Literarisches Blog
Gib mir noch eine kleine Weile Zeit:
ich will die Dinge so wie keiner lieben
bis sie dir alle würdig sind und weit.
Ich will nur sieben Tage, sieben
auf die sich keiner noch geschrieben,
sieben Seiten Einsamkeit.
Wem du das Buch gibst, welches die umfasst,
der wird gebückt über den Blättern bleiben.
Es sei denn, dass du ihn in Händen hast,
um selbst zu schreiben.
ElsaLaska - 4. Feb, 01:39
ElsaLaska - 3. Feb, 14:39
wo immer naveen geht
ist der staub an seinen füßen
das königreich von brindavar
wo immer naveen sitzt
ist ein leuchten hinter ihm
wie pfauenfedern
naveens hände duften
nach ägyptischen zigaretten
am finger trägt er
den onyx des shah-in-shah
die perlenschnur der favoritin
seines großvaters
schmückt naveens nacken
wann immer naveen sich verbeugt
vor einem beinlosen bettler
lächelt
krishna
ElsaLaska - 29. Jan, 01:36
zu einem Kapellchen ganz in der Nähe, steht alleine für sich auf einem Feld. Die größeren Kirchen hier sind ja nie offen, wie in Italien.
Das Schüsselchen mit dem Weihwasser liegt in einer Sandsteinstele, die die Gravur "1618" trägt. Allein dieser Umstand macht mich schon andächtig.
Es ist eine Marienkapelle. Vor der Mutter mit dem Kind, also direkt vor dem Altar, steht ein Kerzentisch, und egal wann man hinein geht, der Kerzentisch ist bis auf den letzten Platz angefüllt mit brennenden Kerzen. Immer. Sie haben diese Teelichtgröße und eine rote Plastikschale, das gibt ihrem Schein noch viel mehr Wärme. Heute hat sogar jemand in seiner Not welche auf die Streben des Gitters gestellt, das den Altarraum mit der Madonna und dem Kerzentisch vom Hauptraum abtrennt.
Es ist immer wieder etwas ganz Besonderes, diese an sich düstere Kapelle zu betreten und von diesem goldleuchtenden, gleißenden und herrlich nach Wachs duftendem Kerzentisch gegenüber der Türe gegrüßt zu werden, der so üppig und strahlend illustriert, wieviele Hoffnungen, Anliegen und Dankesbezeugungen in diesem winzigen, von den Jahrhunderten - aber nicht von den Menschen vergessenen Kirchlein, immer noch tagein tagaus vorgebracht werden - wie diese Lichtinsel da steht, als sei sie ein zitternd schimmerndes Bollwerk gegen die unbarmherzige Vergänglichkeit.
ElsaLaska - 28. Jan, 23:51
Sie haben dich in Gitter gesperrt
ihre Fesseln um dein Herz geschlagen
Wolfsbezähmer, vereinnahmt
von denen, die Herzen essen
und doch nicht stark davon werden.
Vom Hetzen und Jagen
merk auf, es ist nicht dein Geschäft
lass sie verschnaufen.
Wir können nicht Kerzen trinken,
um sie zu besänftigen.
So sehr wir das wollten.
Schenk mir ein Jungtier,
ein warmes, wolliges.
Die erinnern sich nicht
wie es war, als sie noch zitterten
mit all dem Gold auf unsren Zungen.
Süßgras und Nelken, darin
Welpen, die spielten an deinen Fersen.
Verloren die Augen der Teiche
im Thuja, den wir pflanzten.
Granatapfelmonde
versanken so hell
ohne das Jenseits zu versprechen.
Maranatha.
ElsaLaska - 28. Jan, 01:32
aber einen besseren Dichter als Rilke hat es nie gegeben.
ElsaLaska - 26. Jan, 23:13
O wo ist der, der aus Besitz und Zeit
zu seiner großen Armut so erstarkte,
daß er die Kleider abtat auf dem Markte
und bar einher ging vor des Bischofs Kleid.
Der Innigste und Liebendste von allen,
der kam und lebte wie ein junges Jahr;
der braune Bruder deiner Nachtigallen,
in dem ein Wundern und ein Wohlgefallen
und ein Entzücken an der Erde war.
Rilke. Aus dem Stundenbuch.
Bildquelle: Wikipedia Commons.
ElsaLaska - 26. Jan, 23:04
nach zwei Riesenportionen Chili con Carne, die er sich großzügig mit Essig verfeinert hatte. Aber ich denke, es hat ihm geschmeckt. Schon gestern Abend schnürte er hoffnungsvoll immer um den Herd herum, an dem ich fuhrwerkte und ellenlang abwürzte, abschmeckte, nachwürzte. Schließlich konnte er einen Teller mit einer winzigen Portion Chili im Versuchsstadium ergattern, löffelte die mit klepperndem Besteck aus und wollte dann gleich noch eine zweite Portion.
Heute Mittag waren es dann zwei riesengroße Teller, ich weiß gar nicht, wo er das hingesteckt hat, und der Nachbarin wollte er auch noch einen Teller empfehlen.
Ich versuche auch insgesamt mehr so in der Richtung damit umzugehen, einfach jeden Tag irgendwie anständig zu gestalten und nicht an die nächsten drei Tage oder die nächste Woche zu denken.
Besonders schön war es, dass wieder Leute heute Abend kamen, um mit ihm zu feiern, die eigentlich gut 18 Jahre bis 20 Jahre jünger sind als er, und ein junges Bald-Ehepaar, die sind in meinem Alter, also Ende Dreißig, die kommen auch immer gerne - auch wenn ich NICHT da bin, sondern einfach, weil es ihnen das wert ist und sie das möchten.
Das ist wunderschön.
Als Papa sich schon längst verabschiedet hatte, saß ich noch mit Mama, die sich gepflegt mit Rotwein die Kante gab und irgendwann meinte:
Weißt du, ich hab so viele Tote, Barbara, an die ich denken muss.
Ja weiß ich. Und es werden immer mehr.
Und ich bin erst halb so alt wie du, Mama.
ElsaLaska - 24. Jan, 21:52
ein ungeborenes
und ein geborenes leben
kostet meine liebe:
niemand der diesen preis zahlt
doch einmal war da einer
aber der ging nach kaschmir
und starb.
vielleicht kommt er zurück
mit händen voller gewürznelken
und atem wie muskat
vielleicht hört er auf,
mich nach schekeln, talenten und gold abzurechnen
weil er sieht, bevor noch ein tropfen in dieses faß hineinpasst
brechen meine schulterblätter in den gelenken
zu splittern und fetzen und knorpeln
vollends zertan.
doch die gütige maat steckt mir eine feder ins herz
und sagt ich wollte dich nicht auslassen
du bist gewogen worden:
dein herz war leichter
als andere federn
wir götter pflegen nicht zu rechnen
mit schwerem wasser und angereichertem uran
ElsaLaska - 22. Jan, 22:48
tropifrutti landgranattoleranzen
berieseln kontextsensitive pleonasmen
in meinem hirn
wird es nacht global gesehen?
dreieinigkeitsinstitutionen zucken
alle sechs schultern
devisengläubig schrunzend im versuch
zu paraphrasieren wörgelt es transmullah:
ignore harder
L I F E
ElsaLaska - 20. Jan, 19:55