scharten Bewunderer und Verehrer, Schülerinnen und Nachfolgerinnen um sich, gründeten Ordensgemeinschaften und liebten ihre Kirche, die für sie selbstverständlich den mystischen Leib Christi bildet.
Die Prüfungen, vor die man sie stellte, und die sie souverän bestanden, dienten letztlich zur weiteren Festigung und Legitimierung ihrer Autorität als von Gott bestellte Prophetinnen und Mahnerinnen.
Beckmann-Zöllers Buch mit den darin vorgestellten Frauen deckt einen Zeitrahmen von circa 1.000 Jahren ab und macht deutlich, dass deren Engagement in der Geschichte der Religionen doch eine einzigartige Sache ist.
„Wenig üblich war für Frauen in der Geschichte der Religionen die Ausübungen von geistigen Tätigkeiten. Von daher ist gerade die hier vorliegende Dokumentation der Briefe an die Päpste von besonderer Bedeutung: Sie zeigen den Esprit, mit dem die Frauen das Wort Gottes intelligent auslegten, und den Charme, mit dem sie ihre kraft- und geistvollen Botschaften den Päpsten präsentieren.“
Europäische katholische Christinnen des Mittelalters – und auch der Neuzeit - waren, auch wenn dazu fälschliche Ansichten kursieren, erstaunlich freie Frauen, denn als Ordensfrauen etwa waren sie vergleichsweise unabhängig genug, sich dem Studium und der Bildung zu widmen.
Zu jeder Persönlichkeit gibt es eine kurze Einführung mit biografischem Überblick, dann kommen die Frauen selbst zu Wort mittels Zitaten aus ihren Briefen. Diese sind nicht nur historische Dokumente, sondern teilweise wahre literarische Meisterwerke, insbesondere etwa die umfangreiche Korrespondenz von Caterina von Siena, die von der Forschung noch nicht ausreichend gewürdigt worden ist. Am Ende jedes Kapitels gibt Hinweise auf weiterführende Literatur.
Ein empfehlenswertes Buch für jeden, der sich für starke, intelligente und charismatische Frauenfiguren innerhalb der europäischen Geschichte interessiert.
Beate Beckmann-Zöller: Frauen bewegen die Päpste.
ISBN 978-3-86744-145-2
gebunden, 256 Seiten, 135 mm x 215 mm,
EUR 19,90 (D), sFr 33,50, EUR 20,50 (A)
Erschienen im Sankt Ulrich Verlag.
Bestellmöglichkeit direkt beim Verlag
ElsaLaska - 8. Apr, 20:20
Dazu hätte ich gerne ein paar mehr Argumente gehört, denn was ich dazu bisher gelesen habe, ist folgendes:
- Es gab unzählige Briefe ähnlichen Inhalts an den Papst -- aus Deutschland und anderswo, von Katholiken, Konvertiten und Juden.
- Edith Steins Brief wurde fein säuberlich abgeheftet, und das war's.
- Der eigentliche (indirekte) Auslöser für "Mit brennender Sorge" war das Indexverfahren zu Hitlers "Mein Kampf". Daß das Buch eigentlich auf dem Index hätte stehen sollen, war zwar unbestritten, aber man konnte doch nicht einfach ein Staatsoberhaupt verurteilen (auch wenn Ambrosius damals weniger zimperlich war). Also entschied man sich nach einigem Hin und Her, eine Enzyklika und einen Syllabus zu verfassen, und genau das ist dann (Jahre später) tatsächlich passiert.
Du klingst ja geradezu persönlich beleidigt deswegen?
Unsinn
man sollte Geschichstmärchen nicht verbreteiten, da gebe ich Dir Recht.
"Mit brennender Sorge" ist keine Enzyklika gegen den Antisemitismus gewesen sondern gegen den Nationalsozialismus insgesamt. Daß dieser ständig auf Antisemitismus heruntergebrochen wird, ebenso wie die Massen- und Völkermorde auf Judenvernichtung, ist angesichts des Ausmaß des Grauens vielleicht verständlich, wird aber dadurch nicht richtiger. Daher vermute ich, daß Edith Stein, die verständlicherweise vor allem auf den Antisemitismus abhob, kaum einen Einfluß auf "Mit brennender Sorge" hatte. (Sie mag sehr wohl einen - kleinen - Einfluß auf die, letztlich unvollendete Enzyklika gegen den Antisemtismus gehabt haben, aber das ist eine andere Geschichte.)
Darüber hinaus hatte der (zusammen mit Kardinal Faulhaber) federführende Kardinal Pacelli Nachhilfe in der Sache nicht nötig.
Ich habe gerade keine Zeit, die Enzyklika zu studieren, aber bei einer kurzen Wortsuche finden sich weder die Worte "Jude", "jüdisch" noch "Gottesmörder". Einen kurzen Verweis auf die "Meintat seiner Kreuziger" habe ich gefunden, wobei es hier aber um das Handeln Gottes geht, um die Leugnung desselben durch den NS und Juden dabei überhaupt nicht erwähnt werden.
Man muß sich auch nicht jeden Schuh anziehen, der einem hingehalten wird. Die Kirche war weder vor noch nach 1937 antisemitisch, obwohl es natürlich (trotz der ideologischen Unvereinbarkeit) auch Antisemiten in der Kirche gab.
Antisemitisch "nur eben nicht 'aus rassischen Gründen'" verkennt, daß der Inhalt des Antisemtismus eben genau dieses rassische-blutsmäßige Element ist.
Der "Heroismus so vieler Katholiken (und Priester!)" war nicht erst "ab dem Moment, in dem die physische Vernichtung eingeleitet wurde" gegeben, sondern von Anfang an, freilich eben auch gegen andere Untaten des NS, die ja heutzutage so gerne beschwiegen oder gar (siehe Bischof Müller) medial mit Erwähnungsverbot belegt werden. (Man darf ja auch nicht vergessen, daß die antisemitischen Maßnahmen vor dem Krieg nur aus drei Wellen bestehen: 1. die ersten Herausdrängungsmaßnahmen 1933 mitsamt einem größtenteils gescheiterten Boykotts, 2. die Nürnberger Gesetze, 3. die "Kristallnacht" 1938) Antisemitismus war durchaus nicht das vorherrschenste Element des Dritten Reiches vor 1938.
- andere ja auch geschrieben hätten, nicht nur Edith Stein
Ein äußerst merkwürdiges Argument, mithin eigentlich gar keins
- er abgeheftet wurde
Eh, ach Gottchen ja, das nennt man Archivierungssystem. Dafür ist man im Vatikan sozusagen weltberühmt.
- es in der Enzyklika gar nicht um Antisemitismus ging
Okay, das wäre jetzt mal ein gutes Argument.
"Ist nicht diese Vergötzung der Rasse und der Staatsgewalt, die täglich durch Rundfunk den Massen eingehämmert wird, eine offene Häresie?"