Kunst und das Reden über Kunst
"Wer über eine lebendige Kenntnis des menschlichen Seelenlebens verfügt, sollte allen, die Künstler sein zu beanspruchen und viel über Kunst reden, zutiefst misstrauen. Kunst ist etwas Richtiges und Menschliches, wie Gehen oder Beten; aber sobald jemand anfängt, in gewichtigem Ton über sie zu reden, kann man ziemlich sicher sein, dass sie ins Stocken und irgendwie in Schwierigkeiten geraten ist. Die künstlerische Veranlagung ist eine Krankheit, die den Dilettanten befällt. Es ist die Krankheit jener Menschen, die nicht genügend Ausdruckskraft besitzen, um die Kunst, die in ihnen steckt, zu äußern und loszuwerden. [...] Künstler von großer und allumfassender Lebenskraft werden ihre Kunst automatisch los, so wie sie automatisch atmen und automatisch schwitzen. Doch bei Künstlern mit geringer Kraft wird das Ganze zu einem Druck und ruft einen bleibenden Schmerz hervor, den man künstlerische Veranlagung nennt. Daher sind die größten Künstler in der Lage, ganz normale Menschen zu sein - Menschen wie Shakespeare oder Browning. Es gibt viele wirkliche Tragödien der künstlerischen Veranlagung, Tragödien der Eitelkeit oder Gewalt oder Angst. Aber die große Tragödie dieser Veranlagung besteht darin, dass sie keine Kunst hervorzubringen vermag."
G. K. Chesterton: Ketzer. Ein Plädoyer gegen die Gleichgültigkeit.
G. K. Chesterton: Ketzer. Ein Plädoyer gegen die Gleichgültigkeit.
ElsaLaska - 25. Aug, 13:57