Interview mit Kardinal Ravasi auf Welt.de
Kardinal Ravasi wird anlässlich der Veranstaltung "Vorhof der Völker" vom 26. bis 28 November Berlin besuchen.
Die Welt hat dazu ein Interview geführt. Ein Auszug:
>>Frage: Goethe war kein sehr gläubiger Christ. Er hat aber einmal gesagt, das Christentum sei die Muttersprache Europas. Ist das Christentum auch heute noch unsere Lingua franca?
Lassen Sie mich mit einem Hinweis auf T. S. Eliot, einen großen Dichter des 20. Jahrhunderts, antworten. Eliot hat einmal gesagt, ohne das Christentum könnten wir weder Nietzsche noch Voltaire verstehen. Auch jene, die das Christentum ablehnen, wären ohne das Christentum nicht zu verstehen. Eliot fügte aber hinzu, dass wir Europäer dabei seien, diese Matrix, diese Grundlage allmählich zu verlieren. Wenn wir diese Muttersprache verlernen, dann verlieren wir unsere Identität. Das ist eine große Gefahr im Zeitalter der Globalisierung. Die Muslime dagegen haben eine starke kulturelle Identität, gegründet auf ihren Glauben. Das Christentum, das Europa so geprägt hat, verblasst.
Frage: Das klingt resignativ. Ist diese Entwicklung unumkehrbar?
Es gibt mindestens zwei Möglichkeiten, daran wieder etwas zu ändern. Die eine besteht darin, den Faden des historischen Wissens nicht abreißen zu lassen. Darauf müssen wir, auch in den Schulen, bestehen – nicht damit wir uns als Kirche behaupten, sondern aus kulturellen Gründen. Es geht um unsere gemeinsame Tradition. Wenn ein junger Mensch, der nichts von der Bibel weiß, in ein Museum geht, wie soll er dann die Kunstwerke dort verstehen? Siebzig Prozent der in den Museen ausgestellten Kunstwerke haben religiöse Themen. Augustinus, Dante Alighieri, Goethe, aber auch Pascal, Kierkegaard: Sie haben unsere Kultur geformt. Das muss man kennen. Wer sich nicht erinnert, dem gelingt es auch nicht, die Gegenwart zu meistern. Deswegen kritisiere ich, dass die christlichen Wurzeln Europas keinen Eingang in die Präambel der Europäischen Verfassung gefunden haben.
Frage: Und der zweite Weg?
Die Kirche muss neue Wege der Kommunikation, des Gesprächs finden, sie muss eine neue Sprache sprechen. Ein gutes Beispiel gibt Papst Franziskus ab. Er hat in den kirchlichen Alltag eine Sprache eingeführt, die die Sprache unserer Gegenwart ist, kurze Sätze, auf den Punkt formuliert. Man könnte sagen: Tweets. Er versteht es zudem, in Parabeln und Bildern zu sprechen. Und drittens setzt Papst Franziskus gewissermaßen seinen Körper ein, er hat eine ausgeprägte Körpersprache.
Frage:Papst Franziskus zeigt eine erstaunliche Offenheit gegenüber Ungläubigen und Agnostikern. Ganz so, als seien dem Papst Gläubige und Ungläubige gleichermaßen wert.
Der Papst hat Achtung und Respekt vor allen Menschen, die die Fragen des Glaubens ernst nehmen.<<
Das ganze lesenswerte Interview findet sich hier.
[Das mit der Körpersprache trifft übrigens wirklich zu. Man kann diesen Papst nicht "nachlesen", wie es bei Benedikt eigentlich ganz gut ging, man muss ihn sehen und erlebt haben. Dann versteht man auch mehr von seinem Charisma.}
Die Welt hat dazu ein Interview geführt. Ein Auszug:
>>Frage: Goethe war kein sehr gläubiger Christ. Er hat aber einmal gesagt, das Christentum sei die Muttersprache Europas. Ist das Christentum auch heute noch unsere Lingua franca?
Lassen Sie mich mit einem Hinweis auf T. S. Eliot, einen großen Dichter des 20. Jahrhunderts, antworten. Eliot hat einmal gesagt, ohne das Christentum könnten wir weder Nietzsche noch Voltaire verstehen. Auch jene, die das Christentum ablehnen, wären ohne das Christentum nicht zu verstehen. Eliot fügte aber hinzu, dass wir Europäer dabei seien, diese Matrix, diese Grundlage allmählich zu verlieren. Wenn wir diese Muttersprache verlernen, dann verlieren wir unsere Identität. Das ist eine große Gefahr im Zeitalter der Globalisierung. Die Muslime dagegen haben eine starke kulturelle Identität, gegründet auf ihren Glauben. Das Christentum, das Europa so geprägt hat, verblasst.
Frage: Das klingt resignativ. Ist diese Entwicklung unumkehrbar?
Es gibt mindestens zwei Möglichkeiten, daran wieder etwas zu ändern. Die eine besteht darin, den Faden des historischen Wissens nicht abreißen zu lassen. Darauf müssen wir, auch in den Schulen, bestehen – nicht damit wir uns als Kirche behaupten, sondern aus kulturellen Gründen. Es geht um unsere gemeinsame Tradition. Wenn ein junger Mensch, der nichts von der Bibel weiß, in ein Museum geht, wie soll er dann die Kunstwerke dort verstehen? Siebzig Prozent der in den Museen ausgestellten Kunstwerke haben religiöse Themen. Augustinus, Dante Alighieri, Goethe, aber auch Pascal, Kierkegaard: Sie haben unsere Kultur geformt. Das muss man kennen. Wer sich nicht erinnert, dem gelingt es auch nicht, die Gegenwart zu meistern. Deswegen kritisiere ich, dass die christlichen Wurzeln Europas keinen Eingang in die Präambel der Europäischen Verfassung gefunden haben.
Frage: Und der zweite Weg?
Die Kirche muss neue Wege der Kommunikation, des Gesprächs finden, sie muss eine neue Sprache sprechen. Ein gutes Beispiel gibt Papst Franziskus ab. Er hat in den kirchlichen Alltag eine Sprache eingeführt, die die Sprache unserer Gegenwart ist, kurze Sätze, auf den Punkt formuliert. Man könnte sagen: Tweets. Er versteht es zudem, in Parabeln und Bildern zu sprechen. Und drittens setzt Papst Franziskus gewissermaßen seinen Körper ein, er hat eine ausgeprägte Körpersprache.
Frage:Papst Franziskus zeigt eine erstaunliche Offenheit gegenüber Ungläubigen und Agnostikern. Ganz so, als seien dem Papst Gläubige und Ungläubige gleichermaßen wert.
Der Papst hat Achtung und Respekt vor allen Menschen, die die Fragen des Glaubens ernst nehmen.<<
Das ganze lesenswerte Interview findet sich hier.
[Das mit der Körpersprache trifft übrigens wirklich zu. Man kann diesen Papst nicht "nachlesen", wie es bei Benedikt eigentlich ganz gut ging, man muss ihn sehen und erlebt haben. Dann versteht man auch mehr von seinem Charisma.}
ElsaLaska - 21. Nov, 17:43
Was vom Tage ... - - 0 Trackbacks - 688x gelesen
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