Rede des Hl. Vaters in Yad Vashem.
Herr Minister, Herr Premierminister, Exzellenzen, Damen und Herren,
„Ihnen allen errichte ich in meinem Haus / und in meinen Mauern ein Denkmal... Einen ewigen Namen gebe ich ihnen, / der niemals ausgetilgt wird.“ (Jes 56,5) Diese Textstelle aus dem Buch des Propheten Jesaja stellt die beiden einfachen Wörter, die so feierlich die tiefe Bedeutung dieses geachteten Ortes ausdrücken: Yad – Denkmal; Shem – Name.
Ich bin gekommen, um in Stille vor diesem Monument zu stehen, das errichtet wurde im Gedenken an die Millionen Juden, die in der entsetzlichen Tragödie der Shoah ermordet wurden. Sie verloren ihr Leben, aber sie werden niemals ihren Namen verlieren; diese sind unauslöschlich eingeschrieben in die Herzen ihrer Lieben, ihrer Mitgefangenen, und all derer, die entschlossen sind, eine solche Gräueltat, die der Menschheit Schande bereitet, nie wieder zuzulassen.
Vor allem aber sind ihre Namen für immer eingeschrieben im Gedächtnis des allmächtigen Gottes.
Man kann einen Nachbarn um seine Besitztümer, um seine Chancen und um seine Freiheit bringen. Man kann ein infames Netz von Lügen weben, um andere zu überzeugen, dass bestimmte Gruppen keinen Respekt verdienen. Doch so sehr man es versucht: Den Namen eines anderen menschlichen Wesens kann man niemals auslöschen.
Die Heilige Schrift lehrt uns die Bedeutung von Namen, wenn es um das Verleihen einer einzigartigen Sendung oder einer besonderen Gabe an jemanden geht. Gott nannte Abram „Abraham“, weil er „der Vater vieler Völker“ werden sollte. Jakob wird „Israel“ genannt, weil er „mit Gott und Menschen stritt und gewann“ (Gen 32,29). Diese Namen, die eingeschrieben sind in diesem Monument, werden für immer einen heiligen Platz unter den unzähligen Abkommen Abrahams einnehmen. Ihr Glaube wurde, so wie seiner, geprüft. Wie Jakob wurden sie eingetaucht in den Kampf, die Pläne des Allmächtigen zu erkennen.
Mögen die Namen dieser Opfer niemals verblassen! Möge ihr Leiden niemals verleugnet, herabgesetzt oder vergessen werden! Und mögen alle Personen guten Willens wachsam bleiben, um von den Herzen des Menschen alles auszurotten, was zu Tragödien wie dieser führen konnte!
Die Katholische Kirche, die sich auf die Lehren Jesu beruft und seine Liebe zu allen Völkern nachahmen möchte, fühlt ein tiefes Mitleid für die Opfer, derer hier gedacht wird. Auf ähnliche Weise fühlt sie sich all jenen nahe, die heute wegen ihrer Rasse, Hautfarbe, Lebensbedingungen oder Religion Opfer von Verfolgung werden. Als Bischof von Rom und Nachfolger des Apostels Petrus bestätige ich – so wie meine Vorgänger –, dass die Kirche sich mit Gebet und Arbeit unermüdlich dafür einsetzt, dass nie wieder Hass in den Herzen der Menschen regiert. Der Gott von Abraham, Isaak und Jakob ist der Gott des Friedens (Ps 85,9).
Die Schrift lehrt uns, dass es unsere Aufgabe ist, die Welt daran zu erinnern, dass Gott lebt, auch wenn es uns manchmal schwer fällt, seine geheimnisvollen und unergründlichen Wege zu verstehen. Er offenbarte sich selbst und wirkt immer noch in der menschlichen Geschichte. Er allein regiert die Welt mit Rechtschaffenheit und beurteilt alle Völker mit Gerechtigkeit (Ps 9,9,).
Wenn man auf die Gesichter blickt, die der Wasserspiegel in diesem Denkmal still reflektiert, kann man nicht umhin daran zu denken, wie jedes von ihnen einen Namen trägt. Ich kann mir die freudige Erwartung ihrer Eltern nur vorstellen, als die Geburt ihrer Kinder bevorstand. Welchen Namen sollen wir diesem Kind geben? Was wird einmal aus ihm oder ihr werden? Wer konnte sich ausdenken, dass sie zu einem so ungeheuerlichen Schicksal verurteilt sein würden!
Wenn wir hier in Stille beieinander stehen, klingt ihr Weinen als Echo in unseren Herzen nach. Es ist ein Weinen, das sich gegen jeden Akt von Ungerechtigkeit und Gewalt wendet. Es ist ein unausgesetzter Vorwurf gegen das Vergießen unschuldigen Blutes. Es ist der Ruf Abels, der von der Erde aufsteigt zum Allmächtigen. Wenn wir unser standhaftes Vertrauen in Gott bekennen, geben wir diesem Ruf eine Stimme und benutzen Worte aus dem Buch der Klage, die bedeutsam für Juden wie für Christen sind:
„Die Huld des Herrn ist nicht erschöpft,sein Erbarmen nicht zu Ende. Neu ist es an jedem Morgen;
Groß ist seine Treue. Mein Anteil ist der Herr, sagt meine Seele,
darum harre ich auf ihn.
Gut ist der Herr zu dem, der auf ihn hofft,
zur Seele, die ihn sucht.
Gut ist es, schweigend zu harren
Auf die Hilfe des Herrn. (Klgl 3,22-26)
Meine lieben Freunde, ich bin Gott und auch Ihnen im tiefsten dankbar für die Gelegenheit, hier in Stille zu stehen: eine Stille zum erinnern, eine Stille zum Beten, eine Stille zum Hoffen.
[Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan via kath.net]
„Ihnen allen errichte ich in meinem Haus / und in meinen Mauern ein Denkmal... Einen ewigen Namen gebe ich ihnen, / der niemals ausgetilgt wird.“ (Jes 56,5) Diese Textstelle aus dem Buch des Propheten Jesaja stellt die beiden einfachen Wörter, die so feierlich die tiefe Bedeutung dieses geachteten Ortes ausdrücken: Yad – Denkmal; Shem – Name.
Ich bin gekommen, um in Stille vor diesem Monument zu stehen, das errichtet wurde im Gedenken an die Millionen Juden, die in der entsetzlichen Tragödie der Shoah ermordet wurden. Sie verloren ihr Leben, aber sie werden niemals ihren Namen verlieren; diese sind unauslöschlich eingeschrieben in die Herzen ihrer Lieben, ihrer Mitgefangenen, und all derer, die entschlossen sind, eine solche Gräueltat, die der Menschheit Schande bereitet, nie wieder zuzulassen.
Vor allem aber sind ihre Namen für immer eingeschrieben im Gedächtnis des allmächtigen Gottes.
Man kann einen Nachbarn um seine Besitztümer, um seine Chancen und um seine Freiheit bringen. Man kann ein infames Netz von Lügen weben, um andere zu überzeugen, dass bestimmte Gruppen keinen Respekt verdienen. Doch so sehr man es versucht: Den Namen eines anderen menschlichen Wesens kann man niemals auslöschen.
Die Heilige Schrift lehrt uns die Bedeutung von Namen, wenn es um das Verleihen einer einzigartigen Sendung oder einer besonderen Gabe an jemanden geht. Gott nannte Abram „Abraham“, weil er „der Vater vieler Völker“ werden sollte. Jakob wird „Israel“ genannt, weil er „mit Gott und Menschen stritt und gewann“ (Gen 32,29). Diese Namen, die eingeschrieben sind in diesem Monument, werden für immer einen heiligen Platz unter den unzähligen Abkommen Abrahams einnehmen. Ihr Glaube wurde, so wie seiner, geprüft. Wie Jakob wurden sie eingetaucht in den Kampf, die Pläne des Allmächtigen zu erkennen.
Mögen die Namen dieser Opfer niemals verblassen! Möge ihr Leiden niemals verleugnet, herabgesetzt oder vergessen werden! Und mögen alle Personen guten Willens wachsam bleiben, um von den Herzen des Menschen alles auszurotten, was zu Tragödien wie dieser führen konnte!
Die Katholische Kirche, die sich auf die Lehren Jesu beruft und seine Liebe zu allen Völkern nachahmen möchte, fühlt ein tiefes Mitleid für die Opfer, derer hier gedacht wird. Auf ähnliche Weise fühlt sie sich all jenen nahe, die heute wegen ihrer Rasse, Hautfarbe, Lebensbedingungen oder Religion Opfer von Verfolgung werden. Als Bischof von Rom und Nachfolger des Apostels Petrus bestätige ich – so wie meine Vorgänger –, dass die Kirche sich mit Gebet und Arbeit unermüdlich dafür einsetzt, dass nie wieder Hass in den Herzen der Menschen regiert. Der Gott von Abraham, Isaak und Jakob ist der Gott des Friedens (Ps 85,9).
Die Schrift lehrt uns, dass es unsere Aufgabe ist, die Welt daran zu erinnern, dass Gott lebt, auch wenn es uns manchmal schwer fällt, seine geheimnisvollen und unergründlichen Wege zu verstehen. Er offenbarte sich selbst und wirkt immer noch in der menschlichen Geschichte. Er allein regiert die Welt mit Rechtschaffenheit und beurteilt alle Völker mit Gerechtigkeit (Ps 9,9,).
Wenn man auf die Gesichter blickt, die der Wasserspiegel in diesem Denkmal still reflektiert, kann man nicht umhin daran zu denken, wie jedes von ihnen einen Namen trägt. Ich kann mir die freudige Erwartung ihrer Eltern nur vorstellen, als die Geburt ihrer Kinder bevorstand. Welchen Namen sollen wir diesem Kind geben? Was wird einmal aus ihm oder ihr werden? Wer konnte sich ausdenken, dass sie zu einem so ungeheuerlichen Schicksal verurteilt sein würden!
Wenn wir hier in Stille beieinander stehen, klingt ihr Weinen als Echo in unseren Herzen nach. Es ist ein Weinen, das sich gegen jeden Akt von Ungerechtigkeit und Gewalt wendet. Es ist ein unausgesetzter Vorwurf gegen das Vergießen unschuldigen Blutes. Es ist der Ruf Abels, der von der Erde aufsteigt zum Allmächtigen. Wenn wir unser standhaftes Vertrauen in Gott bekennen, geben wir diesem Ruf eine Stimme und benutzen Worte aus dem Buch der Klage, die bedeutsam für Juden wie für Christen sind:
„Die Huld des Herrn ist nicht erschöpft,sein Erbarmen nicht zu Ende. Neu ist es an jedem Morgen;
Groß ist seine Treue. Mein Anteil ist der Herr, sagt meine Seele,
darum harre ich auf ihn.
Gut ist der Herr zu dem, der auf ihn hofft,
zur Seele, die ihn sucht.
Gut ist es, schweigend zu harren
Auf die Hilfe des Herrn. (Klgl 3,22-26)
Meine lieben Freunde, ich bin Gott und auch Ihnen im tiefsten dankbar für die Gelegenheit, hier in Stille zu stehen: eine Stille zum erinnern, eine Stille zum Beten, eine Stille zum Hoffen.
[Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan via kath.net]
ElsaLaska - 11. Mai, 20:59