Die Botschaft des Heiligen Vaters zur Fastenzeit [3]
Das Achtgeben auf den anderen bedeutet, für ihn oder sie in jeder Hinsicht das Gute zu wünschen: leiblich, moralisch und geistlich. Der zeitgenössischen Kultur scheint der Sinn für Gut und Böse abhanden gekommen zu sein. Dabei muß mit Nachdruck daran erinnert werden, daß das Gute existiert und obsiegt, da Gott „gut ist und Gutes wirkt“ (vgl. Ps 119,68). Das Gute ist das, was das Leben, die Brüderlichkeit und die Gemeinschaft erweckt, schützt und fördert. Verantwortung gegenüber dem anderen bedeutet also, dessen Wohl anzustreben und dafür zu wirken, in dem Wunsch, daß auch er sich der Logik des Guten öffnen möge; sich um seine Brüder und Schwestern zu kümmern bedeutet, die Augen für ihre Bedürfnisse zu öffnen. Die Heilige Schrift warnt vor der Gefahr der Verhärtung des Herzens durch eine Art „geistliche Betäubung“, die blind macht für die Leiden anderer. Der Evangelist Lukas führt zwei Gleichnisse Jesu an, in denen zwei Beispiele für diese Situation gegeben werden, die im Herzen des Menschen entstehen kann. Im Gleichnis vom barmherzigen Samariter gehen der Priester und der Levit gleichgültig weiter, vorbei an dem von Räubern ausgeplünderten und geschlagenen Mann (vgl. Lk 10,30-32), und in dem vom reichen Prasser bemerkt dieser an Besitz übersättigte Mann nicht die Lage des armen Lazarus, der vor seiner Tür den Hungertod stirbt (vgl. Lk 16,19ff). In beiden Fällen haben wir es mit dem Gegenteil des „Achtgebens“, des liebevollen, mitfühlenden Blickes zu tun. Was aber verhindert diesen menschlichen und liebenden Blick auf die Brüder und Schwestern? Häufig sind es materieller Reichtum und Übersättigung, aber auch der Vorrang, der persönlichen Interessen und Sorgen gegenüber allem anderen gegeben wird. Niemals dürfen wir unfähig sein, „Mitleid zu empfinden“ mit den Leidenden; niemals darf unser Herz von unseren Angelegenheiten und Problemen so in Anspruch genommen sein, daß es taub wird für den Schrei des Armen. Statt dessen können gerade die Demut des Herzens und die persönliche Erfahrung des Leids ein inneres Erwachen für Mitgefühl und Einfühlungsvermögen auslösen: „Der Gerechte hat Verständnis für den Rechtsstreit der Armen, der Frevler aber kennt kein Verständnis“ (Spr 29,7). So wird die Seligkeit der „Trauernden“ (Mt 5,4) verständlich, also jener, die es vermögen, aus sich selbst herauszugehen, um den Schmerz eines anderen mitzuempfinden. Die Begegnung mit dem anderen und das Öffnen des Herzens für seine Bedürfnisse können heilbringend und seligmachend sein.
Auf die Brüder und Schwestern zu „achten“ beinhaltet auch die Sorge um ihr geistliches Wohl. Und hier möchte ich an einen Aspekt des christlichen Lebens erinnern, von dem ich meine, daß er in Vergessenheit geraten ist: die brüderliche Zurechtweisung im Hinblick auf das ewige Heil. Heutzutage ist man generell sehr empfänglich für das Thema der Fürsorge und der Wohltätigkeit zugunsten des leiblichen und materiellen Wohls der Mitmenschen, die geistliche Verantwortung gegenüber den Brüdern und Schwestern findet hingegen kaum Erwähnung. Anders war dies in der frühen Kirche und ist es in den wirklich im Glauben gereiften Gemeinden, wo man sich nicht nur der leiblichen Gesundheit der Brüder und Schwestern annimmt, sondern mit Blick auf ihre letzte Bestimmung auch des Wohls ihrer Seele. In der Heiligen Schrift lesen wir: „Rüge den Weisen, dann liebt er dich. Unterrichte den Weisen, damit er noch weiser wird; belehre den Gerechten, damit er dazulernt“ (Spr 9,8f). Christus selbst befiehlt, einen Bruder, der sündigt, zurechtzuweisen (vgl. Mt 18,15). Das Zeitwort elenchein, das hier für die brüderliche Zurechtweisung verwendet wird, ist dasselbe, das die prophetische Sendung der öffentlichen Anklage bezeichnet, die Christen gegenüber einer dem Bösen verfallenen Generation erfüllen (vgl. Eph 5,11). In der kirchlichen Tradition zählt „die Sünder zurechtweisen“ zu den geistlichen Werken der Barmherzigkeit. Es ist wichtig, sich wieder auf diese Dimension der christlichen Nächstenliebe zu besinnen. Vor dem Bösen darf man nicht schweigen. Ich denke hier an die Haltung jener Christen, die sich aus menschlichem Respekt oder einfach aus Bequemlichkeit lieber der vorherrschenden Mentalität anpassen, als ihre Brüder und Schwestern vor jenen Denk- und Handlungsweisen zu warnen, die der Wahrheit widersprechen und nicht dem Weg des Guten folgen. Die christliche Zurechtweisung hat ihren Beweggrund jedoch niemals in einem Geist der Verurteilung oder der gegenseitigen Beschuldigung; sie geschieht stets aus Liebe und Barmherzigkeit und entspringt einer aufrichtigen Sorge um das Wohl der Brüder und Schwestern. Der Apostel Paulus sagt: „Wenn einer sich zu einer Verfehlung hinreißen läßt, meine Brüder, so sollt ihr, die ihr vom Geist erfüllt seid, ihn im Geist der Sanftmut wieder auf den rechten Weg bringen. Doch gib acht, daß du nicht selbst in Versuchung gerätst“ (Gal 6,1). In unserer vom Individualismus durchdrungenen Welt ist es notwendig, die Bedeutung der brüderlichen Zurechtweisung wiederzuentdecken, um gemeinsam den Weg zur Heiligkeit zu beschreiten. Selbst „der Gerechte fällt siebenmal“ (Spr 24,16), heißt es in der Heiligen Schrift, und wir alle sind schwach und unvollkommen (vgl. 1 Joh 1,8). Es ist also ein großer Dienst, anderen zu helfen und sich helfen zu lassen, zu aufrichtiger Selbsterkenntnis zu gelangen, um das eigene Leben zu bessern und rechtschaffener den Weg des Herrn zu verfolgen. Es bedarf immer eines liebenden und berichtigenden Blickes, der erkennt und anerkennt, der unterscheidet und vergibt (vgl. Lk 22,61), wie es Gott mit jedem von uns getan hat und tut.
[wird hier stückweise veröffentlicht. Ganzer Text hier.
Auf die Brüder und Schwestern zu „achten“ beinhaltet auch die Sorge um ihr geistliches Wohl. Und hier möchte ich an einen Aspekt des christlichen Lebens erinnern, von dem ich meine, daß er in Vergessenheit geraten ist: die brüderliche Zurechtweisung im Hinblick auf das ewige Heil. Heutzutage ist man generell sehr empfänglich für das Thema der Fürsorge und der Wohltätigkeit zugunsten des leiblichen und materiellen Wohls der Mitmenschen, die geistliche Verantwortung gegenüber den Brüdern und Schwestern findet hingegen kaum Erwähnung. Anders war dies in der frühen Kirche und ist es in den wirklich im Glauben gereiften Gemeinden, wo man sich nicht nur der leiblichen Gesundheit der Brüder und Schwestern annimmt, sondern mit Blick auf ihre letzte Bestimmung auch des Wohls ihrer Seele. In der Heiligen Schrift lesen wir: „Rüge den Weisen, dann liebt er dich. Unterrichte den Weisen, damit er noch weiser wird; belehre den Gerechten, damit er dazulernt“ (Spr 9,8f). Christus selbst befiehlt, einen Bruder, der sündigt, zurechtzuweisen (vgl. Mt 18,15). Das Zeitwort elenchein, das hier für die brüderliche Zurechtweisung verwendet wird, ist dasselbe, das die prophetische Sendung der öffentlichen Anklage bezeichnet, die Christen gegenüber einer dem Bösen verfallenen Generation erfüllen (vgl. Eph 5,11). In der kirchlichen Tradition zählt „die Sünder zurechtweisen“ zu den geistlichen Werken der Barmherzigkeit. Es ist wichtig, sich wieder auf diese Dimension der christlichen Nächstenliebe zu besinnen. Vor dem Bösen darf man nicht schweigen. Ich denke hier an die Haltung jener Christen, die sich aus menschlichem Respekt oder einfach aus Bequemlichkeit lieber der vorherrschenden Mentalität anpassen, als ihre Brüder und Schwestern vor jenen Denk- und Handlungsweisen zu warnen, die der Wahrheit widersprechen und nicht dem Weg des Guten folgen. Die christliche Zurechtweisung hat ihren Beweggrund jedoch niemals in einem Geist der Verurteilung oder der gegenseitigen Beschuldigung; sie geschieht stets aus Liebe und Barmherzigkeit und entspringt einer aufrichtigen Sorge um das Wohl der Brüder und Schwestern. Der Apostel Paulus sagt: „Wenn einer sich zu einer Verfehlung hinreißen läßt, meine Brüder, so sollt ihr, die ihr vom Geist erfüllt seid, ihn im Geist der Sanftmut wieder auf den rechten Weg bringen. Doch gib acht, daß du nicht selbst in Versuchung gerätst“ (Gal 6,1). In unserer vom Individualismus durchdrungenen Welt ist es notwendig, die Bedeutung der brüderlichen Zurechtweisung wiederzuentdecken, um gemeinsam den Weg zur Heiligkeit zu beschreiten. Selbst „der Gerechte fällt siebenmal“ (Spr 24,16), heißt es in der Heiligen Schrift, und wir alle sind schwach und unvollkommen (vgl. 1 Joh 1,8). Es ist also ein großer Dienst, anderen zu helfen und sich helfen zu lassen, zu aufrichtiger Selbsterkenntnis zu gelangen, um das eigene Leben zu bessern und rechtschaffener den Weg des Herrn zu verfolgen. Es bedarf immer eines liebenden und berichtigenden Blickes, der erkennt und anerkennt, der unterscheidet und vergibt (vgl. Lk 22,61), wie es Gott mit jedem von uns getan hat und tut.
[wird hier stückweise veröffentlicht. Ganzer Text hier.
ElsaLaska - 21. Feb, 14:17
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