Kardinalskreierung
Der Heilige Vater wird heute 22 neue Kardinäle kreieren. Das Ereignis lässt sich ab 10. 30 Uhr live auf EWTN, K-TV und kath.tube mitverfolgen.
Für Die Tagespost habe ich zu diesem Anlass ein Porträt von Erzbischof Dominik Duka, Prag, geschrieben, das ich hier veröffentlichen darf:
"Und Du wirst mal Kardinal!" Prags Erzbischof verkörpert das Durchhaltevermögen der tschechischen Christen. Von Barbara Wenz.
In seinem letzten öffentlichen Auftritt erinnerte sich der im Dezember 2011 verstorbene Václav Havel über die gemeinsame Zeit im Gefängnis mit dem Dominikanerpriester Dominik Duka, der am 18. Februar von Benedikt XVI. zum Kardinal kreiert werden wird. Die beiden saßen in der Strafanstalt Pilsen-Bory: Havel aus politischen Gründen, Duka, weil er „illegal“ Schriften der Untergrundkirche „zusammen mit ausländischen Kräften“ veröffentlicht hatte. Sie wurden Freunde fürs Leben. Havel berichtete, wie die übrigen Gefangenen, alles Mörder, Schwerverbrecher und Diebe gegenüber den einzelnen „Politischen“ Witze machten: „Du wirst Minister, Du wirst mal Kardinal. Und Du wirst Präsident.“ Diese Art von Scherzen behagte den Dissidenten überhaupt nicht. Havel erzählte in trockenen Tonfall weiter: „Am Ende hat sich gezeigt, dass in unserem Bereich ein künftiger Senator war, ein künftiger Außenminister, ein künftiger tschechischer Primas, ein künftiger Präsident. Unsere Mithäftlinge hatten Recht behalten. Und einen weit größeren historischen Instinkt gezeigt als wir selbst.“ Leider durfte Havel die vollständige Erfüllung dieser damals scherzhaft gemeinten Prophezeiungen nicht mehr erleben: Die Erhebung seines Freundes Dominik Duka in den Kardinalsstand wurde von Benedikt XVI. nur wenige Tage nach Havels Tod, am 6. Januar 2012, öffentlich angekündigt.
Der gelernte Schlosser, geboren am 26. April 1943 in Königgrätz (Hradec Králové), durfte erst nach der Ableistung seines Militärdienstes an der Theologischen Hochschule in Leitmeritz (Litoměřice) studieren, wurde 1968 im Geheimen in den Dominikanerorden aufgenommen und zwei Jahre später zum Ordenspriester geweiht. Nachdem man ihm bereits 1975 offiziell verboten hatte, als Seelsorger zu arbeiten, verhängt das kommunistische Regime 1981 eine fünfzehnmonatige Haftstrafe für Duka. Aus dem Gespräch, das vom tschechischen Fernsehen wenige Tage nach Havels Tod ausgestrahlt wurde, wissen wir,dass Duka im Gefängnis heimlich, während der sonntäglichen Schachzirkel, die Heilige Messe feierte, dass er während des Freigangs im Hof und der vorgeschriebenen Gymnastik kurze Predigten hielt, um seine Mithäftlinge zu ermutigen. Nach seiner Entlassung war er gezwungen, als technischer Zeichner bei Skoda seine Brötchen zu verdienen. Jahrzehnte später wird Duka über diese Zeit sagen, dass sie ihm wie eine Hochschule des Lebens geworden sei, die ihn gelehrt habe, mit und für andere Menschen zu leben. Die Zeit in der Fabrik, insbesondere aber im Gefängnis habe ihm das Vertrauen gegeben, mit anderen Menschen zu reden und zusammenzuarbeiten.
1986 wird Duka Provinzial der böhmisch-mährischen Dominikaner. Nach der Wende ernennt ihn Papst Johannes Paul II. am 6. Juni 1998 zunächst zum Bischof von Königgrätz. „In spiritu veritatis“ wird sein Wahlspruch lauten. Neben seinen seelsorgerlichen Aufgaben findet Duka auch Zeit für seine theologische Arbeit. Er veröffentlicht eine „Einführung in das Studium der Heiligen Schrift“, eine „Schule des Betens“, eine „Einführung in die Theologie“.
Als Benedikt XVI. ihn am 13. Februar 2010 zum Erzbischof von Prag ernennt, findet das breite Zustimmung. Staatspräsident Václav Klaus äußert in einem Brief an den Papst seinen Dank, bezeichnet Duka als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens“ in Tschechien und bescheinigt Duka, die Fähigkeit zu besitzen „in markanter Weise zur Entwicklung des Dialogs und der gegenseitigen Beziehungen“ - gemeint sind die zwischen Kirche und Staat - beizutragen. Die Tageszeitung Lidové Noviny schreibt über Duka, dass er der fähigste Diplomat unter den tschechischen Bischöfen sei.
Am 10. April 2010 erfolgte die feierliche Inthronisation Dukas als Erzbischof von Prag, ein Jahr später konnte der Oberhirte der Hauptstadt und Primas von Tschechien erleichtert die Übereinkunft zur Kirchenrestitution als Lösung eines historischen Problems und einzig mögliche Kompromisslösung für beide Seiten begrüßen: Nach zwanzigjährigem Streit kam es zu einer Übereinkunft zwischen dem tschechischen Staat und den Kirchen, dass 56 Prozent ihres unter den Kommunisten enteigneten Besitzes zurückerstattet werden solle, über einige Jahrzehnte solle zusätzlich noch eine Entschädigung in Höhe von 2,36 Milliarden Euro vom Staat gezahlt werden. Dafür werden die bisherigen staatlichen Beihilfen an die Glaubensgemeinschaften bis zum Punkte Null zurückgefahren, was letztlich auf eine de facto Trennung von Kirche und Staat hinausliefe.
Doch das Jahr 2011 bot für Duka nicht nur Anlass zur Freude – er konnte sich zwar noch einmal zu einem vom Fernsehen aufgezeichneten Gespräch mit seinem Freund und ehemaligen Mitstreiter Václav Havel treffen, der schon lange schwer erkrankt war, und kurz darauf, am 18. Dezember, verstarb. Duka ließ die Glocken sämtlicher Kirchen Prags läuten und hielt selbst die Totenmesse – im Veitsdom auf der Prager Burg, wo er an den historischen Moment erinnerte, als dieser zu den Klängen des Te Deum nach der Wahl zum Präsidenten eintrat, und von Kardinal Tomášek willkommen geheißen wurde: „Der in diesem Moment zu Tränen gerührte Greis, erlebt die Freiheit, auf die er wie einst Simeon auf die Verheißung gewartet hat. In der Freiheit feiere ich diese Heilige Messe.“
Knapp zwei Wochen nach Havels Beisetzung gab der Papst die Erhebung Dominik Dukas zum Kardinal bekannt. Die mitinhaftierten Straftäter damals hatten wahrhaft – wie Havel schmunzelnd erzählte – den besseren historischen Instinkt bewiesen. Zusammen mit Miloslav Kardinal Vlk gibt es jetzt also zwei tschechische Kardinäle; Duka selbst ist der 22. Kardinal aus den böhmisch-mährischen Diözesen und der elfte unter den Prager Erzbischöfen.
„Ich halte es für eine Ehre und eine Würdigung, die an das tschechische Volk adressiert ist. Es ist ein Zeichen dafür, dass sich die Kirche hierzulande bemüht, eine positive Rolle in der Gesellschaft zu spielen“, so Duka nach Bekanntgabe der Nachricht. Des weiteren kündigte er an, den Papst über die geplanten Feierlichkeiten zum 1.150. Jubiläum der Ankunft der Slawenapostel Kyrill und Method in Mähren im Jahr 2013 erneut nach Tschechien einladen zu wollen. Vom Staatspräsidenten Václav Klaus war zu hören: „Ich bin froh, dass Benedikt XVI. durch diese Ernennung klar zum Ausdruck gebracht hat, wen er sich in dieser schweren Zeit einer so widersprüchlichen Welt in der obersten kirchlichen Hierarchie an seiner Seite wünscht.“
Der Heilige Vater wird an diesem Samstag einen Mann zum Kardinal erheben, der von robustem Äußeren ist, dabei von einer ruhigen und bedächtigen Art. Der weiß, was es bedeutet, den Glauben in Zeiten von staatlicher Unterdrückung und unter schlimmer Repression beharrlich und unverzagt zu bezeugen – „in spiritu veritatis“. Einen leidenschaftlichen, dabei sanften und gütigen Seelsorger, der durch eine harte Lebensschule gegangen ist, der für die Freiheit seines Landes an der Seite von Dissidenten gekämpft, sie geistlich betreut hat und sein Heimatland in die jahrzehntelang ersehnte Freiheit hat gehen sehen. Das kleine Tschechien bekommt seinen zweiten großen Kardinal.
Für Die Tagespost habe ich zu diesem Anlass ein Porträt von Erzbischof Dominik Duka, Prag, geschrieben, das ich hier veröffentlichen darf:
"Und Du wirst mal Kardinal!" Prags Erzbischof verkörpert das Durchhaltevermögen der tschechischen Christen. Von Barbara Wenz.
In seinem letzten öffentlichen Auftritt erinnerte sich der im Dezember 2011 verstorbene Václav Havel über die gemeinsame Zeit im Gefängnis mit dem Dominikanerpriester Dominik Duka, der am 18. Februar von Benedikt XVI. zum Kardinal kreiert werden wird. Die beiden saßen in der Strafanstalt Pilsen-Bory: Havel aus politischen Gründen, Duka, weil er „illegal“ Schriften der Untergrundkirche „zusammen mit ausländischen Kräften“ veröffentlicht hatte. Sie wurden Freunde fürs Leben. Havel berichtete, wie die übrigen Gefangenen, alles Mörder, Schwerverbrecher und Diebe gegenüber den einzelnen „Politischen“ Witze machten: „Du wirst Minister, Du wirst mal Kardinal. Und Du wirst Präsident.“ Diese Art von Scherzen behagte den Dissidenten überhaupt nicht. Havel erzählte in trockenen Tonfall weiter: „Am Ende hat sich gezeigt, dass in unserem Bereich ein künftiger Senator war, ein künftiger Außenminister, ein künftiger tschechischer Primas, ein künftiger Präsident. Unsere Mithäftlinge hatten Recht behalten. Und einen weit größeren historischen Instinkt gezeigt als wir selbst.“ Leider durfte Havel die vollständige Erfüllung dieser damals scherzhaft gemeinten Prophezeiungen nicht mehr erleben: Die Erhebung seines Freundes Dominik Duka in den Kardinalsstand wurde von Benedikt XVI. nur wenige Tage nach Havels Tod, am 6. Januar 2012, öffentlich angekündigt.
Der gelernte Schlosser, geboren am 26. April 1943 in Königgrätz (Hradec Králové), durfte erst nach der Ableistung seines Militärdienstes an der Theologischen Hochschule in Leitmeritz (Litoměřice) studieren, wurde 1968 im Geheimen in den Dominikanerorden aufgenommen und zwei Jahre später zum Ordenspriester geweiht. Nachdem man ihm bereits 1975 offiziell verboten hatte, als Seelsorger zu arbeiten, verhängt das kommunistische Regime 1981 eine fünfzehnmonatige Haftstrafe für Duka. Aus dem Gespräch, das vom tschechischen Fernsehen wenige Tage nach Havels Tod ausgestrahlt wurde, wissen wir,dass Duka im Gefängnis heimlich, während der sonntäglichen Schachzirkel, die Heilige Messe feierte, dass er während des Freigangs im Hof und der vorgeschriebenen Gymnastik kurze Predigten hielt, um seine Mithäftlinge zu ermutigen. Nach seiner Entlassung war er gezwungen, als technischer Zeichner bei Skoda seine Brötchen zu verdienen. Jahrzehnte später wird Duka über diese Zeit sagen, dass sie ihm wie eine Hochschule des Lebens geworden sei, die ihn gelehrt habe, mit und für andere Menschen zu leben. Die Zeit in der Fabrik, insbesondere aber im Gefängnis habe ihm das Vertrauen gegeben, mit anderen Menschen zu reden und zusammenzuarbeiten.
1986 wird Duka Provinzial der böhmisch-mährischen Dominikaner. Nach der Wende ernennt ihn Papst Johannes Paul II. am 6. Juni 1998 zunächst zum Bischof von Königgrätz. „In spiritu veritatis“ wird sein Wahlspruch lauten. Neben seinen seelsorgerlichen Aufgaben findet Duka auch Zeit für seine theologische Arbeit. Er veröffentlicht eine „Einführung in das Studium der Heiligen Schrift“, eine „Schule des Betens“, eine „Einführung in die Theologie“.
Als Benedikt XVI. ihn am 13. Februar 2010 zum Erzbischof von Prag ernennt, findet das breite Zustimmung. Staatspräsident Václav Klaus äußert in einem Brief an den Papst seinen Dank, bezeichnet Duka als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens“ in Tschechien und bescheinigt Duka, die Fähigkeit zu besitzen „in markanter Weise zur Entwicklung des Dialogs und der gegenseitigen Beziehungen“ - gemeint sind die zwischen Kirche und Staat - beizutragen. Die Tageszeitung Lidové Noviny schreibt über Duka, dass er der fähigste Diplomat unter den tschechischen Bischöfen sei.
Am 10. April 2010 erfolgte die feierliche Inthronisation Dukas als Erzbischof von Prag, ein Jahr später konnte der Oberhirte der Hauptstadt und Primas von Tschechien erleichtert die Übereinkunft zur Kirchenrestitution als Lösung eines historischen Problems und einzig mögliche Kompromisslösung für beide Seiten begrüßen: Nach zwanzigjährigem Streit kam es zu einer Übereinkunft zwischen dem tschechischen Staat und den Kirchen, dass 56 Prozent ihres unter den Kommunisten enteigneten Besitzes zurückerstattet werden solle, über einige Jahrzehnte solle zusätzlich noch eine Entschädigung in Höhe von 2,36 Milliarden Euro vom Staat gezahlt werden. Dafür werden die bisherigen staatlichen Beihilfen an die Glaubensgemeinschaften bis zum Punkte Null zurückgefahren, was letztlich auf eine de facto Trennung von Kirche und Staat hinausliefe.
Doch das Jahr 2011 bot für Duka nicht nur Anlass zur Freude – er konnte sich zwar noch einmal zu einem vom Fernsehen aufgezeichneten Gespräch mit seinem Freund und ehemaligen Mitstreiter Václav Havel treffen, der schon lange schwer erkrankt war, und kurz darauf, am 18. Dezember, verstarb. Duka ließ die Glocken sämtlicher Kirchen Prags läuten und hielt selbst die Totenmesse – im Veitsdom auf der Prager Burg, wo er an den historischen Moment erinnerte, als dieser zu den Klängen des Te Deum nach der Wahl zum Präsidenten eintrat, und von Kardinal Tomášek willkommen geheißen wurde: „Der in diesem Moment zu Tränen gerührte Greis, erlebt die Freiheit, auf die er wie einst Simeon auf die Verheißung gewartet hat. In der Freiheit feiere ich diese Heilige Messe.“
Knapp zwei Wochen nach Havels Beisetzung gab der Papst die Erhebung Dominik Dukas zum Kardinal bekannt. Die mitinhaftierten Straftäter damals hatten wahrhaft – wie Havel schmunzelnd erzählte – den besseren historischen Instinkt bewiesen. Zusammen mit Miloslav Kardinal Vlk gibt es jetzt also zwei tschechische Kardinäle; Duka selbst ist der 22. Kardinal aus den böhmisch-mährischen Diözesen und der elfte unter den Prager Erzbischöfen.
„Ich halte es für eine Ehre und eine Würdigung, die an das tschechische Volk adressiert ist. Es ist ein Zeichen dafür, dass sich die Kirche hierzulande bemüht, eine positive Rolle in der Gesellschaft zu spielen“, so Duka nach Bekanntgabe der Nachricht. Des weiteren kündigte er an, den Papst über die geplanten Feierlichkeiten zum 1.150. Jubiläum der Ankunft der Slawenapostel Kyrill und Method in Mähren im Jahr 2013 erneut nach Tschechien einladen zu wollen. Vom Staatspräsidenten Václav Klaus war zu hören: „Ich bin froh, dass Benedikt XVI. durch diese Ernennung klar zum Ausdruck gebracht hat, wen er sich in dieser schweren Zeit einer so widersprüchlichen Welt in der obersten kirchlichen Hierarchie an seiner Seite wünscht.“
Der Heilige Vater wird an diesem Samstag einen Mann zum Kardinal erheben, der von robustem Äußeren ist, dabei von einer ruhigen und bedächtigen Art. Der weiß, was es bedeutet, den Glauben in Zeiten von staatlicher Unterdrückung und unter schlimmer Repression beharrlich und unverzagt zu bezeugen – „in spiritu veritatis“. Einen leidenschaftlichen, dabei sanften und gütigen Seelsorger, der durch eine harte Lebensschule gegangen ist, der für die Freiheit seines Landes an der Seite von Dissidenten gekämpft, sie geistlich betreut hat und sein Heimatland in die jahrzehntelang ersehnte Freiheit hat gehen sehen. Das kleine Tschechien bekommt seinen zweiten großen Kardinal.
ElsaLaska - 18. Feb, 10:04
Danke für den Artikel!