Il Volto Santo - Das wahre Antlitz Jesu - Manoppello
Manoppello ist ein kleines Bergdorf in den Abruzzen, auf der Höhe von Pescara, circa 30 km im Landesinneren gelegen. Vor 500 Jahren kam ein mysteriöser Pilger in das Dorf und forderte einen der Honoratioren des Orts auf, ihm in die Pfarrkirche zu folgen, wo er ihm einen hauchfeinen Schleier überreichte, auf dem ein schimmerndes Antlitz Jesu abgebildet war. Der Schleier erlebte einige weitere Besitzerwechsel und wurde 1638 an den neu gegründeten Kapuzinerorden übergeben. Seit 1646 stellen die Kapuziner das Artefakt auf dem Tarigni-Hügel bei Manoppello im "Santuario" aus.
Es ist ein strahlender, warmer Donnerstag, und bei der Auffahrt zum Volto-Santo-Heiligtum fallen die vielen Fahnen in gelb und weiß auf, auch das Willkommensplakat für Il Papa Benedetto, der Manoppello am 1. September besucht hatte, spannt sich immer noch über die Straße. Der Platz vor der Kirche ist wie leer gefegt, die Türen der Kirche verschlossen.
Ich spreche eine Nonne an, sie erklärt mir, dass um drei Uhr geöffnet wird. Um die Zeit zu überbrücken, frage ich in der direkt neben dem Santuario gelegenen Bar (mit Restaurant und Hotel), ob es Mittagessen gäbe. Hinten im Speisesaal, meint der padrone, wenn der Hund klein ist, kann er mit rein. Nach Betrachtung des draußen wartenden nicht allzu kleinen Hundes lädt er mich ein, an einem der Tische gegenüber der Bar zu essen, für den Speisesaal ist Rasul definitiv zu groß. Karte gibt es keine, auch kein Menu zur Auswahl, das Interieur wirkt wie eine italianisierte Ostblockversion, aber das Essen ist wundervoll. Pasta mit ragù, und als Hauptgang einen gebackenen Hühnerschlegel mit knusprig gerösteten Kartoffeln, grüner Salat. Die abruzzesi draußen vor dem Fenster führen sich derweil Grappa zu Gemüte. Eigentlich jeder Einheimische der ankommt, trinkt Grappa (nicht dass das heißen soll, da stürzen nur Trunkenbolde herum, die sind alle nüchtern und der Barjunge, der mich nach Rasuls Rasse fragte, ist draußen der Held - er kann jetzt jedem erzählen, dass das ein türkischer Hirtenhund ist). Deshalb kriege ich nach dem Essen auch einen Ramazotti von ihm spendiert. Was sehr lieb ist. "Arrividertsch", sagt er zum Schluss (es klingt SEHR ungewohnt, dieser Dialekt). Deutsche und österreichische Pilger kommen gesättigt aus dem Saal, eine italienische Truppe trifft ein, draußen stehen jetzt drei Reisebusse. Und es ist drei Uhr. Ein Kapuziner öffnet die rechte Pforte.
Die Bilder sind deshalb so schlecht, weil ich sie mit dem Handy gemacht habe :)
Also gut, wir gehen rein. Ich bin ein bisschen aufgeregt, der Schleier misst nur 17 x 24 cm, ist noch rätselhafter als das Grabtuch von Turin. Der Stoff ist absolut einzigartig, da transparent. Die Zwischenräume zwischen den feinen Fäden sind breiter als die Fäden selbst. Es soll sich um Muschelseide handeln, bereits in der Antike bekannt. Diese Material lässt sich aber nicht bemalen, weshalb das Abbild Jesu darauf auch als "nicht von Menschenhand gemacht" bezeichnet wird. Die "vera ikon", wie sie genannt wird, soll die Urmutter aller Christusdarstellungen sein: Das Bild eines Mannes mit großen braunen Augen, einer langen Nase, einem kleinen Mund, langen schwarzen Haaren, schwarzer Bart und dem Gesichtsausdruck eines eben Erwachenden - der Moment der Auferstehung. Je nach Lichteinfall verschwindet das Bild und der Schleier wirkt milchig-weiß. Auf diesem Bild hier kann man sehen, dass es über dem Altar ausgestellt wird, eine Treppe führt dahinter vorbei. Auf der einen Seite ist das Antlitz mit Folterspuren völlig identisch abgebildet wie auf der anderen - mit nur einem Unterschied: dass der Mund geschlossen wirkt. Steht man hinter dem Altar und betrachtet die andere Seite, so ist der Mund leicht geöffnet. Nahaufnahmen habe ich keine gemacht, es gibt genug davon im Internet. Die italienische Truppe, mit der ich hinauf gehe, ist geschäftig, teilweise wird laut gebetet. Eine Frau berührt mit den Fingerspitzen das Glas und führt sie dann zum Mund, um sie zu küssen. Eine andere öffnet ihre Börse, fängt an nach Geld zu suchen und stopft es in den Opferschlitz unter der Vitrine. Wie immer in Italien ist der Umgang mit dem Wunderbaren und Ehrfurchtgebietenden eine durchaus handfeste Sache. Womit ich aber nicht sagen will, sie seien respektlos gewesen. Einige knien auch nieder, ein Greis mit Stock wird von seiner Enkelin an dem Gnadenbild vorbeigeführt. Ich selbst schaue lange und forschend in dieses Gesicht. Es ist wahr, auf den Fotos wirkt es gemalt, was es, nach den bisherigen Ergebnissen nicht sein kann. Ich selbst war bis heute davon überzeugt, dass es gemalt sein muss, vielleicht mit einer geheimen, unerklärlichen Technik. So schaue und schaue und schaue ich, das durchsichtige Glas der Vitrine wird schwarz, immer schwärzer, als schaute ich in eine Grabkammer und plötzlich verändert sich der Eindruck: Es wirkt absolut wie eine Fotografie, die jemand statt in Schwarz-Weiß oder Farbe in SEPIA gemacht hat. Der Moment geht vorüber, aber er soll mich die ganze Heimfahrt noch beschäftigen.
Ich schlendere noch durch die Ausstellung mit Votivgaben an das Volto Santo und dem sehr gut aufgemachten Teil über Ikonografie und Kunstgeschichte unter dem Aspekt, dass das Volto Santo das Urbild aller Jesusdarstellungen sei, Übereinstimmungen mit dem Gesicht auf dem Turiner Grabtuch, die Schwester Blandina Paschalis Schlömer organisiert hat. Schwester Blandina ist eine deutsche Trappistin, die sich in Manoppello mit Erlaubnis ihres Mutterhauses angesiedelt hat, um sich ganz der Erforschung des Volto Santo zu widmen.
Im Souvenirlädchen erstehe ich noch ein kleines Klappbildchen auf Holz mit dem Antlitz und den Worten "Proteggi questa casa" - für das nächste Erdbeben.
Mittlerweile sind die Deutschen bzw. Österreicher oben und verharren in stiller Andacht auf den Knien, teilweise auch mit geschlossenen Augen. Natürlich zückt auch niemand im Angesicht Jesu hektisch seine Geldbörse. Ich muss schon lächeln wegen des Unterschiedes zu den Italienern, will aber damit auf keinen Fall ausdrücken, die eine oder andere Art sei angemessener.
In der Bar "Volto Santo" gönne ich mir nochmal einen Cappuccino, und dann mache ich mich auf die Heimreise. Ein schöner, erlebnisreicher und inspirierender Tag ist zu Ende. Ich lasse ihn mit einem Glas Prosecco ausklingen und hoffe, ich konnte euch ein bisschen teilnehmen lassen an meinem Tag - in den italienischen Abruzzen und beim "Wahren Antlitz Jesu".
Weitere Infos und Nahaufnahmen auf Volto Santo.com.
Es ist ein strahlender, warmer Donnerstag, und bei der Auffahrt zum Volto-Santo-Heiligtum fallen die vielen Fahnen in gelb und weiß auf, auch das Willkommensplakat für Il Papa Benedetto, der Manoppello am 1. September besucht hatte, spannt sich immer noch über die Straße. Der Platz vor der Kirche ist wie leer gefegt, die Türen der Kirche verschlossen.
Ich spreche eine Nonne an, sie erklärt mir, dass um drei Uhr geöffnet wird. Um die Zeit zu überbrücken, frage ich in der direkt neben dem Santuario gelegenen Bar (mit Restaurant und Hotel), ob es Mittagessen gäbe. Hinten im Speisesaal, meint der padrone, wenn der Hund klein ist, kann er mit rein. Nach Betrachtung des draußen wartenden nicht allzu kleinen Hundes lädt er mich ein, an einem der Tische gegenüber der Bar zu essen, für den Speisesaal ist Rasul definitiv zu groß. Karte gibt es keine, auch kein Menu zur Auswahl, das Interieur wirkt wie eine italianisierte Ostblockversion, aber das Essen ist wundervoll. Pasta mit ragù, und als Hauptgang einen gebackenen Hühnerschlegel mit knusprig gerösteten Kartoffeln, grüner Salat. Die abruzzesi draußen vor dem Fenster führen sich derweil Grappa zu Gemüte. Eigentlich jeder Einheimische der ankommt, trinkt Grappa (nicht dass das heißen soll, da stürzen nur Trunkenbolde herum, die sind alle nüchtern und der Barjunge, der mich nach Rasuls Rasse fragte, ist draußen der Held - er kann jetzt jedem erzählen, dass das ein türkischer Hirtenhund ist). Deshalb kriege ich nach dem Essen auch einen Ramazotti von ihm spendiert. Was sehr lieb ist. "Arrividertsch", sagt er zum Schluss (es klingt SEHR ungewohnt, dieser Dialekt). Deutsche und österreichische Pilger kommen gesättigt aus dem Saal, eine italienische Truppe trifft ein, draußen stehen jetzt drei Reisebusse. Und es ist drei Uhr. Ein Kapuziner öffnet die rechte Pforte.
Die Bilder sind deshalb so schlecht, weil ich sie mit dem Handy gemacht habe :)
Also gut, wir gehen rein. Ich bin ein bisschen aufgeregt, der Schleier misst nur 17 x 24 cm, ist noch rätselhafter als das Grabtuch von Turin. Der Stoff ist absolut einzigartig, da transparent. Die Zwischenräume zwischen den feinen Fäden sind breiter als die Fäden selbst. Es soll sich um Muschelseide handeln, bereits in der Antike bekannt. Diese Material lässt sich aber nicht bemalen, weshalb das Abbild Jesu darauf auch als "nicht von Menschenhand gemacht" bezeichnet wird. Die "vera ikon", wie sie genannt wird, soll die Urmutter aller Christusdarstellungen sein: Das Bild eines Mannes mit großen braunen Augen, einer langen Nase, einem kleinen Mund, langen schwarzen Haaren, schwarzer Bart und dem Gesichtsausdruck eines eben Erwachenden - der Moment der Auferstehung. Je nach Lichteinfall verschwindet das Bild und der Schleier wirkt milchig-weiß. Auf diesem Bild hier kann man sehen, dass es über dem Altar ausgestellt wird, eine Treppe führt dahinter vorbei. Auf der einen Seite ist das Antlitz mit Folterspuren völlig identisch abgebildet wie auf der anderen - mit nur einem Unterschied: dass der Mund geschlossen wirkt. Steht man hinter dem Altar und betrachtet die andere Seite, so ist der Mund leicht geöffnet. Nahaufnahmen habe ich keine gemacht, es gibt genug davon im Internet. Die italienische Truppe, mit der ich hinauf gehe, ist geschäftig, teilweise wird laut gebetet. Eine Frau berührt mit den Fingerspitzen das Glas und führt sie dann zum Mund, um sie zu küssen. Eine andere öffnet ihre Börse, fängt an nach Geld zu suchen und stopft es in den Opferschlitz unter der Vitrine. Wie immer in Italien ist der Umgang mit dem Wunderbaren und Ehrfurchtgebietenden eine durchaus handfeste Sache. Womit ich aber nicht sagen will, sie seien respektlos gewesen. Einige knien auch nieder, ein Greis mit Stock wird von seiner Enkelin an dem Gnadenbild vorbeigeführt. Ich selbst schaue lange und forschend in dieses Gesicht. Es ist wahr, auf den Fotos wirkt es gemalt, was es, nach den bisherigen Ergebnissen nicht sein kann. Ich selbst war bis heute davon überzeugt, dass es gemalt sein muss, vielleicht mit einer geheimen, unerklärlichen Technik. So schaue und schaue und schaue ich, das durchsichtige Glas der Vitrine wird schwarz, immer schwärzer, als schaute ich in eine Grabkammer und plötzlich verändert sich der Eindruck: Es wirkt absolut wie eine Fotografie, die jemand statt in Schwarz-Weiß oder Farbe in SEPIA gemacht hat. Der Moment geht vorüber, aber er soll mich die ganze Heimfahrt noch beschäftigen.
Ich schlendere noch durch die Ausstellung mit Votivgaben an das Volto Santo und dem sehr gut aufgemachten Teil über Ikonografie und Kunstgeschichte unter dem Aspekt, dass das Volto Santo das Urbild aller Jesusdarstellungen sei, Übereinstimmungen mit dem Gesicht auf dem Turiner Grabtuch, die Schwester Blandina Paschalis Schlömer organisiert hat. Schwester Blandina ist eine deutsche Trappistin, die sich in Manoppello mit Erlaubnis ihres Mutterhauses angesiedelt hat, um sich ganz der Erforschung des Volto Santo zu widmen.
Im Souvenirlädchen erstehe ich noch ein kleines Klappbildchen auf Holz mit dem Antlitz und den Worten "Proteggi questa casa" - für das nächste Erdbeben.
Mittlerweile sind die Deutschen bzw. Österreicher oben und verharren in stiller Andacht auf den Knien, teilweise auch mit geschlossenen Augen. Natürlich zückt auch niemand im Angesicht Jesu hektisch seine Geldbörse. Ich muss schon lächeln wegen des Unterschiedes zu den Italienern, will aber damit auf keinen Fall ausdrücken, die eine oder andere Art sei angemessener.
In der Bar "Volto Santo" gönne ich mir nochmal einen Cappuccino, und dann mache ich mich auf die Heimreise. Ein schöner, erlebnisreicher und inspirierender Tag ist zu Ende. Ich lasse ihn mit einem Glas Prosecco ausklingen und hoffe, ich konnte euch ein bisschen teilnehmen lassen an meinem Tag - in den italienischen Abruzzen und beim "Wahren Antlitz Jesu".
Weitere Infos und Nahaufnahmen auf Volto Santo.com.
ElsaLaska - 26. Okt, 21:09
rechherchierst du?