Passt auch wunderbar in die Zölibats- und Heiligendiskussion.
>>Eine alte These besagt, das Christentum habe knapp anderthalb Jahrhunderte unbeschadet überlebt und wurde danach für über ein Jahrtausend durch den Katholizismus „überdeckt“. Erst mit Martin Luther im 16. Jahrhundert sei dann das ursprüngliche evangelische Christentum wiederentdeckt und umgesetzt worden. Dies führt immer wieder zu demselben Fehlschluss: Dinge, die wir im Mittelalter oder auch in der frühen Kirche haben, können zur Zeit des Neuen Testaments noch nicht dagewesen sein – aber keiner versteht, warum. Vor allem die Exegeten haben Freude daran, diesen garstigen Graben immer wieder auszuheben: Nach Jesus ging es ein paar Jahrzehnte lang gut, und dann geriet alles auf die falsche Schiene in Richtung des sogenannten Frühkatholizismus.
Diese Forschungsrichtung belastet uns nach wie vor. Sie wird in manchen Teilen der Wissenschaft widerlegt, die aber nicht die nötige Beachtung finden. Das gilt für die Sakramente, die Enthaltsamkeit des Klerus, die Verehrung der Märtyrer – für all die Dinge, von denen es gewöhnlich heißt: Das ist katholisch, das ist spät, hat mit dem Evangelium nichts zu tun. Dieser künstliche, unerklärliche garstige Graben zwischen Jesus und dem zweiten und dritten Jahrhundert: Da wird es ideologisch, denn er ist eine reine Behauptung. Hier wird ein lebendiger Traditionsfluss einfach mittendrin abgeschnitten. Man fragt sich: Warum gerade da und nicht später? Das gilt auch für das, was ich über den Zölibat geschrieben habe. Es ist sozusagen ein Paradigma dafür, dass man versuchen sollte, Geschichte nicht in Brüchen zu denken. Es gibt Brüche in der Geschichte, aber es gibt nicht immer nur diesen einen Bruch im zweiten Jahrhundert. Wenn wir diesen Bruch einfach stehenlassen, dann schneiden wir uns von unseren Wurzeln ab.<<
Aus einem Interview auf Die Tagespost mit Hw. Stefan Heid, Dozent am Päpstlichen Institut für Christliche Archäologie. Ganzes Interview hier.
Diese Forschungsrichtung belastet uns nach wie vor. Sie wird in manchen Teilen der Wissenschaft widerlegt, die aber nicht die nötige Beachtung finden. Das gilt für die Sakramente, die Enthaltsamkeit des Klerus, die Verehrung der Märtyrer – für all die Dinge, von denen es gewöhnlich heißt: Das ist katholisch, das ist spät, hat mit dem Evangelium nichts zu tun. Dieser künstliche, unerklärliche garstige Graben zwischen Jesus und dem zweiten und dritten Jahrhundert: Da wird es ideologisch, denn er ist eine reine Behauptung. Hier wird ein lebendiger Traditionsfluss einfach mittendrin abgeschnitten. Man fragt sich: Warum gerade da und nicht später? Das gilt auch für das, was ich über den Zölibat geschrieben habe. Es ist sozusagen ein Paradigma dafür, dass man versuchen sollte, Geschichte nicht in Brüchen zu denken. Es gibt Brüche in der Geschichte, aber es gibt nicht immer nur diesen einen Bruch im zweiten Jahrhundert. Wenn wir diesen Bruch einfach stehenlassen, dann schneiden wir uns von unseren Wurzeln ab.<<
Aus einem Interview auf Die Tagespost mit Hw. Stefan Heid, Dozent am Päpstlichen Institut für Christliche Archäologie. Ganzes Interview hier.
ElsaLaska - 27. Jan, 17:03
Oder habe ich da etwas falsch verstanden?
Ja, falsch verstanden.
2. Schismen sind keine Bereicherung, denn hier geht es ja nie um ein sowohl-als-auch, sondern um ein verstocktes Beharren auf der eigenen Aufassung (meist unter Überbetonung bestimmter Einzelwahrheiten oder -praktiken) gegenüber der Allgemeinheit. Solche Spaltungen entsprechen auch nicht der Lehre Jesu oder der Apostel. Jesus hat Spaltungen sehr wohl vorausgesehen, aber gut geheißen hat er sie nicht: Spaltung ist immer mit Schuld behaftet, sei es beim sich verstockt Abspaltenden oder beim anderen, der ihn durch eigene Boshaftigkeit dazu zwingt. Und das ist ja auch der Grund für ständige antikatholische Propaganda - das gemalte Zerrbild (Papst als Antichrist) ist nötig, um die eigene Abspaltung zu rechtfertigen.
3. Jesus war u.a. (und nicht zufällig) Jude, aber der Satz "war mitnichten Katholik, sondern Jude" ist einfach nur Unsinn. Wenn man an Jesus das Raster heute existierender Religionsgruppen anlegt, dann landet er nicht aufseiten der Juden sondern der Christen* - im Judentum galt er im Allgemeinen als Abtrünniger oder Verbrecher - und das muß man ja auch so sehen, wenn man ihn nicht als den Messias betrachtet. Als Jesus auf Erden als Jude lebte und wirkte existierte diese Spaltung ja auch nicht, eine Religionsgruppe namens Judentum aber eben auch nicht.
(*Jetzt mal so formuliert, um sich nicht mit einer immer problematischen Aussage "Christus Christianus est" aufzuhalten.)
Und solche "nicht Christ sondern Jude"-Unterscheidungen laufen auch spätestens dann an die Wann, wenn manche Menschen jüdischer Geburt und jüdischen Glaubens plötzlich Jesus als den Christus annehmen, mithin Christen werden, aber keineswegs ihre jüdische Identität aufgeben. In Deutschland wäre hier natürlich zuerst Edith Stein zu nennen.
Und ob er nun Katholik oder Protestant sei (und warum nicht syrisch-orthodox?), ist eine ziemlich sinnlose Frage, aber ich halte es hier für bezeichnend, daß ja nunmal eine Gruppe sich von der anderen getrennt hat, die dann darüberhinaus noch allgemein (u.a. in Unterscheidung zu all den Spaltprodukten) im Namen führt.
4. Natürlich kann auch manche Spielart des Christentums, die in protestantischen Gewässern blüht, als Bereicherung gelten. Der Missionseifer z.B. im evangelikalen Bereich finde ich bewundernswert (hierzulande wird er ja eher verachtet). Aber dazu brauch man einen normativen Maßstab, denn angesichts von Snake-handling, Predigten à la "Jesus macht Euch alle reich und gesund" oder jener teutschprotestantischen Theologie, die Mission rückwärts betreibt, kann man ja wohl nicht alle Vielfalt als gut betrachten. Und mit einem solchen Maßstab ist man von einer Kirche, die einen blühenden Garten auch durch Außenmauern beschützen muß, nicht mehr weit entfernt.
5. Im übrigen ist sowieso jeder einzelne Mensch eine Bereicherung, nicht erst dadurch daß er Protestant ist. ;-)