Kommentar zum Tagesevangelium
>>Joseph Kardinal Ratzinger (Papst Benedikt XVI.)
Der Gott Jesu Christi
„Niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen“
Gott ist – christlicher Glaube fügt hinzu: Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist – dreifaltig-eins. Ein verlegenes Schweigen umgibt in der Christenheit weithin diesen ihren Mittelpunkt. Hat die Kirche sich damit nicht zu weit vorgewagt? Sollten wir nicht lieber so Großes, so Unzugängliches in seiner Unzugänglichkeit belassen? Kann solches überhaupt etwas für uns bedeuten? Nun, gewiss, dieser Satz ist und bleibt Ausdruck der Andersheit Gottes, der unendlich größer ist als wir, all unser Denken und Sein überschreitet. Aber wenn er uns gar nichts zu sagen hätte, wäre sein Inhalt nicht offenbart worden… Was also heißt das? Beginnen wir an der Stelle, an der auch Gott begonnen hat. Er nennt sich Vater. Menschliche Vaterschaft darf eine Ahnung geben von dem, was er ist. Aber wo es Vaterschaft nicht mehr gibt, wo wirkliche Vaterschaft als ein nicht bloß biologisches, sondern zugleich menschliches und geistiges Phänomen nicht mehr erfahren wird, da wird auch die Rede von Gott dem Vater leer…
Wo Vaterschaft nur noch entweder als biologischer Zufall ohne menschlichen Anspruch oder als Tyrannis erscheint, die man abwerfen muss, da ist etwas am Grundgefüge des Menschseins verletzt. Zur Gänze des Menschseins bedarf es des Vaters in jenem wahren Sinn… als Verantwortung für den anderen, die ihn nicht beherrscht, sondern ihn freigibt zu sich selbst: als Liebe, die den anderen nicht vereinnahmen möchte … sondern ihn für seine innerste Wahrheit will, die in seinem Schöpfer ist. Solches Vatersein ist freilich nur möglich unter der Voraussetzung der Annahme des eigenen Kindseins. Die Bejahung des Jesuswortes „Nur einer ist euer Vater, der im Himmel“ (Mt 23,9), ist die innere Voraussetzung dafür, dass Menschen auf rechte Weise Vater sein können…
Wir müssen freilich auch dies hinzudenken: Die Tatsache, dass Gott in der Bibel primär unter dem Bild „Vater“ erscheint, schließt doch das andere mit ein, dass auch das Geheimnis des Mütterlichen in ihm seinen Ursprung hat … Er [der Mensch] ist nicht „Bild Gottes“ (Gen 1,27) als Abstraktion – das führt nur wieder zu einem abstrakten Gott. Er ist es in seiner konkreten Wirklichkeit, und die ist Beziehung. <<
[via Evangelium Tag für Tag]
Der Gott Jesu Christi
„Niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen“
Gott ist – christlicher Glaube fügt hinzu: Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist – dreifaltig-eins. Ein verlegenes Schweigen umgibt in der Christenheit weithin diesen ihren Mittelpunkt. Hat die Kirche sich damit nicht zu weit vorgewagt? Sollten wir nicht lieber so Großes, so Unzugängliches in seiner Unzugänglichkeit belassen? Kann solches überhaupt etwas für uns bedeuten? Nun, gewiss, dieser Satz ist und bleibt Ausdruck der Andersheit Gottes, der unendlich größer ist als wir, all unser Denken und Sein überschreitet. Aber wenn er uns gar nichts zu sagen hätte, wäre sein Inhalt nicht offenbart worden… Was also heißt das? Beginnen wir an der Stelle, an der auch Gott begonnen hat. Er nennt sich Vater. Menschliche Vaterschaft darf eine Ahnung geben von dem, was er ist. Aber wo es Vaterschaft nicht mehr gibt, wo wirkliche Vaterschaft als ein nicht bloß biologisches, sondern zugleich menschliches und geistiges Phänomen nicht mehr erfahren wird, da wird auch die Rede von Gott dem Vater leer…
Wo Vaterschaft nur noch entweder als biologischer Zufall ohne menschlichen Anspruch oder als Tyrannis erscheint, die man abwerfen muss, da ist etwas am Grundgefüge des Menschseins verletzt. Zur Gänze des Menschseins bedarf es des Vaters in jenem wahren Sinn… als Verantwortung für den anderen, die ihn nicht beherrscht, sondern ihn freigibt zu sich selbst: als Liebe, die den anderen nicht vereinnahmen möchte … sondern ihn für seine innerste Wahrheit will, die in seinem Schöpfer ist. Solches Vatersein ist freilich nur möglich unter der Voraussetzung der Annahme des eigenen Kindseins. Die Bejahung des Jesuswortes „Nur einer ist euer Vater, der im Himmel“ (Mt 23,9), ist die innere Voraussetzung dafür, dass Menschen auf rechte Weise Vater sein können…
Wir müssen freilich auch dies hinzudenken: Die Tatsache, dass Gott in der Bibel primär unter dem Bild „Vater“ erscheint, schließt doch das andere mit ein, dass auch das Geheimnis des Mütterlichen in ihm seinen Ursprung hat … Er [der Mensch] ist nicht „Bild Gottes“ (Gen 1,27) als Abstraktion – das führt nur wieder zu einem abstrakten Gott. Er ist es in seiner konkreten Wirklichkeit, und die ist Beziehung. <<
[via Evangelium Tag für Tag]
ElsaLaska - 13. Mai, 14:38
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