Friedhofslastig
Die meisten merkwürdigen Szenen meines Lebens spielen sich mittlerweile auf dem Friedhof ab. Das scheint der Lauf der Zeit zu sein. Es gibt eine eingeschworene dörfliche Gemeinschaft allerengster Freunde und Freundinnen, die jeden Tag die Gräber abläuft (wenn man schon mal da ist, guckt man nach den Gräbern der Angehörigen der Bekannten und Freunde eben auch). Es ist völlig selbstverständlich, die Gräber der Angehörigen von Freunden mitzugießen, wenn es trocken ist und man der Meinung, sie könnten vielleicht nicht selbst danach gucken. Ich komme oft ans Grab meines Vaters und jemand hat bereits gegossen, ebenso gerne gieße ich für andere. Alles, was ich in diesem Stadium meines Lebens noch bräuchte, ist ein schwarzer Kittelschurz. Und eine eigene Gießkanne.
Na gut, also vorhin waren wir halt mal wieder bei Papa, um nach dem Rechten zu sehen. Drei Reihen weiter hinweg, gleiche Höhe, befindet sich das Grab eines jungen Mannes, vielleicht 18 oder 20 Jahre alt geworden, er ist bei einem Manöver der Bundeswehr gestorben, oder bei einem Auslandseinsatz, ich weiß es nicht genau. Jedenfalls sein Grabstein ist geschmückt von einem Foto in ein Medaillon gefasst, er trägt ein "raspberry beret", ich weiß nicht, ob das das Zeichen einer bestimmten Einheit oder ein Dienstgrad ist. Sieht sehr sympathisch und recht gut aus. Vorhin werfe ich also wieder einen Blick hinüber und sehe zum ersten Mal die Frau, die wohl seine Mutter ist. Das Grab voller roter und weißer Rosen - entweder Geburtstag oder Todestag, schlussfolgere ich messerscharf mit meiner mittlerweile erworbenen Kenntnis sämtlicher friedhofstechnischer Vorgänge. Es war Todestag.
Ich ertappe die Frau dabei, dass sie, nach dem Gießen, auf den Grabstein zugeht und das Foto im Medaillon innig küsst. Sie tritt zurück, dreht sich herum, fängt meinen Blick auf und ich nicke ihr ernst zu. Einen Sohn verlieren, nicht etwa den Vater oder Mutter, das hat schon biblische Qualität. Sie stellt sich vor dem Grab auf und presst die Hand an die Lippen, schickt dem Foto viele Küsse durch die Luft. Durch die Zeit und durch die Ewigkeit. Ich wende mich ab vor der Intimität des Augenblicks. Und weil mir sehr nach Weinen ist.
Na gut, also vorhin waren wir halt mal wieder bei Papa, um nach dem Rechten zu sehen. Drei Reihen weiter hinweg, gleiche Höhe, befindet sich das Grab eines jungen Mannes, vielleicht 18 oder 20 Jahre alt geworden, er ist bei einem Manöver der Bundeswehr gestorben, oder bei einem Auslandseinsatz, ich weiß es nicht genau. Jedenfalls sein Grabstein ist geschmückt von einem Foto in ein Medaillon gefasst, er trägt ein "raspberry beret", ich weiß nicht, ob das das Zeichen einer bestimmten Einheit oder ein Dienstgrad ist. Sieht sehr sympathisch und recht gut aus. Vorhin werfe ich also wieder einen Blick hinüber und sehe zum ersten Mal die Frau, die wohl seine Mutter ist. Das Grab voller roter und weißer Rosen - entweder Geburtstag oder Todestag, schlussfolgere ich messerscharf mit meiner mittlerweile erworbenen Kenntnis sämtlicher friedhofstechnischer Vorgänge. Es war Todestag.
Ich ertappe die Frau dabei, dass sie, nach dem Gießen, auf den Grabstein zugeht und das Foto im Medaillon innig küsst. Sie tritt zurück, dreht sich herum, fängt meinen Blick auf und ich nicke ihr ernst zu. Einen Sohn verlieren, nicht etwa den Vater oder Mutter, das hat schon biblische Qualität. Sie stellt sich vor dem Grab auf und presst die Hand an die Lippen, schickt dem Foto viele Küsse durch die Luft. Durch die Zeit und durch die Ewigkeit. Ich wende mich ab vor der Intimität des Augenblicks. Und weil mir sehr nach Weinen ist.
ElsaLaska - 12. Sep, 20:01
Der Tod des eigenen Kindes
Auf unserem Friedhof beobachte ich oft einen älteren Herrn, der zum Abschied immer wie selbstverständlich die "Betende Hände" aus Messing küßt, die auf dem Grabstein seiner Frau angebracht sind.
Es ist eine liebevolle, zärtliche Geste, die mich lächeln läßt.
Eine Liebe, die das ganze Leben und den Tod überdauert hat.
Liebe Grüße