Vorbild Israel?
Eine Frage, die ich mir auch schon seit ein paar Tagen stelle.
Hier ein interessanter Artikel aus dem Handelsblatt dazu:
>>„Bei uns“, spekuliert ein Anti-Terror-Spezialist, „wären die Attentäter aus dem Publikum heraus nach 60 Sekunden neutralisiert worden.“ Auch die israelische Polizei hätte schneller eingegriffen. Die israelische Gesellschaft habe gelernt, spontan und improvisiert zu reagieren, wenn sie bedroht sei.<<
und
>>Terroristen wollen die persönliche Sicherheit von Zivilisten untergraben, Angst verbreiten und die Moral schwächen, um so politische Konzessionen zu erpressen und die Gesellschaft zu verändern, ist man in Israel überzeugt.
Als Gegenmittel mimt man Normalität im Ausnahmezustand. Nach jedem Terrorangriff, schrieb Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat diese Woche, weise er sein Team an, die Routine in der Stadt so rasch wie möglich wieder herzustellen. Dadurch würde die Widerstandskraft der Bürger bewiesen, „und das ist eine starke Botschaft an die Terroristen: Wir geben nicht auf.“<<
Noch ein Nachtrag, zum gleichen Themenkreis. Ein Interview mit Professor Michael Wolffsohn auf den Seiten der Frankfurter Neuen Presse, in dem klar geäußert wird, der französische Staat sei nicht in der Lage, seine Bürger zu schützen. Begründung bitte dort nachlesen. Mir ging es um folgende Frage:
>>Ist Deutschland wehrhaft genug, um gegen den Terror vorzugehen?
WOLFFSOHN: Das kommt auf die Deutschen an. Die bundesdeutsche Gesellschaft ist seit 1945 sehr sympathisch und strukturell pazifistisch. Der Gewaltlose ist dem Gewalttätigen zunächst unterlegen. Das bleibt nicht so, wenn der schuldlos Angegriffene mehrfach angegriffen wird. Dann geht auch er zum Angriff über. Gewalt folgt Gegengewalt. Daher müssen unsere Sicherheitsverantwortlichen alles daransetzen, um jedweden Terror vorweg zu vereiteln. Können sie das? Ich habe da meine Zweifel.<<
Hier ein interessanter Artikel aus dem Handelsblatt dazu:
>>„Bei uns“, spekuliert ein Anti-Terror-Spezialist, „wären die Attentäter aus dem Publikum heraus nach 60 Sekunden neutralisiert worden.“ Auch die israelische Polizei hätte schneller eingegriffen. Die israelische Gesellschaft habe gelernt, spontan und improvisiert zu reagieren, wenn sie bedroht sei.<<
und
>>Terroristen wollen die persönliche Sicherheit von Zivilisten untergraben, Angst verbreiten und die Moral schwächen, um so politische Konzessionen zu erpressen und die Gesellschaft zu verändern, ist man in Israel überzeugt.
Als Gegenmittel mimt man Normalität im Ausnahmezustand. Nach jedem Terrorangriff, schrieb Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat diese Woche, weise er sein Team an, die Routine in der Stadt so rasch wie möglich wieder herzustellen. Dadurch würde die Widerstandskraft der Bürger bewiesen, „und das ist eine starke Botschaft an die Terroristen: Wir geben nicht auf.“<<
Noch ein Nachtrag, zum gleichen Themenkreis. Ein Interview mit Professor Michael Wolffsohn auf den Seiten der Frankfurter Neuen Presse, in dem klar geäußert wird, der französische Staat sei nicht in der Lage, seine Bürger zu schützen. Begründung bitte dort nachlesen. Mir ging es um folgende Frage:
>>Ist Deutschland wehrhaft genug, um gegen den Terror vorzugehen?
WOLFFSOHN: Das kommt auf die Deutschen an. Die bundesdeutsche Gesellschaft ist seit 1945 sehr sympathisch und strukturell pazifistisch. Der Gewaltlose ist dem Gewalttätigen zunächst unterlegen. Das bleibt nicht so, wenn der schuldlos Angegriffene mehrfach angegriffen wird. Dann geht auch er zum Angriff über. Gewalt folgt Gegengewalt. Daher müssen unsere Sicherheitsverantwortlichen alles daransetzen, um jedweden Terror vorweg zu vereiteln. Können sie das? Ich habe da meine Zweifel.<<
ElsaLaska - 17. Nov, 16:22
»Wir sind stärker«, hieß es nach den Anschlägen. »Wir lassen uns nicht einschüchtern.« Doch als es auf einem Pariser Platz zu einer Situation kam, die an eine Explosion erinnerte (ohne eine zu sein), liefen die zahlreich versammelten Menschen panisch davon. Was hätten sie auch tun sollen? Die allermeisten Europäer sind nicht mehr in der Lage, dem Terror spontan und improvisiert entgegen zu treten. Weil sie es bisher nicht mussten.
Hinsichtlich der deutschen Sicherheitsverantwortlichen teile ich Wolffsohns Bedenken.
@Taras
Wie soll ich denn als unbewaffneter Zivilist ein paar zu allem entschlossenen Schlächter mit Machete und Kalashnikov neutralisieren?
Für jeden Tipp wäre ich da dankbar.
Aus Interesse, nicht aus Spitzfindigkeit, nachgefragt: Was macht man, wenn man bei einer Explosion dabei ist? Weglaufen ist doch das normalste, oder? Man rennt doch nicht auf den Kern der Detonation zu? Eingeräumt natürlich, man kehrt dann auch sofort zurück und versorgt Verletzte, um Hilfe zu leisten. Aber der erste Instinkt ist wegrennen, oder nicht?
Übrigens können vermutlich ein Großteil der Bürger nichtmal sachgerecht Erste Hilfe leisten, weil das nur beim Führerschein Pflichtveranstaltung war - ich hab auch das Meiste wieder vergessen....
Aber das wäre ja auch mal ein Anfang, den man ganz persönlich machen könnte: Wieder zu einem Rotkreuzkurs für Erste Hilfe gehen.
Zu deinem letzten Satz: Ich glaube eigentlich, dass wir ganz hocheffiziente Arbeit von unseren Sicherheitsbehörden erwarten könnten, alleine, bei einer schwachen politischen Führung leidet halt auch diese Institution.
@Elsa
Bei Explosionen läuft man bestenfalls nicht irgendwohin weg, sondern sucht sich eine halbwegs sichere Deckung. Oder falls es keine gibt, legt man sich flach auf den Boden, Kopf in die entgegengesetzte Richtung, Hände über den Kopf. Mach einfach mal ein Spiel. Wenn du durch einen Ort gehst, siehst du dich nach einer geeigneten Stelle um, die dich vor einer möglichen Explosion - 50 Meter vor dir - schützen könnte. Damit erlernst du eine gewisse Aufmerksamkeit, was im Notfall deine Chancen durchaus erhöht. Wenn du das häufig machst, gewinnst du an Routine - und somit an Sicherheit.
Hinsichtlich der Sicherheitsbehörden denke ich, dass wir künftig eine robuste Einheitspolizeitruppe benötigen. Da erinnere ich an das KSK der Bundeswehr, das noch immer nur die halbe Sollstärke hat, weil geeignete Bewerber fehlen. Frankreich hat wesentlich mehr Eliteeinheiten der Polizei, dazu mobilisierbare Gendarmeriereserven, kampferprobte Soldaten, für Inlandseinsätze trainierte Fremdenlegionäre, die Vorratsdatenspeicherung ... und trotzdem sind 130 Menschen tot. Deutschland hatte bisher einfach nur Glück.
@Taras
Das waren damals in meiner Kindheit bzw. frühen Jugend echt Helden für mich *reminisziert*
KSK? *lach* - deren Ausbau steht aber nicht auf der Agenda von Frau von der Leyen. Wenn man wollte, könnte man die ausbauen. Aber man will doch gar nicht.
Überhaupt wird zur wenig gewollt und zu viel gelabert.
Zufällig ist das ja auch das Motto des KSK :-) Also das mit dem Willen, nicht das mit dem Labern. Facit Omnia Voluntas.
Und leider ist ja Helmut Schmidt auch kürzlich verstorben.
@Elsa
Bei unserer Uschi von der Leyen steht KSK bestimmt für Kita-Spezialkommando :-D
@Elsa
Ich hoffe, der Verweis ist erlaubt, ansonsten bitte löschen:
http://staunend.blogspot.de/2015/11/leben-schutzen-zeit-der-waffen.html
@Taras: vielleicht hast Du das 1 min Video vom Einsatz der frz. Polizei gesehen? Der Pulk vor einem Schaufenster, der beim Beschuss auseinander stiebt - einer davon in die Schusslinie?
Oder hast gehört, dass die ersten Beamten, die bei Charlie Hebdo eintrafen und unter Feuer sich zurückziehen mussten unbewaffnet waren?
Sondernheiten sind was feines - aber sie müssen schnell am Ort sein.
Und so, wie mit dem Kölner SEK umgegangen wurde, so, wie diese Beamten immer mit einem Bein im Knast stehen und gerade der Labour-Führer der Briten sich gegen tödlichen Schusswaffeneinsatz gegen Terroristen aussprach, da fürchte ich, sind unsere Beamten entweder unterbewaffnet und ausgebildet oder demotiviert. Ich wäre es jedenfalls.
@Theodred
Gut, ich mag ja Zahlen. Also: In den USA hätte meine Stadt, je nach Erfordernis, etwa zwanzig bis dreißig eigene Polizeibeamte, real sind es aber nicht mal drei oder vier, sondern ... eine Halbtagsstelle. Auf eine akute Bedrohung zu reagieren, diese gar durch bessere Polizeipräsenz zu verhindern, ist somit schlicht unmöglich. Bis die Polizei aus der Nachbarstadt eintrifft, ist die Gewalttat längst vollzogen.
Wie ich schon sagte: Um der deutschen Bevölkerung die selben Kenntnisse und Fertigkeiten hinsichtlich der Reaktion auf Gefahren zu vermitteln, über die sie die israelische Gesellschaft verfügt, würden Jahrzehnte vergehen. Allerdings - und hier liegt des Pudels Kern - ließe die ‹political correctness› gar nicht zu, solche Befähigungen überhaupt zu vermitteln. Besonders gefährliche Gruppierungen, so konkret man sie auch definiert, dürfen doch gar nicht als solche benannt werden (außer Rechtsextreme und was man gern darunter verstehen möchte).
Was macht man also gegen den Terror? Wie bindet man die Öffentlichkeit ein? Nun, Politik und Behörden beschwichtigen die Bürger bezüglich der Gefährdungen, die Gefahr wird immer vage und nie konkret dargestellt, die Vermeidung von möglicher Panik steht über dem verbrieften Recht des Menschen auf Informationen hinsichtlich der wirklichen Situation.
Und man baut mehr und mehr die Geheimdienste aus. Wachsender Gefährdung begegnet man nicht mit der konkreten Bekämpfung von Bedrohungen und deren Protagonisten, sondern mit mehr Überwachung aller Einwohner. Dank technischer Errungenschaften der leichteste Weg, der aber - wie aktuell Paris deutlich macht - nicht unbedingt der effektivste und sicherste ist.
Meines Erachtens wurde in den letzten Jahren zu viel an der inneren Sicherheit gespart. Die Zahl der Sicherheitskräfte wurde reduziert, physische Standards für Polizeibewerber heruntergesetzt, die Ausrüstung ist vielfach überaltert. Da Deutschland keine Gendarmerie hat, fehlen im Bedarfsfall mobiliserbare notwendige Einsatzreserven. Der Bürger selbst ist zur Wehrlosigkeit verurteilt. Keine guten Voraussetzungen, möchte ich meinen.
@Taras
Und selbst in diesem Licht haben sich in den letzten zwei Jahren bspw. Nachbarschaftswachen gebildet. Selbstverteidigigungskurse florieren und, wenn dies auch ein rein lokaler und subjektiver Eindruck ist, kaufen die Leute den staatlichen Kampagnen wie dem NRW "Riegel vor" ihre Predigten einfach nicht mehr ab.
Seit etwa einem guten Jahr führen einige Freunde von mir und ich sehr lebhafte Diskussionen, im realen Leben (angefangen im Familien- und Freundeskreis) wie im Internet, mit Gegnern von Waffenbesitz, gerade auch zum Zweck der Selbstverteidigung. Die Basis dieser Leute sind fast immer Informationen unserer Medien über Waffenmissbrauch aus den USA und (Fehl)Informationen über den Stand in Europa. Das Sicherheitsdenken, "der Staat schützt mich", wird spürbar weniger in diesen Diskussionen. Kam das als Argument vor etwa einem Jahr noch in etwa 1/4 der Diskussionen, so könnte ich jetzt keine statistische Einschätzung mehr liefern.
Ehrlich gesagt, mir ging es ebenso. Meine Familie musste erst Verbrechensopfer werden und wir satte 40 Minuten auf eine Streife warten, bevor es bei mir im Kopf vernehmlich click machte - und ich bin ebenfalls Ex-Soldat.
Wenn das falsche Bild von Sicherheit mit Fakten zum Einsturz gebracht wird, sind viele (natürlich längst nicht alle) bereit ihre Position zu überdenken. Und so könnte innerhalb weniger Jahre eine Basis geschaffen werden.
Die gesamte Bevölkerung wird nie dahinter stehen - aber das gilt auch für Israel. Ich weiß von Gruppen, welche die "Militarisierung" der israelischen Gesellschaft anprangern - ungeachtet ihrer großen Erfolge im Selbstschutz.
Je mehr so denken wie Du oder ich, und je mehr darüber reden und diskutieren, je mehr "Waffen sind schuld an" in Frage gestellt wird, desto eher kann ein Wandel umgesetzt werden. Selbst in England und Frankreich bewegt sich ja bereits etwas - und das will etwas heißen.
@Theodred
Jetzt bin ich aber - und das ist vermutlich das Phänomen, auf das Taras auch anspielt, in einer Generation "Friede schaffen ohne Waffen" usw. groß geworden - als damals in der 11. Klasse oder wann es war, der BW-Offizier reinschaute, um die Arbeit der BW vorzustellen, habe ich ihm ein paar ziemliche Hämmer an den Kopf geworfen. Und für Jungs Verweigerungsschreiben getippt.
Beispiele konsequent praktizierten Pazifismus' bewundere ich absolut. Ich bin aber mittlerweile auch deutlich realistischer geworden - was manchmal auch soweit geht, dass ich Leuten einen Protestbrief schreiben, die Schulen einen "Friedenspreis" verleihen wollen, wenn sie die Bundeswehr aus dem Diskurs ausschließen und Schülern nicht die Möglichkeit geben, sich selbst eine Meinung zu bilden und somit ihren Bildungsauftrag nicht erfüllen.
Was jetzt die zivile Bewaffnung betrifft, schrecke ich vor der Vorstellung doch eher zurück. Mir laufen da zu viele Idioten, psychisch Gestörte und Wichtigtuer in der Welt und auch in Deutschland speziell herum, als dass ich damit ein gutes Gefühl haben könnte.
Ich bin mir nicht sicher, ob man einen Amoklauf an einer Schule oder in einer Kirche tatsächlich mit Terrorattacken vergleichen könnte. Das Ergebnis ist natürlich ähnlich: Irre versuchen, möglichst viele zu ermorden, bevor sie sich selbst richten. Nur, die IS benutzt schwere Waffen und Bomben, Einzelgänger, die sich eine Kalaschnikov schnappen und am Strand von Tunesien um sich schießen, gibt es natürlich auch, aber zumeist ist es doch das Muster, dass man mit allem was geht, also Sprengsätzen, Handgranaten, und was weiß ich was es da noch gibt, zuschlägt, an vielen verschiedenen Orten möglichst zeitnah und fast minutengenau durchgeführt. Das ist der Unterschied zwischen Amoklauf und einer Terrorsituation, um nicht zu sagen einer Kriegssituation, aber ein Krieg hauptsächlich gegen Zivilisten.
Jetzt kannst du natürlich argumentieren: Genau, und deshalb wäre es gut, wenn die Zivilisten sich vor so etwas effektiver schützen würden. Aber wie soll das gehen?In Israel hat, soweit ich weiß, fast jeder und jede gedient und kann mit einer Waffe umgehen. Ich kann es nicht - abgesehen davon, dass ich mir auch gar nicht sicher bin, ob ich es wirklich wollte und ob man damit wirklich effektiv gegen Schwerbewaffnete ankommt.
Dann fällt bei manchen Attacken auf, dass die Terroristen auch gerne mal mit Hackebeilchen oder Messer angreifen - in Israel ist das gerade sehr akut gehäuft der Fall. Da habe ich ein Video gesehen, da steht eine Frau bei einem IDF-Mann an einer Zufahrt und verwickelt ihn in ein Gespräch, greift in die Handtasche, zieht ein riesiges Messer raus und attackiert ihn. So schnell kann der seine Waffe gar nicht ziehen, aber er ist natürlich in Krav Maga oder so etwas ausgebildet, aber wenn er nicht schnell genug reagiert, nützt ihm das auch nichts.
Irgendwie wäre mir ganz generell wohler, wenn ich Waffen in erster Linie in Händen von Profis wüsste, die was davon verstehen. Wie das genau aussieht, weiß ich auch nicht.
Neulich habe ich auf Facebook die Beschwerde eines Users irgendwo gelesen, er fände es so schrecklich, wenn auf den Straßen von ... weiß ich nicht mehr, vielleicht eine deutsche Stadt im Rahmen aktueller Maßnahmen, also jedenfalls nicht Libanon ;-) , Jeeps und Soldaten mit Maschinenpistolen herumständen, er fühle sich bedroht. Das ist natürlich "mimimi" auf sehr hohem Niveau. In Rom habe ich mich stets am sichersten im jüdischen Viertel bei der Synagoge und auf der Tiberinsel gefühlt. Warum? Weil die am schwersten bewacht werden und ich den Jungs und Mädels, die dort mit dem Maschinengewehr stehen, und ansonsten im Übrigen gar nicht furchteinflößend sind, vollstens vertraue. (Mittlerweile stehen sie natürlich auch überall in der Stadt, das war aber schon im Mai eine Maßnahme vom Verteidigungsministerium gewesen unter dem Motto "strade sicure", die regelmäßig durchgeführt wird, also keine außerordentliche Maßnahme, wie sie jetzt getroffen wurde, darstellt.)
Also, viele Überlegungen, aber keine Struktur und zuviele Fragen offen.
PS: Auch in der EU-Kommission wird diskutiert ....
http://www.spiegel.de/politik/ausland/europaeische-kommission-will-nach-den-anschlaegen-waffenrecht-verschaerfen-a-1063482.html
Ich saß kettenrauchend und höchst amüsiert auf dem Tischchen, und irgendwann kam mir der Gedanke, dass ich mich, falls der junge Mann mal Amok läuft, als Waffenloser 400 Mal beschießen lassen muss, ohne mich wehren zu können. Seither bin ich dafür, dass unbescholtene Menschen zumindest auf ihrem Grundstück oder in ihren vier Wänden eine Waffe führen dürfen. Bis ins 20. Jahrhundert hinein war der Schutz der eigenen Person, seiner Familie und seines Besitzes ein verbrieftes Recht freier Individuen, ohne dass das öffentliche Gewaltmonopol des Staates dadurch verloren ging. Heute hat der Staat eher Angst vor den eigenen Bürgern, ist aber andererseits immer weniger in der Lage, sie zu schützen.
Was wir in Paris und anderswo erleben, sind meines Erachtens nur Anfänge. Man darf nicht nur den eigenen Vorgarten betrachten, sondern muss ein Auge auf den gesamten Globus werfen. Der internationale Terrorismus rückt immer näher heran. Vielleicht sind israelische Verhältnisse in absehbarer Zeit auch in Europa anzutreffen. Was dann? Als einzige sichtbare Konzepte erkennt man 1. mehr Überwachung der Bevölkerung und 2. pausenloses Einfordern von immer größerer Toleranz und politischer Korrektheit. Da kann sogar ein alberner 'emoticon' zur für den Betroffenen nicht folgenlosen Skandalisierung führen.
Wie wollen wir also den Gefahren und Bedrohungen der Zukunft begegnen? Eine Debatte über das Waffenrecht ist da nur ein Schnipsel. Ich fürchte, auf Elsas Blog können wir das gewiss nicht klären. Und anscheinend sieht die Politik keinen entsprechenden Gesprächsbedarf - der eher einen gegenteiligen. Man reagiert halt. Irgendwie. Denn ein Agieren würde schließlich einen Plan voraussetzen. Und den hat wohl niemand.
Übrigens habe ich als früherer Soldat, Polizist und Nachrichtendienstler nicht dieses tiefgehende, vollste Vertrauen in Militär, Polizei und Nachrichtendienste, ehrlich gesagt :-D
@Taras
Allerdings gibt es ja Waffen, mit denen man nicht besonders zielgenau sein muss, um breitestmögliche Wirkung zu bekommen, die werde doch von Amokläufern am liebsten benutzt, oder nicht?
Und - es geht ja jetzt hier um das Tragen einer Waffe in der Öffentlichkeit. Zuhause nützt sie mir ja auch nichts, wenn ich grad im Café sitze im Falle einer Terrorattacke.
Übrigens - Juncker fordert Verschärfung des Waffengesetzes - siehe Link, den ich nachträglich eingefügt hatte. Der Link ist lesenswert, weil da genau drin steht, was du auch schon "prophezeit" hattest: "Wachsender Gefährdung begegnet man nicht mit der konkreten Bekämpfung von Bedrohungen und deren Protagonisten, sondern mit mehr Überwachung aller Einwohner."
@Elsa
Sehr gut! Von 14 Schuss ins Schwarze hat der erwähnte junge Mann nur träumen können ;-)
Also, um es deutlich zu sagen: In der Öffentlichkeit sollte nun wirklich nicht Jede/r mit einer Schusswaffe herumlaufen dürfen, aber einige schon. Ich sehe da eher Möglichkeiten für den verstärkenden Einsatz von unterwiesenen freiwilligen Polizeireserven (dies können auch geeignete BürgerInnen sein) oder ausgesuchten privaten Sicherheitskräften zur Unterstützung der Behörden in besonderen Lagen.
@Elsa
Was die Spinner, Idioten und Geisteskranken angeht: die laufen auch jetzt da draußen rum. Ich habe das Thema wegen deinem Kommentar vorgezogen und daher ist der Beitrag ein wenig "runder" (im Sinne von "wiederholt sich") als geplant - aber Kritik und Nachfragen sind ausdrücklich erbeten. http://staunend.blogspot.de/2015/11/waffen-glauben-fakten-und-kriminalitat.html
Ein paar Details, die dort nicht reinpassten aber die du angesprochen hast.:
Die beiden Mörder von Columbine bastelten 99 (!) Rohrbomben und platzierten eine Reihe davon. Der Angreifer in Oklahoma nutzte selbstgebastelten Sprengstoff um das ATF Gebäude zu sprengen. Der bis heute tödlichste Übergriff auf Schulen war die Sprengung der Bath Schule 1927.
Elliot Rodger, der Amokläufer von Kalifornien aus dem letzten Jahr hat drei seiner ermordeten Opfer mit dem Messer getötet und unter den Verletzten wurden ein Großteil von ihm angefahren.
Breivik nutzte Bomben, der NSU nutzte Bomben.
Das sind nur ein paar Beispiele, und zumeist nicht aus Deutschland, aber sie zeigen, wohin der Weg geht. Wenn die Menschen planvoll töten wollen, dann nutzen sie durchaus Sprengmittel und andere Methoden.
Was nun die Handhabung angeht: auch die Israelis werden nicht mit einer Jericho in jeder Hand geboren. Ja, die Meisten dienen in der Armee und erhalten dort eine profunde Ausbildung - aber was hindert uns daran, eine solche an den Waffenerwerb zu binden (mal abgesehen von Gefechtsdrill)? Wäre ich ohnehin dafür. Wer eine Waffe haben will, muss nachweisen, damit umgehen zu können. Die Sicherheitsregeln, laden und entladen und gezielte Schussabgabe müssen demonstriert werden oder können in angebotenen Kursen angelernt werden. Ein Führerschein ist ja für das Auto aus gutem Grunde Pflicht - warum also nicht bei Waffen.
Derzeit trainiere ich ein Pärchen von Ü60 und lerne eine Ü80 Sportschützin um, die aufgrund des Alters ihre seit 30 Jahren praktizierte Haltung nun doch langsam mal ändern muss. Der 80jährigen würde ich zutrauen, mir den Rücken zu decken. Die Schützenvereine muss man raus holen aus der Gemütlichkeitsecke hin zu Veranwortung und Teilhabe, die Gesetze für die Stände mal näher an die Realität holen und evtl. besser fördern. Diese Basis haben wir.
Das ließe sich mit Nachbarschaftswachen und einer Art Hilfspolizei, wie sie Taras anspricht zusammenbringen.
Machbar wäre es - jedenfalls leichter als 800 km Zaun zu bauen und jeden größeren Platz mit Metalldetektoren und Sicherheitsbeamten abzuriegeln.
Das Video, welches Du meinst habe ich gesehen. Das war ein "einfacher" Security, welchen sie da bei einer Kontrolle angriff. Der Mann wurde leicht verletzt. Soldaten auf nahem Posten haben die Frau niedergeschossen. Wie ich geschrieben habe - die Waffen verhindern sowas nicht und sie sind kein Garant für die Sicherheit - sie sind nur eine Chance.
Und die kann dann so aussehen:
http://www.ibtimes.co.in/israel-shocking-cctv-footage-shows-palestinian-attack-on-a-bus-stop-650422
Ohne den bewaffneten Zivilisten wären mehr Menschen gestorben. Wenn meine Infos richtig sind hat der Zivilist fünf Mal geschossen und fünf Mal getroffen, bis der Angreifer endlich liegen blieb.
Was die Profis angeht, unsere Beamten haben kaum Zeit zu trainieren. Bei den Soldaten hängt es sehr von der Waffengattung ab. Ich stimme Taras da völlig zu.
Oh, und was die Italiener angeht, so nett finde ich die nicht alle. Ich war bei einem Natale di Roma als offizieller dabei. Leider haben die Organisatoren uns nicht weiter gemeldet und etwa eine halbe Stunde mal "abgestellt" - ohne Offiziellen dabei. Prompt kam ein Kleinwagen voller Carabineri, Stiefel, Sonnenbrille und Maschinenpistolen vor der Brust. Wir habens geregelt bekommen, aber "nett" war keiner von denen. Sollen Sie ja auch nicht :D
Besonders auch in Deutschland wird nach jedem Amoklauf oder Anschlag sofort nach schärferen Waffengesetzen gerufen. Beinahe mit der Leidenschaft eines Süchtigen verlangt ein Teil der Bevölkerung darauf Einfluss nehmen zu wollen, was ein anderer Teil in seiner Freizeit tun darf oder was er besitzen darf. Ansonsten sind die Vorschläge zur Bekämpfung von Terrorismus, Mord und Totschlag eher dünn gesät.
@Theodred hat in seinem hier verlinkten Beitrag die Situation korrekt geschildert. Ich kann die getroffenen Aussagen nur unterstreichen. Der Gedanke, dass lediglich der Rechtstreue in den Hintern gekniffen ist, kam mir auch vor einiger Zeit. Wer unbedingt eine Waffe besitzen will und dafür die Illegalität nicht scheut, kann sich seinen Wunsch jederzeit erfüllen. Das ist einfach so.
Werfen wir einen Blick über den ‹großen Teich› und vergleichen wir die Waffenvorschriften und die Kriminalität in New York City und in Montana. In New York sind die Waffengesetze streng, die Zahl der Kapital- und Gewaltverbrechen sowie die Mordrate hingegen sehr hoch, in Montana und anderen Flächenstaaten ist es genau umgekehrt. Nicht der Grad der Bürgerbewaffnung entscheidet über hohe und niedrige Kriminalität, sondern andere Aspekte ethischer, psychischer und sozialer Natur.
Nun kommen wir zu Europa und einer absurden Situation: Der Staat BRD und der ‹Über-Staat› EU wollen derzeit aus politisch motivierten Gründen weder ihre Grenzen sichern und somit die Kontrolle über ihr Territorium ausüben, noch wollen sie den Bürgern gewähren, sich selbst zu schützen. Wie gesagt, EU-Parlamentschef Schulz meinte kürzlich, Terroropfer zu werden sei ein Risiko des 21. Jahrhunderts. Punkt und Aus. Nächstens wird der Tod durch Terror wohl noch als ‹selbstbestimmtes Sterben› vermarktet? Wundern würde es mich längst nicht mehr.
Doch die Aussage des früheren Bürgermeisters von Würselen birgt in sich das bereitwillige Aufgeben von Teilen der Sicherheit, des Rechts und der Ordnung. Der Bürger wird quasi zur Opferrolle verdammt. Er wird zum Spielball der Interessen einer Politik, die größere Angst vor den eigenen Bevölkerungen zu haben scheint als vor dem Terrorismus und dem globalen Dschihad. Wir haben uns in einen endlosen Kreislauf aus mehr staatlichen Verboten einerseits und mehr Kontrollverlust des Staates andererseits begeben.
Darüber nun öffentlich zu debattieren, ob die Bürger sich mehr Sicherheit oder mehr Freiheit wünschen, ist albern. Es ist doch längst entschieden. Doch wer hat gewonnen? Aus meiner Sicht das Modell einer Gesellschaft, die beides - Freiheit und Sicherheit - mehr und mehr verlieren wird. Schleichend, nahezu unbemerkt. Stück für Stück.
@theodred
Insofern nochmal meine Frage, wo sollen denn die Strukturen herkommen, solche wehrfähigen Zivilisten zu schaffen? Wäre das eine Anfrage an die Reservisten, an die Schützenvereine, - und, ich halte nicht viel von so genannten Bürgerwehren. Ich kenne jetzt keine Teilnehmer daran persönlich, aber es klingt irgendwie immer so wie: Hauptsach', isch henn ne Pumpgun und bin de' King in meinem Viertel. Das ist womöglich ungerecht, aber so kommt es mir manchmal vor.
Und was die Schützenvereine betrifft, naja. Nette Sache, aber die Geselligkeit hat da eher Vorrang - was jetzt nichts Schlechtes an sich ist, natürlich.
@Elsa
Es geht nicht darum, Zivilisten zu Kampfmaschinen umzufunktionieren, die jeden Tag eine Pflichtstunde im Sportraum verbringen sollen, um micht Special Forces oder SpezNas gleich zu ziehen.
Zu deinem Szenario: Die größte Angst der US Polizisten ist es, entwaffnet zu werden. Noch vor wenigen Jahren waren die Zahlen der mit ihren eigenen Waffen erschossenen Cops deutlich lesbar.
http://www.policeone.com/close-quarters-combat/articles/100228-Cases-of-Officers-Killed-by-Their-Own-Guns-Likely-Will-Not-Change-R-I-Policies/
http://www.nydailynews.com/news/national/illinois-shot-gun-signs-struggle-article-1.2381352
Nur dank bestimmter, neuer Protokolle hat sich die Zahl verringt - und im Ergebnis lesen wir jetzt immer wieder von "unarmed teenager shot by police" - wie der Michael Brown Fall. Der "Junge" hat dem Polizisten, den er im Auto festsetzte, mehrfach eine gelangt und als dieser zur Waffe griff, versucht sie ihm weg zu nehmen. Verhindert hat das nicht JuJitsu oder Krav Maga sondern der erste Schuss - der nach einer Fehlfunktion abgegeben wurde. Ein dutzend weiterer solcher Fälle im letzten Jahr hat Furore gemacht, viel mehr kamen nicht in die Öffentlichkeit, weil die Getöteten niemanden hatten, der für sie auf die Strasse ging.
Ja die Gefahr besteht, sie besteht aber auch bei Polizisten und Soldaten. Bleiben nur diese bewaffnet, ist die Gefahr sogar größer. In deinem Szenario (Selbstverteidigungsrecht der Bürger durch Schusswaffen) wäre die Wahrscheinlichkeit groß, dass andere Anwesende ebenfalls bewaffnet sind und den Täter nach den ersten Schüssen ausschalten. Ist nur ein Beamter berechtigt und dieser wird überwältigt - den Täter hält niemand auf.
Aber auch in diesem Szenario gilt: warum sollte ein Täter sich auf diesem Wege eine Waffe beschaffen - mit der Gefahr unerfolgreich oder unmittelbar nach Erfolg ausgeschaltet worden sein, wenn er so spielend leicht an viel bessere Waffen auf dem Schwarzmarkt kommt?
Was nun die Schützenvereine angeht: ich bin in drei - und jeder ist völlig anders als die anderen - das hängt auch mit den Verbänden und örtlichen Gegebenheiten bzw. Traditionen zusammen. Einer ist exakt das, was du dir darunter vorstellst. Ich will den Brüdern nichts Böses, aber sie bevorzugen es, bei einem schönen Bierchen unter den Bäumen über die viel bessere Vergangenheit zu quasseln - und bewegen sich nicht mal, wenn die EU an die Waffen anderer Schützenbrüder will. Solange es sie nicht betrifft und sie sich noch zum Schützenfest und zum Fassanstich treffen können...
Die anderen beiden sind anders - und hier ließe sich mit wenigen Stunden Ausbildung, einer veränderten Struktur und geänderten Auflagen durch Verbände und Gesetzesgeber eine Gruppe Verantwortungsbewusster bereitstellen, die nicht so effektiv wie das GSG aber allemal so effektiv wie ein Bonner Innendienstler der sich dank Innenminister Jäger neuerdings im Außeneinsatz wiederfindet, auf kriminelle oder terroristische Bedrohung reagieren können. Reagieren - nicht beseitigen, nicht verhindern, nicht klären. Auch hier: nur eine Chance.
Es gibt bspw. den Bund der Militär- und Polizeischützen (in welchem seit mehreren Jahren auch Personen ohne diesen Hintergrund eintreten können). Die haben mit Schützenfesten usw. nichts am Hut, die Geselligkeit ist zwar vorhanden, spielt aber längst nicht so eine Rolle.
http://www.bdmp.de/startseite/
Oder der Bund deutscher Sportschützen - sportlich orientiert vertritt er eine der wenigen "dynamischen Diszplinen" - das IPSC. Aufgrund deutscher Gesetze ist dies wirklich ausschließlich sportlich. Ein paar Veränderungen und schon kann dies auch als Verteidigungsschießen trainiert werden - dies gilt auch für das PPC des BdMP. Du siehst, so fern ist das gar nicht.
Organisationsformen und eine Zusatzausbildung aus praktischer Erfahrung, bspw. durch Israelis oder bestimmte US Agenturen oben drauf - fertig ist eine Erstreaktionskraft, die nicht dazu taugt, zur Geiselbefreiung eingesetzt zu werden - aber die eine Geiselnahme mglw. (die Chance!) verhindern kann.
Und ja, es gibt auch in Schützenvereinen diese "was willst du? Ich bin der größte, weil meine Wumme macht richtig laut bumm" Typen. Diese auszusieben - dafür fallen mir gleich mehrere Wege ein.
Nochmal: es ist kein Konzept der totalen Sicherheit - es ist ein Konzept der Opferminimierung.
@Theodred
http://papsttreuerblog.de/2015/11/20/link-der-woche-leben-schuetzen-zeit-der-waffen/
Nein, es geht um ein simples Prinzip, nämlich die Frage: Was darf der Bürger in einer freien Gesellschaft besitzen und wie und womit darf er sich und seine Familie vor Gewalt und Verbrechen schützen? Der Besitz von Waffen ist da nur ein Teil der Gesamtbetrachtung (ich persönlich bekam meine erste Flinte mit 12 Jahren, unter strengen Auflagen meines Vaters).
Können die aktuellen rechtmäßigen Waffenbesitzer ihre Waffen vor dem Zugriff Dritter sichern? Nein, vermutlich könnte ein halbwegs geübter Kampfsportler die große Mehrheit unserer Soldaten und Polizisten ohne große Mühe entwaffnen. In diesem Sinne müsste man Militär und Polizei in großen Teilen umgehend ihrer Bewaffnung entledigen, sofern die Verteidigung der eigenen Waffe ein Kriterium für deren erlaubtes Tragen wäre. Ist echt so ;-)
Die Gefahr für Dritte ist eher eine andere: Nämlich der bewaffnete Ängstliche, der auf bloßen Verdacht losballern würde.
@Taras
Dass der Reservistenverband jetzt gefordert hat, die allgemeine Wehrpflicht wieder einzuführen, habt ihr gesehen?
Ich habe nie verstanden, wieso sie überhaupt ausgesetzt worden ist. Wäre ich noch im relevanten Alter, würde ich mich heute für den Wehrdienst melden, anstatt mich für ein soziales Jahr zu entscheiden. Damit habe ich nichts gegen das soziale Jahr gesag, es ist wichtig, dass man sich auch im karitativen Bereich engagiert und junge Menschen dazu anhält. Es ginge mir heute darum, einfach einen Einblick zu bekommen in Dinge, von denen ich gar nichts verstehe, weil ich nie mit ihnen konfrontiert wurde. Nach zwei Tagen hätte ich den Bettel vermutlich wieder hingeschmissen (wieder ein durchdekliniertes persönliches Schreckensszenario:-) ), aber sicherlich trüge die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht zur Wehrhaftigkeit der Gesellschaft insgesamt bei.
Was übrigens auch eine sehr tolle Sache ist und hier in Italien äußerst hoch angesehen ist ein Engagement im Zivilschutz. Es gibt hier an allen Ecken und Enden Versammlungsräume, Aktivitäten, Übungen und so weiter des Zivilschutzes. Dabei geht es nun auch weniger um Waffen, aber es geht darum, wie man "militärisch", also kalkuliert und besonnen auf Katastrophenlage reagiert und Übungen dazu durchführt, wie man Opfern gezielt und effektiv helfen kann. Das würde ich mir in Deutschland auch wünschen, das wäre schon mal ein kleiner Anfang.
@Elsa
Der Bundeswehrverband ist ja eher eine Gewerkschaft als eine militärische Einrichtung ... Die Wehrpflicht wurde ausgesetzt, weil die Bundeswehr zuletzt zu 70 bis 80 Prozent aus Längerdienenden bestand und nur 20.000 von 300.000 Wehrpflichtigen einberufen wurden. Allerdings blieben immer ein paar gute Leute hängen und wurden Zeitsoldaten. Heute muss man wegen mangelnder Bewerberzahlen auch Leute nehmen, die man nach dem Kaltem Krieg gnadenlos ausgemustert hätte (zu dünn, zu dick, zu kurzsichtig usw.). Das Problem ist auch nicht die Stärke, sondern nach wie vor die Struktur. Zu wenig Kampfeinheiten, zu viel Unterstützung und Logistik (Deutschland 1:36, Frankreich 1:9, Großbritannien 1:11). So viele Rekruten gibt es hierzulande gar nicht, um diesbezüglich mit anderen Armeen gleichzuziehen ;-)
@Elsa
Ich finde Deinen Gedankengut gut und richtig - wie gesagt, ist das ja auch nicht völlig von der Hand zu weisen. Genau das Szenario ist ja vor zwei Wochen in Israel passiert, als ein Familienvater in der Jerusalemer Innenstadt niedergestochen wurde. Der Täter nahm seine Waffe und schoss um sich, traf u.a. ein kleines Kind und dessen Mutter, bevor er selbst erschossen wurde. Exakt das, was du fürchtest. Aber: hätte man statt dessen die etwa zwei dutzend durch zivile Waffenträger beendeten Amokläufe geschehen lassen sollen? Gäbe es darum weniger Tote?
Irgendwas lief möglicherweise in Jerusalem falsch. Oder der Täter hat den Mann überrascht. Die Details sind mir nicht bekannt. Fakt ist aber, es gibt da keine Diskussion in Israel. Niemand geht hin und sagt: hätte er keine Waffe gehabt, wäre nichts oder weniger passiert. Es wäre lediglich anders verlaufen.
Und, wie gesagt, es passiert der Polizei und den Soldaten ebenso, wie dem Familienvater.
Die Forderung habe ich heute Abend gelesen - und ich stimme ihr zu, obwohl ich noch in den frühen 00er Jahren ebenfalls der Meinung war, die Wehrpflicht gehört abgeschafft. Aber die Bedrohungslage hat sich geändert, sowohl durch Terrorismus als auch auf dem internationalen Parkett.
"Wir sind von Verbündeten umgeben". Als Historiker muss ich sagen: ja, und? Wenn ich hundert Euro für jeden abgefallenen oder übergelaufenen Verbündeten in der Geschichte erhielte, könnte ich mir eine eigene Insel leisen (England, Japan...mindestens Malta oder Zypern ;) ). Aber im ernst, wer Finnland, Schweden, Polen oder den baltischen Staaten erzählt, es gäbe keine Bedrohung mehr, wird nicht mal mehr ein freundliches Lächeln erhalten.
Traurig aber wahr: wer sich in der europäischen und insbesondere deutschen Geschichte nicht auskennt, der versteht auch die Notwendigkeit der Wehrpflicht nicht. Wir brauchen sie. Und so sicher wie wir sie brauchen, so sicher bekommen wir sie nicht. Wir spielen lieber nochmal die 20er und 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in moderner Interpretation durch. Fehlt nur noch ein Außenminister, der von Friedensgesprächen mit dem IS unter Jubel zurückkehrt. Das er denen dafür ganz Syrien und Jordanien überlassen hat, ist für die Jubler dann Nebensache.
In Deutschland sind wir verwöhnt. Das Schlimmste, das wir in den letzten Jahren hatten, waren die Donauhochwasser. Die betrafen aber nur einen relativ kleinen Teil der Gesellschaft. Selbst die Hamburger Flut ist ja kein Ankerpunkt in der Geschichte und der Hungerwinter, der einer sein könnte, wird kategorisch ignoriert.
Italien hat dagegen Erdbeben, Vulkanausbrüche, Flutkatastrophen, Erdrutsche undwasweißichnoch. Außerdem haben sie aktiv an Kriegsgeschehen teilgenommen, als bei uns dafür lediglich der Karneval abgesagt wurde. Nationalstolz ist keine Sache des Fußball allein usw. usf.
Für den Fall, dass doch mal was passiert, haben wir das THW - Großübungen für die Bevölkerung wird es aber wohl nicht geben. Man will uns ja nicht "beunruhigen" und fordert hier einfach auch den "Vertrauensvorschuß".
Aber das ist dann doch wieder ein anderes Thema :D
Wobei auch zu meiner Zeit es noch vorkam, daß einer zunächst als tauglich galt, der dann nach dem Gewöhnungsmarsch ausgemustert wurde, weil er (wohl anders als mancher von den Untauglichen) wirklich untauglich war. Das war also (um unwillkürlich in Jargon zu verfallen) keine Einbahnstraße.
Wieviele der Wehrpflichtigen jetzt Zivi, Feuerwehr etc. gemacht haben, ist ja für die Wehrgerechtigkeit nicht relevant; und auch daß eine Familie mit zwei Soldaten schon genug fürs Vaterland geleistet hat, dürfte (wenigstens bei mir) ebenfalls als Wehrgerechtigkeit durchgehen.
@Theodred
Aber ich schweife ab, das hat mit unserem Thema nicht wirklich etwas zu tun.
Oder vielleicht doch.
Der Italiener ist im Grunde ein unverbesserlicher Romantiker und mit einem gesunden Instinkt für Gut und Böse ausgestattet. Und er hat einen Nerv für Schicksal, für große Tragödien, für Helden und auch für Schurken. Manchmal denke ich, die Italiener sind deshalb viel freier als wir (abgesehen von ihrem unbedingten Bekenntnis zum katholischen Glauben, auch wenn er manchmal nur noch aus Kulturkatholizismus besteht, der aber doch zu einer gewissen Form von Freiheit beiträgt), weil sie es geschafft hatten, Mussolini zur Strecke zu bringen - an sich eine sehr unschöne Begebenheit, jedenfalls für Mussolini, aber ich meine, das war ein Befreiungsschlag, während den Deutschen ein solches Symbol nicht vergönnt war, Hitler saß einsam im Führerbunker und hat sich selbst gerichtet. Und so sitzen wir noch heute da mit dem Monster in den Katakomben von Berlin in unseren Köpfen. Während die Italiener in ihren Katakomben christliche Märtyrer liegen haben und im Falle von Mussolini, so unappetitlich es war, für ein offenes, deutliches Zeichen gesorgt hatten und dadurch diesen Nachtmahr losgeworden sind. Es hat sie stolz und frei gemacht. Das war uns, wie gesagt, nicht vergönnt. Für mich ist das immer wieder ein Dreh- und Angelpunkt, wenn ich die Schicksale von Hitler und Mussolini und die Mentalitäten der beiden Völker vergleiche. Aber wie gesagt, das hat nicht direkt etwas mit dem Thema zu tun.
Eine genau solche Berichterstattung, ausgenommen die Bilder von den Soldaten (Eingriff in Persönlichkeitsrechte? Dienstvergehen? Geheimhaltung? - lieber zu wenig sagen), und mit sogar deutlich mehr als den zwei Sätzen zur Beerdigung, habe ich von einem bestimmten Zwischenfall noch deutlich in Erinnerung.
@Imrahil
Ich habe bereits versucht zu erklären, dass es auf die Zahl der Soldaten nicht wirklich ankommt. Würde die Bundeswehr jetzt zusätzliche 120.000 Soldaten einberufen, gäbe es für diese keine Ausrüstung. Wegen der kurzen Wehrdienstzeit wäre auch kaum eine Qualifizierung möglich. Wie mit der Industrie 4.0 wird es künftig auch mit dem Militär sein: Wenig Personal und viel Technik, Drohnen, Robo-Soldiers, Kampffahrzeuge ohne Besatzungen, menschenlose Kommunikation von System zu System ... Entsprechend länger muss die Dienstzeit der IT-Soldaten sein, entsprechend höher ihre Ausbildung. Wehrpflicht und Massenheere - Geschichte und Tradition hin oder her - waren gestern.
Viele Themen
Unsere Versuche unseren Diktator selbst weg zu bewegen waren unerfolgreich - und die dem Erfolg am nächsten kamen auch noch von Militärs umgesetzt... das könnte in der Tat mit einer der Gründe für unterschiedliche Denkweisen sein. Allerdings wohl nicht allein.
@ Imrahil: schön einen weiteren Tolkien-Begeisterten zu finden :)
Wehrgerechtigkeit ist ein großes Wort, welches ich mit dem Urteil zur Klage eines Gezogenen ob der Geschlechterungerechtigkeit zu den Akten gelegt habe. Mann muss, Frau darf - das ist nach Karlsruhe Gleichberechtigung.
@Taras: du lieferst doch gerade selbst den Grund für die Wehrpflicht. Benötigten wir die Mannstärke, hätten wir derzeit kein Material sie auszurüsten, unterzubringen, auszubilden oder zu versorgen. Und selbst wenn wir es hätten: selbst die unglaublich kurzen 2 Monate AGA die es gen Ende gab, wären im Krisenfall zu lang um die Truppe aufzustocken. Auch die Strukturen und der Grundcharakter der Truppe ist in so einer Zeit und unter Druck gar nicht herzustellen.
So düster die Zeit war, von der Wehrmacht haben wir viel gelernt und vorgemacht bekommen.
Ja, die Zeit der Massenheere ist vorbei - das war sie aber auch vormals bereits. Die stehenden Heere der absolutistischen Herrscher sahen sich bald Bürgerheeren gegenüber - die vielleicht nicht gut kämpften, aber mit Masse und Nadelstichen etwas wettmachten. Die Milizien der Kolonialstaaten standen erst gut und später hastig ausgebildeten britischen Berufssoldaten (oder Pflicht-) gegenüber und hatten am Ende das nachsehen. Sehr zur Überraschung eines Königs, der es gewohnt war, seine erfahrenen Dauertruppen und Söldner siegen zu sehen. England hat auch im Ersten und im Zweiten Weltkrieg die Katastrophe nur dank Glück und der Verbündeten überlebt. Ihre winziges, stehendes Heer war nicht zu mehr in der Lage, als lächerliche und viel kritisierte Kontingente zu schicken und musste erst mühsam aufbauen. Ihnen standen die vorbereiteten Wehrpflichtenarmeen zur Verfügung.
Der Gedanke, dass manpower heute nicht mehr gebraucht würde und größere Schlachten nicht mehr geschlagen würden, beruht auf der Situation der letzten Jahrzehnte, moderner Technik und dem Gedanken, dass da keine Mächte mehr aneinander rasseln. Bereits Georgien hat gezeigt: die Übermacht bedeutet aber sehr wohl einen Vorteil und die Situation derzeit in Syrien und im Irak ist auch durch den Irrglaube, man könne die Sache aus der Luft entscheiden begründet.
Aber damit schweifen wir dann endgültig ab in eine strategische Debatte. Die wäre zwar interessant, aber ich glaube hier völlig falsch.
Vorhaben fürs neue Jahr
"(...) und diese (die Briten) hatten am Ende das nachsehen."
@Theodred
Und nie, gar nie, HÖRST DU, TIL SCHWEIGER !!! ????, mehr als einmal ein Satzzeichen setzen.
Zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit gehört weit mehr als der Besitz einer Waffe. Sonst könnte man die staatlichen Sicherheitskräfte auch gleich durch bewaffnete Bürger ersetzen. Mir ging es hier vorrangig um Gedanken über die Sicherheit der Bevölkerung. Diese wird allerdings nicht durch Wehrpflichtige erhöht, und erst recht nicht durch Sportschützen oder Jagdpächter, die nicht mal mehr unbewaffnet ins Kino gehen, weil sie hinter jedem zweiten Sitz einen Gewalttäter vermuten. Hier wüchse bei vielen Leuten sogar eher das Gefühl der Unsicherheit, vermute ich stark.
Aber lassen wir das. Wir haben nun alle unsere Ansichten dargelegt und können hier eh nichts an den Gesetzen ändern. Freuen wir uns auf neue Überwachungsmaßnahmen und Einschränkungen, die wir aus Liebe zur Buntheit gerne über uns ergehen lassen werden ;-)
Allen einen schönen Sonntag.
Übrigens, das israelische Waffenrecht im Überblick:
In Israel gibt es kein verfassungsmäßiges Recht auf Waffenbesitz. Ähnlich wie in Deutschland benötigt man zum Erwerb und Besitz einer Schusswaffe eine Waffenlizenz. Berechtigt für den Besitz und das Führen von Schusswaffen sind in Israel Personen, auf die folgende Kriterien zutreffen:
min. 3 Jahre in Israel wohnhaft
ein Strafregister ohne Eintrag
keine aktuelle oder vorherige psychische Erkrankung
Sachkunde im Umgang mit Schusswaffen
Frauen ab 20 Jahre (Militärdienst ehrenhaft beendet)
Männer ab 21 Jahre (Militärdienst ehrenhaft beendet)
ab 27 Jahren, wenn kein Militärdienst geleistet
ab 45 Jahren, wenn die betreffende Person in Ost-Jerusalem wohnt
Als Bedürfnis Jagd, Sport oder Selbstschutz
In der Regel ist der Waffenbesitz auf eine Waffe beschränkt und der Besitzer darf max. 50 Patronen pro Jahr erwerben. Ausgenommen davon ist der Bedarf für das Trainieren, der auf den Schießständen erworben wird. Die Waffenlizenzen müssen mit allen Nachweisen und Überprüfungen alle drei Jahre neu beantragt werden. Das verdeckte oder offene Führen einer Schusswaffe in der Öffentlichkeit für Zivilisten ist an keiner besonderen Lizenz gebunden. Es gibt aber auch Zonen in Israel, in denen der Besitz und das Führen von Schusswaffen den Einwohnern generell verboten sind.