Was ist denn eigentlich ein erlöster Christ?
fragte ich Georg vom glaubenssache.blog neulich und bekam auch Antwort. Jesus Christus kam zwar nicht drin vor, aber ich kreide ihm das natürlich nicht an (nicht ironisch gemeint), mir wäre auf die Schnelle nicht viel Bessres eingefallen als erste Annäherung (ehrlich und gar nicht abwertend gemeint). (Ich schreibe das mal lieber dazu).
In der Tat habe ich mir auch Gedanken dazu gemacht, aber die sind unhübsch (und beziehen sich auch gar nicht auf Georg). Nachdem ich mich nämlich unter doch relativ großen Zweifeln, Skrupeln, Hinterfragungen, Prüfungen, Gewissensnöten (natürlich auch jeder Menge Gewissheit, Mut, Liebe, Hoffnung und Ansporn, eben alles gut durchmischt) endlich dazu entschließen konnte, was ich schon als Kind für richtig und wichtig empfunden hatte, nämlich katholisch zu werden, fand ich mich nicht etwa in einer Gemeinschaft von eifrig praktizierenden, die vielfältigen Schätze der katholischen Kirche bewahrenden und immer wieder aufs Neue im Alltag lebenden Glaubensgenossen wieder, sondern in einer Gemeinde, die zwar am Sonntag bemerkenswert zahlreich in der Kirche erscheint, aber ansonsten relativ gleichgültig wirkt. Es tut mir Leid, wenn ich das jetzt am "Außen" festmache, aber ich bin ja schließlich nicht Jesus Christus und kann deshalb nicht in die ganzen Herzen sehen, und deshalb ist mein Urteil sicherlich nur vorläufig und nur teilweise berechtigt. Aber ganz von der Hand zu weisen sind folgende Dinge eben auch nicht:
- Obwohl die Kirche am Sonntag relativ voll ist, weil man halt sonntags zur Kirche geht, sitzen bei allen "Praxisübungen" - so nenne ich sie mal - wie Rosenkranz, Anbetung, Andachten etc. vielleicht ganze zehn Leute da und es sind immer dieselben (was gut ist für die zehn, natürlich). Leider musste ich dann zu einer Anschauung in der Richtung kommen, dass spirituelle Praxis nur für ungefähr zehn Prozent maximal dieser Gemeinde eine Rolle spielt. Von diesen Zehnen bin ich die jüngste mit einem Abstand von circa 20 Jahren.
- Die Kirche ist sicher im regionalen Vergleich sonntags (!) sehr gut besucht, aber es gibt von 100 Gläubigen circa drei, mich eingeschlossen, die die Mundkommunion empfangen. Von diesen dreien kniet sich EINER sogar auf den Fußboden dabei, die anderen beiden Kameraden nehmen davon Abstand, die eine, weil sie schon zu alt ist, die andere, weil sie fürchtet, dabei dem Pfarrer auf offener Bühne in den Schritt fallen zu können (das bin ich, wer sonst). Ich will jetzt nicht rumreden was würdiger ist oder nicht, aber doch kurz anmerken, dass ich mir mein Verhältnis zur Realpräsenz durch die Eigenart, da Konvertitin ("och, ist ja nur ein Gedächtnismahl und so"), wirklich hart habe erarbeiten müssen und daher eine Handkommunion für mich von Anfang an überhaupt nicht in Frage kam, um mein Augenmerk auf diese Realpräsenz von Anfang an zu schärfen. Insofern würde ich mindestens das Aufstellen der alten Kommunionbänke wieder begrüßen, damit ich mich nicht fühle wie in der Schlange bei McDonalds. Und auch im Hinblick auf den Schutz der Weichteile meines Pfarrers.
- Wenn ich in Deutschland jemanden sagen höre, er sei Katholik, kommt sofort eine Entschuldigung für die Inquisition, die Hexenverfolgung, die Renaissancepäpste, AIDS in Afrika, Kardinal Meisner, Kindesmissbrauch und die globale Erwärmung. Mindestens aber eine negative Bewertung des Zölibats. Wenn ich in Italien jemanden sagen höre: Io - cattolico! kommt rein gar nichts hinterher außer einem zufriedenen Lächeln und einem charmanten Hinweis auf unseren neuen alten deutschen Heiligen Vater.
- Inwieweit könnte man unter solchen erschwerten Bedingungen noch erlöster Christ sein?
Ich weiß es nicht. Ich sehe oft Anlass zu Jubel angesichts der Tatsache, dass Jesus Christus auferstanden ist, aber selten welchen angesichts der Tatsache, dass er am Kreuz für uns gestorben ist.
Die moderne Welt erregt ihn mir viel zu viele negative Impulse, bei jedem Anknipsen des Fernsehers, bei jedem Internetbesuch, bei jeder Tagesschau laufe ich Gefahr, meine Seelenruhe zu verlieren und einen kräftigen Fluch auszusprechen, anstatt zu lieben und zu vergeben. Insofern bin ich ganz sicher nicht ein erlöster Christ, schlichtweg wegen zuviel Inputs. Aber ich will auch kein erlöster Christ sein! Wenn ich irgendwann erlöst bin, bin ich tot. Ich will kämpfen gegen meine Leidenschaften, ich will die guten Seiten ausleben, ich will die negativen vielleicht in den Griff bekommen und ich will, auch wenn ich jeden Tag aufs Neue scheitere, fluche und schimpfe und oft lieblos bin, die Welt ein Stückchen mehr lieben können und immer aufs Neue und Weiter und Weiter und Besser eben. Und am Besten so, wie es Gott am Ende will.
Dass man bei diesem Kampf nicht immer fröhlich erlöst aussieht, weil er halt anstrengend ist, das ist nun mal leider so. Ich bin auch nur ein Mensch. Und ich hoffe sehr und glaube nicht, dass Gott mich letztlich nur als seinen Pausenclown hat haben wollen. :-)
In der Tat habe ich mir auch Gedanken dazu gemacht, aber die sind unhübsch (und beziehen sich auch gar nicht auf Georg). Nachdem ich mich nämlich unter doch relativ großen Zweifeln, Skrupeln, Hinterfragungen, Prüfungen, Gewissensnöten (natürlich auch jeder Menge Gewissheit, Mut, Liebe, Hoffnung und Ansporn, eben alles gut durchmischt) endlich dazu entschließen konnte, was ich schon als Kind für richtig und wichtig empfunden hatte, nämlich katholisch zu werden, fand ich mich nicht etwa in einer Gemeinschaft von eifrig praktizierenden, die vielfältigen Schätze der katholischen Kirche bewahrenden und immer wieder aufs Neue im Alltag lebenden Glaubensgenossen wieder, sondern in einer Gemeinde, die zwar am Sonntag bemerkenswert zahlreich in der Kirche erscheint, aber ansonsten relativ gleichgültig wirkt. Es tut mir Leid, wenn ich das jetzt am "Außen" festmache, aber ich bin ja schließlich nicht Jesus Christus und kann deshalb nicht in die ganzen Herzen sehen, und deshalb ist mein Urteil sicherlich nur vorläufig und nur teilweise berechtigt. Aber ganz von der Hand zu weisen sind folgende Dinge eben auch nicht:
- Obwohl die Kirche am Sonntag relativ voll ist, weil man halt sonntags zur Kirche geht, sitzen bei allen "Praxisübungen" - so nenne ich sie mal - wie Rosenkranz, Anbetung, Andachten etc. vielleicht ganze zehn Leute da und es sind immer dieselben (was gut ist für die zehn, natürlich). Leider musste ich dann zu einer Anschauung in der Richtung kommen, dass spirituelle Praxis nur für ungefähr zehn Prozent maximal dieser Gemeinde eine Rolle spielt. Von diesen Zehnen bin ich die jüngste mit einem Abstand von circa 20 Jahren.
- Die Kirche ist sicher im regionalen Vergleich sonntags (!) sehr gut besucht, aber es gibt von 100 Gläubigen circa drei, mich eingeschlossen, die die Mundkommunion empfangen. Von diesen dreien kniet sich EINER sogar auf den Fußboden dabei, die anderen beiden Kameraden nehmen davon Abstand, die eine, weil sie schon zu alt ist, die andere, weil sie fürchtet, dabei dem Pfarrer auf offener Bühne in den Schritt fallen zu können (das bin ich, wer sonst). Ich will jetzt nicht rumreden was würdiger ist oder nicht, aber doch kurz anmerken, dass ich mir mein Verhältnis zur Realpräsenz durch die Eigenart, da Konvertitin ("och, ist ja nur ein Gedächtnismahl und so"), wirklich hart habe erarbeiten müssen und daher eine Handkommunion für mich von Anfang an überhaupt nicht in Frage kam, um mein Augenmerk auf diese Realpräsenz von Anfang an zu schärfen. Insofern würde ich mindestens das Aufstellen der alten Kommunionbänke wieder begrüßen, damit ich mich nicht fühle wie in der Schlange bei McDonalds. Und auch im Hinblick auf den Schutz der Weichteile meines Pfarrers.
- Wenn ich in Deutschland jemanden sagen höre, er sei Katholik, kommt sofort eine Entschuldigung für die Inquisition, die Hexenverfolgung, die Renaissancepäpste, AIDS in Afrika, Kardinal Meisner, Kindesmissbrauch und die globale Erwärmung. Mindestens aber eine negative Bewertung des Zölibats. Wenn ich in Italien jemanden sagen höre: Io - cattolico! kommt rein gar nichts hinterher außer einem zufriedenen Lächeln und einem charmanten Hinweis auf unseren neuen alten deutschen Heiligen Vater.
- Inwieweit könnte man unter solchen erschwerten Bedingungen noch erlöster Christ sein?
Ich weiß es nicht. Ich sehe oft Anlass zu Jubel angesichts der Tatsache, dass Jesus Christus auferstanden ist, aber selten welchen angesichts der Tatsache, dass er am Kreuz für uns gestorben ist.
Die moderne Welt erregt ihn mir viel zu viele negative Impulse, bei jedem Anknipsen des Fernsehers, bei jedem Internetbesuch, bei jeder Tagesschau laufe ich Gefahr, meine Seelenruhe zu verlieren und einen kräftigen Fluch auszusprechen, anstatt zu lieben und zu vergeben. Insofern bin ich ganz sicher nicht ein erlöster Christ, schlichtweg wegen zuviel Inputs. Aber ich will auch kein erlöster Christ sein! Wenn ich irgendwann erlöst bin, bin ich tot. Ich will kämpfen gegen meine Leidenschaften, ich will die guten Seiten ausleben, ich will die negativen vielleicht in den Griff bekommen und ich will, auch wenn ich jeden Tag aufs Neue scheitere, fluche und schimpfe und oft lieblos bin, die Welt ein Stückchen mehr lieben können und immer aufs Neue und Weiter und Weiter und Besser eben. Und am Besten so, wie es Gott am Ende will.
Dass man bei diesem Kampf nicht immer fröhlich erlöst aussieht, weil er halt anstrengend ist, das ist nun mal leider so. Ich bin auch nur ein Mensch. Und ich hoffe sehr und glaube nicht, dass Gott mich letztlich nur als seinen Pausenclown hat haben wollen. :-)
ElsaLaska - 3. Jul, 00:20
Ein Problem ist auch, daß viele christliche Leitpositionen der "politischen Korrektheit" geopfert werden. Ein Kardinal Meisner, der kein Blatt vor den Mund nimmt und offen für christliche Positionen eintritt, wird in Deutschland als Haßprediger und Fundamentalist verunglimpft. Alles, was dem Zeitgeist nicht untergeordnet werden kann, wird zunehmen aus den kirchen verbannt bzw. kirchliche Vertreter bemühen sich bloß nirgendwo anzuecken. Es wundert mich also nicht, daß viele Christen damit nicht mehr viel anfangen können bzw. mit ihrer Kirche nur noch negative Dinge der Vergangenheit assoziieren oder sich für Dinge entschuldigen, die Kardinal Meisner mal geäußert hat.
Erlösung begreift man durch seinen Glauben allein schon dadurch, daß man den Tod bereits überwunden und das ewige Leben mit Gott erlangt hat. Das ist doch eine unheimlich erlösende, befreiende Erkenntnis. Und dazu hat man auch gleich noch die Sinnfrage überwunden, denn durch den Glauben erfährt man den lebendigen Gott und seinen Plan für das eigene Leben. Der Glaube ist die Grundvorraussetzung für ein glückliches und sinnerfülltes Leben, weil man gegen Gott letztlich niemals glücklich wird. Deswegen ist der Glaube allein schon die größtmögliche Erlösung und Befreiung für den Menschen auf Erden.
Wieviel motivierter sind da die Gegner der Kirche! Wenn du als Katholik an Themen wie Inquisition, Ablasshandel etc gar nicht vorbei kommst, und es aus der Kirche selbst keine Vorbilder mehr gibt, dann kann es ja fast nur abwärts gehen. Besonders in der Jugendarbeit ist das explosiv. Warum jubeln Jugendliche aus aller Welt dem Papst zu wie einem Popstar? Weil er ein Vorbild im Glauben ist, jemand, dessen Gottesglaube ehrlich rüber kommt, der mitreißt und begeistert, und der sich an mehr festmachen lässt als allein lithurgischen Dingen. Es ist ein Glaube, der sich ehrlich und ganz auf die drei Säulen der Kirche stützt -Evangelium, Lithurgie, Caritas. Keine dieser Angelegenheiten wird hier vernachlässigt. Das ist ehrlich, das ist beeindruckend. Und das fehlt in den Gemeinden.
Um der Kirche leben einzuhauchen hilft es wenig, zu klagen und die Welt zur Verantwortung zu ziehen. Die Welt stand dem Glauben schon immer feindlich entgegen. Der glaubende Katholik muss wieder Vorbild sein, muss wieder Licht der Welt, Salz der Erde sein. Dann wird die Wahrheit der Erlösung in Christus auch wieder deutlicher spürbar.
Aber Evangelikale haben keinen Papst, also keine übergroße Identifikationsfigur und sie haben auch nicht die zentralistischen Strukturen und sie verfügen nicht über die Mittel riesiger "Events".
Trotzdem scheuen die meisten Evangeliklaen das Bekenntnis nicht, sie rechtfertigen sich auch nicht für George Bush und 90% der Mitglieder sind auch regelmäßig im Gottedienst.
Wie erklärst du es dir, daß der gelebte Katholizismus in Deutschland im Vergleich dazu regelrecht tot ist?
Ich weiß, das Alte Testament ist größtenteils sehr unbeliebt, und viele evangelikale Christen halten sich deshalb wahrscheinlich erst gar nicht groß damit auf, deshalb wohl auch der breite Zuspruch.
Irgendwoanders habe ich sogar mal gelesen, dass selbst der Sohn Gottes am Kreuz kurz vor seinem Tod zum Atheisten wurde.
Das funktioniert natürlich nur dann hervorragend, wenn man einfach die völlig unübersehbare Tatsache ausblendet, dass Jesus Christus ein tief gläubiger Jude und auch ein Schriftgelehrter war.
Sorry für die Abschweifung.
Soweit ich weiß wird in evangelikalen Gemeinden ausdrücklich erwünscht und gefördert, daß sich die Mitglieder intensiv dem Bibelstudium widmen. Viele dieser Christen sind außerordentlich bibelkundig. Ich schätze mal der durchschnittliche evangelikale Christ hat mehr Bibelkenntnis, als der durchschnittliche Katholik. Das mag auch daran liegen, weil in der Katholischen Kirchen (jedenfalls in Deutschland) jede Menge Freizeitchristen und "Karteileichen" sind, die sich nicht so wirklich mit der Bibel beschäftigen und weil in evangelikalen Gemeinden das Priestertum aller Gläubigen gilt, weswegen auch alle Mitglieder sehr bibelkundig sein sollten und wohl auch sind.
Naja jedenfalls haben die evangelikalen Christen nicht solche Probleme wie die Großkirchen mit Mitgliederschwund, geringen Besucherzahlen in Gottesdiensten und die konfessionelle Bekenntnisscheu.