R. Schneider: Die dunkle Nacht des heiligen Johannes vom Kreuz
[Seite Eins]
Daß dir im Sonne-Sehn vergehet
das Gesicht,
Sind Deine Augen schuld und nicht
das große Licht. (Angelus Silesius)
In einer Dezembernacht, die mit heftigen Stürmen über die Kastilische Hochebene und die Stadt Avila dahinzog, wurde der Bruder Johannes vom Kreuz durch drohende Schläge an der Haustür geschreckt. Er hatte in einer Atempause des Sturmes gehört, wie Männerschritte die Gasse hinabeilten; wie so oft schon in den letzten Wochen war ihm der Gedanke gekommen, dass diese Schritte ihm galten, und dass jetzt endlich das so lange Befürchtete eintreten werde; aber nun, als das schwache Häuslein, in dem der Bruder als Beichtvater der Karmelitinnen mit einigen Mönchen und Priestern wohnte, erzitterte, war er doch erstaunt, wie wenig er vorbereitet war. Er hatte ,wie immer, die abgelaufene Hälfte der Nacht betrachtend und betend verbracht; neben ihm auf dem Tisch lagen einige Bündel Briefe unter losen Papieren; es war ein seltsames Glück, dass das Kohlenbecken noch nicht ganz erloschen war. Er schob die Briefe unter die matte Glut - kaum konnte er noch die Schriftzüge verehrter Ordensleute, für deren Los er in diesem Augenblick Verantwortung trug, unterscheiden; das Feuer zuckte gierig auf, und er sah noch die männlich-klaren Zeichen der Mutter Theresia aus der Asche hervortreten. Aber nun hörte er unten die hastigen Schritte des Pförtners, die polternden Eindringlinge, und wie einige Stimmen laut seinen Namen riefen. Auf dem Tisch lagen einige Streifen Papiers, auf denen er mit winziger Schrift Ahnungen über die letzten Geheimnisse aufgezeichnet hatte; wie die liebende Seele in der Vereinigung mit Gott und unter Gottes umgestaltender Kraft ihm gleich werde und als Gott erscheinen könne; er rollte die Streifen zusammen und schlang sie hinunter.
Daß dir im Sonne-Sehn vergehet
das Gesicht,
Sind Deine Augen schuld und nicht
das große Licht. (Angelus Silesius)
In einer Dezembernacht, die mit heftigen Stürmen über die Kastilische Hochebene und die Stadt Avila dahinzog, wurde der Bruder Johannes vom Kreuz durch drohende Schläge an der Haustür geschreckt. Er hatte in einer Atempause des Sturmes gehört, wie Männerschritte die Gasse hinabeilten; wie so oft schon in den letzten Wochen war ihm der Gedanke gekommen, dass diese Schritte ihm galten, und dass jetzt endlich das so lange Befürchtete eintreten werde; aber nun, als das schwache Häuslein, in dem der Bruder als Beichtvater der Karmelitinnen mit einigen Mönchen und Priestern wohnte, erzitterte, war er doch erstaunt, wie wenig er vorbereitet war. Er hatte ,wie immer, die abgelaufene Hälfte der Nacht betrachtend und betend verbracht; neben ihm auf dem Tisch lagen einige Bündel Briefe unter losen Papieren; es war ein seltsames Glück, dass das Kohlenbecken noch nicht ganz erloschen war. Er schob die Briefe unter die matte Glut - kaum konnte er noch die Schriftzüge verehrter Ordensleute, für deren Los er in diesem Augenblick Verantwortung trug, unterscheiden; das Feuer zuckte gierig auf, und er sah noch die männlich-klaren Zeichen der Mutter Theresia aus der Asche hervortreten. Aber nun hörte er unten die hastigen Schritte des Pförtners, die polternden Eindringlinge, und wie einige Stimmen laut seinen Namen riefen. Auf dem Tisch lagen einige Streifen Papiers, auf denen er mit winziger Schrift Ahnungen über die letzten Geheimnisse aufgezeichnet hatte; wie die liebende Seele in der Vereinigung mit Gott und unter Gottes umgestaltender Kraft ihm gleich werde und als Gott erscheinen könne; er rollte die Streifen zusammen und schlang sie hinunter.
ElsaLaska - 2. Sep, 13:20
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