Eklat um Kermani III
Wer genau und wie den interreligiösen Dialog eröffnet und beendet, erklärt uns jetzt Herr Steinacker.
Zitat aus einem Artikel auf FR-online:
>>Steinacker hingegen verteidigte seine Kritik: Kermani habe mit seinem Essay den Dialog nicht eröffnet, sondern beendet. "Der Begriff "Gotteslästerung" für den gekreuzigten Christus bleibt darin bis zum Ende unwidersprochen bestehen", argumentiert Steinacker. Grundlage des interreligiösen Dialoges "kann nur sein, dass man sich gegenseitig das Recht auf Selbstinterpretation zubilligt und dies nicht als blasphemisch (gotteslästerlich) denunziert". Kermani kommt in dem Essay aber zu dem Ergebnis: "Erstmals dachte ich: Ich - nicht nur: man -, ich könnte an ein Kreuz glauben." Dieser "ungenaue und unpräzise Schlusssatz" könne den Dialog - ohne Erläuterung - aber nicht einfach wieder eröffnen, argumentiert Steinacker.
"Es stimmt, dass ich in den ersten Sätzen die Ablehnung der Kreuzestheologie, die einem Nichtchristen doch zugestanden werden muss, sehr drastisch formuliere", schreibt Kermani in der"FAZ".
"Aber der Artikel hört nicht bei diesen ersten Sätzen auf, sondern zeigt, wie mich das ästhetische Erleben bis an den Rand der Konversion (Übernahme anderer Glaubensgrundsätze) führt.">>
Ich lese das auch so, wie Kermani es ausführt. Stimmt vielleicht was mit meiner Lesekompetenz nicht?
Zitat aus einem Artikel auf FR-online:
>>Steinacker hingegen verteidigte seine Kritik: Kermani habe mit seinem Essay den Dialog nicht eröffnet, sondern beendet. "Der Begriff "Gotteslästerung" für den gekreuzigten Christus bleibt darin bis zum Ende unwidersprochen bestehen", argumentiert Steinacker. Grundlage des interreligiösen Dialoges "kann nur sein, dass man sich gegenseitig das Recht auf Selbstinterpretation zubilligt und dies nicht als blasphemisch (gotteslästerlich) denunziert". Kermani kommt in dem Essay aber zu dem Ergebnis: "Erstmals dachte ich: Ich - nicht nur: man -, ich könnte an ein Kreuz glauben." Dieser "ungenaue und unpräzise Schlusssatz" könne den Dialog - ohne Erläuterung - aber nicht einfach wieder eröffnen, argumentiert Steinacker.
"Es stimmt, dass ich in den ersten Sätzen die Ablehnung der Kreuzestheologie, die einem Nichtchristen doch zugestanden werden muss, sehr drastisch formuliere", schreibt Kermani in der"FAZ".
"Aber der Artikel hört nicht bei diesen ersten Sätzen auf, sondern zeigt, wie mich das ästhetische Erleben bis an den Rand der Konversion (Übernahme anderer Glaubensgrundsätze) führt.">>
Ich lese das auch so, wie Kermani es ausführt. Stimmt vielleicht was mit meiner Lesekompetenz nicht?
ElsaLaska - 15. Mai, 16:39
Lesekompetenz
Ich habe es erst auch so gelesen wie Du. Ich war bis gestern ein Groupie von Kardinal Lehmann. Das bin ich nun nicht mehr. Dennoch, ich habe die zitierten Sätze aus Kermanis NZZ Artikel dreimal gelesen (den ganzen Artikel nur einmal) - und inzwischen bin ich inhaltlich der Meinung seiner Kritiker.
Für mich formuliere ich die Ablehnung der Kreuzestheologie drastischer: Gotteslästerung und Idolatrie. Ich möchte nicht wissen, was los wäre, wenn ein Christ einen zentralen Glaubenspunkt im Judentum, Hinduismus, Islam als Gotteslästerung bezeichnen würde. Selbst wenn er in der Vergangenheit reden würde, könnte es noch Empörung geben. Doch Kermani schrieb nicht: Für mich formuliere ich die Ablehnung , er schrieb in der Gegenwart - und das wird auch nicht durch den letzten Satz, der immerhin im Konjunktiv ist und sich auf ein Kunstwerk bezieht, aufgehoben. Es sieht so aus, als hätte er es gut gemeint. Aber er hat es sehr schief formuliert.
Danke für deine Stellungnahme, Monika!
Der von dir rot markierte Satz - vielleicht sehe ich das zu akademisch - lässt mich völlig kalt. Natürlich erscheint es Juden und Muslimen (Hindus dagegen gar nicht) als Gotteslästerung, dass Gott einen Sohn haben soll, darum haben ganze Konzile gerungen, auch um die Idolatrie, die den ersten Judenchristen ja auch ein Greuel gewesen sein muss. Das sind alles Punkte, die in der Geistesgeschichte des Christentums immer wieder zu Spannungen und Debatten geführt haben, wenn nicht sogar zu Schismen.
Ich kann aber nicht interreligiösen Dialog führen, wenn mir gar nicht bewusst ist, wo der andere tiefsitzende, echte Probleme mit meinem eigenen Glauben hat.
Das Argument: Was wäre los, wenn wir die Glaubenspunkte der anderen als Gotteslästerung bezeichnen würde, ist für mich auch ein Scheinargument. Es geht ja nicht darum, wer lauter seine Ablehnung heraussschreit - und eben deshalb ist der Artikel Kermanis ja auch als Ganzes zu betrachten. Nimm eine Stelle wie diese:
>>Für mich aber ist das Kreuz ein Symbol, das ich theologisch nicht akzeptieren kann, akzeptieren für mich, meine ich, für die Erziehung meiner Kinder. Andere mögen glauben, was immer sie wollen; ich weiss es ja nicht besser. Ich jedoch, wenn ich in der Kirche bete, was ich tue, gebe acht, niemals zum Kreuz zu beten. Und nun sass ich vor dem Altarbild Guido Renis in der Kirche San Lorenzo in Lucina und fand den Anblick so berückend, so voller Segen, dass ich am liebsten nicht mehr aufgestanden wäre. Erstmals dachte ich: Ich – nicht nur: man –, ich könnte an ein Kreuz glauben.>>
Das hätte auch jemand schreiben können, der einfach nur Agnostiker ist. Kermani formuliert für mich einfach das große Dilemma, das ganz viele Menschen beim Anblick des Kreuzes haben - er macht das sehr gut und er wendet seine persönliche Erfahrung in eine (für gläubige Christen natürlich nur unvollständige) Annäherung an das Kreuz um. Aus dem "könnte" kann ich ihm auch keinen Strick drehen, wenn er zu dem Schluss gekommen wäre, dass er tatsächlich KANN, müsste er ja sofort konvertieren *gg*. Er sagt auch: Ich weiß es ja nicht besser.
Ich finde seinen Text glaubwürdig und wichtig für einen interreligiösen Dialog, da er nicht einfach eine Absage erteilt, sondern den schwierigen Versuch beschreibt, sich dem Kreuz anzunähern. Das Kreuz IST ein Skandal, es ist eine Fürchterlichkeit, es ist unerhört. Das haben Christen tatsächlich auch noch nie bestritten und das fängt ja schon bei Paulus an.
Und es gibt sogar auch Christen, die die Darstellung des Kreuzes ablehnen (einige mennonitische Gemeinschaften etwa).
Soweit einmal ...
LG
Elsa