Aus der Zweiten Adventspredigt im Vatikan
von Pater Raniero Cantalamessa, ausgewählte Stellen:
"Ich verkünde Euch das ewige Leben" (1 Joh 1,2)
Die christliche Antwort auf den Säkularismus
>>Mit dem Untergang des Horizontes hin zur Ewigkeit oder dem ewigen Leben passierte dem christlichen Glauben dasselbe wie einer Flamme, auf die Sand geworfen wurde: Sie (sic!) [er?] erstickte die Flamme und erlosch. Der Glaube an das ewige Leben ist eine der Bedingungen der Möglichkeit von Evangelisierung. "Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen" (1 Kor 15,19).<<
>>Wir lassen hier kurz die Geschichte des Glaubens an ein Leben nach dem Tod Revue passieren; das wird uns helfen, die Neuheit, die das Evangelium in diesem Bereich gebracht hat, zu ermessen. In der jüdischen Religion des Alten Testamentes heißt es, dass dieser Glaube erst sehr spät aufkommt. Erst nach dem Exil, angesichts des Ausbleibens der erwarteten neuen Zeit, bahnt sich eine Vorstellung von Auferstehung des Fleisches und der Belohnung nach dem Tod des Gerechten an; und selbst dann wird er gar nicht von allen geteilt, so die Sadduzäer, die diesen Glauben so nicht bekennen.
Dies steht im eklatantem Widerspruch zu der Behauptung derer (Feuerbach, Marx, Freud), die den Glauben an Gott mit dem Wunsch nach ewiger Belohnung im Jenseits, als eine Projektion von irdischen, enttäuschten Erwartungen zu erklären versuchten. Israel glaubte an Gott noch viele Jahrhunderte, bevor es an einen ewigen Lohn im Jenseits glaubte! Es ist daher nicht der Wunsch nach ewiger Belohnung, der den Glauben an Gott erzeugt, sondern der Glaube an Gott ist es, der den Glauben an ein Leben nach dem Tod und eine Belohnung weckt.<<
>>Vor diesem Hintergrund versteht man, welche Auswirkungen die christliche Botschaft vom Leben nach dem Tod, das unendlich erfüllender und glücklicher als das Leben auf dieser Erde hatte. So können wir auch verstehen, warum die Idee des ewigen Lebens und die Symbole so häufig in den christlichen Grabstätten in den Katakomben zu finden sind.
Aber was ist mit der christlichen Vorstellung des ewigen Lebens für Seele und Leib passiert, nachdem sie die Idee der heidnischen "Finsternis über den Tod hinaus" besiegt hatte? Im Gegensatz zum gegenwärtigen Moment, in dem Atheismus vor allem in der Leugnung der Existenz eines Schöpfers zum Ausdruck kommt, wurde im neunzehnten Jahrhundert die Leugnung eines Jenseits propagiert.
Rufen wir uns die Behauptung Hegels in Erinnerung, dass "Christen im Himmel Energieverschwendung für die Erde" seien. Mit Feuerbach und Marx ist über das Wort „Ewigkeit" der marxistische Verdacht hereingebrochen, es entfremde den Menschen seinem historischen Einsatz, die Welt zu verwandeln und das gegenwärtige Leben zu verbessern; es sei ein Auszug aus der Realität. Die Idee des persönlichen Überlebens in Gott wurde durch den Gedanken des Überlebens in der Gegenwart und Zukunft der Gesellschaft ersetzt.
Allmählich hat sich um das Wort Ewigkeit Vergessen und Schweigen gebreitet. Der Materialismus und das Konsumdenken unserer Wohlstandsgesellschaft haben das Ihrige dazu getan, dass es auch unter den gebildeten Menschen und im Schritt mit der Zeit als nicht opportun scheint, von Ewigkeit zu reden. <<
>>Lasst uns nun erneut unsere Gedanken zurückgehen und die Vorstellung von Ewigkeit neu in den Blick nehmen. Mit dem Dichter mögen wir nachsprechen: „Alles außer dem Ewigen ist der Welt ein Verlust". Nun muss man wissen, dass es im jüdischen Psalterium eine Gruppe von Psalmen gibt, die zu den „Gradualpsalmen" gehören, und zu den sogenannten Stufenliedern zählen, weil die Wallfahrer in Jerusalem angekommen, erst über Stufen zum Tempel gelangten. Es waren die Psalmen, welche die Pilger sangen, während sie zur heiligen Stadt Jerusalem aufstiegen. Und so beginnt der Psalm: „Ich freute mich, als man mir sagte, ‚Zum Haus des Herrn vollen wir pilgern‘"(Psalm 122,1), Dieser Psalm gehört zu dem Liedgut, das die Kirche unterwegs zum Himmlischen Jerusalem zu singen pflegt. Augustinus erklärt den Gläubigen die Eingangsworte dieses Psalms, indem er fragt: „Wer sagt uns solches, wenn nicht die Bürger des Gottesstaates, die Bewohner des himmlischen Jerusalems. Noch getrennt von ihnen pilgern wir nicht selten durch viele Nöte hier auf Erden, aber der Hoffnung nach gehören wir bereits zu ihnen. Sie, die Bürger dieses himmlischen Jerusalem, ermuntern uns bei jeder Gedenkfeier der Apostel, der Märtyrer und aller Heiligen zu jenem Lauf, zu jenem Aufstieg, so dass wir uns von solchem Zuruf entflammt auch gegenseitig anfeuern: Ja, zum Haus des Herrn wollen wir pilgern. Wir laufen, weil wir zu Gottes Haus gehen, weil wir dieses Rennen laufen, werden wir nicht müde werden, weil wir auf ein Ziel zu laufen, wo es keine Müdigkeit mehr gibt. Wir laufen zum Haus des Herrn und unsere Seele jubelt vor Freude über diejenigen, die diese Worte wiederholen. Sie sahen vor uns das Land, sie haben die Apostel gesehen und uns zugerufen: Schnell, schnell, kommt heim! "Wir gehen zum Haus des Herrn. "
Wir haben in dieser Kapelle ein schönes Mosaik vor uns. Es bildet die Darstellung des himmlischen Jerusalem ab: Dort finden wir Maria, die Apostel und eine lange Prozession der Heiligen aus Ost und West. Sie wiederholen leise diese Einladung. Lassen Sie uns diese doch annehmen, und nehmen wir sie mit uns an diesem Tag und während unseres ganzen Lebens.<<
Vollständige Predigt auf zenit.org
[HT an Giovanni]
"Ich verkünde Euch das ewige Leben" (1 Joh 1,2)
Die christliche Antwort auf den Säkularismus
>>Mit dem Untergang des Horizontes hin zur Ewigkeit oder dem ewigen Leben passierte dem christlichen Glauben dasselbe wie einer Flamme, auf die Sand geworfen wurde: Sie (sic!) [er?] erstickte die Flamme und erlosch. Der Glaube an das ewige Leben ist eine der Bedingungen der Möglichkeit von Evangelisierung. "Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen" (1 Kor 15,19).<<
>>Wir lassen hier kurz die Geschichte des Glaubens an ein Leben nach dem Tod Revue passieren; das wird uns helfen, die Neuheit, die das Evangelium in diesem Bereich gebracht hat, zu ermessen. In der jüdischen Religion des Alten Testamentes heißt es, dass dieser Glaube erst sehr spät aufkommt. Erst nach dem Exil, angesichts des Ausbleibens der erwarteten neuen Zeit, bahnt sich eine Vorstellung von Auferstehung des Fleisches und der Belohnung nach dem Tod des Gerechten an; und selbst dann wird er gar nicht von allen geteilt, so die Sadduzäer, die diesen Glauben so nicht bekennen.
Dies steht im eklatantem Widerspruch zu der Behauptung derer (Feuerbach, Marx, Freud), die den Glauben an Gott mit dem Wunsch nach ewiger Belohnung im Jenseits, als eine Projektion von irdischen, enttäuschten Erwartungen zu erklären versuchten. Israel glaubte an Gott noch viele Jahrhunderte, bevor es an einen ewigen Lohn im Jenseits glaubte! Es ist daher nicht der Wunsch nach ewiger Belohnung, der den Glauben an Gott erzeugt, sondern der Glaube an Gott ist es, der den Glauben an ein Leben nach dem Tod und eine Belohnung weckt.<<
>>Vor diesem Hintergrund versteht man, welche Auswirkungen die christliche Botschaft vom Leben nach dem Tod, das unendlich erfüllender und glücklicher als das Leben auf dieser Erde hatte. So können wir auch verstehen, warum die Idee des ewigen Lebens und die Symbole so häufig in den christlichen Grabstätten in den Katakomben zu finden sind.
Aber was ist mit der christlichen Vorstellung des ewigen Lebens für Seele und Leib passiert, nachdem sie die Idee der heidnischen "Finsternis über den Tod hinaus" besiegt hatte? Im Gegensatz zum gegenwärtigen Moment, in dem Atheismus vor allem in der Leugnung der Existenz eines Schöpfers zum Ausdruck kommt, wurde im neunzehnten Jahrhundert die Leugnung eines Jenseits propagiert.
Rufen wir uns die Behauptung Hegels in Erinnerung, dass "Christen im Himmel Energieverschwendung für die Erde" seien. Mit Feuerbach und Marx ist über das Wort „Ewigkeit" der marxistische Verdacht hereingebrochen, es entfremde den Menschen seinem historischen Einsatz, die Welt zu verwandeln und das gegenwärtige Leben zu verbessern; es sei ein Auszug aus der Realität. Die Idee des persönlichen Überlebens in Gott wurde durch den Gedanken des Überlebens in der Gegenwart und Zukunft der Gesellschaft ersetzt.
Allmählich hat sich um das Wort Ewigkeit Vergessen und Schweigen gebreitet. Der Materialismus und das Konsumdenken unserer Wohlstandsgesellschaft haben das Ihrige dazu getan, dass es auch unter den gebildeten Menschen und im Schritt mit der Zeit als nicht opportun scheint, von Ewigkeit zu reden. <<
>>Lasst uns nun erneut unsere Gedanken zurückgehen und die Vorstellung von Ewigkeit neu in den Blick nehmen. Mit dem Dichter mögen wir nachsprechen: „Alles außer dem Ewigen ist der Welt ein Verlust". Nun muss man wissen, dass es im jüdischen Psalterium eine Gruppe von Psalmen gibt, die zu den „Gradualpsalmen" gehören, und zu den sogenannten Stufenliedern zählen, weil die Wallfahrer in Jerusalem angekommen, erst über Stufen zum Tempel gelangten. Es waren die Psalmen, welche die Pilger sangen, während sie zur heiligen Stadt Jerusalem aufstiegen. Und so beginnt der Psalm: „Ich freute mich, als man mir sagte, ‚Zum Haus des Herrn vollen wir pilgern‘"(Psalm 122,1), Dieser Psalm gehört zu dem Liedgut, das die Kirche unterwegs zum Himmlischen Jerusalem zu singen pflegt. Augustinus erklärt den Gläubigen die Eingangsworte dieses Psalms, indem er fragt: „Wer sagt uns solches, wenn nicht die Bürger des Gottesstaates, die Bewohner des himmlischen Jerusalems. Noch getrennt von ihnen pilgern wir nicht selten durch viele Nöte hier auf Erden, aber der Hoffnung nach gehören wir bereits zu ihnen. Sie, die Bürger dieses himmlischen Jerusalem, ermuntern uns bei jeder Gedenkfeier der Apostel, der Märtyrer und aller Heiligen zu jenem Lauf, zu jenem Aufstieg, so dass wir uns von solchem Zuruf entflammt auch gegenseitig anfeuern: Ja, zum Haus des Herrn wollen wir pilgern. Wir laufen, weil wir zu Gottes Haus gehen, weil wir dieses Rennen laufen, werden wir nicht müde werden, weil wir auf ein Ziel zu laufen, wo es keine Müdigkeit mehr gibt. Wir laufen zum Haus des Herrn und unsere Seele jubelt vor Freude über diejenigen, die diese Worte wiederholen. Sie sahen vor uns das Land, sie haben die Apostel gesehen und uns zugerufen: Schnell, schnell, kommt heim! "Wir gehen zum Haus des Herrn. "
Wir haben in dieser Kapelle ein schönes Mosaik vor uns. Es bildet die Darstellung des himmlischen Jerusalem ab: Dort finden wir Maria, die Apostel und eine lange Prozession der Heiligen aus Ost und West. Sie wiederholen leise diese Einladung. Lassen Sie uns diese doch annehmen, und nehmen wir sie mit uns an diesem Tag und während unseres ganzen Lebens.<<
Vollständige Predigt auf zenit.org
[HT an Giovanni]
ElsaLaska - 18. Dez, 19:45